SILBERBERG

IM KREIS FRANKENSTEIN


Herzlich Willkommen auf der Internetseite von Silberberg in Schlesien!

Hier entsteht eine umfangreiche Präsenz. Im Vordergrund steht die Geschichte von Silberberg – von der Steinzeit bis heute.




Der „Weg der Freundschaft“ führt über Silberberg/Srebrna Góra

Der „Bergwanderweg der Freundschaft“ ist Teil des europäischen Fernwanderwegnetzes (Fernwanderweg E3). Durch die Neuerungen, die sich auf der Festung Silberberg vollziehen (Ausbau einer Herberge in dem historischen Bauwerk, Text s.u.) wird Silberberg für Wanderer noch attraktiver und sollte bei den aktuellen Planungen für Wandertouren Berücksichtigung finden.

Schlafzimmer des zukünftigen Hostels (oben heutiger Zustand, unten projektiert), Foto „Twierdza Srebrna Gora“, 2021.

Der Sudeten-Hauptwanderweg als Teil des europäischen Fernwanderweges E3 (Quelle: Free Software Foundation (FSF) GNU-Lizenz).

Der Europäische Fernwanderweg E3 soll von der Iberischen Halbinsel zum Schwarzen Meer führen. Der bereits fertiggestellte Teil des Fernwanderweges durchquert Teile von Spanien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Deutschland, Tschechien, Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Serbien und Bulgarien.
Ein Beginn des Weges in Portugal am Kap St. Vincent ist geplant. Vorläufig beginnt er in Santiago de Compostela und führt streckenweise über alte Jakobs-Pilgerwege. In Westeuropa ist er überwiegend mit der Zusatzbezeichnung Atlantik – Ardennen – Böhmerwald versehen, da früher ein Verlauf vom Atlantik über die Ardennen zum Böhmerwald markiert war (Texte: wikipedia).

Netz der bisherigen Herbergen mit der zukünftigen Herberge auf der Festung Silberberg (Quelle: camping.polska/pttk 2018).

Die 250 Kilometer lange Route im sächsischen Erzgebirge verläuft von Mühlleithen über Carlsfeld, Wildenthal, Auersberg, Sosa, Jägerhaus, Lauter, Schwarzenberg/Erzgeb., Markersbach, Annaberg-Buchholz, Pöhlberg, Mauersberg, Großrückerswalde, Marienberg, Lauterbach, Zöblitz, Rübenau, Olbernhau, Seiffen, Sayda, Rechenberg-Bienenmühle, Rehefeld, Kahleberg, Altenberg, Lauenstein und Bad Gottleuba bis nach Bahratal.

Zwischen dem Osterzgebirge (etwa Rechenberg-Bienenmühle) und der slowakisch-ungarischen Grenze (bei Satoraljaujhely) folgt der E3 weitgehend der Wegführung des 1983 eingerichteten Internationalen Bergwanderwegs der Freundschaft Eisenach–Budapest.
Am 28. Mai 1983 wurde in Eisenach der Bergwanderweg mit einem Festakt auf der Wartburg eröffnet. Nach einer Ansprache von Kulturbund-Funktionären und dem Direktor der Wartburg wurde gemeinsam die erste Etappe zum Großen Inselsberg „angewandert“. An dieser Premiere nahmen auch zahlreiche angereiste ausländische Wanderer vom tschechoslowakischen Československý svaz tělesné výchovy (ČSTV), dem polnischen Polskie Towarzystwo Turystyczno-Krajoznawcze (PTTK) und vom ungarischen Magyar Természetbarát Szövetség (MTSZ) teil. Im Oktober 1983 wurde auch der ungarische Abschnitt in Budapest eröffnet[2], der zugleich der östliche Teil des nationalen Fernwanderweges Országos Kéktúra ist.

Bis 1989 war der Bergwanderweg der Freundschaft der einzige grenzüberschreitende Fernwanderweg der ehemals sozialistischen Staaten DDR, Polen, Tschechoslowakei und Ungarn. Lediglich in Bulgarien wurde mit dem Bergwanderweg Kom–Emine ein ähnliches Projekt realisiert, das aus politischen Gründen keinen Anschluss in die Nachbarstaaten fand.

Teil des Wanderweges zwischen Eisenach und Budapest mit Silberberg bei Frankenstein (Quelle: Fernwanderungen.de).

Als Erster bewältigte im Sommer 1987 der Erfurter Wanderer Wolfgang Buchenau die Gesamtstrecke – und dies sogar zusammenhängend ohne Unterbrechung. Er benötigte dafür 74 Tage.

Nach dem Wegfall des Eisernen Vorhangs wurde der größte Teil des EB-Weges in den Europäischen Fernwanderweg E3 integriert.
Der ungarische Abschnitt folgt einem größeren Teilabschnitt des Alföldi Kéktúra zwischen Satoraljaujhely und Nagykereki.

Fernwanderweg Europa 3: Vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer (Grafik EU 2020).

Der rumänische Abschnitt führt über 683 Kilometer von Oradea über die Munții Apuseni und die Munții Banatului bis nach Gura Văii und wird gegenwärtig markiert.

In Serbien kann die Tour zwischen dem Eisernen Tor und Dimitrovgrad ersatzweise auf der Route des E4 fortgesetzt werden.

In Bulgarien führt der Weg als markierter Bergwanderweg Kom–Emine in west-östlicher Richtung von der serbischen Grenze über den Schipkapass und den Nationalpark Zentralbalkan am Kamm des Balkangebirges.

Bisher fehlt eine Markierung des Weges vom Kap Emine an der bulgarischen Schwarzmeerküste bis Istanbul in der Türkei.

Der Weg hat zwischen Santiago de Compostela und Kap Emine eine Gesamtlänge von ungefähr 6950 km.

 


It`s time for peace!


100 Jahre Silberberger Notgeld

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1921, Nominalwert 75 Pfennig.

Die allerersten Notgeldscheine wurden auf Karton, zum Teil auch auf Spielkarten, auf Bildern, auf Visitenkarten, auf Prospekten oder anderen Papier- oder Kartonkärtchen handgeschrieben oder gedruckt. Aber das Notgeld bestand nicht nur aus Papier, es wurde auch auf Stoff, auf Leder, auf Samt und Holz gedruckt, es wurden Spielkarten, alte Eintrittskarten, Aktienschuldverschreibungen, Anteilscheine, Zinscoupons, Lotterielose, Sparkarten, Straßenbahnfahrkarten, Postscheckformulare, Lebensmittelmarken, Ansicht- und Postkarten, Kalenderblätter, Quittungen, Visitenkarten, Prospekte, Fotos und Ähnliches benutzt. Es gab Abstimmungsscheine, Bausteine, Reklamescheine, Scherzscheine, Spendenscheine und auch das sogenannte Reuter Geld. Es wurden auch Aktien bzw. Gewinnanteilscheine überdruckt wie der Gewinnanteilschein der Firma Dierig aus Langenbielau.

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1921, Nominalwert 50 Pfennig.

Die Firma war wohl das größte Textilunternehmen Deutschlands. Sie bestand bis zur Vertreibung 1945.

Seit 1920 verfiel die Reichsmark zusehends in ihrem Wert. Durch den Wertverfall enschieden sich viele schlesische Städte zur Herausgabe eines Notgeldes. Das Notgeld bildete eine Alternative. Das Vertrauen darin war größer, da mit direkter Kaufkraft verbunden. Es gab einen konkreten Tauschwert und wurde so zum Zahlungsmittel als Geldersatz. Firmen und Gemeinden gaben das Notgeld heraus, um den Kunden den Erwerb der Produkte in der Region zu ermöglichen. Hatten die ersten Notgeldscheine noch einen Gegenwert in halben Pfennigen sowie von einer bis zu fünf Mark, so stieg der Wert der Notgeldscheine in der Hyperinflation 1922/23 ins unermessliche bis zu mehreren Billionen Mark (Inflationsgeld, aus Schmack, 2015).

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1920, Nominalwert 25 Pfennig.

Notgeldausgaben sind Zahlungsmittel, die in Krisenzeiten den Mangel an staatlichem Geld ausgleichen. Wenn der Staat in der Inflationszeit den Bedarf an Banknoten nicht mehr decken kann, dann werden Behörden, Kommunen, Firmen oder Private aus Eigeninitiative tätig. Sie emittieren dann unter staatlicher Genehmigung oder Duldung Geldscheine, die regional oder zeitlich begrenzt sein können. Diese Notgeldscheine können die verschiedensten Erscheinungsformen erhalten, aus geringwertigem Stoff (z. B. aus Altpapier, Pappe, Leder, Holz, Alufolie, Porzellan usw.) bestehen oder durch ihre Benennung (Anteilschein, Gutschein, Anweisung, Notgeld etc.) auf ihre Eigenschaft als Ersatzgeld hinweisen.

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1920, Nominalwert 25 Pfennig.

Mit Beginn der Hochinflation Ende 1922 wurde die Ausgabe der Notgeldscheine durch die Gemeinden und Städte durch das Reichsgesetz vom 17. Juli 1922 verboten.
Um die Stadtkasse aufzubessern, beschloss auch der Stadtrat von Silberberg – eine der kleinsten Stadtgemeinden – in den Jahren 1920-1921 ebenfalls ”Notgeld” herauszugeben. Sechs Scheine im Wert von 25, 50 und 75 Pfennigen wurden aufgelegt (aus T. Przerwa, Silberberg 1920-1922).

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1921, Nominalwert 25 Pfennig.

Notgeld war ein Ersatzgeld. In der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde durch das Notgeld, da die Bevölkerung micht mehr mit ausreichenden staatlichen Zahlungsmitteln versorgt wurde, der Zahlungsverkehr stabilisiert.

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1921, Nominalwert 50 Pfennig.

Die ersten Silberberger Banknoten wurden am 1. August 1920 in Umlauf gebracht, sie hatten einen Nominalwert von 25 und 50 Pfennigen. Sie waren sehr beliebt bei Sammlern, die schon 1921 für nicht abgenutzte Exemplare 75 Pfennige zahlten.
Am 1. Mai 1921 wurde die zweite Edition im Nominalwert von 50 Pfennig herausgegeben. Die Nachfrage und auch das Interesse der Sammler war aber schon bedeutend schwächer. Trotz allem entschied man sich für eine weitere Edition. Am 1. Oktober 1921 wurden für 10.000,– Mark 50 Pfennigbanknoten und für weitere je 10.000,– Mark 25 und 75 Pfennigbanknoten herausgebracht. (aus T. Przerwa, Silberberg 1920-1922).

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1921, Nominalwert 25 Pfennig.

Die Entwürfe des Silberberger Notgeldes wurden durch den Lehrer Fritz Pagelsen erstellt. Die Initiative zur Auflage der Notgeldscheine erfolgte durch den Oberlehrer Bengner und dem Vorsitzenden der Stadverordnetenversammlung Rübartsch.

In der Mitte Lehrer Pagelsen im Jahr 1949.

Auf den Notgeldscheinen erschienen oft kulturhistorische Themen der Region (Gebäude, Volkslieder, Stadtansichten). Politische Themen sind eher selten gewesen – so war z.B. politische Propaganda zur Volksabstimmung in Oberschlesien am 20. März 1921 auf vielen Notgeldscheinen zu finden.

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1921, Nominalwert 50 Pfennig.

Die Motive der Silberberger Scheine waren:

das Stadtwappen,

die Stadtgeschichte,

die Reuterzelle und die Festung.

Mit der Emission befaßte sich eine Finanzkommission, die dem Stadtrat berichten mußte. Die Kämmereikasse von Silberberg war bereit, das Notgeld innerhalb einer Frist von drei Monaten nach öffentlicher Bekanntmachung zurück zu kaufen. Ein erheblicher Anteil dieses Notgeldes blieb aber im Besitz der Sammler, die Stadt brauchte es nicht einzulösen. Selbstverständlich hat das die Stadtväter gefreut, denn so hatten sie eine zusätzliche Quelle der Geldeinnahme und nicht nur einen kurzzeitigen Kredit. Vielleicht gab man sich deshalb so viel Mühe mit der graphischen Gestaltung dieses Notgeldes. Das Notgeld wurde als gewöhnliches Zahlungsmittel benutzt (aus T. Przerwa, Silberberg 1920-1922, 2000, 48ff.).

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1921, Nominalwert 50 Pfennig.

Das bittere Resümee der Nozeiten nach den Weltkriegen – so Schmack – haben viele Schlesier wie folgt beschrieben: Der Zweite Weltkrieg hat uns die Heimat genommen, der Erste Weltkrieg das Geld.

 

LITERATUR
Dorn, Dirk Martin: Das Notgeld der Grafschaft Glatz. In: Jahrbuch Grafschaft Glatz 1992, Lüdenscheid, S. 134-139.

Dorn, Dirk Martin: Das Bad Reinerzer Notgeld. In: Jahrbuch Grafschaft Glatz 1994, Lüdenscheid, S. 96-98.

Dorn, Dirk Martin: Notgeldscheine aus Bad Altheide, Neurode und Wartha. In: Jahrbuch Grafschaft Glatz 1995, Lüdenscheid, S. 87-93.

Grabowski, H.: Deutsches Notgeld Bd. 5 u 6: Deutsche Kleingeldscheine: Amtliche Verkehrsausgaben 1961-1922 (2009).

Hillebrand,R.: Schlesisches Notgeld, Breslau 1921.

MARX, Jörg: Grafschafter Notgeld vor 50 Jahren. Grafschaft Glatzer Buchring, Bd. 33, Leimen/Heidelberg 1971.

Meyer, H.: Das Papiernotgeld von Schlesien 1914-1924, Berlin 1975.

Lesiuk, L.: Pieniadz zastepczy na Slasku 1914-1924, Wroclaw 1971.

Przerwa, Tomasz: Silberberg 1921 – 1922 (Hamburg 2000; Magisterarbeit Universität Breslau).

Schmack, Werner H. : Glatzer Notgeld (2015), AGG-Mitteilungen 14 (2015).

Wittwer, Heinz: Kinderlieder auf Notgeldscheinen der Stadt Glatz 1921. In: Jahrbuch Grafschaft Glatz 1999, Lüdenscheid, S. 181 mit 5 Abb. s. 54 AGG-Mitteilungen 14 (2015).

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1920, Nominalwert 50 Pfennig.

Silberberger Notgeld aus dem Jahr 1920, Nominalwert 50 Pfennig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Neuigkeiten aus der Festung Silberberg/Srebrna Gora

In der Festung Silberberg werden aktuell etliche Projekte in Angriff genommen. Die Vorsitzende der Festungsgesellschaft Emilia Pawnuk, die zuständig ist für die Realisierung, das Management und das Marketing der Festung, berichtet anschaulich in einem Bericht über die Aktivitäten im Bereich der Festung:

Im Jahr 2003 wurde die Gesellschaft „Festung Srebrna Gora“ gegründet und einige Monate später wurde die Festung durch eine Verordnung des Präsidenten der Republik Polen vom 14. April 2004 als historisches Denkmal anerkannt (damals als eines von 25 in Polen).

Bemerkenswert ist die stetige Entwicklung, die auch von unseren Gästen geschätzt wird – im ersten Betriebsjahr waren es über zwölftausend Gäste, die auch die Festung besuchten, die bereits von über 100.000 Menschen in Augenschein genommen wurde. Im Jahr 2019 hat uns die Polnische Tourismusorganisation mit einer Urkunde für das beste touristische Produkt des Landes ausgezeichnet.

Donjon-Bereich des ehemaligen Restaurants mit Wallkrone und den geplanten Rekonstruktionen der Wallkonstruktion (Böschungen etc.). Dabei werden neue Anti-Feuchtigkeits-Isolierungen eingebracht und Reparaturen des äußeren Gesims durchgeführt.

Das Personal für die historischen Führungen wird ständig von Experten für Militär- und Festungswesen geschult. Auf dem Gelände der Anlage werden sukzessive Investitionen getätigt. Im Jahr 2018 haben wir 165 Meter einer neuen touristischen Festungsroute eröffnet, die mit der Präsentation von Waffennachbildungen, Kanonen, Haubitzen, Mörsern, Gewehren sowie museale Objekte wie z.B. Uniformknöpfe und Münzen (Funde vom Festungsareal) aus dem 18. Jahrhundert bereichert wurde. Die erste Finanzierung für die Renovierung des Denkmals erhielten wir 2006, hauptsächlich aus dem Haushalt des Ministeriums für Kultur und nationales Erbe und aus Mitteln der Europäischen Union. Seitdem haben wir hier insgesamt über 4,2 Millionen Euro investiert. All dies, damit die Besucher die Festung von ihrer besten Seite sehen und fühlen können.

Im Jahr 2020 haben wir eine weitere, bisher rekordverdächtige Förderung für Investitionen in Höhe von über 8,5 Mio. € erhalten, die wir für die Restaurierung der Festung für touristische und kulturelle Zwecke, verwenden und um bisher unzugängliche Teile des großen Befestigungsareals zu erschließen.

Schlafzimmer des zukünftigen Hostels (oben heutiger Zustand, unten projektiert).

Mit finanziellen Mitteln aus dem Regionalen Operationellen Programm des Bezirkes Niederschlesien für den Zeitraum von 2014 bis 2020 wird das ehem. Restaurant im Innenhof des Donjon renoviert, es werden die ehemaligen Soldatenkasematten für eine Belegung von 60 Betten umgebaut, zudem wird ein neuer Raum für Sonderausstellungen und Multimediapräsentationen geschaffen. Darüber hinaus zeigen wir thematische Module zu den Anfängen des Tourismus mit vielen Fotos und Erinnerungsstücken aus der Vergangenheit. Nun haben wir bei den Ausgrabungen viele interessante Artefakte gefunden, die wir nach der Konservierung in Vitrinen präsentieren. Aufgrund ungünstiger Bedingungen, wie z.B. der Trockenheit und Ineffizienz der bestehenden Befestigungsbrunnen, sowie moderner sanitärer Anforderungen, wird ein Wasseranschluss von ca. 1300 m Länge, sowie ein Energieanschluss von ca. 1400 m mit Trafostation installiert. Die Bau- und Konservierungsarbeiten umfassen insbesondere:

Die Nord-Kurtine des Donjons
Hier werden Innenräume der ehemaligen Festungswohnräume für 44 Personen eingerichtet – einschließlich der Garderobe, den Toiletten, der Rezeption, eines Aufenthaltsraumes und diversen Technikräumen.

Der Nordostbereich des Donjon
Hier wird ein neues Gebäude in einem Teil des ehem. Festungsrestaurants entstehen. Die Fassade wird aus einer Glas- und Stahlkontsruktion mit Photovoltaik auf dem Dach entstehen. Ziel ist es, in einem neuen Raum ein Gebäude erstehen zu lassen, welches als Multifunktionsraum für handwerkliche und pädagogische Aktivitäten, kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden kann.

Der Turm der Niederbastion
Die heutigen Räume werden ebenfalls für Ausstellungszwecke optimiert. Neben Multifunktionsräumen entstehen hier eine Küche mit Esszimmer, sowie Büro- und Technikräume. Für museale Ausstellungen bietet dieser Bereich zusätzlich vielfältige Möglichkeiten.

Die West-Kurtine des Donjons
In der Kurtine wird das Interieur der ehemaligen Wachhäuser und Wohnräume für Räumlichkeiten für 14 Personen ausgebaut. Die Rekonstruktion der Holzdecken und -treppen, die Restaurierung der Fußböden, die Beseitigung von Bauschutt, die Ausbesserung von Schäden an Wänden und Gewölben und die denkmalgerechte Renovierung der Fenster gehören in diesen Bauabschnitt.

Die Struktur innerhalb der Festung Srebrna Góra/Silberberrg, die im Rahmen des Projekts konstruiert werden soll, wird für die Organisation von kulturellen Aktivitäten und Bildungsworkshops im Zusammenhang mit dem Kulturerbe, der Geschichte und dem historischen Handwerk genutzt. Die im Rahmen des Projekts vorgesehene Fläche beträgt 2.224,18 Quadratmeter. Allein der Wert der Bauleistungen bei diesem Projekt erreicht die Höhe von 3,6 Mio. Euro.

In den neu eröffneten Raumlichkeiten werden wir etliche Themen dastellen: vergrößerte historische Fotos der Festung (in Holzrahmen), ein Modell der Festung auf einem Holzsockel mit Audiofunktion, Vitrinen mit in der Festung gefundenen Artefakten, eine Sammlung historischer Kleidung. In einem Shop wird man ein 3-D Modell der Festung, sowie Ausrüstung für Feldaktivitäten und historische Touristenkarten erstehen können.

Empfangsbereich und Ausstellungsfläche „Geschichte des Tourismus der Festung in Silberberg“ (oben heutiger Zustand, unten projektiert).

Die Festung Srebrna Góra/Silberberg wird trotz ihrer außergewöhnlich schönen landschaftlichen Lage und der einzigartigen Architektur komplexer Verteidigungsstrukturen derzeit nicht vollständig für das touristische Potenzial der Region genutzt. Durch die Investitionen möchten wir zukünftig an der Spitze beliebter europäischer Reiseziele stehen. Wir glauben, daß wir erst eine positive Einstellung bei den Einwohnern von Niederschlesien, den benachbarten Bezirken sowie bei den lokalen Gemeinschaften, Künstlerkreisen und Nichtregierungsorganisationen bewirken wollen und später auch weltweit durch dieses einzigartige Festungswerk bekannt werden. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Wissen über die Festung in Srebrna Góra in der Dimension der Militärgeschichte, sondern vor allem um die Alltags- und Technikgeschichte. Wir versuchen, unsere Einrichtung verschiedenen Altersgruppen zu präsentieren, das Interesse aller zu wecken, Spaß zu haben, zu lehren und gemeinsam mit den Besuchern diese einzigartige Festung zu genießen. Hier lebt die Geschichte weiter, die Zustimmung finden wird.

Daher ermutige ich Sie, die Festung zu besuchen, um sich von den durchgeführten Veränderungen und der Umsetzung unserer ehrgeizigen Pläne zu überzeugen.

Herzlich grüße ich alle Leser von www.silberberg.com.de. und – wir sehen uns in Srebrna Góra!

Emilia Pawnuk
Vorsitzende der Festungsgesellschaft

 

Silberberg – die Festung der Preußen: Kartierung der verschickten Postkarten aus Silberberg der Jahre 1890 – 1945 aus der Sammlung Detmar Grammel und des Silberberg Archivs.

 


Einige Impressionen des Innenhofes der Festung und des Festungsrestaurants aus vergangenen Zeiten:



EIN VERGLEICH:

GEFANGENSCHAFT AUF DER FESTUNG SILBERGBERG IM JAHR 1849 UND 1940:

Gefangen auf der Festung Silberberg im Jahre 1849

In einer satirischen Zeitschrift wird im Jahr 1850 über die Bedingungen der Gefangenen auf dem Silberberger Donjon berichtet. Der Berichterstatter war drei Monate dort gefangen.

Die „BUDDELMEYER-ZEITUNG“ aus den Jahren 1849-1853 wurde in Berlin herausgegeben von dem Arzt und Schriftsteller Adalbert Salomo Cohnfeld, der unter dem Pseudonym August Buddelmeyer seine Zeitschrift publizierte.

Im Jahr 1850 steht dort folgendes über Silberberg geschrieben:

Silberberg

Skizze von Leid-Brandt

Man hatte mich auf sechs Monate (später durch ein drittes Erkenntnis auf drei Monate) dem Kommandanten von Silberberg, Herrn Generalmajor Menckhof, als Pensionär überwiesen. Am 27. Oktober v. J. traf ich in meinem Bestimmungsorte an. Ich meldete mich sofort beim Platz-Major, Herrn Premier Lieutenant Rocholl, der mich, sein Käppchen in der Hand, sehr höflich empfing und mich dann, nachdem er mir noch mitgetheilt hatte, daß die Staatsgefangenen in Silberberg täglich 6 Freistunden (von vormittags 10 bis nachmittags 4 Uhr) vom Kommandanten bewilligt erhalten haben, von einer Ordonannz auf die Citadelle begleiten ließ. Dort wurde ich dem Schlüsselmajor überwiesen und dieser führte mich in meine Casematte. In dieser Casematte, welche 20 Schritt lang und 12 Schritt breit ist und zu welcher noch eine Küche gehört, findest Du, lieber Leser, ein mit rotem Sammeth überzogenes Sopha, eine Mahagoni-Kommode, einen dito Schreib- und einen eben solchen Kleidersecretair, einen köstlichen Spiegel, ein wunderschönes Bett, einen sauber polierten runden Tisch, eine Bibliotek u. dgl. m. – nicht; dagegen erblickt dein Auge ein leeres Bettgestell – ohne Madratze, ohne Decken – einen wurmstichigen, wackligen Tisch, dem aus Altersschwäche bereits der Tischkasten ausgefallen, einen hölzernen Stuhl und einen dito Schemel. Dies ist Alles, was die Kommandantur einem Staatsgefangenen liefert.

Hast du dich nun nicht mit Betten versehen oder findest du kein freundliches Herz unter deinen Mitgefangenen, so kannst du einstweilen deinen Freiheitsrausch auf den Dielen, oder wenn es dir bequemer ist, auch in der Bettstelle, deren Boden natürlich auch von Holz ist, ausschlafen.

Ich hatte das Glück, ehe meine Betten, um die ich sofort nach Berlin schrieb, ankamen, von dem Schlüsselmajor einen Strohsack nebst 2 wollenen Decken, und von dem Buchdruckereibesitzer Fähndrich aus Berlin, der mein Casemattennachbar war, einige Stücken Betten geliehen zu bekommen.

Von den 5 politischen Gefangenen des Silberbergs (Fähndrich, der Lehrer Erdmann, zwei Breslauer und ich) ist Fähndrich der Bedauernswertheste. Nicht nur ist seine Strafzeit die längste, nämlich drei Jahre, sondern er empfindet seine Haft auch am schmerzlichsten, weil er von höchst reizbarem Gemüth ist. Er beschäftigt sich fast ausschließlich damit, auf einem Klavier zu klimpern, welches der Kommandant ihm in seine Casematte zu nehmen gestattet hat.

Die Behandlung seitens der Commandantur muß man vom Standpunkte des Gefangenenlebens aus im Allgemeinen als human bezeichnen, obgleich ich auch von unzähligen Widerwärtigkeiten erzählen könnte.

So wird z.B. die Correspondenz der politischen Staatsgefangenen streng überwacht; alle abgehenden und ankommenden Briefe werden geöffnet und gelesen, und zwar jedesmal vom Commandaten und vom Platzmajor, so daß also diese zwei Personen Mitwisser der geheimsten Familienverhältnisse werden. – Das ist bitter.

Dann sendet die Commandantur monatlich einen Bericht über die Führung und wahrscheinlich auch über die inzwischen klarer herausgestellten Verhältnisse der Staatsgefangenen an das Gerneral-Commando, und dieses wiederum an das Kriegsministerium. Der Staatsgefangene steht demnach unter militairischer Controle.

Monatlich ein Mal (nicht öfter) ist es dem Staatsgefangenen gestattet, in die Kirche zu gehen. Natürlich begleitet ihn dann ein Unteroffizier, aber ohne Zweifel weniger, weil man ein Entweichen fürchtet, als wohl darum, daß der Gefangene sich nicht verläuft und vielleicht in der Übereilung ein Gasthaus für ein Gotteshaus ansieht … Jedenfalls eine väterliche Fürsorge!

Verweise gibt es fast täglich in Silberberg. Bald ist man auf den Wällen einen halben Schriftt zu weit vorgegangen, bald führt ein Herr Lieutnant Beschwerde, daß die Staatsgefangenen mit der langen Pfeife im Hofe spazieren gegangen und ihn nicht zuerst gegrüßt hätten, was – zur Ehre der Staatsgefangenen – niemals vorgekommen ist, bald hat man an seine Angehörigen etwas geschrieben, was nicht erlaubt sein soll, – bald einen griechischen oder lateinischen Ausdruck im Briefe gebraucht, bald mit einem Festungsbeamten gesprochen, was nicht gestattet ist, und was dergleichen Uebelthaten mehr sind. Überhaupt darf der Staatsgefangene in Silberberg in den Freistunden mit Niemanden sprechen, außer mit seinen Mitgefangenen, dem Commandanten, dem Platzmajor (wenn diese beiden Herren sich gerade auf der Festung befinden) und mit dem Schlüsselmajor.

Diese Verbote kennt der Staatsgefangene übrigens nur vom „Hörensagen“, denn keine Instruktion – oder wie es ind Gefangenenhäusern heißt – eine Hausordnung, wird dem Gefangenen nicht bekannt gemacht. Es ist also sehr natürlich. daß Dinge vorfallen mußten, die der unbekannten Hausordnung entgegen sind.

Der preußische Militarismus hat den Deutschen Michel fest im Griff (aus Buddelmeyer-Zeitung, 1850).

Des Morgens um 8 Uhr kommt der Schlüsselmajor und revidirt, ob auch Niemand von den Gefangenen wahrend der Nacht des Todes verblichen oder — unsichtbar geworden ist. Das Letztere ist von den Casematten aus indeß so gut wie gar nicht möglich, denn die Mauern sind so stark und fest, daß man früher, als man hin und wieder Schießlöcher anzubringen hatte, dieses nur mittelst Sprengung bewerkstelligen konnte. Diese Revision geschieht also wohl blos der Etikette wegen.

Nachdem der Schlüsselmajor sich wieder entfernt, verläßt der Gefangene seint Bett, heizt den Ofen (wozu ihm monatlich 1/2 Klafter Holz geliefert wird) trinkt Caffee, räumt seine Casematten auf, raucht dann bis zur Erholungsstunde (10 Uhr) gemüthlich seine Pfeife, und unterhält sich inzwischen mit seinem Stubengenossen oder seinem Nachbar.

Um 10 Uhr erscheint der Schlüsselmajor zum zweiten Male mit der um diese Zeit typischen Begrüßungsform: „Schon wieder zehn Uhr!“.

Ist schönes Wetter gehen die Gefangenen jetzt auf die Wälle, welche ungefähr noch 60 Fuß höher liegen, als die Casematten. Von den Wällen aus bietet sich dem Auge ein so herrliches und fast in jeder Minute abwechselndes Panorama, daß man in jenen Stunden seine Gefangenschaft vergessen und glücklich sein kann.

In solchen Augenblicken gedachten wir häufig Kinkel`s und Corvin`s. Wir beklagten diese Unglücklichen, die man gleich gemeinen Verbrechern in ein Zuchthaus gesperrt, an ein Spinnrad arbeitet und von der Willkür eines in der Regel doch ungebildeten Kerkerdieners abhängig gemacht hat. Und manchmal wurde es bei solchen Gesprächen still und unbemerkt eine Träne fortgewischt, die sich unwillkürlich in das Auge drängte und die jenen Unglücklichen geweiht war.

Bis 12 Uhr war der Aufenhalt auf den Wällen erlaubt. Um diese Zeit gingen wir zu Tische bei Schlüsselmajor, wo wir uns abonniert hatten.

Die Freistunden des Nachmittags, von 12 Uhr bis 4 Uhr, verlebte man auf verschiedene Art: Einige gehen auf dem Hofe spazieren, Einige spielen Karten, Schach, Domino etc. oder man benutzt das Fortepiano des Herrn Fähndrich, und amüsierte auf diese Art sich und zuweilen auch das sitzende Publikum in Silberberg.

Um vier Uhr muß jeder wieder in seiner Casematte sein, und der Schlüsselmajor tut nun, was seines Amtes ist, d.h. er verschließt die Thüren.

Die Zeit bis zum Schlafengehen vertreibt jeder auf die ihm angenehmste Weise.

Einige, worunter auch ich mich befand, formten aus Töpferthon verschiedene Gegenstände, ein Kinderspielzeug, allerley Nippsachen u. dgl., die, für die Familie bestimmt, in späteren Zeiten immer eine zugleich freudige und traurige Rückerinnerung an die Gefangenschaft sein werden, freudig der angenehmen und interessanten Bekanntschaften wegen, die man dort gemacht, traurig, weil man seiner Freiheit beraubt und seiner Familie entzogen war.

Ein anderer (Literat Pätzold aus Breslau) modelliert im Thon und zwar mit bewundernswerter Geschicklichkeit, ganze Scene aus der Mythologie u. dgl., zuweilen aber auch fertigt er Tischler-Arbeiten, zu welchem Zwecke ihm von der Commandantur gestattet wurde, Werkzeuge und dgl. anzuschaffen.

Ein Dritter (Cand. jur. Wecker aus Breslau) verbringt seine Abendstunden gewöhnlich mit für ihn nützliche Studien.

Fähndrich spielt die Hälfte des Abend auf seinem Instrument, während der die andere Hälfte mit Lesen ausfüllt. Noch andere laufen den ganzen Abend in ihrer Casematte auf und nieder – und langweilen sich.

So macht Jeder sich das Leben, so viel es in seinen Kräften liegt, angenehm. Man hat öfters versucht, gerade die Festung Silberberg von einer unvortheilhaften Seite zu beschreiben und immer behauptet, daß die Staatsgefangenen dort sehr inhuman behandelt werden. Dies ist aber eine offenbare Unwahrheit. Der Commandeur sowohl als der Platzmajor, suchen unter keinen Umständen das Leben der Gefangenen zu verbittern, wozu ihnen doch ohne Zweifel genügende Mittel zu Gebote stehen. Beide Officiere sind Ehrenmänner durch und durch, und jene Gerüchte wohl nur aus Unkenntniß der Verhältnisse entstanden.  

aus Buddelmeyer-Zeitung, 1850.

FIN


Gefangen auf der Festung Silberberg 1939-1941

Neuerscheinung im Jahr 2022

Im März 2022 wird vom Verlag Indiana University Press ein weiterer Band der Reihe „The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933 – 1945“, Band 4 (808 Seiten) erscheinen. Wie in der polnischen Historiographie üblich wird jedes Kriegsgefangenenlager im Deutschen Reich zu einem Ort nationalsozialistischer Grausamkeiten erklärt – obwohl zahllose Zeitzeugenberichte dies widerlegen. Somit wird das Silberberger Offizierslager VIII B in dieser Enzyklopädie erstmals erwähnt.

Über das Lager wird folgendes von Joanna Lusek (Oberschlesisches Museum in Beuthen) berichtet:

„Die Wehrmacht richtete das Lager am 15.12.1939 in Silberberg im Wehrkreis VIII ein. Das Lager war dem Kommando der Kriegsgefangenen im Wehrkreis VIII untergeordnet. Die Feldpostnummer des Lagers war 18392, welche von Juli 1939 bis 14.2.1942 in Benutzung war. Zu Beginn war das Lager als Straflager konzipiert (diese Aussage ist noch nicht eindeutig belegt, AKA). Im Dezember 1940 wurde es in ein reguläres Lager umgewandelt. Das Camp war auf dem Fort Spitzberg der Gesamtanlage der Festung Silberberg etabliert worden. Die Gefangenen waren fast ausschließlich polnische Offiziere, die während der September-Offensive festgenommen worden waren. Einige Festungsgebäude wurden den Zwecken eines Lagers angepaßt, insbesondere das Fort Spitzberg, welches seit 1913 als Jugendherberge diente. Später wurde auch das Fort Hohenstein für das Lager verwendet, welches in den zwanziger Jahren als Polizeischule genutzt wurde und ab 1935 von der Wehrmacht verwaltet wurde. Einige Gefangene wurden auch im Hauptgebäude der Festung, dem Donjon, gefangen gehalten. Des weiteren gab es noch ein Lager in der Nähe des Silberberger Bahnhofes.

Major Paul Biess

Die Oflag Kommandeure wohnten in der Winterseite 10 in der Stadt Silberberg. Der Name des ersten Kommandeurs ist bisher unbekannt. Sein Nachfolger war Major von Zerboni, ein Veteran des 1. Weltkrieges. … Zerboni beschuldigte die Gefangenen an Greueltaten der polnischen Armee (sog. Bromberger Blutsonntag: Progrom an der deutschen Zivilbevölkerung am 4.9.39 durch Polen, mindestens 400 Deutsche wurden ermordet, AKA) beteiligt gewesen zu sein, die im Jahr 1939 an deutschen Soldaten in Bydgoscz (Bromberg) stattgefunden hätten. Der nächste Kommandeur – beginnend von Mai 1940 – war Major Biess.

 

Die Identität des letzten Kommandeurs ist unbekannt, er war beteiligt an der Auflösung des OFLAG VIII B. Die permanente Bewachungsmannschaft bestand aus einem Offizier und 20 – 30 Soldaten.

Die Bände 1-3 der Enzyklopädie sind im Internet frei downloadbar.

im Oflag VIII B wurde etwa 230 Offiziere insgesamt gefangen gehalten. Die ersten Gefangenen kamen im Januar 1940 an. In der Zeit vom 15.1. bis 12.6. 1940 waren 99 Offiziere ins Fort Spitzberg gebracht worden. Im September waren dort 140 Gefangene. Fast alle wurde in das OFLAG IV nach Colditz verbracht – mit Ausnahme von 5 Offizieren, die in Silberberg blieben (ein Grund dafür ist nicht bekannt). Am 15. Dezember 1940 waren 183 Offiziere und 43 Ordonanzen im Lager, auch ein Franzose war unter ihnen. Nach einer ersten Auswahl wurden sie auf dem Fort Spitzberg und in einem Fabrikgebäude in der Stadt einquartiert. Es gab einen permanenten Wechsel im Lager. Im Januar 1941 waren 218 Offiziere vorhanden und 52 Ordonanzen – in den folgenden Monaten wurden 33 Offiziere in andere OFLAGs transportiert. Im März 1941 kamen 26 Offiziere aus dem OFLAG IV C   zurück. Im Mai 1941 waren 156 Offiziere und weitere 36 Männer im Silberberger Oflag. Am 1. Juli 1941 wurde das Lager wg. der Invasion in die Sowietunion  geleert – aufgrund der erwarteten russichen Kriegsgefangenen. Von diesem Zeitpunkt an wurde das Fort als Lager nicht mehr benutzt. Förmlich wurde es am 17. Oktober 1941 aufgelöst.

Unter den im Oflag VIII B gefangenen Personen war General Tadeusz Piskor, Chef des Hauptquartiers der polnischen Armee; Vize-Admiral Josef Unrug, Chef der Küstenverteidigung im Jahr 1939 und Kommandeur Stefan Frankowski, Kommandeur der polnischen Flotte. Zusätzlich zu denen und anderen Offizieren von Militär und Polizei oder Gendarmerie wurden weitere auf Fort Hohenstein gefangen gehalten. Sie lebten dort von März bis April 1940. Es gibt drei bezeugte Todesfälle: Kommandeur Stefan Frankowski, Leutnant Olgierd Roman und Leutnant Aleksander Ciechanowski, alle starben im Hospital in Langenbielau.

Im Fort Spitzberg wurden die Offiziere in einem Gebäude gehalten, welches mit Stacheldraht umzäunt war. Die älteren Offiziere bewohnten die oberen Geschoße, während die jüngeren in zwei länglichen Kasematten auf Etagenbetten schliefen. In jedem Raum waren 30 Gefangene untergebracht. In den Wintermonaten war dort wenig Tageslicht und stickige Luft, welche einen negativen Einfluß auf die Gesundheit hatte. Die Uniformen waren benetzt von Mehltau. Das Lager hatte Zugang zu fließendem Wasser und einmal pro Woche konnten die Gefangenen duschen. Auch ein Toilettenhaus war vorhanden. Vor den Gebäuden war ein 30m x 15m großer Appellplatz. Die Lebensbedingungen auf Fort Hohenstein waren entschieden besser. Das Gebäude war trocken und gut belüftet und die Fenster führten zum Innenhof hinaus. Dort waren keine Toiletten, es gab nur eine portable Latrine. Im Fabrikgebäude in der Stadt, wo die Kranken und Erholungssuchenden einquartiert waren, waren die Bedingungen aufgrund des fehlenden fließenden Wassers schwieriger. Die Gefangenen holten sich das Wasser aus der Kommandantur in der Winterseite. Zudem waren dort keine Betten. Die Kranken wurden auf Stroh oder Holzwolle gebettet, zeitweise über den ganzen Betonfußboden verteilt. Die Temperatur stieg nie über 8 Grad Celsius. Die kärglichen Lebensmittelrationen wurden durch Produkte vom Roten Kreuz oder durch private Lebensmittelpakete ergänzt. Briefe wurden – nach der Zensur – einmal pro Woche ausgehändigt.

Offiziere mußten nicht arbeiten. Ihr Tag begann um 7 Uhr morgens mit dem Wecken und endete um 9 Uhr nach dem Abendappell. Appelle wurden zwischen 3 und 5 mal täglich abgehalten. Ein Gefangener erinnert sich „an viele Appelle, in den Zwischenzeiten räumten wir unsere Quartiere auf, lüfteten unsere Kleidung, einige vertrieben sich die Zeit mit Sportübungen und spazierten im Innenhof herum. Admiral Unrug gab Englischunterricht, obwohl er nur ein dünnes Lehrbuch hatte  … oder er erzählte über seine Reisen um die Welt an denen er in seiner Funktion in der Marine teilgenommen hatte.“ Die Gefangenen besaßen auch die Möglichkeit zu lesen, einschließlich des „Militärwochenblattes“. Die Gefangenen nutzten auch ihre Zeit um ausländische Sprachen zu lernen, englisch eingeschlossen. Alle 14 Tage konnten die Gefangenen am Gottesdienst teilnehmen, welcher von einem deutschen Pfarrer gehalten wurde. Das Lagerkommando achtete die Religionen. Die Gefangenen im Oflag VIII B waren rechtlich verpflichtet zu fliehen. Die ersten nicht geglückten Fluchtversuche fanden im März 1940 statt. Das fundamentale Problem war die fehlende Ortskenntnis. Am 5.- 6. Mai 1940 flüchtete eine Gruppe von 10 Offizieren aus dem Fort Spitzberg in einem weiteren Versuch. Der anfängliche Plan war es Ungarn zu erreichen und von dort nach Frankreich zu kommen, um sich mit den allierten polnischen Streitkräften zu verbinden. Drei Gefangene, Felicjan Pawlak, Jan Gerstel und Tadeusz Wesolowski organisierten die Flucht nach Ungarn, über Jugoslawien und die Türkei nach Palästina. Als Strafe für den Fluchtversuch wurde den Gefangenen untersagt, an Gebeten teilzunehmen, die Kantine wurde geschlossen und die Anzahl der Appelle wurde auf fünf pro Tag erhöht.

 

Quellen

Die wichtigsten Quellen über das Oflag VIII B finden sich im Bundesarchiv (BA-MA, RW 6:450 und im WAst Berlin – jetzt: als Abteilung PA -Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg – im Bundesarchiv (Stammtafel Oflag VIII B).

Weiterführende Information können in folgenden Publikationen gefunden werden:

Georg Tessin, Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-1945, Vol.3: Die Landstreitkräfte 6-14 (1970).

Stanislaw Senft und Horst Wiecek, Obozy jenieckie na obszarze slaskiego okregu Wehrmachtu 1939-1945 (1972).

Czeslaw Pilichowski, Obozy hiterowskie na ziemiach polskich (1979).

G. Mattiello u. W. Vogt, Deutsche Kriegsgefangenen- und Internierten-Einrichtungen 1939 -1945. Handbuch und Katalog: Lagergeschichte und Lagerzensurstempel, vol. 2 (1987).

A. Verstraeten u. M. Momin, Das Oflag VIII B Silberberg (AGZ-Rundbrief 51, AGZ=Arbeitsgemeinschaft ZensurPost, (1986).

 


AKTUELL: 6.11.2021: EIN NEUER BILDBAND ZUR GESCHICHTE SILBERBERGS

Ein neues Werk über die Geschichte Silberbergs und der Festung wird am 6. NOVEMBER 2021 um 16.00 Uhr im Donjon der Festung vorgestellt. Der Bildband „Silberberg. Ein Spiegel der Zeit“ von Jacek Grużlewski und Tomasz Przerwa führt zurück in die deutsche Vergangenheit. Der Band ist in englisch und polnisch gehalten.

In dem Werk finden sich rund 400 historische Postkarten. Die für die Silberberger Geschichtsforschung bekannten Autoren Jacek Gruzlewski und Tomasz Przerwa stellen am historischen Ort das neue Werk vor. In Kürze wird der Bildband an dieser Stelle ausführlich behandelt.

Derzeit ist das Buch für 20 € (incl. Porto) bei Frau Monika Stobrawe (Bestellung: Tel.: 0211/6182090) und in der Festung in Silberberg erhältlich.


DIE SONNTAGSVERTREIBUNG

Der zweite Vertreibungstransport am 25.8.1946:

Am Sonntagvormittag am 25.8.1946 wurde der „Rest“ der Silberberger Bevölkerung nach Frankenstein getrieben. Alfred Dinter berichtet darüber folgendes:“ Wir mußten am 25.8.46 mit der uns verbliebenen Habe zu Fuß nach Frankenstein ziehen. Auf dem Gelände neben dem Hotel „Zum Elefanten“ und teilweise auf dem angrenzenden Friedhof haben die Silberberger bei strömendem Regen die Nacht verbracht. Am nächsten Morgen mußten wir zum Kontrollpunkt und wurden von den polnischen Kontrolleuren nach wertgegenständen durchsucht.

Niedersächsisches Staatsarchiv

Anschließend ging es zum Bahnhof. Wir wurden zu 35 Personen in einen Viehwaggon gepfercht. Dann fuhr der Zug gen Westen. Wir waren einerseits froh aus der Hölle entrinnen zu können, andererseits fürchteten wir noch weitere Schikanen …. Unser erster offizieller Halt war in Kohlfuhrt. Dort sollten englische Armeeangehörige die „Humanität“ der Vertreibungen überwachen. … Zum Schluß sind wir am 30.8. in Marienborn bei Helmstedt imAuffanglager Mariental gelandet.“ (s. Doris Minale, Vertreibung S. 312).

 

 

Am 30.8.1946 kamen allein aus Frankenstein 3 Transporte in Mariental an. Mit 1834, 1827 und 1772 Personen, meist Frauen, Kinder und Greise.


Archivalie des Monats

Kürzlich hat das AKA etliche Fotos der Frankensteiner Segelflieger aus Stolz bei Frankenstein erhalten. Vielen Dank an die Familie Heider!

Frankensteiner Segelflieger mit ihrem Schulgleiter auf dem Kalkberg bei Stolz, um 1930 (AKA, noch uninventarisiert).

 


Elly Beinhorn in Silberberg im Jahr 1939

 

(Quelle: Wikipedia)

Nach den Schilderungen der Tochter des Lehrers der evangelischen Schule in Silberberg besuchte Elly Beinhorn anläßlich des „Friesenfestes“  zur Taufe eines neu gebauten Segelflugzeuges mit dem Namen „Baby“ das Ereignis im Sommer des Jahres 1939.

(Quelle: Wikipedia)

Weltbekannt wurde Elly Beinhorn durch ihre Alleinflüge durch Afrika (1931) und durch ihre Weltumrundung im Jahr 1932.

Elly Beinhorn
Elly Maria Frida Rosemeyer-Beinhorn, geboren und bekannt als Elly Beinhorn, manchmal auch Elli Beinhorn (* 30. Mai 1907 in Hannover; † 28. November 2007 in Ottobrunn), war eine populäre deutsche Fliegerin. Ihre autobiografischen Bücher erreichten ein breites Publikum. Beinhorn wuchs im bürgerlichen Umfeld Hannovers auf. Im Alter von 21 Jahren begann sie mit einer Fliegerausbildung in Berlin und erwarb 1929 einen Pilotenschein. Anschließend war sie als Kunstfliegerin tätig, bis sie 1931 durch einen Alleinflug nach Afrika von sich reden machte. Im Jahr darauf erlangte sie durch eine Weltumrundung deutschlandweite Bekanntheit und wurde mit dem Hindenburg-Pokal ausgezeichnet. Weitere Langstreckenflüge folgten, und Mitte der 1930er Jahre stellte Beinhorn mehrere Rekorde auf, wie das Überfliegen von drei Kontinenten an einem Tag. 1936 heiratete sie den ebenfalls sehr bekannten Rennfahrer Bernd Rosemeyer, der zwei Jahre später bei einem Unfall starb. Nach dem Zweiten Weltkrieg erneuerte sie 1951 ihren Pilotenschein. 1979 beendete Beinhorn ihre Fliegerkarriere. 1991 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Sie starb im Alter von 100 Jahren in einem Seniorenheim bei München. (Quelle: Wikipedia).

Aus den Lebenserinnerungen von I. Zehmer, der Tochter von Lehrer Pagelsen, dem Gründer des Segelflugvereines in Silberberg:

(Quelle: DCM)

Segelflug 1937 (Quelle: Wikipedia).


Schlesische Intifada

Kabarett von Schlesiern (Folge 1)

Andreas Rebers: Ich bin Lehrer und Schlesier (Youtube)


Landarbeit – Handarbeit

in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollzog sich der Wandel in der Landwirtschaft von einer körperlich geprägten Arbeit der Bauern zur Mechanisierung in der Landwirtschaft. Auch in Silberberg waren Landwirte ansässig und ein großer Anteil der Bevölkerung betrieb im Nebenerwerb Landwirtschaft oder es wurden Kleinvieh, Kühe und Rinder gehalten.

Diese Seite der Silberberger Geschichte wurde bisher kaum beleuchtet. Dies liegt zum Teil an der „städtischen Prägung“ Silberbergs, jedoch auch daran, daß differenzierte Informationen zu diesem Thema fehlen. Daher bittet das Archiv um Mithilfe bei der Bereitstellung von Bild- und Schriftquellen zum Thema „Landarbeit – Handarbeit. Silberbergs Landwirtschaft im Umbruch“.

Vielen Dank für Ihre Mithilfe!

Abbildungen aus dem Film „Ins Schlesierland marschieren wir“ (1933).


DEM HIMMEL ENTGEGEN

Festung Silberberg – Das erste Segelflugzeug in Silberberg, gebaut 1931, auf der Tragfläche sitzend: Oberleutnant Karl Hühne.

Zur Geschichte des Segelfluges in Silberberg

Segelflug am Spitzberg in Silberberg, AKA

„In den 1920er Jahren etablierte sich der Segelflug in Deutschland als eine Sportart, die alle Bevölkerungsschichten erreichte und begeisterte. Da der Motorflug in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg untersagt war, bot der antriebslose Segelflug eine legale und kostengünstige Alternative. Einen wesentlichen Anteil an dem Erfolg hatten die Rhönwettbewerbe auf der        Wasserkuppe, die enge Verbindung der Wissenschaft zum Segelflug sowie die Aktivitäten der Studenten an den Technischen Hochschulen und Universitäten (Akafliegs). Organisatorisch bestand die Segelflugbewegung aus hunderten selbstständigen Vereinen und Gruppen, die durch zwei Dachverbände locker zusammengefasst waren.

Der Segelflug gilt als Königsdisziplin des Fliegens: Die vollkommende Beherrschung des Flugzeugs und der Umgebung, in der man sich bewegt, ist unabdingbar. Segelflugzeuge gleiten ohne Antrieb und nutzen lediglich die Kraft der Sonne in Form von Aufwinden. Dass die besten Piloten aus dem Segelflug kommen, wussten auch die Nationalsozialisten. Sie vereinnahmten nach der Machtübernahme 1933 den Segelflug und die Ausbildung von Piloten, um daraus die Grundlage der Wehrmachtsluftwaffe zu schaffen. Die selbstständigen Vereine und Gruppen wurden zwangsweise aufgelöst und dem neugebildeten faschistischen „Deutschen Luftsport-Verband“ (DLV), später „Nationalsozialistischer Fliegerkorps“ (NSFK), einverleibt.
Die NS-Zeit ist innerhalb der Geschichte des Segelflugs in Deutschland bisher wenig erforscht.“ (T. Krasawin, DHM).

AKA

In den Anfang der 30er Jahre fallen erste Versuche, in Silberberg die Segelfliegerei zu betreiben.1931 taufte der neugegründete Polizei-Segelflugverein Frankenstein sein erstes Segelflugzeug am Spitzberg auf den Namen „Festung Silberberg“. Die Piloten waren Polizei-Oberleutnant Hühne, 1. Vorsitzender des Vereins, und Leutnant Grassme (Oberleutnant Huhne war Pilot der Maschine „Festung Silberberg“ vom Typ „Grunau Baby“, AK). An diesem Tage herrschte am Osthang des Spitzberges guter Aufwind, und die beiden Offiziere machten Rekordflüge von je zwei Stunden Dauer. Als Gäste waren unter anderem die bis dahin erfolgreichsten Segelflieger Schlesiens mit ihren Flugzeugen erschienen. Hans Neumann aus Breslau blieb mit seinem Segelflugzeug „Schlesien in Not“ mehrere Stunden in der Luft und segelte bis Schweidnitz. Der spätere Weltrekord-Segelflieger Wolf Hirth aus Grunau im Riesengebirge segelte mit seiner Eigenkonstruktion „Musterle“ sieben Stunden über Silberberg, Frankenstein und der Grafschaft Glatz in 3.000 m Höhe.
Aufgemuntert durch diese Erfolge, wurde von Lehrer Pagelsen und einigen Mitgliedern des Männerturnvereins auch in Silberberg ein Segelflugverein gegründet, dem eine ganze Anzahl junger Leute aus den verschiedensten Berufen beitraten, und der dem Turnverein angeschlossen blieb.

Kreisheimatgruppe Frankenstein / AKA

Die Modelle baute man unter Leitung des Fluglehrers Fritz Giersig in der Freizeit, zunächst bei Bäckermeister Max Wittich in der Mehlkammer, später in einem großen Werkraum der stillgelegten Tonke´schen Lederfabrik. Das benötigte Holz wurde in der Werkstatt des Mühlenbauers Richard Otte zu Leisten geschnitten, Schmiedemeister Röthig stellte für die notwendigen Schweißarbeiten seine Schmiede zur Verfügung. Das erste fertiggestellte Flugzeug war ein Gleiter und wurde auf den Namen „MTV Silberberg“ getauft. Ein weiteres Flugzeug erhielt den Namen „Paul Tonke“ aus Dankbarkeit für die von ihm unentgeltlich gewährte Unterkunft. Insgesamt wurden 5 Flugzeuge gebaut. In der letzten Zeit war der Stellmacher Willi Materne Bauleiter.

Artikel über das Segelfliegen im Anzeiger für Zobten am Berge vom 9. Juni 1934.

Die Eigenständigkeit des Vereins währte noch bis 1937, danach gehörte der Verein zum Nationalsozialistischen Fliegerkorps (NSFK).
(aus Schnober, Kaschke, Neugebauer S. 57)

Kreisheimatgruppe Frankenstein / AKA

 

Die Segelflieger

von Margarete Cebaus

Durch den Turnverein kam die Segelfliegerei nach Silberberg. Die begeisterte Jugend schaute an den Wochenenden dem Polizei-Segelflugverein Frankenstein begeistert zu, wenn dieser seine Künste am Spitzberghang bei der Entenpfütze zeigte. Das erste Flugzeug wurde auf den Namen “Festung Silberberg” getauft. Zur Feier des Tages waren etliche Gäste aus Schlesien mit ihren Segelflugzeugen gekommen.

Hanna Reitsch, Wikipedia

Ich kann mich noch gut an Wolf Hirt und Hanna Reitsch erinnern. Sie kamen aus Grunau bei Hirschberg von der Segelflugschule. Wolf Hirt stellte bei guter Thermik einen neuen Rekord auf. Er blieb mit seinem Segelflugzeug “Musterle”, welches er selbst gebaut hatte, 7 Stunden über Silberberg´s Umgebung bis hinein in die Grafschaft Glatz in der Luft. Diese tollen Leistungen regten auch unsere Turner an, geleitet von Lehrer Pagelsen. Es wurde ein Gleiter gebaut unter der Aufsicht des späteren Fluglehrers Giersig und erhielt den Namen “MTV Silberberg”.

Für Wolf Hirt ist für den 1.5.1932 ein Dauerflug von 5 Stunden an der Festung Silberberg belegt.

Wir Kinder waren natürlich dabei, als das erste Segelflugzeug gestartet wurde. Vorn am Rumpf war ein Gummiseil v-förmig angehakt und Turner und andere Jugendliche hielten das Gummiseil beidseitig fest in der Hand. Am Schwanzende des Seglers waren auch etliche starke Männer dabei, das Segelflugzeug festzuhalten. Sie saßen hintereinander, einer hielt den anderen umklammert. Der erste allerdings mußte das Rumpfende festhalten. Auf ein Kommando wurde vorn an dem Seil gezogen und durch den Druck, der von hinten kam, hob sich das Segelflugzeug am Steilhang in die Luft. Dabei klinkte sich das Seil aus der Rumpfhalterung aus. Nicht immer funktionierte das auf Anhieb, manchmal rutschte der Segler bei geringem Aufwind nur den Hang hinunter und die ganze Anstrengung war umsonst.
Der Segler wurde dann auseinander montiert , auf einem extra angefertigten leichten Wagen verstaut und wieder hinauf auf den Berg von vielen freiwilligen Helfern transportiert. In späteren Zeiten wurde der Wagen mit dem Segelflugzeug durch ein Pferd, was dem Milchmann Höhn gehörte, auf den Berg gezogen.

EINIGE DATEN ZUR GESCHICHTE DES SEGELFLUGVEREINES SILBERBERG

1931 Das Segelflugzeug „Festung Silberberg“ wurde im Mai 1931 getauft.
Der Eigentümer war der Segelflugverein Polizeischule Frankenstein.
Bei der Taufe waren anwesend: Wolf Hirth, Segelflugschule Grunau und Hans Deutschmann aus Breslau. Anwesend waren noch Vertreter der Vereine aus Strehlen, Münsterberg, Schweidnitz und Langenbielau.
Gründungsmitglieder waren Oberleutnant Karl Hühne von der Polizeischule Frankenstein und der Lehrer Fritz Pagelsen aus Silberberg, sowie weitere 8-12 Personen, die nicht genannt wurden.

1933-1934 wurde das Flugzeug Fliege IIa gebaut, die auf den Namen „Paul Tonke“ getauft wurde.

1935 wurde ein Kursus mit Hilfe des Arbeitsamtes Frankenstein durchgeführt. Etwa dreißig Männer bauten funf Maschinen. Die Bauleitung hatte Willi Materne.

 

Wolf Hirth (* 28. Februar 1900 in Stuttgart; † 25. Juli 1959 in Dettingen unter Teck) war ein deutscher Ingenieur, Segelflugpionier und Träger des silbernen Segelflugabzeichens Nr. 1. Er war zweifacher Gewinner des Hindenburg-Pokals, Motorradrennfahrer und erster Präsident des Deutschen Aero Clubs nach dem Zweiten Weltkrieg.

Hans Deutschmann (* 19. September 1911 in Kuchelberg, Krs. Liegnitz/Schlesien; † 11. April 1942 in Rennes) war ein deutscher Segelflugpionier, Testpilot, Diplom-Ingenieur und Träger des Silbernen Segelflugabzeichens Nr. 30.

AKA

Weitere Segelflugzeuge wurden in der stillgelegten Tonke-Fabrik gebaut. Ein Segelflugzeug erhielt den Namen “Paul Tonke”, aus Dankbarkeit für die kostenlose Unterkunft in der großen Halle. Nach 1933 übernahm die NSDAP den Segelflugverein (im Jahr 1939 wurde dafür geworben, daß man in Silberberg in die Fleiger-HJ eintreten könne), und es wurde ein NSSK daraus, dem fast alle Silberberger Jugendlichen angehörten.

aus Margarete Cebaus, Meine Kindheit In Silberberg A aales Weibla erzählt, AKA 2003)

 

 

 

 

 

 

Einen literarischen Zugang zum Segelflug in Silberberg gelang Margarete Cebaus in ihren Lebenserinnerungen und der Geschichte über die Silberberger Waldzwerge Anton und Emil:

AKA

Von der Ferne konnte man den Spitzberg erblicken und als sie näher kamen, sahen sie an dem Hang viele Jugendliche, die an zwei Segelflugzeugen herumhantierten. Bald kamen sie auf dem Flugplatz an und der Pilot und der Flugleiter begrüßten die drei. Da sagte der Pilot: “Einer von den beiden kann ja schon einsteigen in das Flugzeug, der andere muß noch etwas warten“. Anton zitterte auf einmal am ganzen Leib, was sollte er tun ? Er war noch nie von Emil getrennt gewesen und nun sollte er allein in ein Selgeflugzeug steigen. Da wurde Anton aber mutig. Er ging zu dem Segelflugzeug hin, stieg ein und schnallte sich an. Da kam auch schon der Pilot und sagte zu ihm :“ Anton, du brauchst keine Angst zu haben, es geht gleich los.“ Auf einmal gab es einen heftigen Ruck und sie waren in der Luft. Sie stiegen immer höher und höher, weil sie einen guten Aufwind hatten. Anton rief begeistert :“Ich fliege, ich fliege“ und war überglücklich. Sie flogen Richtung der kleinen Stadt, die Anton so vertraut war. Aber wie waren da die Häuser so klein da unten und der Kirchturm, der ihnen immer so riesig erschienen war und er glaubte, er reiche bis zum Himmel hinauf. Er war jetzt auch so winzig von oben anzuschauen. Sie flogen weiter über die alte Festung, die von Wald umgeben war und Anton dachte: „Dort unten bin ich doch irgendwo zu Hause, aber ich kann den Mannsgrund nicht erkennen“.

Anzeiger für Zobten am Berge vom 14. Mai 1935.

Sie flogen über Berge und dunkle Wälder und Anton überlegte, ob da unten auch Zwerge wohnen und keiner weiß etwas vom anderen ? Nun flogen sie über eine große weite Ebene und die Dörfer unter ihnen sahen aus wie lange Würmer zwischen den Äckern und Wiesen. Der Pilot sagte, Anton solle sich mal umdrehen. Da sah er über dem Spitzberg ein Segelflugzeug kreisen und wußte, in dem sitzt Emil. Anton spürte, wie ihr Flugzeug auf einmal immer tiefer und tiefer sank. Er bekam es mit der Angst zu tun und fragte den Piloten: „Was ist denn los ?“ Der lachte und sagte: “Ich suche einen geeigneten Landeplatz für uns: vielleicht finden wir eine Wiese.“ Das Segelflugzeug landete und Anton stieg aus mit wackligen Beinen. Er war froh, daß er wieder festen Boden unter seinen Füßen hatte. Es dauerte nicht lange, da landete auch die zweite Maschine und Emil stieg aus. Da lief Anton schnell hinüber und beide umarmten sich, als hätten sie sich jahrelang nicht gesehen.

Wikipedia

Da lachten die Piloten und fragten: „Na, wie hat euch denn die Fliegerei gefallen ?“ „Oh“ antworteten Anton und Emil wie aus einem Munde, „das war der schönste Tag in unserem Leben, den werden wir nie vergessen.“
Da kam auch schon der Transportwagen mit den Helfern und dem Nachtwächter angefahren. Schnell wurden die Tragflächen vom Segelflugzeug abgebaut, der Rumpf wurde auf den Wagen gehoben, ebenfalls die Tragflächen festgeschnallt und fertig war der Rücktransport. „Wir müssen uns beeilen“ sagte ein Helfer, „auf dem Flugplatz stehen mehrere Gäste, die auf einen Rundflug warten“. Der Nachtwächter mit seinen Neffen durfte aber mitfahren bis zur Paßhöhe und dort angekommen, sprangen die drei schnell vom Wagen und liefen in Richtung Silberquelle. Auf dem Weg dort hin erzählten sie dem Nachtwächter, was sie alles gesehen hat ten. Aber sie waren mit dem Erzählen noch gar nicht fertig, als sie schon an der Quelle ankamen. Von der guten Fee Primella war nichts zu sehen. Sie warteten eine Weile, dann sagte der Nachtwächter:“ Also meine Lieben, ich muß euch jetzt verlassen, wartet noch ein bißchen, bis Primella kommt“. Sie setzten sich ins Gras und erzählten sich immer noch voller Begeisterung, was sie alles auf dem Flug gesehen hatten. Und siehe, da saß ja auf einmal Primella, die gute Fee, neben ihnen. Sie hatte alles mit angehört, was sie sich erzählt hatten. Sie lachte und sagte: „Da habt ihr aber einen schönen Tag erlebt.“ „Ja“ sagte Emil „und dir haben wir das alles zu verdanken, denn ohne deine Hilfe hätten wir dieses schöne Stückchen von der Erde nie kennen gelernt“.

aus: Anton und Emil. Zwei Waldzwerge aus dem Mannsgrund.
Erinnerungen an Silberberg erzählt von Margarete Cebaus, 2005, 34-44, AKA.

 

 


AKTUELL:

LEIDER SCHON VERGRIFFEN !

144 Seiten, reich bebildert, mit umfangreichen Forschungen zur Genealogie und Verbreitung der Bestatteten, 2021 (link zur Evangelischen Kirche zu Giersdorf).


Tęsknię…a ja ciągle tesknie

Silberberg

13.4.1946 

75 Jahre Vertreibung aus Silberberg jähren sich im Jahr 2021. Aus etlichen Gesprächen ist nicht nur die Aktualität des Themas bewußt geworden, sondern es konnten auch neue Erkenntnisse zu dem Fluchtgeschehen gewonnen werden. So wird die permanente Unsicherheit der damaligen Vertriebenen nur selten beschrieben. Durch fehlende Zeitungen und dem Verbot des Besitzes von Radiogeräten, die in der Regel von den Besatzern schon gestohlen worden waren, schwirrten viele Gerüchte in Silberberg herum. Neben des Glaubens, daß eine Vertreibung der gesamten Bevölkerung kaum möglich ist, wurde auch befürchtet, daß man eventuell in den sowjetischen Osten oder in ein anderes Lager verfrachtet werden sollte.

Auch der Weg von Silberberg bis zum Bahnhof in Frankenstein wird immer wieder beschrieben – insbesondere die Ausplünderungen im ehemaligen Hotel „Zum Elefanten“ und vor Abreise der Vertriebenen am Bahnhof.

Wenig wurde jedoch über die bewaffneten Polen, die die deutschen Bewohner Silberbergs bewachten, und auch über Vorkommnisse während des Weges berichtet. Als neues Ergebnis der gerade geführten Gespräche ist festzuhalten, daß auf dem langen Zug der Vertriebenen auf ihrem Weg nach Frankenstein eine Panik ausgebrochen sein soll, da man anscheinend vermutete, daß der Treck der Vertriebenen getrennt werden sollte. Zu diesem Thema sind aktuell noch weitere Recherchen notwendig.

In den folgenden Texten werden von Zeitzeugen die Ereignisse der Vertreibung – beginnend am 13.4.1946 beschrieben. Alle im Bild dargestellten Bücher sind auch über das Archiv zu beziehen.

Hier nun die Augenzeugenberichte (z.T. wurden sie schon auf dieser Seite publiziert):

Die Polen kommen in die Stadt

Im Juli kamen die Polen. Zuerst waren es wenige, aber nach kurzer Zeit hatten sie das ganze Städtchen eingenommen. Ein dreiundzwanzigjähriger, der vorher Bandenführer („Partisan“,AKA) gewesen war, wurde Bürgermeister. Wir hatten nichts mehr zu sagen. Die erste Wohnung in unserem Haus nahmen sie den im Ruhestand lebenden Kantor Herrn Bengner, der zwei schöne Stuben bewohnte, ab. Der Mieter durfte nur wenig mitnehmen und mußte das meiste in der Wohnung lassen. Auch ein anderer Herr, der bei uns möbliert wohnte, mußte raus. Da büßte ich die Betten und die anderen Sachen ein. Einige Tage darauf kamen die Polen schon wieder und holten aus der anderen Wohnung Möbel heraus: einen Schrank, einen runden Tisch, eine schöne Coach und Sessel. Zum Teil waren es die Sachen, die meine Tochter … wegen der Fliegergefahr im Westen in die Heimat geschafft hatte. Diese schöne Möbel ließ sich der polnische Bürgermeister holen. Den nächsten Tag plünderten sie die ganze Wohnung durch und nahmen, was ihnen gefiel.

Achtmal ausgeplündert

Dann kamen wieder andere und brauchten die Ausrede:“Wir suchen Waffen!“ Auch sie wühlten alles durch und nahmen, was ihnen gefiel. So haben sie uns achtmal ausgeplündert und nichts unberührt gelassen. Mietsleute und ich hatten von 42 Flüchtlingen aus Breslau Sachen in Verwahr genommen und gut versteckt; aber sie fanden sie und schleppten sie fort. Dann trieben sie uns aus unserer eigenen Wohnung heraus und schlossen ab, sodaß wir nicht mehr hinein konnten. Wir besaßen nun bald nichts mehr. Die Tochter Grete hatte mit ihrem Mann nur noch eine Dachstube, wo sie schliefen, ich nur ein winziges Stübchen zum Hofe hin. Aber die Polen hatten damit noch nicht genug. Wir drei wurden zusammen in das kleine Stübchen eingewiesen, sodaß wir nun auch die Schlafstube mit den guten Möbeln und guten Betten einbüßten. Jetzt blieb nur noch das kleine Stübchen. Mein Schwiegersohn Paul haas mußte alle Tage zu guten Leuten gehen, um da zu schlafen. Das waren furchtbare Zeiten. Die Polen stahlen uns alles weg. Ob man die Schränke verschloß oder nicht – es war weg.

Die polnische „Gestapo“

Wenn wir was sagten, kam gleich wieder ein neuer Schrecken; die polnische Gestapo. Das waren furchtbare Menschen; wenn die auftauchten, zitterte man am ganzen Körper. Ein Bekannter, der in guten Vermögensverhältnissen lebte, wurde lange eingekerkert. Er mußte in dem kalten Keller auf der Erde liegen, wurde alle Tage furchtbar geschlagen und bekam so wenig zu essen, daß er kaum noch leben konnte. Seine Frau hatte ihn mit einem guten Herrenpelz und einer goldenen Zahnbrücke losgekauft. Wie er rauskam, war er nur noch eine wandelnde Leiche. Da wurde ihm von den Polen ein Kreuz mit zwei Leuchtern hingestellt, und er mußte schwören, niemanden etwas davon zu sagen, was er erlebt hatte. Vier Männer wurden nach Glatz geschafft und kamen von da nach Kiew in Rußland. Die Frauen warten noch heute (1948) auf ihre Rückkehr.

Mietzahlungen im eigenen Haus

Ein Pole überfuhr mit seinem Rad eine katholische Krankenschwester, sodaß sie bewußtlos liegen blieb. Als sie wieder zu sich kam, befand sie sich auf dem Friedhof. Es war eine Frau von mehr als 60 Jahren. Es war etwas alltägliches, daß Bewohner unserer Stadt halbtot geschlagen wurden. Die deutschen Frauen und Männer mußten die schmutzigsten Arbeiten machen und zwar ohne Bezahlung, nur um eine Lebensmittelkarte zu bekommen. Ich selbst bekam keine und mußte für ein Dreipfundbrot 30 Reichsmark, für ein Pfund Zucker 120 RM, ein Pfund Butter 180 RM und ein Pfund Speck 200 RM zahlen. Auch Miete mußte ich an die Polen in meinem Hause zahlen, ebenfalls Lichtgeld, das sehr teuer war. Am 14.2.1946 ging meine Tochter mit ihrem Mann Paul schwarz über die Grenze … ihr Ziel .. Düsseldorf. Wie die Kinder raus waren kamen gleich die Polen und nahmen mir die Betten weg. Ich war nun die einzige Deutsche in dem großen Haus und fürchtete mich, weil man keinen Augenblick des Lebens sicher war. Da kam eine Lehrerin namens SOBOTTA, eine Deutsche, die bis vor kurzem am Lyzeum in Breslau gewesen war, die bliebt zur Nacht bei mir. …. Tagsüber ging sie in die Häuser und gab englischen Unterricht….

Ausstellung Flucht und Vertreibung im Hessenpark

Der Marsch nach Frankenstein

Am 13. April 1946 morgens früh um sechs Uhr kam die Ausweisung für Silberberg. Auch ich mußte die Heimat verlassen. …Das Schicksal hatte mich schon vorher hart getroffen. Meine vier Söhne waren den ganzen Krieg draußen; mein Sohn Hans (34 Jahre alt) ist in Rumänien gefallen; Walter der jüngste Sohn, ist seit den schweren Kämpfen bei Berlin vermißt. Mein Mann starb 1941, erst 60 Jahre alt. Bei der Ausweisung wurden, obgleich die Eisenbahn da war, die alten Leute auf Bretterwagen geladen, die andern auf Schiebkarren. Das geschah, um uns Deutsche zu knechten; damit erreichte man, dass die Ausgewiesenen nur kleinstes Handgepäck mitnehmen konnten. Bei der Kontrolle wurden uns die Sparkassenbücher, alle Silbermünzen und alles polnische Geld abgenommen. Niemand durfte mehr als 500 RM haben, das übrige wurde weggenommen; die meisten hatten nicht einmal mehr diesen Betrag. Auch neue Stoffe, Kleider, Schuhe und Taschen nahmen sie den armen Leuten weg. In Frankenstein kamen wir auf die Eisenbahn. Je 32 Personen wurden mit ihrem Gepäck in einem kleinen Viehwagen untergebracht. Wir saßen beengt wie die Heringe. Der Zug bestand aus 12 solcher Viehwagen. Wir fuhren über Kohlfurth. Noch immer mußten wir die weiße Binde targen. Als Verpflegung gab es etwas Kaffee. Nach vier Tagen kamen wir hinter die Neiße. Die Bahnstation hieß Albertsdorf. Dort bekamen wir zum ersten Mal auf der Fahrt etwas zu essen: Suppe, Wurst, Brot und Kaffee. Dann ging es weiter. Wir wurden in einen Eisenbahnzug umgeladen und bekamen wieder Suppe und Schnitten mit Butter. Wir dachten wir kamen ins Paradies. Schließlich kamen wir in Bruchhausen-Vilsen (Bezirk Bremen) an. Wir bekamen ein einfaches Stübchen. Eine Bettstelle war nicht da, nur Stroh auf die Erde gebreitet. Aber in den nächsten Tagen wurden einfache Feldbettstellen besorgt. Die Leute waren auch nicht sehr begütert, aber hilfsbereit… Bald darauf, am 23. März 1946, holten mich meine Sohne Karl und Georg nach Hilden“ , (AKA14,5).

Erlebnisbericht des Pfarrers Richard Berndt aus Quickendorf bei Silberberg

Die Zeit nach dem Kriegsende hatte viele Facetten und unterschiedliche Erfahrungen trugen zu einer differenzierten Beurteilung bei. So berichtet der Pfarrer Richard Berndt aus Quickendorf bei Silberberg, daß in Schönwalde nur vier Frauen von der „zügellosen Soldateska“ verschont blieben. Einen Absatz später beschreibt er die russischen Soldaten „im großen und ganzen nicht bösartig, ja, z.T. geradezu gutmütig“. Später – so der Pfarrer Richard Berndt – „haben wir Deutschen an den jeweiligen russischen militärischen Ortskommandanten einen starken Schutz gegen die Übergriffe der allmählich einsickernden Polen gehabt …. So erließ der Bezirkskommandant von Silberberg eine scharfe Verfügung, in der jedes unbefugte Betreten des Pfarrhauses verboten und dieses in besonderen Schutz genommen wurde. Eine entsprechende polnische Verfügung war viel matter … und bliebt daher auch nahezu wirkungslos. Ganze Zimmereinrichtungen wurden uns ohne weiteres abgenommen… (aus: Erlebnisbericht des Pfarrers Richard Berndt aus Quickendorf, Kreis Frankenstein, vom 25.7.1949. In: Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, Band I/2, S. 390 f., 1957).

Bericht von Felicitas Hubicka, geborene Grammel, über die frühe Nachkriegszeit in Herzogswalde

Felicitas Grammel, später Hubicka, eine Nachfahrin des Rätscher Erbkretschmers Simmert, blieb in Schlesien und beschreibt die letzten Kriegsmonate in Breslau und Herzogswalde bei Silberberg. In einem 1990 verfaßten Bericht schildert sie das Zusammenleben mit den neuen Bewohner aus Ostpolen.

„Mein Vater beschloß, mich wieder nach Herzogswalde zu bringen, da es dort „ruhiger“ geworden war. Langsam richtete sich nun in den Dörfern die „polnische Verwaltung“ ein und setzen sich jetzt mit den Russen auseinander, denn es sollte etwas übrig bleiben, für die anrückende polnische Bevölkerung aus dem Osten. Die kamen nun mit ihrer armseligen Habe, nach monatelanger Reise, verhungert, verlaust , meistens aus dem Osten vertrieben. Sie wurden in die deutschen Höfe eingewiesen und es fing ein schwieriges Zusammenleben an, je nachdem mit was für Menschen man zu tuen hatte. Ich kann mich an ein älteres Ehepaar erinnern, das bei uns in Peterwitz einquartiert war. Sie saßen an unserem Tisch und konnten vor Weinen nichts essen. Sie hatten ihr Häuschen verlassen müssen und waren in ein fremdes Land gebracht worden. Oft war es bei der Ausweisung nicht ohne Kampf abgegangen. Man wartete, wie es weitergehen soll. Da kamen 1946 die ersten Ausweisungsbefehle für die deutsche Bevölkerung. Es ging das Gerücht um, es ist nur für eine kurze Zeit. Nur mit dem Handgepäck, zu Fuß, mussten die Menschen kilometerweit zur Sammelstelle ziehen. Von dort wurden sie in Viehwagen verladen und nach Westen gebracht. Bis heute ist es den Weltpolitikern nicht klar geworden, dass die Vertreibung von Menschen aus ihrem angestammten Wohnsitz ein Verbrechen ist, dessen Einfluss auf den einzelnen Menschen zerstören kann. Man kann nicht einmal Pfanzen oder Tiere in eine andere Umwelt versetzen, ohne dass sie Schaden leiden, um so grausamer ist es für Menschen, die in eine fremde Gegend verpflanzt werden. In alten Zeiten wurde nur Verbrecher als Vogelfreie verstoßen. Heute sind es ganze Völker, die vertrieben werden.
Mein Vater wurde im August 1946 ausgewiesen. Ich war zu dieser Zeit bei meiner kranken Mutter, Großmutter und Großtante in Herzogswalde. Alle drei waren nicht „vertreibungsfähig“. Ich blieb bei ihnen. Diese Zeit war gezeichnet von der Sorge um das tägliche Brot – ein Überlebenskursus. Das deutsche Geld war entwertet, die ersparten Vorräte waren gestohlen. Ich war die Einzige von meine Angehörigen, die laufen konnte, ein Verdienst war nicht möglich, wir lebten von einem Tag zum anderen vom Garten, Wald und Feld. Es wurden Beeren, Pilze und Kräuter gesammelt, Gemüse angebaut, im Bach mit der Hand Forellen gefangen. Ein paar Hühner waren noch übrig geblieben, obwohl es eine Verordnung gab, nach der sie abgeliefert werden sollten. In der Kaffeemühle wurde Getreide gemahlen und davon Brot gebacken, Gerste zum „Kaffee“ wurde ebenfalls selbst gebrannt. Man war erfinderisch in Kochrezepten. Es ging darum, wie man aus „nichts“ etwas zum Essen machen konnte : „Schlagsahne“ aus Magermilch-Mehlsuppe, Kartoffelkuchen ohne Ei mit Kürbisgelb gemacht, Brennessel als Spinat zubereitet, Kartoffelpuffer auf der Herdplatte gebacken. Das Holz musste im Wald gesammelt werden. Der Winter 1946/7 war kalt, ich hatte mir Hände und Füße erfroren. Unser großes Haus warm zu bekommen war ein Kunststück, wir zogen alle in ein Zimmer und schlossen den Kanonenofen, auf dem gekocht wurde, an der Kachelofen an. Aber in der Nacht gefror das Wasser in den Töpfen und die Wände glitzerten vor Frost. Was man nicht selbst „produzieren“ konnte, wurde im Tauschhandel erworben. Manche befassten sich damit „hauptberuflich“ und kamen ganz gut weg dabei. Wir bekamen für eine goldene, gravierte Uhr ein Liter Rapsöl, das wie Wagenschmiere aussah und für ein goldenes Armband 1 Kilo gesalzenen Speck, von dem beim Auslassen die Augen brannten, so „roch“ er. Ein Überleben ohne gegenseitige Hilfe wäre nicht möglich gewesen. Das wussten die Menschen aus dem Osten aus eigener Erfahrung. Sie halfen einander und auch uns: manchmal brachte einer ein selbstgebackenes Brot oder einen Kuchen, auch ein Stück Fleisch vom Schlachten und sagte: „Habt keine Angst, wir lassen euch nicht verhungern!“ Andere wieder brachen in der Nacht ein und nahmen alles mit, was transportfähig war, sogar Teppich und Gardinen. Man war froh, wenn man mit dem Leben davon kam. Keiner war sicher in der Zeit, es genügte eine Anzeige und Leute verschwanden auf Nimmerwiedersehen. In Polen herrschte der Kommunismus und seine Gegner wurden genau so schnell beiseite geschafft, wie beim Faschismus. So teilten viele Polen das Los von Deutschen, die in den Gefängnissen saßen. Die sowjetische Staatspolizei NKWD urteilte sie ab, ohne lange Prozesse zu führen. Nach Sibirien hatte man schon vorher viele „verschickt“. Nach Stalins Tod kamen manche von ihnen nach Schlesien, denn die hatten keine Heimat mehr, ihre Gebiete waren sowjetisch geworden. Von ihren „Urlaub“ im fernen Osten durften sie nicht viel erzählen, die war „tabu“, ebenso wie die Ermordung der polnischen Offiziere in Katyn und die Aussiedlungen. Sämtliche, von den Russen gewaltsam umgesiedelten Menschen waren jetzt „auf eigenen Wunsch“ umgezogen, in Sibirien war es ihnen „gut gegangen“ und Fotos von dort wurden versteckt, die durfte niemand sehen. So schlängelte man sich durch. Reden war Silber und Schweigen war Gold. In der Nacht wurde der Sender „Freies Europa“ gehört, was durch die Störungen mit schrecklichen Quietschtönen verbunden war und man rechnete damit, dass man die „wiedergewonnenen Westgebiete“ womöglich wieder verlassen müsste. Junge Leute tauschten damals Fotos aus mit der Aufschrift : „Zum Andenken an unseren Aufenthalt im wilden Westen“. Heute sind dieselben Menschen grau und alt geworden und leben immer noch im „Wilden Westen“, ihre Höfe im Osten sind verfallen und ihre Kinder in Schlesien geboren. „Ich habe es geschafft“ kann man erst sagen wenn man auf den Friedhof hinausgetragen wird, meinen die alten Leute aus dem Osten – es gibt nur eine Gerechtigkeit, dies ist der Tod , der jeden erreicht! Daran sollten vor allen Dingen die Weltpolitiker denken. Man verschiebt nicht Menschen mit einem Federzug wie Schachfiguren in alle Richtungen der Welt, denn an jeder Figur hängt ein Menschenleben und ein Schicksal für das man sich verantwortlich fühlen sollte! Ich befand mich zwar immer noch in meiner Heimat, aber jetzt in einem ganz fremden Land, dessen Sprache und Sitten ich erst lernen musste. Es war schwer sich umzustellen.“
Der Bericht stammt aus dem Jahr 1990.
aus: Chronik der Gemeinden Wiesenthal, Rätsch und Reumen V2017. VIII. Zusammengetragen von Jürgen Wolf und Michael Kuznik , 2003, S.372-373.

 

Vertreibung

Unsere Vertreibung aus Silberberg in Schlesien (nach dem Tagebuch von Rose-Maria Felkel von 1946, neu zusammengestellt von Herbert Felkel und seiner Schwester Rose-Maria Felkel-Tönnishoff 2011)

Am 29. Juni 1945 klingelte es bei Familie Felkel in Silberberg. Ein unbekannter Mann fragte nach Elfriede Fritsch. (Das war meine Mutter) Dem Mann sagte ich, ich muß mal fragen ob jemand die Elfriede Fritsch kennt. Mutter schob dann die Gardine an der Tür etwas zur Seite und erkannte ihren Vetter Heinz Fritsch. Heinz war uns sehr willkommen.

Es war aber eine traurige Nachricht, welche Heinz uns brachte, von der bevorstehenden Vertreibung.

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs war Heinz Fritsch in Gefangenschaft und mußte in einer oberschlesischen Kohlengrube, die von Polen geführt wurde, untertage arbeiten. Die Gefangenen hatten keinen Zugang zur Bevölkerung. Sie hatten aber auf einer eingezäunten Wiese etwas Auslauf. Am Zaun kam Heinz mit einer Frau ins Gespräch, sie versprach, ihm Kleidung ihres gefallenen Mannes zu geben und ihm bei der Flucht zu helfen. Es gelang Heinz aus dem Gefangenenlager zu entkommen. Die Frau gab ihm zivile Kleidung ihres Mannes, sowie einen Rucksack mit Wäsche und Lebensmitteln.

Damit machte sich Heinz auf den Weg nach Gleiwitz zur Familie Weinert (eine mit der Fritsch-Linie (z.B. unsere Mutter) verwandte Familie). Harald Weinert war dort katholischer Pfarrer an der St. Bartholomäus Kirche.

Harald Weinert berichtete Heinz von der bevorstehenden Vertreibung der deutschen Bevölkerung und empfahl ihm nach Silberberg zu gehen. Dort lebt in seiner Sommerwohnung Robert Felkel mit seiner Familie. Das ist eine Gelegenheit mit der Famlie Felkel als Zivilist an der Vertreibung teilzunehmen.

Vorbereitungen in Silberberg, für die erwartete Vertreibung

Information der Silberberger
Das war eine schlimme Nachricht. Unser Vater berichtete diese unseren Nachbarn und bat, diese Information weiterzugeben und sich auf eine bevorstehende Vertreibung einzurichten. Doch – man glaubte das nicht.

Vater und Heinz waren sofort einig, die Vertreibung vorzubereiten. Sie ahnten, jedermann wird nur soviel Gepäck mitnehmen können, wie er tragen kann.
Ein geschäftiges Treiben begann dann bei uns.

Was nehmen wir mit ?
Kleidung für warme und kalte Tage, was zu essen und zu trinken, unsere Urkunden, Geld, Wertsachen …..?
Was wollen wir außerdem mitnehmen ?
Wie können wir unsere Wertsachen verstecken? Heinz vermutete unsere Habe könnte von den Polen noch durchsucht und geplündert werden (Vater hatte, bevor er Breslau verließ, vom Bankkonto noch viel Bargeld abgehoben und mitgebracht).
Wann und zu welcher Jahreszeit wird die Vertreibung erfolgen ?

DHM

Wie transportieren wir unsere Habe ?

Mit unserem Handwagen (Leiterwagen).

Ein geschäftiges Treiben begann in unserm Haus in Silberberg.
Mutter nähte aus Zeltbahnen 4 Rucksäcke mit breiten Tragegurten. In die Gurte und in das Dreieck, welches oben die Gurte am Rucksack festhielt, wurden Geldscheine eingenäht.
Von den Schirmmützen wurden die Schirme abgetrennt, Geld eingelegt, und wieder angenäht.
Im Futter der Mäntel wurde Geld eingenäht.

Vater entfernte im Deckel eines Lederkoffers (den hab ich noch) die Innenverkleidung ,legte Geld dahinter und klebte den Deckel an den Rändern wieder ein. Kleber hatten wir nicht, der wurde selbst produziert. Wie, das weiß ich nicht mehr genau, jedenfalls mußte ich dazu Kastanien schälen und aus dem weißen Inhalt mittels einer Küchenreibe einen Brei machen. So bearbeitete er auch andere Koffer. – In die Schuhe wurden Geldscheine eingelegt, darüber eine Fellsohle (Kaninchenfell) an den Rändern eingeklebt.

Heinz kam auf eine tolle Idee. Er versteckte Geldscheine im Absatz von Schuhen, wie ? Früher gab es nur Leder-Schuhe. Auch der Absatz war aus Leder, in mehreren Schichten, obendrauf ein Gummiabsatz als Lauffläche. Heinz stemmte mit einem Stechbeitel (Tischlerwerkzeug) eine Öffnung in den Lederabsatz, da hinein kamen gefaltete Geldscheine, dann wurde der Gummiabsatz auf die Ränder des Lederabsatzes genagelt.

Irgendwoher fand Heinz ein dreibeiniges Gestell, etwa 12 cm hoch, zwischen den Beinen des Gestells war ein metallener Reifen. Eine leere Schuhcremeschachtel paßte da gerade hinein. Die Schachtel wurde mit einem Holz, das er unten kugelförmig bearbeitet hatte, und einem Hammer solange bearbeitet, bis sie eine Mulde darstellte. Am Rand wurden kleine Löcher angebracht, fertig war ein Spirituskocher. Der konnte uns bei der Vertreibung noch nützlich sein.
Brennspiritus hatten wir noch, kauften bei Baumheier aber noch eine Flasche. Der hatte noch einen guten Vorrat. Als die Russen nach Silberberg eingezogen waren, hatten sie Baumheiers Laden geplündert und soffen Brennspiritus in Mengen.

Die Hängematte, entschied Heinz, wird mitgenommen, und außerdem noch Werkzeug, vor allem ein kurzes Beil, eine Zange und Nägel verschiedener Größe. Das war später sehr nützlich, im Viehwaggon, in dem wir mit der Bahn befördert wurden, konnte Heinz die Hängematte anbringen, darin schlief er dann, über uns.

Die Winterseite 115 in Silberberg ist ein großes Haus. Hinter der Haustür öffnet sich ein großer Hausflur und dort stand unser Handwagen.

Probepacken

Als Koffer, Rucksäcke, Decken und auch Federbetten gepackt waren, wurden diese probeweise auf den Handwagen verladen. Aber o Weh, ein Koffer allein belegte schon die Ladefläche des Wagens.
Heinz fand die Lösung. Lange Bretter auf die Ladefläche gelegt vergrößerten diese nach hinten, aus dem Wagen heraus. Und Bretter senkrecht an die Seitenwände gestellt, vergrößerten die Ladefläche nach oben und in die Breite. Aber, das reichte immer noch nicht, da stand noch Gepäck, das auch mitgenommen werden sollte.
Vater hatte eine verrückte Idee. Auf dem Boden stand noch ein großer Reisekoffer.

Der fahrbare Reisekoffer

Das war ein großer Auto-Reisekoffer. 95 cm breit, 60 cm tief, 95 cm hoch. Als es in Autos noch keinen Kofferraum gab, wurden solche Riesenkoffer hinter dem Wagen auf einem Gestell festgeschnallt, sie konnten nur von zwei Leuten getragen werden.
Diesen Koffer wollte Vater mitnehmen, aber wie transportieren? Mit dem Handwagen war das nicht möglich, der war voll. Aber auch im leeren Zustand hätte er den Riesenkoffer nicht aufnehmen können. Ein fahrbares Gestell mußte unter den Koffer, doch woher Räder nehmen?
Auf dem Boden war -aus unser Kinderzeit- ein hölzernes Auto, etwa 50 cm lang, ein Lastauto. Hinten waren Türen zu öffnen, in dem großen Laderaum war allerhand unterzubringen. Die Räder hatten einen Durchmesser von etwa 8 Zentimeter. Mit den Rädern und dem Riesenkoffer machten wir uns auf den Weg zu Josef Kansky, dem Schmied.
Der betrachtete den Koffer lange. Dann fing er an. Er schnitt von einem langen Flacheisen zwei Längen ab. Die Enden schmiedete er rund, zur Aufnahme der Räder und einer Metallscheibe. Vor dieser Scheibe wurde ein kleines Loch gebohrt, das einen Splint aufnahm und fertig waren zwei rollbare Achsen. Wie nun die Achsen unter den Koffer bringen ?
Der Koffer hatte im rechten Winkel zu den Längsseiten in gleichen Abständen zwei halbrunde hölzerne Leisten, auf dem Deckel, den Längsseiten und unter dem Boden.
Wenn man um diese Leisten ein Viereck legt , würde dieses durch die Leisten gehalten werden. Das war´s. Die zwei Achsen wurden mit zwei weiteren Flacheisen zu einem Viereck verbunden und der Koffer darauf gestellt. Jetzt war der Koffer fahrbar.

Das Leben in Silberberg bis zur Vertreibung

Heinz war wie ein Bruder zu mir (Herbert). An allen seinen praktischen Aktivitäten beteiligte er mich. Von Vater kannte ich das nicht, der gab nur Anweisungen. Heinz beteiligte mich von seinem Gedanken bis zur Realisierung.

Beim Bauern in Herzogswalde erhielten wir für ein Paar kräftige hohe Schuhe (Skistiefel) ein Stück Butter.

Im Geschäft in Schönwalde

An der Straßenkreuzung Schönwalde-Herzogswalde-Silberberg und dem alten Dorfweg nach Silberberg war ein Geschäft namens Schmidt oder Schmitz. Vater kannte den Inhaber von früher.
Vater, Heinz und ich besuchten das Geschäft. Während Vater sich mit Herrn Schmitz (?) unterhielt kamen zwei Russen herein und verlangten „Papier“ – „Ausweis“. Vater konnte sich ausweisen, Heinz aber nicht. Vater erklärte den Russen, der Heinz sei sein Vetter und Herr Schmitz (?) bestätigte dies, er kenne den Heinz schon seit vielen Jahren. Die Russen gaben sich damit zufrieden, Die Gefahr war vorüber.

Futter für unsere Tiere

Wir hatten Kaninchen und Hühner. Seit wann und woher?
Vater hatte uns aus Breslau von Familie Groszler (sie waren Verwalter des preußischen Königsschloßes in Breslau) ein Kaninchen mitgebracht, Hansi. Hansi bekam seinen Auslauf in einem der früheren Nerzkäfige in unserem Berg-Terrassen-Garten.

Als die Russen in Schönwalde standen, dem Dorf unterhalb von Silberberg, verließen viele Silberberger die Stadt und suchten Zuflucht im Wald in Teilen der Festung oder über den Pass hinweg in Dörfern der Grafschaft Glatz.  Unsere Familie ging nach Neudorf.
Als wir wieder in Silberberg waren, entdeckte Herbert im Garten auf der zweiten Terrasse hinter den Nerzkäfigen eine Bewegung der Brennesseln. Heraus kam ein ausgewachsenes Kaninchen.
Herbert packte es und setzte es zu Hansi in den Käfig. Beide waren weibliche Tiere. Mit Hilfe des Kaninchenbocks von Heimann (Gemüsehändler) bekamen sie bald junge. Als diese groß waren hatten wir gelegentlich auch Fleisch zum Mittagstisch.

Bevor wir vor den Russen geflüchtet waren, zog Waffen SS durch Silberberg. Sie hinterließen einige Pferdewagen. Einer mit Nahrungsmitteln, wovon wir nur noch einige Säcke Gerste holen konnten und etliche Zeltbahnen. Ein Wagen enthielt einen Verschlag mit Gänsen, Enten und Hühnern. Diesen Verschlag konnten Vater und Herr Heinze in unser Haus ziehen, die Tiere wurden verteilt. Gänse und Enten waren bald von Nachbarn verspeist . Wir nahmen 5 Hühner. Nun kamen auch mal Eier auf unseren Tisch.

Ein Teil der Gerste diente als Futter für die Hühner, den Rest fuhren wir mit dem Handwagen zur Mühle in Schönwalde und ließen sie dort zu Schrot verarbeiten, als zusätzliches Futter für die Kaninchen.

Polnisches Propagandaplakat zur „Wiedergewinnung“ Schlesiens und Ostdeutschlands

Malzkaffe selbst gemacht

Gerste wurde auch in einer Pfanne gebrannt. Nachbarn beneideten uns um den Malzkaffee.

Brennholz holten wir aus dem Wald

Silberberg liegt in einem Quertal des Eulengebirges, von bewaldeten Bergen umgeben. Viel Bruchholz lag in den Wäldern, das wir als Brennmaterial holen konnten. Die ganze Familie mit Heinz ging mit unserem Handwagen zum Feldtor hinauf. Hinter dem Feldtor sammelten wir die starken Äste. Heinz hatte ein Beil und eine Säge mitgenommen. Damit befreite er die starken Äste von weiterem Astwerk und schnitt sie auf Länge. So nahmen wir nur die starken Knüppel mit. Gelegentlich verirrte sich auch mal dazwischen ein „Meterholz“ aus einem Festmeterstapel, die am Wege standen, in unseren Leiterwagen. Zurück bis zum oberen Tor unseres Gartens ging es immer bergab. Wir mußten den Wagen bremsen, nicht ziehen. Im Garten wurde das Holz auf der obersten Terrasse zerhackt und dann in einer Zeltbahn huckepack 9 Terrassen nach unten ins Haus getragen.

Polnische „Karikatur“ aus dem Jahr 1946 von M. Szewczuk

Deportation der Geistlichen am 21. März 1946

Geistlicher Rat Wachtel und die anderen Pfarrer des Dekanats hatten in einer an den Wojewoden gerichteten Eingabe die Bitte ausgesprochen, dafür zu sorgen, daß nicht wieder Austreibungen im Winter vorgenommen würden. Das nahm man ihnen übel. Am 21. März 1946 wurden alle Geistlichen, der katholischen als auch der evangelischen Kirche ausgewiesen. Aus der Grafschaft Glatz kam ein schon voll besetzter Lastwagen und nahm auch unseren Pfarrer Wachtel und den Pastor Rosemann mit.

Die Vertreibung am Sonnabend, 13. April 1946

Sonnabend, am 13. 4. 1946 erschien morgens eine polnische Kommission und forderte uns auf, in 30 Minuten die Wohnung zu verlassen und uns auf dem Sportplatz einzufinden.

Zum Sportplatz in Silberberg

Wir packten unseren Leiterwagen, wie schon oft geübt, nahmen noch zwei Flaschen Wasser und eine Flasche Milch mit und machten uns auf den Weg zum Sportplatz.
Wir Kinder zogen – richtiger gesagt bremsten – den Leiterwagen, denn es ging bergabwärts. Die Eltern stützen den Wagen links und rechts. Heinz nahm den rollbaren Reisekoffer.

Zu Fuß nach Frankenstein

Nachdem wir auf dem Sportplatz etwa 4 Stunden gewartet hatten, forderte man uns auf, zu Fuß die 13 Kilometer nach Frankenstein zu gehen. An der Bahnhofswiese hielt unser Vater an und verlangte von den uns begleitenden Polen einen Bauernwagen, um alte und kranke Leute zu transportieren. Nach etwa einer Stunde kam ein Pferdewagen, unser Reisekoffer diente auf dem Wagen als Sitzgelegenheit.

Erstes Lager im Hotel „Zum Elefanten“

Vater hatte irgendwelche Beschwerden, ein polnischer Arzt half ihm, er sprach auch deutsch. Vater gab dem Arzt den Koffer mit dem DIAMIX (Gerät zur Bestrahlung, U.M.) zur Aufbewahrung.

Unterbringung in der Küche

Verpflegung erhielten wir von den Polen nicht. Einige deutsche Frauen vom roten Kreuz gaben uns etwas warmen Kaffee.

Das Hotel war sehr verwahrlost, die Räume im Hotel waren alle geräumt, keine Möbel mehr. Wir wurden in der Küche untergebracht. Auch dieser Raum war leer, nur der große Küchenofen stand noch.

In Schlesien wurden die Küchenöfen mit Kohle oder Holz befeuert. Auf dem Ende der Herdplatte befand sich ein großer Wasserkasten (für heißes Wasser), hinter der Herdplatte befand sich ein gekachelter Aufbau mit einem Backrohr.

Selbstverständlich war der Ofen kalt. Der Wasserkasten war für mich groß genug, ich konnte darauf bequem sitzen, hatte eine gute Übersicht und konnte darauf auch liegen und schlafen.
Alle anderen Personen saßen mit ihrem Gepäck auf dem Boden.

Sonntag, am 14. April, unser Handwagen hat keine Räder mehr

Wir erfuhren, heute geht es zum Bahnhof.
Ich ging auf den Hof, um den Handwagen zu holen, aber der hatte keine Räder mehr. Eiligst lief ich zu Heinz, ihm dies zu berichten. Heinz war ganz gelassen, er nahm das Werkzeug mit, nahm an einem anderen Wagen die Räder ab und montierte sie an unseren Handwagen.

Wir wurden gefilzt

Das Gepäck wurde von Polen sehr sorgfältig durchsucht, gefilzt. Das dauerte sehr lange, denn es waren 1.500 Personen in den Räumen untergebracht.
Was den Polen gefiel nahmen sie mit, auch Lebensmittel. Wir hatten Glück, uns wurde nichts weggenommen (die Wertsachen waren ja auch gut versteckt).
Gegen 17 Uhr durften wir zum Bahnhof gehen, wo ein Zug mit leeren Güterwagen „Viehwaggons in denen sonst Rindviecher transportiert werden“ bereit stand.

Verladung am Bahnhof Frankenstein

Die Polen wiesen alle Personen an, in welchen „Viehwaggon“ sie zu steigen hatten, etwa 30 Personen pro Waggon.
Vater und Heinz organisierten die Verladung. Das Gepäck wurde an den Schmalseiten des Waggons gestapelt, um dazwischen für etwa 30 Personen etwas Bewegungsraum zu bekommen.
Unsere Familie rollte die Betten in Decken ein, diese Rollen dienten an einer Längsseitenhälfte –von der Schiebetür bis Waggonende- als Sitz-Rücklehnen. Nachts konnten sie als Schlafgelegenheiten ausgerollt werden. Heinz trieb zwei starke Nägel in die Wände und spannte nachts die Hängematte auf, als sein Bett.
Wir wußten, daß schon Züge, die vor uns abgegangen waren, überfallen wurden. Es wurde daher eine Sammlung für unsere polnischen Zugbegleiter veranstaltet.
Gegen 21 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung.

Männer pinkeln zur Tür hinaus

Vor der geöffneten Tür war ein Querbalken, eine kräftige Latte. Dort stehend wurden wir Anfangs schön naß, aber lernten sehr schnell mit dem Fahrtwind zu pinkeln. Der Zug fuhr zwar recht behäbig aber ein gewisser Fahrtwind entstand doch.
Großes Geschäft und für Frauen wurde auf einem Eimer hinter Decken verrichtet, welche Frauen hielten, danach der Eimer zum Fenster hinausgeschüttet (mit dem Wind).

Bei Kohlfurt ein Tag Aufenthalt auf freier Strecke an einem Kiefernwald

Wir erfuhren, der Zug wird hier über Nacht stehen bleiben. Heinz schlug vor ein Feuer zu machen und etwas zu kochen,. Jedenfalls ging Heinz mit dem Beil Holz suchen, zerkleinerte es und machte Feuer. Was gekocht wurde, weiß ich nicht mehr.
Heinz war interessiert beobachtet worden, Leute kamen und baten, ihnen das Beil auszuleihen.
Als diese jedoch zum Zerkleinern des Holzes als Hackeklotz die Eisenbahnschienen benutzten
und dabei mehrmals die Klinge des Beils auf die Schienen schlug, nahm Heinz den Leuten das Beil wieder weg.

Am nächsten Tag hielt der Zug irgendwo an. Alle Personen mußten aussteigen und wurden bestäubt, um eventuelles Ungeziefer zu vernichten. Dann fuhr der Zug weiter.

Hinter Görlitz hielt der Zug auf einer Bahnstation. Russen durchsuchten alle Waggons nach Ausländern. Der Zug fuhr dann mit kleineren Unterbrechungen bis Alversdorf.

Donnerstag, am 18. April im Lager Alversdorf (Marienborn)

Wir gingen in ein Lager, wieder Entlausungspulver in alle Öffnungen unserer Kleidung. Dann erhielten wir eine Verpflegung und Registrierung bei einem russischen Posten, anschließend bei einem englischen auf Ausweise und Devisen.
Beim russischen Posten wies sich Heinz als „Josef Kuschka“ aus. Etwa zwei Stunden später ging Heinz in Begleitung unserer Mutter und mir noch einmal durch die russische Kontrolle, dieses mal mit seinem Ausweis „Heinz Fritsch“.
Ein Russe erkannte ihn: „Du schon hier“.
Mutter erklärte dem Russen, sie war schon mit ihrem Sohn (Herbert) durch diese Kontrolle gegangen, da war Heinz Fritsch aber auf der Toilette. Der Russe sah mich (Herbert) an, strich mir über den Kopf, nickte und winkte uns dreien, weiter zu gehen, danach beim englischen Posten meldete sich Heinz als „Heinz Fritsch“ an.

Nach der Anmeldung erhielten wir einen Flüchtlings-Meldeschein, der uns nach „Schwarme“ einwies.

Weiterfahrt ? – Unser Gepäck

Nach diesen Prozeduren im Lager warteten wir auf dem Bahnhof auf einen anderen Zug zur Weiterfahrt, der aber nicht kam. Als die Dämmerung einbrach begann es zu regnen. Das Gepäck mußte nun in das Lager gebracht werden.
Neben unserem Zug stand ein Güterzug, hinter diesem war die Straße. Nun mußten wir unser Gepäck hinter diesen Güterzug zur Straße bringen. Der Zug war aber sehr lang. Wir krochen daher mit unserem Gepäck unter den Güterwaggons hindurch. Lastwagen und Autobusse brachten das Gepäck dann ins Lager. Das war sehr anstrengend. Wir waren müde und legten uns im Lager auf unser Gepäck nieder.

Am nächsten Tag morgens gegen 4 Uhr ging es wieder zum Bahnhof, wo ein Personenzug bereit stand.
Freitag, am 19. April Teilung der Vertriebenen in zwei Gruppen
a) Richtung Hannover
b) Richtung Bremen
In angehängte Güterwagen verfrachteten wir das Gepäck und fuhren nun im Personenwagen weiter. Im Zug war es sehr kalt auf den Holzbänken.
Der Transport führte uns über Braunschweig, Hannover, Osnabrück bis Syke (bei Bremen), wo wir am Karfreitag ankamen. Unterwegs haben wir in dem Personenwagen vor Kälte kaum schlafen können.

Ankunft in Syke, Karfreitag am 19. April 1946

In Syke erhielten wir eine Verpflegung – Suppe – und wurden dann auf die Ortschaften des Kreises verteilt. Wir fuhren mit der Kleinbahn nach Bruchhausen, von dort holten uns Autobusse ab nach Schwarme.

In Schwarme, Karfreitag

Auf dem Hof der „Gaststätte zur Post ?“ warteten wir auf unsere Quartiere.
In der Ecke des Hofes standen einige Männer, auch der Bürgermeister Wortmann (wie wir später erfuhren). In der Nähe lag ein Haufen Pflastersteine.
Nach etwa einer halben Stunde wollte unser Vater wissen, wie es weiter geht. Er ging auf die Männer zu. Da erhob einer davon (der Bürgermeister) einen Stein, schwang ihn über seinen Kopf, als ob er ihn werfen wollte, und schrie:
„Geht zurück Ihr Schweine! Dahin wo Ihr hergekommen seid!“
In einem Vorgarten blühte an diesem Emfangstag ein kleiner Mandelbaum, mit seinen leuchtenden rosa Blüten strahlte er etwas Tröstliches aus.

Quartier-Zuweisung

Es fuhren dann verschiedene Bauernwagen vor, einer davon nahm uns mit Gepäck auf, wir wurden bei einem Bauern „auf der Heide Nr. 114“ einquartiert.
Nachdem unsere Gepäckstücke untergebracht waren, wurden wir eingeladen.
Oma hatte Geburtstag. Der Tisch war reichlich gedeckt mit Kuchen, Torten und Schlagsahne.
Unser Vater bedankte sich. Aber das waren nicht die Speisen, für unsere verwahrlosten Mägen. Er bat zuvor um ein Stück trockenes Brot für uns.


KINDER AUF DER FLUCHT

Ein neues Projekt des Alfred-Kollewe-Archivs beleuchtet das Thema „Kinder auf der Flucht“. Im Archiv existieren nur wenige Schilderungen über die Kindheitserlebnisse kurz vor und während der Flucht. Oft werden die Erlebnisse erst Jahrzehnte nach dem Ereignis schriftlich fixiert. Traumata verhinderten die Auseinandersetzung mit dem erlebten Verlust und so wurden die Geschehnisse oft verdrängt und gar nicht schriftlich niedergelegt.

Für Silberberg existieren wenige Beschreibungen einer „geregelten“ Flucht vor Kriegsende. Erst aus den letzten Kriegstagen – als etliche Silberberger Familien aus Angst vor den russischen Truppen Richtung Prag flohen – existieren detaillierte Berichte über die chaotischen und inhumanen Ereignisse auf dem Weg bis Königgrätz.

Nach dem Kriegsende und der beginnenden polnischen Besetzung schafften es einige jüngere Silberberger und Silberbergerinnen, die Kontakt in den Westen hatten, über die „grünen Grenzen“ ins Rheinland zu fliehen. Auch hierüber liegen dem Archiv einige Berichte vor.

Die „große“ Vertreibung im April und August 1946 wurde vielfach beschrieben – jedoch kaum von den Kindern. Heutzutage geben die damaligen Kinder oft die Schilderungen der Eltern wieder, ohne an ihre eigenen Erlebnisse zu denken.

In diesem Zusammenhang sind die aktuellen Forschungen zur Flüchtlingsproblematik wichtig, da heutzutage die Auswirkungen auf Leben und Psyche der Minderjährigen auf der Flucht genau erforscht werden. Somit werden sich die Ergebnisse der Fluchtschilderungen durch einen aktualistischen Vergleich für die Kriegs- und Nachkriegszeit verfeinern lassen.

Das Archiv bittet die ehemaligen Silberberger EinwohnerInnen um weitere Berichte zum Fluchtgeschehen (mail: Alfred-Kollewe-Archiv@t-online.de).

Vielen Dank!


Eine Gefangenenliste des Offizierslagers in Silberberg

Nach dem kurzen Feldzug gegen Polen wurde in Silberberg ein Offizierslager für polnische Kriegsgefangene eingerichtet. Eine (Arbeits-) Liste mit 188 polnischen Kriegsgefangenen hat kürzlich Piotr Kozuchowski publiziert. Sie liest sich wie ein Who-Is-Who des polnischen Militärs. Wahrscheinlich war dieses auch der Grund, die polnischen Offiziere mit Abhörtechnik – erstmals im Deutschen Reich – zu versehen. Leider sind die – in die Bendlerstraße nach Berlin verschickten – Protokolle (bisher) noch nicht aufgefunden.

Über die Behandlung der Kriegsgefangenen gibt es bisher, je nach nationaler Perspektive – verschiedene Schilderungen.

Auffallend ist in der Liste der hohe Anteil deutscher Nachnamen (z.B. Unruh, Karpf, Kuhlmann, Ziegler, Remlein, Launhardt, Niedenthal, Gerstel, Siewert, Ombach, Gintel,  Stiller, Staier, Just, Schubert, Kurio etc.) im polnischen Militärstab – ähnlich wie beim polnischen Adel war eine „Germanisierung“ der höheren Militärränge schon weit fortgeschritten.

OFLAG VIII B, aktueller Zustand, Fotos AKA.

Namensliste:

(Rang, Namen, Geburtsdatum, Einlieferungszeit im OFLAG VIII B)

Kapitän der Reserve Dawidowski Donat 1892 4 5 1940-01-15
Zweiter Leutnant der Reserve Lisiński Antoni 1907 11 14 1940-01-15
Major Markiewicz Mieczysław Czesław 1895 11 1 1940-01-15
Zweiter Leutnant der Reserve Nierzwicki Teofil 1901 8 21 1940-01-15
Zweiter Leutnant der Reserve Niestrzęba Jan 1906 2 11 1940-01-15
Zweiter Leutnant Popielarski Mieczysław 1909 6 11 1940-01-15
Major Stasiak Augustyn 1894 9 28 1940-01-15
Zweiter Leutnant der Reserve zur See Giertych Jędrzej 1903 1 7 1940-01-17
Leutnant Jasiński Paweł 1902 1 25 1940-01-17
Kommandeur Majewski Marian Jerzy 1895 9 8 1940-01-17

Oberst Mozdyniewicz Mieczysław 1896 3 13 1940-01-17

Divisionsgenerał Piskor Tadeusz 1889 2 1 1940-01-17

 

Major Steblik Władysław 1898 10 22 1940-01-17
Oberst im diplomatischen Chor Bigo Jan 1891 12 23 1940-01-18
Zweiter Leutnant der Reserve Hlebowicz Józef 1916 11 28 1940-01-18
Offiziersanwärter der Reserve Karpf Antoni 1940-01-18
Kapitän Kuhlmann Arnold 1895 5 30 1940-01-18
Offiziersanwärter Pełecki Lesław 1914 8 25 1940-01-18
Leutnant der Reserve Roman Olgierd 1888 5 23 1940-01-18
Kadett der Reserve Rydz Adam 1913 12 4 1940-01-18
Major Wernic Leon 1898 12 8 1940-01-18
Kadettenkorporal Gruchała Stefan 1904 8 3 1940-01-20
Zweiter Leutnant Ujma Paweł 1940-01-21
Oberstleutnant Wyderko Kazimierz 1940-01-21
Kapitän Burian Lucjan Henryk 1900 11 28 1940-01-24
Fähnrich Ficek Zdzisław Adam 1905 11 17 1940-01-24
Zweiter Leutnant Mikusiński Zygmunt 1915 4 19 1940-01-24
Fähnrich Nyk Kazimierz 1940-01-24
Fähnrich Pytkowski Adam 1940-01-24
Zweiter Leutnant Buseł Józef 1940-01-25?
Krzeczkowski Jan 1940-01-25
Kapitän Drzewiecki Jan 1940-02-09
Zweiter Leutnant Grudziński Tadeusz 1940-02-09
Kapitän Piotrowski Władysław 1900 10 22 1940-02-09
Kapitän Likiernik Tadeusz 1940-02-14
Kapitän Bratkowski Jan 1897 5 30 1940-02-16
Kapitän Rześniowiecki Jan 1940-02-16
Leutnant Łukasik Mieczysław 1940-02-27
Zweiter Leutnant Łukaszewski Franciszek 1940-02-27
Unteroffizier im diplomatischen Chor Rutkowski Stanisław 1898 6 3 1940-03-01
Zweiter Leutnant Augusiak Czesław 1940-03-09
Zweiter Leutnant der Reserve Domański Paweł [Dominik] 1896 3 29 1940-03-09
Kadett Filipowski Bronisław 1911 8 12 1940-03-09
Fähnrich Głowacki Władysław 1898 4 3 1940-03-09
Zweiter Leutnant Kabalski Marian 1908 1 25 1940-03-09
Zweiter Leutnant Kasowski Joachim 1910 6 30 1940-03-09
Sergeant Major Koza-Kozarski Leon 1900 2 18 1940-03-09
Leutnant Maresz Tadeusz 1895 12 29 1940-03-09
Kadett Moskot Józef 1918 3 14 1940-03-09
Leutnant Onyszkiewicz-Jacyna Andrzej 1940-03-09
Zweiter Leutnant Surma Paweł 1912 11 2 1940-03-09
Zweiter Leutnant der Reserve Ziegler Leopold 1911 4 14 1940-03-09
Leutnant der Reserve Kadziołka Tomasz 1895 11 30 1940-03-10
Leutnant der Reserve Kawka Stanisław 1891 8 28 1940-03-10
Zweiter der Reserve Klapczyński Mieczysław 1898 8 13 1940-03-10
Zweiter Leutnant der Reserve Klemenowicz Marian 1897 10 15 1940-03-10
Kapitän (SG) Kowalski Józef 1895 1 14 1940-03-10
Kapitänsleutnant Lewicki Stanisław 1894 4 15 1940-03-10
Zweiter Leutnant der Reserve Mysłakowski Kazimierz 1893 2 8 1940-03-10
Zweiter Leutnant der Reserve Pokora Stanisław Paweł 1893 4 2 1940-03-10
Leutnant der Reserve Remlein Johann Sanislaus 1896 6 7 1940-03-10
Leutnant der Reserve Staczyński [Staszyński] Ludwik 1896 8 8 1940-03-10
Zweiter Leutnant der Reserve Stawicki Boguchwał 1896 3 26 1940-03-10
Zweiter Leutnant der Reserve Szlawas Stanisław 1895 4 17 1940-03-10
Zweiter Leutnant der Reserve Tarnawski Joseph 1894 8 16 1940-03-10
Zweiter Leutnant der Reserve Zapalewski Stanisław 1890 8 25 1940-03-10
Leutnant Balicki Jan 1903 6 18 1940-03-12
Zweiter Leutnant Drozd Kazimierz 1908 3 2 1940-03-12
Zweiter Leutnant Galos, Dr. Stanisław Józef 1894 3 14 1940-03-12
Kapitän (PP) Graczyk Leon 1900 5 26 1940-03-12
Zweiter Leutnant Hoszard Kazimierz 1908 1 7 1940-03-12
Zweiter Leutnant rezerwy Janusz Bolesław 1909 10 18 1940-03-12
Zweiter Leutnant Jarmułowicz Karol Ludwik 1897 12 1 1940-03-12
Leutnant Launhardt Stanisław 1903 7 [8] 25 1940-03-12
Oberst Machowicz Stanisław 1889 2 20 1940-03-12
Zweiter Leutnant der Reserve Nackiewicz Władysław 1904 7 23 1940-03-12
Major Niedzielski Wacław 1895 5 14 1940-03-12
Kapitän (PP) Okoński Piotr 1895 1 16 1940-03-12
Major (PP) Ostrowski Józef Bernard 1895 8 20 1940-03-12
Leutnant Schotek Juliusz 1893 3 22 1940-03-12
Kapitän Stopa Władysław 1909 12 31 1940-03-12
Zweiter Leutnant Wijas Stanisław 1915 9 27 1940-03-12
Kapitän (PP) Wojcieszak Josef 1900 1 18 1940-03-12
Leutnant der Reserve Wojtarowicz Aleksander 1897 10 1 1940-03-12
Zweiter Leutnant Wyspiański Kalikst 1909 10 22 1940-03-12
Zweiter Leutnant Jakubiec Tadeusz 1940-03-12
Kommandeur Adamowicz Mieczysław 1940-03-20
Zweiter Leutnant Biały Ludwik 1940-03-20
Kommandeur Frankowski Stefan 1887 4 3 1940-03-20
Zweiter Leutnant Grzesik Franciszek Henryk 1893 7 7 1940-03-20
Kapitän Michniewski Stanisław 1940-03-20
Zweiter Leutnant Radzimiński Jerzy 1940-03-20
Kommandeur, Zweiter Leutnant Sierkuczewski Stanisław 1940-03-20
Zweiter Leutnant der Reserve Stanina [Słanina] Stefan 1909 12 15 1940-03-21
Zweiter Leutnant Dębowski Zdzisław 1908 11 25 1940-03-22
Zweiter Leutnant Grzegorzewski Jan 1907 10 11 1940-03-22
Zweiter Leutnant der Reserve Klukowski Jerzy 1916 3 5 1940-03-22
Zweiter Leutnant Niedenthal Adam 1898 7 31 1940-03-22
Leutnant Perun Władysław 1884 1 5 1940-03-22
Zweiter Leutnant Wesołowski Tadeusz 1913 7 6 1940-03-22
Zweiter Leutnant Jedliczka Kazimierz 1900 6 30 1940-03-22
Kapitän Sławiński Edmund 1898 2 5 1940-03-31
Zweiter Leutnant Koreywo Leon 1913 6 29 1940-03-31
Zweiter Leutnant Ponewczyński Jerzy 1913 12 20 1940-03-31
Zweiter Leutnant Stec Jan 1916 2 19 1940-03-31
Zweiter Leutnant Gerstel Jan 1914 9 2 1940-04-07
Zweiter Leutnant Pawlak Felicjan 1914 5 9 1940-04-07
Zweiter Leutnant Chmielewski Jerzy 1940-04-11
Zweiter Leutnant (Kpt. Ż.W.) Jasicki Tadeusz 1909 3 24 1940-04-11
Zweiter Leutnant Kiciński Zygmunt 1940-04-11
Zweiter Leutnant Korzeniowski Waldemar 1940-04-11
Zweiter Leutnant Niczko Michał 1904 1 14 1940-04-11
Zweiter Leutnant Zieliński Paweł 1940-04-11
Major der Reserve Baranowski Wiktor 1899 11 1 1940-04-18
Leutnant der Reserve Bednarski Ryszard 1904 4 8 1940-04-19
Oberst Brzechwa-Ajdukiewicz Adam 1894 3 20 1940-04-19
Unteroffizier Ciążyński Bolesław 1891 10 18 1940-04-19
Kapitän Koźniewski Stefan 1900 2 14 1940-04-19
Zweiter Leutnant der Reserve Pleciński Feliks Bogdan 1908 7 18 1940-04-19
Zweiter Leutnant der Reserve Siewert Józef Jan 1909 4 26 1940-04-19
Oberst Boreysza Jerzy 1889 9 12 1940-04-20
Zweiter Leutnant Lewszecki Jerzy 1913 11 22 1940-04-20
Kapitän Ładoś Jan 1906 9 21 1940-04-20
Zweiter Leutnant Najda Antoni 1905 12 1 1940-04-20
Zweiter Leutnant Ombach Leopold 1894 3 2 1940-04-20
Oberst Smolarski Władysław 1895 1 6 1940-04-20

Leutnant Nowak Czesław 1902 9 15 1940-04-23
Zweiter Leutnant Maj Feliks 1914 2 28 1940-04-24
Major Gintel Jan 1899 3 17 1940-04-30
Zweiter Leutnant der Reserve Gójski Marceli 1898 11 28 1940-04-30
Kapitän Górka Antoni 1897 8 12 1940-04-30
Kapitän Grzybowski Stefan 1903 5 30 1940-04-30
Zweiter Leutnant Stiller Henryk 1907 11 15 1940-04-30
Brigadegeneral Drapella Juliusz 1886 11 3 1940-05-21
Zweiter Leutnant Bartoszewicz Stanisław 1910 3 2 1940-05-23
Zweiter Leutnant Surmanowicz Mikołaj 1915 10 23 1940-05-23
Zweiter Leutnant Zieliński Edward 1913 6 24 1940-05-23
Leutnant Smekczyński Zdzisław 1911 10 14 1940-05-24
Leutnant Staier Bernard 1905 8 19 1940-05-24
Kapitän Żebrowski Bogdan 1907 2 13 1940-05-24
Leutnant Zimiński Władysław 1909 3 15 1940-06-06
Leutnant Just Józef 1908 2 15 1940-06-11
Major Jana Marian 1896 12 21 1940-06-17
Major Klimowicz Walerian 1899 12 9 1940-06-17
Oberst Durski-Trzaska Antoni 1895 11 22 1940-06-21

Kapitän Janitz Klemens 1900 10 26 1940-06-21
Zweiter Leutnant der Reserve Królikiewicz Stanisław 1906 11 9 1940-06-21
Zweiter Leutnant Kruk-Śmigla Jan 1890 5 17 1940-06-21
Kapitän Dłużniewski Wacław 1906 12 1 1940-06-23
Zweiter Leutnant Mielczarek Jan 1905 1 2 1940-06-23
Zweiter Leutnant Schubert Eugeniusz 1897 12 25 1940-06-23
Leutnant Czajkowski Klemens 1902 11 10 1940-06-26
Zweiter Leutnant Krzyszkowski Zygmunt 1913 4 27 1940-07-21
Kapitän Żmudziński Janusz 1899 9 11 1940-07-21
Kapitän (SG) Zwiewka Bronisław 1891 2 19 1940-07-24
Brigadegeneral Chmurowicz Jan 1887 12 31 1940-08
Konteradmirał Unrug(h) Józef 1884 10 7 1940-08-16

Leutnant Bańkowski Kazimierz 1895 3 4 1940-09-04
Zweiter Leutnant Baran Władysław 1899 7 24 1940-09-04
Zweiter Leutnant Białowąs Henryk 1909 1 4 1940-09-04
Zweiter Leutnant Bijakowski Edmund 1915 9 18 1940-09-04
Zweiter Leutnant Brudniak Franciszek 1911 9 4 1940-09-04
Zweiter Leutnant Chrzanowski Wiktor 1908 4 21 1940-09-04
Zweiter Leutnant Deryng Bogdan 1920 7 29 1940-09-04
Zweiter Leutnant Draspa Leon 1911 6 14 1940-09-04
Kapitän Grzybowski Adam 1902 12 13 1940-09-04
Zweiter Leutnant Jabłonowski Feliks 1903 10 14 1940-09-04
Zweiter Leutnant Karwacki Josef 1906 3 16 1940-09-04
Zweiter Leutnant Keszek Władysław 1907 9 20 1940-09-04
Zweiter Leutnant Kopczyński Józef 1908 8 20 1940-09-04
Zweiter Leutnant Kornalewski Marian 1910 9 14 1940-09-04
Zweiter Leutnant Kurio Franciszek 1913 9 11 1940-09-04
Zweiter Leutnant Lewandowski Juliusz 1906 10 20 1940-09-04
Zweiter Leutnant Ligęza Władysław 1900 2 23 1940-09-04
Zweiter Leutnant Lijowski Leon 1909 11 14 1940-09-04
Zweiter Leutnant Mazur Feliks 1908 10 10 1940-09-04
Leutnant Nawrocki Stanisław 1907 4 16 1940-09-04
Zweiter Leutnant Nockowski Stefan 1908 8 19 1940-09-04
Zweiter Leutnant Owoc Kazimierz 1914 2 15 1940-09-04
Zweiter Leutnant der Marine Rowiński Stanisław 1904 9 17 1940-09-04
Zweiter Leutnant Rudny Bolesław 1909 10 4 1940-09-04
Kapitän Sawka Zenon 1901 12 15 1940-09-04
Zweiter Leutnant Slipko Alfred 1913 12 13 1940-09-04
Zweiter Leutnant Sroka Julian 1912 4 1 1940-09-04
Zweiter Leutnant Stępkowski Wojciech 1912 4 23 1940-09-04
Zweiter Leutnant Synowiec Stanisław 1910 8 5 1940-09-04
Zweiter Leutnant Tylkowski Kazimierz 1909 12 16 1940-09-04
Zweiter Leutnant Wojnar Adam 1910 12 24 1940-09-04


Auf den Spuren der Vergangenheit – ein neuer Film über die Geschichte
der Deutschen in der Nachkriegszeit in Schlesien

Ślady przeszłości

W 75. rocznicę zakończenia II wojny światowej Związek Niemieckich Stowarzyszeń w Polsce planował zorganizowanie skierowanego do młodzieży projektu edukacyjnego, który miał upamiętniać cierpienia Niemców w obozach pracy. Zaplanowano wycieczkę rowerową do wybranych obozów od Łambinowic do Auschwitz, połączoną z rozmowami z historykami i spotkaniami ze świadkami historii. Jednak ze względu na pandemię również tego projektu w tradycyjnej formie nie można było przeprowadzić. Powstał zatem film edukacyjny, tematyzujący wydarzenia okresu bezpośrednio po wojnie. Dwaj bohaterowie: regionalista Dawid Smolorz i jego młody, interesujący się historią słuchacz, Marek Dworaczyk, oprowadzają nas po zapomnianych miejscach, przybliżając ich historię.

www . vdg . pl

Zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges plante der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen ein Bildungsprojekt für Jugendliche, das an das Leid der Deutschen in den Nachkriegslagern in Polen erinnern sollte. Es war eine Gedenkfahrt auf Fahrrädern zu ausgewählten Orten von Lamsdorf bis Auschwitz geplant, die mit Gesprächen mit Historikern und Zeitzeugen verbunden sein sollte. Wegen der Coronapandemie konnte allerdings dieses Projekt so nicht stattfinden. Es entstand also ein Film, der die Ereignisse des Jahres 1945 thematisiert. Die beiden Helden – der Regionalforscher Dawid Smolorz und der junge geschichtsinteressierte Marek Dworaczyk, nehmen uns mit zu vergessenen Orten und bringen uns so die Geschichte näher.

„Die Deportation war nicht menschlich. Am 10. Juni 1945 erließ das Oberkommando der polnischen Armee einen Befehl zur Deportation der deutschen Bevölkerung über die Oder und Neiße hinaus, damit „die deutschen Parasiten sich nicht in ihren Häusern verstecken, sondern vor uns fliehen und zwar endgültig fliehen in ihr eigenes Land, Gott sei Dank für die glückliche Befreiung.“ Den polnischen Soldaten wurde befohlen, nicht zu fragen, sondern den Befehl auszuführen. Die ersten Vertreibungen wurden hart durchgeführt, später wurde diese Operation als „wilde Vertreibung“ bezeichnet. Da es sich bei den Deportierten in der Regel um Frauen, Kinder und ältere Menschen handelte, wurden sie zu einer leichten Beute für Banditen und Plünderer und reisten krank und hungrig aus. Der Pfarrer von Breslau schrieb an Bischof Stanislav Adamskiy : „Das Leiden der Vertriebenen ist unbeschreiblich. Sie haben keine Hoffnung. Sie kommen über die Neiße, wo es Menschenmassen von ihnen gibt, aber keine Nahrung oder Unterkunft. Die Selbstmordepidemie nimmt zu. Die bei der Abschiebung angewandten Methoden diskreditierten Polen auf internationaler Ebene. Gleichzeitig brachte eine zu voreilige Vertreibung Warschau in eine schwierige wirtschaftliche Situation – es gab niemanden, der Feldarbeiten durchführte, Kartoffeln und Getreide erntete.“

Stanislav Stremidlovsky (2018) auf © 1999-2021 IA REGNUM, Moskau.


Das Inventar der Werke Max Günthers bis zum Jahr 1946 der Kunsthistorikerin Ksenia Stanicka-Brzezinski kann durch ein weiteres Werk ergänzt werden. Die Ansicht Silberbergs ist im Besitz von Detmar Grammel, Berlin. Dankenswerterweise hat er das Archiv über die Existenz des Werkes informiert:

Nr. 36

Blick auf die ev. Kirche Silberberg und den Donjon
Tusche auf Papier
Abmessungen 18 x 25 cm Hochformat
Besitzer: Detmar Grammel
signiert: Max Günther 1945


Poesie aus Silberberg

Gedichte in schlesischer Mundart von Bertha Brückner, dem Silberberger Boataweibe (1929).

 De Ferienreese!

Weiteres zum Werk von Bertha Brückner s.u.


Meine Schulzeit in Silberberg

Das Archiv möchte die Geschichte der Schulen in Silberberg erforschen. Dafür benötigt das Archiv noch weitere Quellen, wie z.B. Berichte über den Schulalltag, Zeugnisse, Schulhefte nd Klassenfotos. Bitte unterstützen Sie das AKA mit Ihrer Hilfe.

Katholische Schule im Jahr 1930.

Lehrerpersonalbogen von Otto Bengner (Quelle: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung/Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung).

Otto Bengner (sitzend mit Gehstock) mit Schülern und Kollegen. Über sein tragisches Ende in polnischer Zeit wird noch später eingehend berichtet (Quelle AKA FO257).

Zum Schulanfang, Anzeige vom 31. März 1939 im Frankensteiner Kreisblatt.

 

 

Einschulung in Silberberg im Jahr 1936 (AKA FO1237).

Bitte senden Sie Unterlagen an das Alfred-Kollewe-Archiv in 23909 Ratzeburg, Dermin 30. Die Schriftstücke und Fotos werden sofort eingescant und wieder an Sie zurückgeschickt.


Archivalie des Monats

Durch eine Spende von Dieter Wachowitz, Rosenheim, ehemals Silberberg „Villa Schauinsland“, hat das Archiv dankenswerterweise den Abdruck der Werke von Johannes Sinapius (2 Bände) erhalten.

Schlesischer Curiositäten Erste Vorstellung, Darinnen die ansehnlichen Geschlechter des Schlesischen Adels […] ausgefertigt von Johanne Sinapio […] Leipzig, gedruckt in der Fleischerischen Druckery, 1720, Band 1.

Des Schlesischen Adels Anderer Theil/ oder Fortsetzung Schlesischer Curiositäten, […] ausgefertigt von Johanne Sinapio […] Leipzig und Breslau, bey Michael Rohrlach, 1728, Band 2.

Die Bände der Schlesischen Curiositäten, gelten als Grundlage der schlesischen genealogischen Forschung. Die beiden sehr sorgfältig, durch genaues Studium der Quellen (die er in der Vorrede aufzählt) ausgearbeiteten Bücher boten eine bis dahin noch nie gesehene Fülle von Nachrichten, auch  und besonders über den Silberberger Raum, da Sinapius mit der aus Oels stammenden Maria Elisabeth Titz verheiratet war, Sinapius selbst stammte aus einer schlesischen Pastorenfamilie.

„Das beachtlichste, bis zur Gegenwart nicht übertroffene Ergebnis der schlesischen Genealogieforschung ist das zweibändige, mehr als 2200 Seiten umfassende Adelslexikon, daß der Gymnasialdirektor, Bibliothekar und Historiker Johannes Sinapius erarbeitete“, Joachim Bahlcke 2016.



Das Archiv stellt gerne den Silberberger Familien Raum für ihre Familiengeschichte zur Verfügung. Besonders berührend sind die Lebensgeschichten der Silberberger Jugendlichen, die mit siebzehn Jahren sofort nach dem Ende der Lehrzeit bzw.  sogar aus der Ausbildung zum Kriegsdienst herangezogen wurden.

 

Friedensdorf-Projekt

Eine Kriegsbegeisterung existierte bei Ihnen nicht, vielmehr waren Heimweh und Friedenssehnsucht bestimmend.

Eine eindrückliche Familienhistorie eines Silberbergers hat dem Alfred-Kollewe-Archiv dankenswerterweise Herr Stefan Welzel zur Verfügung gestellt.

…… PAX ……

 

Feldpost: Friedenspostkarte des Silberbergers Günter Zeunert vom 3.4.1944 (*27.8.1924 in Silberberg 25.4.1944 auf der Insel Veglia/Krk) aus dem damaligen Norditalien (Fiume/Rijeka).

 

 


Paul Welzel

Erinnerungen

Stefan Welzel
– nach mündlichen Aufzeichnung des Vaters –

Hohenlimburg, Weihnachten 2001

Am 09.04.1927 wurde ich, Paul Ro­bert Wel­zel („Paulchen“), als Sohn des Tischlermeisters Paul Welzel und seiner Ehefrau Ottilie in Silberberg (heute: Srebrna Gora) Kreis Frankenstein in Schlesien geboren. Wir waren fünf Kinder: Meine Geschwister sind: Georg * 14.07.1910, Hedwig * 28.08.1913, Elisabeth * 28.03.1915 und Maria * 08.04.1923.

Familie Welzel 1943 mit (von links) Jorg, Hedel, Lisbeth, Mia und Paulchen.

Vater und Sohn Paul Welzel im Jahre 1930

Mein Vater war selbständiger Tischlermeister und betrieb eine Tischlerei seit dem Jahre 1909/1910. Die Werkstatt hatte vor dem 2. Weltkrieg sechs 6 Hobelbänke für bis zu sechs Beschäftigte, wovon ei­ner oder zwei Lehrlinge waren. Die Beschäftigtenzahl ging jedoch in den Kriegsjahren zurück, auch die der Lehrlinge, weil die Männer zum Kriegsdienst eingezogen wurden.

Ich habe eine schöne Kindheit und Jugendzeit gehabt, obwohl ein Teil davon in den Kriegs­jah­ren lag. Seit 1937 lebte ich allein bei meinen El­tern im Haus. Mein Bruder Jorg hatte etwa um diese Zeit eine neue Tätig­keit/Aufgabe in Breslau aufge­nom­men (Nachrichtendienst o.ä.), Schwe­ster Hedel heiratete im August 1937, blieb aber im Ort wohnhaft, Lisbeth war nach erfolgrei­cher Lehr­zeit nach Berlin gewechselt und Mia trat (wohl im April des Jahres) die Nachfolge von Lisbeth in der Flei­scherei Schütz in Breslau an.

Etwa mit 5 oder 6 Jahren erhielt ich die ersten Skier (handgefertigt von mei­nem Bruder), was damals nicht so selbstverständlich war. Auch ein Holzpferd in stattlicher Größe als Weihnachtsge­schenk stammte von ihm.

Meine Eltern waren gute Eltern, wenngleich auch für die Kinder am Tisch Ordnung sein mußte, denn 2 Gesellen wohnten in der Woche im Haus und aßen mit uns am Tisch. Ich durfte als Lehrling meines Vaters mor­gens nicht später als die anderen Be­schäftigten in der Werkstatt erscheinen, und an eigenen Urlaub kann ich mich damals nicht erinnern.

Als Jugendorganisation gab es nur die Hitlerjugend, und so war ich im Spielmannszug, u.a. als Vertreter des Spielmannszugführers. Im Mai 1942 oder 1943 war ich für 2 Wochen im Ju­gend­kammhaus „Rübezahl“ (Ju­gendherberge) am Spindlerpaß im Riesengebirge, wo etwa 1oo bis 12o Spielmannszugführer bzw. deren Vertreter zusammen gekommen wa­ren. Es war schon eine tolle Sache, wenn 5o bis 6o Trommler und ebenso viele Pfeifer oder Hornisten in Aktion traten. In den Wintermo­naten gab es natürlich auch den Skisport. So wurden bei uns in Silberberg neben den Meister­schaften der Schulen des Kreisge­bietes auch die Wettkämpfe der Hit­lerjugend ausgetragen. Da bei den letztgenannten Wettkämpfen neben Teil­nehmern aus dem ganzen Kreisge­biet auch die Uffz-Vorschule Fran­kenstein mit ihren starken Sport­lern u.a. aus Bayern zugegen war, hatten wir einen schweren Stand.

Die Stadt Silberberg im schlesischen Eulen­gebirge. Kreuz: Das Welzel´sche Haus

Im übrigen lebten wir während der Kriegsjahre im Vergleich zu den Bürgern etwa des mittleren und westlichen Reichsge­bietes hier recht friedlich, weil wir für die alliierten Flugzeuge nicht erreich­bar waren. Wir hatten im Ort mit etwa 1300 Einwohnern allerdings ca. 250 Aus­gebombte aus dem Westen (Köln u.a.) aufgenommen. Meine Schwes­ter Lisbeth kam der ständigen Flie­geran­griffe auf Berlin wegen im Jahre 1943 mit ihren 3 Kindern zu uns nach Hause und blieb dort bis zur Vertreibung im Jahre 1946.

Die dreijährige Lehrzeit in der Tischlerei meines Vaters endete für mich laut Lehrvertrag am 31.03.1944.

Auf die eigene Bau- und Möbel-Tischlerei war die ganze Familie stolz. Links am Haus führte der Fußweg hinauf zum Donjon. (Fotografie um 1911)

Bereits am 01.03.1944 wurde ich jedoch zum Reichsarbeitsdienst als vormi­litärischem Dienst für die Wehr­macht nach Oels in Schlesien einbe­rufen. Ich blieb somit zunächst ohne Lehrabschluß. Für den Samstag des letzten Wochenendes im März 1944 war die mündliche Prüfung für die Gesellenprüfung anberaumt, für wel­che ich zwei Tage Sonderurlaub er­hielt.

In Oels fand beim RAD eine sechs­wöchige vormilitärische Ausbildung bis Mitte April statt. Daran schloß eine sechswöchige Ausbildung bei der Flak (Flieger-Abwehr-Kanone) Kaliber 8,8 cm in Breslau an. Ich selbst wurde am „Kommando-Gerät 1942“ (damals neuestes Leitgerät) ausgebildet. Ende Mai 1944 wurden wir dann nach kurzer Ausbildung nach Nantes an der Loire-Mündung in Frankreich verlegt, um dort eine Flak-Batterie-Stellung zu überneh­men.

Flak 8,8 cm

Am 02.06.1944 trafen wir dort ein. Am 06.06.1944 erfolgte die Landung der Alliierten (Amerikaner und Engländer) in der Normandie. Das dort angetroffene Kommandogerät der Flak-Batterie war jedoch ein äl­teres Modell (wohl aus dem Jahre 1934), so dass erst nach einigen Ta­gen entschieden wurde, ob wir die Aufgabe übernehmen könnten oder wieder in die Heimat zurückge­schickt werden sollten. Eine Um­schulung war angesichts der erfolg­reichen Landung der Alliierten aus Zeitgründen nicht angebracht. Da eine rückführende Bahnverbin­dung etwa vier Wochen nach erfolgter Landung nicht mehr bestand, fuhren wir, und zwar die ganze RAD-Ab­teilung mit etwa 120 Mann, feld­marschmäßig auf Fahrrädern in drei Näch­ten ca. 250 km landeinwärts bis hinter Tours. Von dort ging es dann per Bahn Richtung Heimat nach Bernstadt/ Oels in Schlesien zur Entlassung aus dem RAD. Die Ent­lassung selbst er­folgte etwa Ende Juli 1944.

Der junge Paul Welzel in RAD-Uniform, (Reichsarbeitsdienst), 1944

Am 15.08.1944 wurde ich zum Kriegsdienst nach Cottbus zur Divi­sion „Großdeutschland“ (Elite-Divi­sion, aber keine SS-Einheit) einberu­fen, und zwar zur Panzertruppe (Panzer-Aufklärungs-Abteilung). Nach dreimonatiger Ausbildung wurde ich Mitte November 1944 nach vorheriger Teilnahme an einem Scharfschützen-Lehrgang zur Uffz-Schule für PZ-Aufklärer nach Stern­berg bei Olmütz im Sudentenland abkomman­diert.

Mitte Januar 1945 – der dreimona­tige Lehrgang war noch nicht abge­schlossen – musste die Schule in Anbetracht der heranrückenden rus­sischen Front ein Marsch-Bataillon (4-5 Kompanien) für den Kampfein­satz aufstellen und sofort in Rich­tung Schlesien in Marsch setzen. Die Front verlief Ende Januar 1945 be­reits auf schlesischem Gebiet. Die Kaserne war somit leer, weil auch Fahrzeuge und anderes Gerät mit zum Einsatz gingen. Der verblei­bende Teil von Waffen und Gerät wurde verladen und per Bahn auf dem Weg nach Krampnitz nahe Ber­lin geschickt. Ich selbst gehörte zu der begleitenden Mannschaft, kam also glücklicherweise nicht mit an die schlesische Front. Mein damali­ger Zugführer Leutnant Bayer verab­schiedete sich von mir, seinem „Put­zer“, bei dem überstürzten Auf­bruch mit den Worten: „Sie werden es mir sicher danken“. Er hatte es mit mir gut gemeint und mich daher zurück­gelassen. Später hörte ich, dass er selbst schwer verwundet wurde.

Der Transport stoppte dann zunächst in Potsdam, offenbar weil der Russe bereits östlich vor Berlin stand und Unklarheit über unseren Verbleib bestand. Der Transport ging nach etwa acht Tagen weiter bis nach Sondershausen in Thüringen. Nach weiteren vier Wochen Ausbildung an der dortigen Uffz-Schule endete für mich der Lehrgang; inzwischen war ich Gefreiter und Uffz-Anwärter. Da ich wegen der herannahenden Front den Heimat-Standort Cottbus (alte Einheit) nicht mehr erreichen konnte, wurde ich gegen Ende März 1945 von der Schule aus direkt an die Front in Marsch gesetzt, und zwar zur 6. oder 16. Panzer-Division nach Ungarn (Frontleitstelle Raab).

Dieses Ziel erreichte ich mit weite­ren drei Mann, die wir zu dieser Frontleitstelle in Marsch gesetzt wurden, jedoch nicht mehr, weil die Bahnverbindung in Bruck an der Leitha (ca. 30 km von Wien ent­fernt) urplötzlich endete: Die russi­sche Front war bereits bis auf öster­reichisches Gebiet vorgedrungen. So fuhren wir vier von dort am 02.04.1945 (Ostermontag) zurück nach Wien, wo im Bahnhofsgebäude Feldgendarmerie alle ankommenden Soldaten und Offiziere auffing und zur nächstgelegenen Kaserne in der Innenstadt (Rossauer Kaserne) brachte. Hier wurden innerhalb von etwa drei Tagen Marsch-Bataillone zur Verteidigung Wiens zusammen­gestellt – besser: zusammen­gewür­felt. Wir wurden dann sofort an die Front in Marsch gesetzt.

Die alte Rossauer Kaserne in Wien

Die russische Front war im Süden von Wien wohl noch etwa 30 km von der Stadtmitte entfernt. Es waren aufregende Tage! Die Ausrüstung der neu zusammengestellten Truppe war absolut unzureichend, weil uns spezielles schweres Kriegsgerät völ­lig fehlte, zudem kannten sich die Leute untereinander nur sehr kurz. Es war schon deprimierend, als wir eines Tages beobachten mussten, wie der Russe in nur 1-2 km Entfer­nung vor uns einen ganzen Tag lang Truppen bewegte und schweres Ge­rät auffuhr – und wir ihnen nur mit unseren Handfeuerwaffen gegenü­berstanden. Nach den Einsätzen fanden sich die Versprengten und Überlebenden wieder zusammen, und so waren wir etwa um den 10./11.04.1945 schließlich innerhalb Wiens zur Verteidigung der Stadt im Häuserkampf angekommen. Hier – nahe des Wiener Westbahnhofes – hatte ich wohl, wie so oft in diesen Tagen, wieder einen guten Schutz­engel an meiner Seite.

Westbahnhof Wien 1950

Nachdem wir in der Stadt Wien die uns zur Verteidigung angewiesene Straße erreicht hatten, wurde ich als Melder zum Kompaniegefechtsstand geschickt, um unsere Einsatzbereit­schaft zu melden. Als ich dann zu­rück kam, war von unseren Leuten niemand mehr anzutreffen! Ich stand also allein auf der Straße, ohne zu wissen, von welcher Seite wohl die Gefahr sprich der Feind zu erwarten ist.

Nach wohl mehr als einer endlos langen Stunde bangen Wartens und Spekulierens auf der Straße – ich erinnere mich noch heute an ihren älteren Baumbe­stand – hörte ich plötzlich Motoren­geräusch und lau­tes Kettengerassel. Meine Spannung war groß – bis ich endlich erkannte, dass es drei deut­sche Panzer waren. Das letzte Fahr­zeug hielt bei mir an, und man rief mir zu: „Komm rauf, wir sind hier die letzten!“ Die Besat­zung des Pan­zers zog mich auf den Panzer, und sodann ging es in ra­santer Fahrt Richtung Donau. Dabei wurden die beiden ersten Fahrzeuge – vermut­lich von Zivilisten des Wi­derstandes – beschossen. In Wien hatte sich nämlich eine Widerstandsgruppe mit Wehrmachtsangehörigen – darunter auch Offiziere – gebildet, um mitzu­helfen, Wien möglichst un­versehrt an die Russen zu übergeben.

Nahe der Floridsdorfer Donaubrücke war ein großes Gelände: Sammel­punkt für die Panzereinheit, auf wel­ches auch unsere drei Fahrzeuge fuh­ren. Dort gab es eine gute Ver­pfle­gung. Dann stellte sich für mich aber schnell die Frage: Wie geht es wei­ter? Die drei Panzer gehörten zur SS-Panzer-Division der Leibstan­darte Adolf Hitler. Ungefragt sagte mir der Kommandant des Panzers, der mich aufgegriffen hatte, dass ich auch bei ihnen bleiben könnte, er hätte bereits seinen Chef dazu befragt. Indessen sah ich an der nahen Straße verein­zelt Soldaten und Verwundete, die zur Donaubrücke strebten, u.a. sol­che mit dem Ärmel­streifen „Groß­deutschland“.

Floridsdorfer Donaubrücke 1916 (im Bau)

Da ich ja früher auch zu dieser Divi­sion gehörte, kam ich mit ihnen ins Gespräch, und sie sagten mir, dass es ziemlich schwierig sei, über die Do­naubrücke zu kommen: Entweder nur mit Sondererlaubnis, oder wenn der eigene Truppenteil auf der ande­ren Donauseite im Einsatz sei. Die Division „Großdeutschland“ war aber gerade auf der anderen Donau­seite. So schlug ich bei der Kontrolle durch die Feldpolizei an der Donau­brücke das Soldbuch mit der Eintra­gung von meinem Heimattruppenteil „Großdeutschland“ auf – und ich konnte passieren! Dazu gab es die Warnung, dass die Brücke bereits unter Beschuss der Russen stehe und somit Eile geboten sei.

Auf der anderen Donauseite kam ich an einem Platz vorbei, an welchem meiner Erinnerung nach vier deut­sche Soldaten – ein Stabsoffizier, ein Offizier und zwei andere Dienst­grade – erhängt worden waren. Es war auch ein Schriftzug angebracht: „Wir haben mit den Russen pak­tiert.“ Das rasche Vordringen der Russen um Wien soll von patrioti­schen Wiener Offizieren und Mili­tärs nämlich verraten und begünstigt worden sein.

So meldete ich mich dann bei der Meldestelle „Erker“ der Division „Großdeutschland“ und wurde der Stabskompanie beim Regiment III zugewiesen. Mit etwa 20-25 Mann waren wir dort eine Gruppe zur be­sonderen Verfügung des Regiments­kommandeurs, um hier und da, wo es besonders nötig und brenzlig war, eingesetzt zu werden. Es gab dann tatsächlich einige abenteuerliche Aktionen und Ein­sätze. So nahte die Kapitulation des 08.05.1945, von welcher wir schon am Tage zuvor durch unsere Nach­richtenleute nahe Stockerau erfuh­ren. Unsere Einheit setzte sich am 08.05.1945 rechtzeitig am Vormittag aus der Front ab, und wir kamen bis Pregarten bei Linz, wo wir die ame­rikanische Verbin­dung hatten. Die Amis nahmen die endlosen Trup­penkolonnen jedoch nicht an, son­dern stoppten diese mit der Begrün­dung, die Straßen seien voll, ein weiteres Durchkommen sei zur Zeit nicht möglich. Bald ahnten wir, und es sprach es sich herum, dass man wohl nur noch das Nachrü­cken des Russen abwarten möchte. So hatten uns die Amis also tatsäch­lich den Russen ausgeliefert.

Wir gingen am 13.05.1945 in russi­sche Gefangenschaft in das 1. Auffanglager bei Zwettl. Dort war ein früherer Truppenübungsplatz der Deutschen Wehrmacht, welcher be­reits für ein Gefangenenlager in ein­facher Form durch Stacheldraht­zaun hergerichtet worden war. Zu dieser Zeit waren wir darin angeb­lich etwa 28000-30000 Mann. Später habe ich erfahren, dass hier zeitweise sogar mehr als 40000-50000 Mann gewe­sen sein sollen. Es begann nun die Zeit der Entbehrungen, begin­nend mit drei Tagen ohne jegliche Bekös­tigung und Verpflegung, und am 4. und 5. Tag gab es für 100 Man zwei (!) Brote. Danach gab es wohl täg­lich auch schon mal eine Suppe.

Nach etwa 8-10 Tagen, es war Pfingst-Dienstag, wurden etwa 2000 Mann – darunter auch ich – in Marsch gesetzt zur nächsten Bahn­station nach Horn. Das waren 40 km Fußmarsch. Nach den mageren Vortagen waren die Beine doch ziemlich schlapp und schlotterig, so dass es schon eine ziemliche Stra­paze war, diesen Marsch überhaupt durchzuhalten. Erschwerend war da­bei, dass an diesem Tage Nieselwet­ter war und wir am Ziele – einer Ka­serne mit völliger Überbelegung – die Nacht im Freien verbringen mußten. Niemand wusste, wie es weitergeht. Nach Kontrolle und Durchsuchung wurden wir nach drei Tagen am Bahnhof in Viehwaggons verladen und Richtung Osten trans­portiert. Unsere mittlerweile kahl ge­schorenen Köpfe wurden mit der er­forderlichen Sauberkeit und not­wen­diger Hygiene erklärt.

Nach etwa zwei Wochen kamen wir in Rumänien in der Nähe von Ram­niku Sarat in ein Umschlaglager, von wo die Weiterfahrt in Waggons mit Breitspurwagen nach Rußland er­folgte (die russische Eisenbahn hat eine andere Spurbreite als das übrige Europa). Nach weiteren etwa 10-14 Tagen kamen wir in einem Waldge­biet bei Tambow an – etwa auf halber Strecke zwi­schen Moskau und Stalingrad gele­gen – und wurden dort in einem alten Lager etwa aus dem Jahre 1942 un­tergebracht. Das war ein Lager für etwa 10000 Mann, welches zur Zeit unserer Ankunft nur eine schwache Belegung hatte. Bei unserem Ein­zug in das Lager war der Weg ge­säumt von Altgefangenen, die natür­lich wissen wollten: „Wo kommt ihr her?“ Die Männer waren aber er­schüttert und enttäuscht, als sie hör­ten, dass wir aus Österreich kom­men: Sie hofften nämlich auf baldige Heimkehr. Indessen war der Krieg doch schon sechs bis sieben Wochen beendet.

Modell des Gefangenen-Lagers Tambow (Autor unbekannt)

Die Unterkünfte – auch die Quaran­täne für uns Neulinge – bestanden aus höhlenähnlichen, halb unterirdi­schen Behelfs-Unterständen, wie sie die Soldaten während der Kriegs­jahre als vorübergehende Unter­stände gebaut und benutzt haben, nur wesentlich größer. Hier aber bestand die Anlage bereits seit Jahren, und manche Gefangene, die nicht im Ar­beitseinsatz waren, haben darin auch Jahre zugebracht! Sanitäranlagen gab es keine. Als „Toilette“ dienten die bekannten „Donnerbal­ken“ in großen Abmessungen, und gebadet wurde bestenfalls einmal je Woche in der sogenannten Badeba­racke: Je­der Mann bekam einen Holzkübel mit etwa einem Eimer lauwarmen Wasser, die Kleidung kam dann in die Entlausung. Täglich gab es pro Mann ein Kochgeschirr voll Wasser, welches man je nach Belieben benutzen konnte: zum Trinken oder Waschen. Die Verpfle­gung war mehr als schwach und un­zureichend und sollte – so sagte man uns – der der eigenen Soldaten ent­sprochen haben.

Ein wesentlicher Bestandteil in der Verpflegung war wohl die tägliche Brotration von 670 g, die nur im Jahre 1947 wegen schlechter Ernte auf 500 g reduziert wurde. Nach heutigem Verständnis und unseren derzeitigen Eßgewohnheiten scheint das recht passabel, aber hungrig fühlten wir uns immer. (Hunger hat­ten wir nur einmal – und zwar im­mer, so sagten wir damals.) Und wo­her kamen wohl die vielen Dystrophiker unter den Gefangenen im Lager? Bemerkenswert auch, dass Offiziere und Stabsoffiziere ge­sondert untergebracht waren, nicht arbeiten mussten und auch bessere Verpflegung erhielten.

Auf dem Weg zum täglichen Arbeitseinsatz. Kohle-Zeichnung aus dem Lager Tambow. (Autor unbekannt)

Nach drei Wochen Quarantäne mor­gens nach dem Zählappell – es gab jeden Morgen und Abend einen sol­chen Appell – wurden sieben Mann aus dem Kreis der Neuzu­gänge auf­gerufen, welche dann zu Arbeit in die Lagertischlerei abge­stellt wur­den. Darunter befand auch ich mich. Dort machte ich u.a. Vor­arbeiten für die Böttcher, indem ich z.B. Dauben für Holzkübel und Fäs­ser fertigte. Hier lernte ich auch, routiniert mit Beil und Axt umzuge­hen. Nach we­nigen Wochen bekam ich zusammen mit noch einem Kumpel aus der La­gertischlerei, dem Franz Grzygorek, die Aufgabe, außerhalb des Lagers nahe der Kommandantur ein Holz­haus für einen Russen zu bauen. Da es bereits etwa Ende August war und wir das Haus bis zum Beginn des Winters fertig haben sollten, forder­ten wir für das Fällen der Bäume und Entasten sowie für grobe Vorarbei­ten einige Hilfskräfte aus dem Lager an. So war es dann tatsächlich mög­lich, dass wir das Blockhaus– es war in der Grundfläche vielleicht 5×8 m – in relativ kurzer Zeit errichtet hat­ten. Wir zwei „Spezialisten“ waren daher bei einem an der Komman­dantur tätigen Russen in gutem An­sehen. Dieser hatte unsere Arbeit nämlich bei seinen täglichen Diens­ten beob­achtet. Als die Tage im Oktober und November kühler wur­den, nagelten wir bereits Schindeln auf das Dach und setzten Fenster und Türen ein, die im Lager vorgefertigt worden waren. So näherte sich schließlich der Tag, an dem das Haus fertig war.

Dann begann für uns zwei „Spezia­listen“ ein neuer Abschnitt: Der oben erwähnte Russe holte uns auf seine Anforderung hin eines Tages im No­vember bei der Kommandantur ab. Wir kamen nun auf den Fuhrpark des Lagers etwa 1–1,5 km vom Lager entfernt. Dort sollten wir die anfal­lenden Holzarbeiten – Stellma­cherei, Zimmerei und anderes – durchfüh­ren. Die Belegschaft auf diesem Fuhrpark bestand aus­schließlich aus Kriegsgefangenen, und zwar Ungarn und Rumänen. Wir zwei Deutschen hatten das Glück, dass bei den Un­garn sechs Ungarn­deutsche waren, so dass wir zwei uns nicht als Au­ßenseiter fühlten. Deut­sche hatten sonst nämlich keine bevorzugte Tä­tigkeiten außerhalb des Lagers. Ein Vorteil also für uns. Da wir außer­halb des Lagers ohne Bewachung lebten, war es für uns eigentlich eine verträglich gute Zeit. Ich selbst als Pferdenarr habe mich dort recht wohlgefühlt, weil ich im Einzelfall hier und da schon mal als Kutscher aushelfen mußte.

Auf dem Fuhrpark war ich als jüngster Mann zudem „Mädchen für alles“. Während der Sommer­zeit war bei uns auch eine Kuhherde unter­gebracht. So bekamen wir zwei deutschen Handwerker wie auch die beiden in der Schmiede tä­tigen Ungarn täglich 1/2 Liter Milch. Wir hatten schon eine vielseitige Tätigkeit und einen langen Tag, denn er begann um 6 Uhr morgens mit Stall­arbeit und Füttern der 15-30 Pferde, dann Frühstück (Suppe unseres Koches), und sodann ging ein jeder seiner Ta­gesbeschäftigung nach. So mußten wir eines Tages ca. 30 Pferde zur 40 km entfernten Lagerkolchose brin­gen und die dortigen Pferde zu­rück­bringen (pro Mann 3 Pferde, ohne Sattel). Als eine Kuh unserer Herde in waldreicher Umgebung ab­handen gekommen war, mußte ich ausreiten. Die lange Suche nach der Kuh blieb ohne Erfolg. Im Herbst waren Franz und ich bei den Eltern des Vertreters des Komman­danten in der Stadt Tambow mit Pferd, Wagen und Pflug, um Kartoffeln zu ernten. Da Franz keine Verbindung zu Pferden hatte, kümmerte ich mich um unser Gefährt. So gab es immer wieder an­dere und neue Erlebnisse und Ein­drücke von Rußland. Diese Zeit ging im Oktober 1946 zu Ende, weil das La­ger geschlossen wurde.

Die arbeitsfähigen Kriegsgefangenen kamen zum Arbeitseinsatz ins Ne­benlager innerhalb der Stadt Tam­bow. Das Lager befand sich auf dem Gelände einer Fabrik. Ich selbst hatte dort innerhalb einer großen Lager­halle Büroräume aus Holz für die Lagerverwaltung abzutrennen – es musste also in der Waggonfabrik das Holz dafür „organisiert“ werden.

Anfang Februar 1947 kam ich etwa 20 km von Tambow entfernt zur Forstarbeit in ein Waldlager, bei sehr viel Schnee und magerer Verpfle­gung. Nach kurzer Zeit war ich so abgemagert, dass die zufällig zu ei­ner Kontrolle und Impfaktion kom­mende russische Ärztin mich für ar­beitsunfähig erklärte und dem ver­antwortlichen Russen aufgab, mich so bald wir möglich ins Lager zu schicken. Da das nicht passierte, wollte es wohl der glückliche Zufall, dass mich die Ärztin dann bei einem Besuch in einem Nebenlager abholte und mit ins Lager nahm.

Nach etwa 2-3-wöchiger Ruhezeit stellte ein mir bekannter Mitgefan­gener ein Heu­kommando mit etwa 6-8 Mann zusammenstellen. Obwohl ich noch nicht arbeitsfähig geschrie­ben war, meldete ich mich für diese Aktion: Denn in einer kleinen Ar­beitsgruppe versprach ich mir mehr Vorteile als in der großen Masse des Lagers. Am Aufbruchtag des Kom­mandos fischte mich die Ärztin bei der Gesund­heitskontrolle mit der Begründung heraus, ich sei noch nicht arbeitsfä­hig. Der Abgang des Heukomman­dos verzögerte sich aber um einige Tage, und so konnte ich mich nach etwa einer Woche, als die Abfahrt erneut anstand, wieder in das Kom­mando einschleichen – und hatte Glück, weil an diesem Tage eine andere Ärztin Dienst hatte. So ging ich mit sechs Mann in die große russische Weite etwa 30 km von un­serem Lager entfernt, um Heu für die Pferde des Lagers zu machen. Wir lebten dort ohne Bewachung in Zel­ten und hatten Beköstigung für diese Zeit mitgenommen. So blieben wir den ganzen Sommer über drau­ßen.

Der Lagerkommandant hatte aller­dings seinem Vater in unserer Nähe ebenfalls ein Zelt zum wohl vorü­bergehenden Aufenthalt aufgestellt, offenbar zur Kontrolle über uns. So waren wir doch ein wenig unter Auf­sicht und in unserem Alltagsgesche­hen leider eingeengt. Er konnte aber nicht alles ausschließen. So entführten wir eines Tages einem mit seiner Herde vorbeiziehenden Schäfer ein Lamm, welches wir uns nach entsprechender Zubereitung schmecken ließen. Eine kühne Tat.

Unser Lagerkommandant hatte der Kolchose zur Zeit der Getreideernte einen Hel­fer von uns zugesagt. Diese Aufgabe mußte ich wahrnehmen und ich tat das eigent­lich ganz gerne, weil meist ein klei­ner Vorteil heraussprang. Und so ging ich ca. zwei Wochen zu dem in der Nähe eingerichteten Dreschplatz. Dieser lag auf freiem Feld, und auch das gedroschene Korn wurde dort zunächst ungeschützt in haushohen Haufen gelagert. Ich hatte dabei das in Mengen an­fallende Stroh mit einem Pferd weg­zuschleppen. Zur Mittagspause fiel dann auch für mich etwas zusätzliches Eßbares von den Russinnen ab. Vom gedroschen Getreide „holten“ wir uns natürlich nachts einen Sack voll, den wir dann dem Heu-holenden Kutscher zum Verkauf auf dem Basar mitga­ben. Das ging auch einige Male gut, bis dem mit einem Gewehr bewaffneten Feldhüter der Kolchose unser Trei­ben auffiel und er das Gespann an­hielt. Oskar, unser Kutscher, der als Deutscher aus Bessarabien stammte und perfekt russisch sprach, rettete gottlob die Situation.

Es gab noch eine Menge er­wähnenswerter Vorkomm­nisse; diese alle beschreiben würde aber zu weit führen. In vielem lag jedenfalls eine gewisse Ge­fahr, denn leicht hätte man auch strafbare Handlungen konstruieren können, die, wie man hörte, manchmal zu schwersten Ver­urteilungen wie Zwangsarbeitslager führten.

Etwa Ende Oktober – es lag teilweise bereits Reif auf den Wiesen – muss­ten wir ins Lager zurück. Von dort kam ich innerhalb der Stadt Tambow in eine Maschinenfabrik, wo ich Kisten für die dort hergestellten Landmaschinen-Motoren fertigte. In der Maschinenfabrik war ich von etwa Anfang November 1947 bis Februar 1948 tätig, bis ich dann zur NKWD als Tischler abkommandiert wurde. Die NKWD war die höchste politische und staatliche Einrichtung (Volkskommissariat für Innere An­gelegenheiten, Geheime Staats­poli­zei der Sowjetunion). Wir waren dort mit etwa acht Tischlern wohl bis etwa Ende Juli 1948, als schon alle Kriegsgefangenen aus der Stadt und dem Gebiet Tambow abgezogen wa­ren. Schließlich wurden wir dann auf einem LKW in das etwa 120 km entfernte Morschansk gebracht, um von dort mit den restlichen im Lager verbliebenen etwa 100-120 Mann nach Moskau transportiert zu wer­den.

Wir kamen dort in der Innenstadt etwa 2 km vom Kreml entfernt in ei­nem Gebäude mit lagermäßiger Um­zäunung und Bewachung unter, welches nach meiner Einschätzung für Nachrichtenzwecke umgebaut wer­den sollte: Unendlich viele Kabelka­näle durchzogen das Haus. Das war ein 4-geschossiger Kom­plex, und wir wohnten je nach Stand der Bau­arbeiten mal oben und mal unten. Nach Beendigung der Arbei­ten wur­den wir Anfang Dezember 1948 in das Lager Nr. 14 am Maja­kowski-Platz (Gorki-Straße/Leningrader Prospekt) etwa 2-2,5 km vom Kreml entfernt ver­legt.

Die letzte Station und Arbeitsstelle in meiner Zeit der Moskauer Gefan­genschaft war der Wiederaufbau ei­nes Krankenhauses, welches angeb­lich durch deutsche Flieger beschä­digt und mittlerweile wieder roh­baumäßig hergerichtet worden war. Unserer Gruppe der etwa 100 Ge­fangenen oblag der Ausbau und die Fertigstellung dieses Hauses. Ich selbst war wieder als Spezialist und Tischler tätig und mit den letzten wohl etwa fünf Gefangenen (zwei Tischler, zwei Maler, ein Elektriker) bis zu meiner Abreise aus Moskau dort tätig, um noch die letzten restli­chen Arbeiten im und am Haus aus­zuführen.

Bemerkenswert bei aller Einfachheit und Primitivität auf den Arbeits­stellen war immer wieder der Ehrgeiz und Erfindergeist vieler Gefangenen, doch etwas zustande zu bringen. Da es an geeigneten und ausreichenden Werkzeugen immer wieder fehlte, machten wir uns diese oft selbst (z. B. Handhobel u. a.). Zur Herstellung der vielen profilierten Türbekleidungen bauten wir in Mos­kau auf Initiative von Toni Ratzinger (ein tüchtiger Tischlermeister, der improvisie­ren konnte) und meiner Mithilfe eine Hobelmaschine. Dieses kühne Werk hat uns die Arbeit am Krankenhaus sehr erleichtert, da die Maschine auch anderweitig einsetz­bar war.

Moskau war für uns eine ganz inte­ressante Stadt, denn wir fuhren mit dem LKW täglich auf dem Weg zur Baustelle durch die Innenstadt, vor­bei an vie­len Sehenswürdigkeiten, u. a. un­zählige Male über den Roten Platz am Kreml.

Etwa um den 20.12.1949 mußte ich zur Erledigung von For­malitäten und für Vorberei­tungen zur Heimreise im Lager verbleiben.

Der Kreml in Moskau. Schema

Wenn ich auch überwiegend als Handwerker und damit privilegiert tätig war, möchte ich hier einmal bemerken, dass ich in der ganzen Zeit meiner Gefangenschaft bis 1948/49 neben der üblichen und all­gemeinen Verpflegung nur troc­kenes Brot gegessen habe: keine Butter, keine Marmelade, keine Wurst, kei­nen Käse oder ähnliches. Erst etwa 1949 in Moskau erarbei­teten wir uns – auch weil wir wohl etwas frecher geworden waren – etwas Geld, so dass wir uns schon mal ein zusätzli­ches Stück Brot oder auch ein wenig Margarine kaufen konn­ten. Das erste Stück Wurst habe ich mir am 07.11.1949, dem arbeits­freien Tag anläßlich der Feiern zur Oktoberre­volution in Moskau, ge­leistet.

Wenige Tage vor Weih­nachten wur­den wir im Sammellager auf unsere Heimreise vorbereitet, und am Heilig Abend 1949 fuhren wir von der rus­sischen Grenze über den Bug nach Polen. Nach zwei Tagen Aufenthalt und Formalitäten in Frankfurt/Oder (DDR), Ankunft am 27.12.1949, ging die Fahrt über Heiligenstadt in die britische Zone. An der Grenze erfolgte die „Über­gabe“ der ange­tretenen Gefangenen von den Russen an die Engländer. Nach einer Zwi­schenstation am 30.12.1949 in Friedland erreichte ich die Stadt Stade am 31.12.1949. Mein Bruder Georg holte mich nachts gegen ½ 2 am Bahnhof ab. Ich hatte Stade als Entlassort gewählt, weil mir mein Bruder empfohlen hatte, zu ihm zu kommen, denn es gäbe dort wohl bessere Möglichkeiten für mich als in dem „Kaff“ Mackenstedt/ Heili­gen­rode, wohin meine Mutter mit Anhang (Schwester Hedwig mit Sohn Hubert, Schwester Elisabeth mit drei Kindern, Schwester Maria und Schwägerin Elisabeth also Ge­orgs Frau mit zwei Kindern) nach der Vertreibung aus der Heimat ge­raten war.

Stade Innenstadt, 1955

Bis zum 30.06.1950 war ich krank und arbeitsunfähig geschrieben, um die Gesundheit weitgehend wieder­herzustellen.

Bruder Georg („Jorg“) telegrafiert am 18.06.1946 der Mutter, daß ihr Paulchen lebt! Die Familie war mittlerweile vertrieben und in Heiligenrode bei Bremen untergebracht. Paulchen war derzeit im Lager Tambow.

Vor Freude begeistert telegrafiert Bruder Jorg der Mutter, daß Paulchen nach 5 ½ Jahren aus Krieg und Gefangenschaft zurückkehrt! Als 17-jähriger wurde er aus der Lehre heraus in den Krieg gezogen und kehrte als 22-jähriger abgemagert aber lebend zur Familie zurück. Nicht aber nach Silberberg. Es dauerte vier Jahrzehnte, bis er sein Städtchen wiedersah. – Jorg ruft die ganze Familie auf, zu ihm nach Stade zu kommen. Und sie kam.

Nachruf

Paulchen in „seinem“ Silberberg 2011

Am 18.12.2013 brach Paul Welzel zusammen: Nierenversagen. Auf der Intensivstation in Hohenlimburg verbrachte der nun schlagartig verwirrte Mensch scheinbar im Schützengraben, glaubte sich verletzt im Sanitätszelt. „Was macht Ihr denn hier, das ist doch viel zu gefährlich!“ Der Intensivarzt: „Wir haben eigentlich einen jungen Mann im Krieg vor uns, traumatisch schwer betroffen. Wir geben ihm statt Beruhigungsmitteln besser angstmindernde Medikamente.“

Nach einer Kurzzeitpflege in der Buschstraße Hagen verbrachte er noch einige Monate im Zentrum St. Kilian Letmathe. Dort begegnete er Schwester Alla: Ihr Mann stammt aus Tambow, sie kennt die Stadt gut! Beide waren einander sofort sympathisch.

In Gedanken lebte Paul nun nur noch in seiner Kindheit und Jugend. Das Bild seines letzten Besuches in Silberberg 2011 vor Augen, auf seiner Lieblingswiese von damals sitzend, der Blick auf das Städtchen und über die Schlesische Tiefebene. 2011 wohnte er erstmals in der komfortablen Pension Sokólka, die am Platz der zerstörten Tischlerei Welzel im Stile des alten Gebäudes neu erbaut wurde. In dem Jahr genoß er noch einmal die Freundschaft mit der polnischen Silberbergerin Zofia Kowalska.

Von ihrem jugendlichen Sohn Krystian, der wie einst er jede Ecke der Silberberger Siedlung, Wälder und Stollen kannte, verabschiedete er sich in herzlicher Umarmung: „Werd´ du hier so glücklich wie ich es einmal war.“ Krystian stellt nun manchmal eine Kerze an der Grabstelle des Paul Welzel Senior auf: Der wurde im August 1945 am Rundfenster der kath. Kirchmauer friedhofseits bestattet, einen Grabstein errichtete man ihm in den Wirren der Besatzung und bevorstehenden Vertreibung nicht. Man sagte, er sei an Sorge um sein „Paulchen“, den er in Ungewissheit von Krieg und Gefangenschaft lassen mußte, verstorben.

Paul Welzel selbst verstarb nach knapp 1/2 Jahr Aufenthalt im St. Kilian-Haus dort am 27.06.2014.

Seine Ehefrau Rosa folgte ihm nach schwerer Krebserkrankung ein Jahr später, am 17.06.2015. Sie verstarb im Hospiz Mutter Teresa Letmathe.

Paul Welzel blieb Silberberg immer tief verbunden. Und er liebte – trotz schwerster Jahre in Kriegsgefangenschaft – Zeit seines Lebens die „russische Seele“, Menschen und Musik: „Ich erlebte gerade in höchster Not einige sehr gute russische Menschen. Manchem verdanke ich mein Leben, etwa der Lagerärztin, die mich persönlich in die Krankenstation mitnahm.“

Stunden nach meines Vaters Tod bat ich einen russischen Straßenmusiker, ihm ein Lied auf dem Akkordeon zu spielen – und erklärte warum. Der Mann spielte ihm mit Tränen in den Augen.

Beruflicher Werdegang:

15.03.1951 – 31.07.1953

BauIng.-Studium Buxte­hude

Buxtehude, Staatsbauschule

Student in Buxtehude 1953

08.1953 – 30.06.1956

bei Architekt Gunske, Stade

Der junge Ingenieur Paul Welzel 1955

08.1956 – 31.03.1957

bei Architekt Findeisen, Rotenburg

01.04.1957 – 31.03.1959

Oberfinanzdirektion Bre­men, Bundeswehraufgaben Grohn

01.04.1959 – 30.09.1959

Stadt Altena

01.10.1959 – 30.06.1961

Oberfinanzdirektion Bre­men

01.07.1961 – 31.12.1974

Stadt Hohenlimburg, Bauord­nungsamt

01.01.1975 – 30.04.1989

Stadt Hagen, Bauordnungs­amt

Wohnorte nach dem Weltkrieg:

31.12.1949 – 07.1956

Stade, Pulverweg (Bara­cke Nr. 4)

Stade, Baracken am Pulverweg (hier mit Neffe Erhard Welzel). Am Hang duftete es immer ange­nehm nach Wild­rosen

07.1956 – 05.1958

HB-Horn, Feldhauser Str. 20

Bremen-Horn 1955, hier am Eingang Feldhauser Str. 22 von Fam. Heinrich Nolte. Links davon lag „unser“ Ein­gang zu Feldhauser Str. Nr. 20 („Oma Nolte“)

05.1958 – 02.1962

Bremen-Neue-Vahr, Hein­rich-Imbusch-Weg 5

Bremen Neue Vahr 1961

02.1962 – 05.1967

Hohenlimburg, Breslauer Str. 18

Hohenlimburg Breslauer Str. 18

01.06.1967 – heute

Hohenlimburg, Hubertus­weg 4, jetzt genannt Jagdweg 4

Hubertusweg 4 (1968)

Hochzeit:

03.07.1956

Hochzeit mit Rosa Raschke am 03.07.1956

Die Familie:

Familie Paul Welzel jun. 1994, hinten (von links) Stefan, Andreas, Jürgen

Anhang

Wolfgang Waldhauer: Als Luftwaffenhelfer 1944 in Berlin und bei Leuna. (Auszug)

Aus Reihe: Kollektives Gedächtnis

Im September verließen uns die Schulkameraden des Jahrgangs 1927; sie wurden zum „Arbeits­dienst” eingezogen. Uns aber (die 1928er) schickte man mit allen Dienstgraden nach Rüdersdorf im Osten von Berlin zu einer 8,8 cm Batterie.Und da landeten wir mit ei­nem Mal wieder im Grünen, die Ba­racken und die Aborte waren unge­wohnt primitiv…

Bald zogen wir weiter südlich um nach Lucka, nur, um dort wieder auf Stroh, zunächst im Saal eines Gast­hofes am Markt, dann in einem Fab­rik­raum zu liegen, während wir am Rande des Ortes anfingen, eine Flak-Stellung auszuheben, aber auch im Schulgebäude Unterricht hatten durch einen Lehrer der Zittauer Oberschüler, mit denen man uns ver­einigt hatte. Sie hatten eine für uns seltsame Sprachfärbung mit einem rollenden „R”. Pünktlich am 14.Oktober 1944 wurden wir zum „Luftwaffen-Oberhelfer” befördert, was den Kauf einer silbernen Litze nötig machte, die dann an der Schulterklappe befestigt wurde. Und für den Ausweis musste ein neues Passbild beschafft werden, m i t Litze!

… Am nächsten Vormittag erreichten wir die 10,5-cm-Stellung zwischen dem Flugplatz Merseburg und dem Buna-Werk Schkopau und zogen in eine inzwischen für uns geräumte Baracke ein; wir fanden da einen Stamm von Merseburger Oberschü­lern vor, welche ein selbst für uns schauerliches Sächsisch sprachen. Und dort begann die Ausbildung an der vierten Flak-Waffe, von der wir gleich am nächsten Tag bei einem schweren Angriff auf das Leuna-Werk einen Begriff bekamen. Wir hatten dabei lediglich die großen Ge­schosse zuzureichen und konnten so das Geschehen am Himmel be­obachten.

… Mehrmals im Dezember (so am 6.u.12.12.44) flog die USAF An­griffe auf Leuna, und zum ersten Mal hockte ich nun auf einem Sitz unseres eigenen Geschützes „Berta”, über die Kopfhörer noch den Stahl­helm gestülpt und brachte die beiden Zeiger auf den Wecker-großen Uh­ren „zur Deckung”, während es in schneller Folge knallte und der Himmel mit Flakwölkchen gespren­kelt wurde. Wir konnten zwar noch die „Pfandfinder-Bomber” silbern glänzend aus Westen daherkommen sehen (auf die seltsamerweise nicht geschossen wurde), mussten uns aber vom ersten Schuss an – „Rrring-Klappklapp-tschuick-klack-Wumm!” (Feuerglocke – Ladeschalen – Ein­zug-Rollen – Verschluss zu – Schuss) ganz auf die Uhren konzentrieren, so dass wir selten einen Blick auf mög­liche Erfolge des unglaublich mas­sierten Geschießes am Himmel wer­fen konnten.

Gina Galeta: Wien im Rückblick – April 1945 (Auszug)

Stadt Wien, 2000

Montag, 2. April 1945

Die Rote Armee erreicht Baden und Preßburg. – Wien wird zum Vertei­digungsbereich erklärt. Das bedeutet, daß nur mehr Kriegsrecht gilt. Die österreichischen Freiheitskämpfer, die sich im Wehrkreiskommando XVII (Sitz im jetzigen Regierungs­gebäude am Stubenring) zusammen­geschlossen haben, beschließen zu handeln. Im Auftrag von Major Carl Szokoll, der diese Widerstands­gruppe leitet, fährt Oberfeldwebel Ferdinand Käs in einem Wehr­machtsauto, das der Obergefreite Reif lenkt, zur Front südlich von Wien. Er soll versuchen, mit der Roten Armee Kontakt aufzunehmen und Vorschläge für eine möglichst schonende Eroberung Wiens zu ma­chen. Der strategische Grundge­danke lautet, daß Wien nicht in ei­nem Frontalangriffe von Süden, son­dern nach einer Umgehung von Westen und Norden besetzt werden soll.

Dienstag, 3. April 1945

Unter dem Titel „Die Stunde Wiens gekommen“ veröffentlichen die Zeitungen einen Aufruf von Reichs­leiter Baldur von Schirach: „Wiener und Wienerinnen! Die Zeit der Be­währung ist gekommen. Der Russe, schon der traditionelle Feind des al­ten Österreich, nähert sich unserer Stadt. Jeder von uns wird seine Pflicht bis zum Äußersten tun. Aber auch jeder Helfer ist uns will­kom­men.“

Mittwoch, 4. April 1945

Oberfeldwebel Käs erreicht das sowjetische Kommando in Hoch­wolkersdorf und kann dort ein Ab­kommen vereinbaren. Die Rote Ar­mee garantiert, bei der Eroberung Wiens möglichst schonend vorzuge­hen, die Stadt nicht zu bombardieren und die Wasserleitung nach Wien zu schützen. Käs verspricht namens der Freiheitskämpfer, den Kampf der Roten Armee zu unterstützen. Mit Leuchtsignalen soll der Beginn der aktiven Widerstandsaktionen in Wien mit dem Vordringen der Roten Armee koordiniert werden. – Auch der einstige Staatskanzler und Par­lamentspräsident Dr. Karl Renner, der in Gloggnitz gelebt hat, nimmt mit der sowjetischen Kommandantur in Hochwolkersdorf Kontakt auf. Er bittet vor allem um Schonung der Zivilbevölkerung

Freitag, 6. April 1945

In weitem Bogen, von Simmering bis Döbling, ist Wien von der Roten Armee umschlossen. Während es in den westlichen Bezirken nur schwa­chen deutschen Widerstand gibt, kommt es in Favoriten und Simme­ring, vor allem auf dem Zentralfried­hof, zu härteren und opferreichen Kämpfen. – Die Zeitungen haben die Schlagzeile: „Durchbruch auf Wien gescheitert“. – Radio Wien wird ein­gestellt, ein „Kampfsender Prinz Eu­gen“, den die SS betreibt, sendet Musik und den Wehrmachtsbericht. Am späten Nachmittag kommt die Durchsage: „Wien rechts der Do­nau“. Es bedeutet den Befehl, alle kriegswichtigen Anlagen und Ein­richtungen in den Bezirken rechts vom Donaukanal zu zerstören und sich auf den Rückzug über den Do­naukanal vorzubereiten. Letzter Einsatz deutscher Flieger über Wien. Sie werfen Bomben auf Purkersdorf, wobei die Kirche getroffen wird. – Die Polizei ist zum Fronteinsatz be­fohlen, es gibt keine Ordnung und Sicherheit mehr. In der ganzen Stadt werden Geschäfte und Lagerräume von der Bevölkerung aufgebrochen und geplündert. – Ein Leutnant der Heeresstreife verrät die Wider­standsgruppe im Wehrkreiskom­mando an die SS. Die wichtigste Persönlichkeit der geplanten Aktio­nen, der Kommandant der Heeres­streife Major Biedermann, wird als erster verhaftet. Die vereinbarte Ko­ordination mit der Roten Armee war geplatzt.

Sonntag, 8. April 1945

Der deutsche Wehrmachtsbericht meldet: „Im Raum um Wien konnten die Sowjets im Nordteil des Wiener Waldes nach Westen und Norden Boden gewinnen und trotz zäher Ge­genwehr unserer Truppen in die südlichen Vorstädte der Stadt ein­dringen. Erbitterte Kämpfe sind im Gange“. Die Wiener erfahren diesen Wehrmachtsbericht nicht, weil es kein Radio und keine Zeitungen mehr gibt. Die Rote Armee erreicht in voller Breite den Gürtel. Dort gibt es kurzfristig heftige Kämpfe. Wehrmacht, SS und Volkssturm (fast ausschließlich Vierzehn- bis Sechzehnjährige, denn die zum Volkssturm einberufenen alten Män­ner sind fast alle untergetaucht) ha­ben Eckhäuser in Kampfstellun­gen umgewandelt, die Bewohner in die Keller der Nachbarhäuser umge­sie­delt. Auch Stadtbahnstationen wer­den als Festungen benützt. Die drei führenden Vertreter des Wider­stan­des in der Heeresstreife Wien -Major Karl Biedermann, Hauptmann Alfred Huth und Oberleutnant Rudolf Raschke – werden in Florids­dorf Am Spitz an Laternenpfählen gehenkt, dabei mit Faustschlägen, Fußtritten und Bajonettstichen mißhandelt. In allen Wiener Bezirken gibt es Brände, aber keine Feuerwehr und vielfach auch kein Löschwasser. Der Stephansdom beginnt an mehre­ren Stellen zu brennen, vermutlich durch Funkenflug von den brennen­den Häusern der Umgebung.

Montag, 9. April 1945

Die deutschen Truppen räumen, bis auf einzelne kleine Kampfgruppen, fluchtartig die Bezirke zwischen Gürtel und Donaukanal. Die sowjeti­schen Truppen rücken nur sehr lang­sam und vorsichtig nach, weil sie Hinterhalte befürchten. Haus um Haus wird überprüft. Noch viele Jahre später sieht man an Hausfassa­den in kyrillischer Schrift die Worte „Kwartal prowiereno“ (Häuserblock überprüft).

Die Zwangsrekrutierung der Luxemburger Jugend

Die meisten der zwangsrekrutierten Luxemburger dienten im Osten beim Heer. Die Überlebenden gerieten mit den Deutschen am Ende des Krieges in Kriegsgefangenschaft. Danach wurden sie von den Russen ausge­sondert. 1004 Luxemburger erreich­ten das Sammellager 188 bei Tam­bow. Von diesen 1004 erreichten nur 838 wieder das heimatliche Luxem­burg. Die anderen waren an Hunger und Entbehrungen gestorben.

in: Geschichtsunterricht online: HISTOPRIM (2001) www.cte.lu

Ernst Gauss: Vorlesungen über Zeitgeschichte, „Help us to improve this site!“ San Diego

… Nachdem ich am 28. Juni 1944 in Gefangenschaft geraten war, mußte ich im darauffolgenden Winter erle­ben, daß im Lager Tambow von etwa 7000 Gefangenen mehr als 2000 verhungert oder an Seuchen gestorben sind.

 



SILBERBERGER SEHNSUCHTSLYRIK NR. 11

Hier spricht Silberberg (in schlesischer Mundart)
von Erich Neugebauer, ehem. Festungsführer (1954)

Von dem Eulengebirgsgeist, dem „Eulerich“, der ja bekanntlich in den heimatlichen Bergen zurückgeblieben ist, ging folgender Brief ein:

Meine lieba Silberberger!
Ihr watt Euch ja bestimmt wundern, wenn iech Euch amol enn Brief schreibe. Iech hotts es zwoar schunt lange vier, aber immer koam woas derrzwischa. Bei dan jitziga Bewohnern, muuß ma nämlich siehr derhingerr sein, suste stell`n se merr die Barge uff a Koop. Hinte is amol a ausnahmsweise stiller Taag, o die viela Wildschweine, die sich hier ei a Berga seit ettlicha Joahrn eigenist hoan, verhaala sich ruhig. Und war nu groade Weihnachta verr derr Tiere stieht, da duchte iech, jitze setzt de dich amol hin und schreibst oa die lieba Silberberger enn Brief. Euch kunnt iech ju Immer schunt gutt leida und wie ihr ju wisst ist Silberberg meine Residenz.
Iech hause oam liebsta ei dam Silberstullen eim Moannsgrunde oder uff derr gruußa Struhhaube oder bei dere Entapfütze. Seid ihr futt seid, gefällt mirsch nimme asu richtig; mit dan jitziga Bewohnern ies nich viel luus. Uffte traff iech mich mit memm gruußa Kullegen, dam Riebezoahl aus`m Riesengebarge, und do kloan merr ins gegenseitig inser Leed. Die Tröppla kumma merr hinte no ei die Oga, wenn iech dron denke, wie ihr die aate, liebe Heemte verloon musstet.
Oaber gleebt mersch schunt, Ihr kummt wieder zuricke. Inser Herrgoot watt Euch nie verloon und schunt ollis zum Besta macha. Ihr derft Eure Heemte nie uufgahn, denn woas man nich uufgibbt, doas hoot ma nich verlorn. Verlernt nich inse schiene schläs`sche Sproache und macht ollis asu, wie ihrsch vo derrheme gewohnt seid und vergaßt nich, doas o Euern Kindern und Kindeskindern beizubrenga.
Ihr seid doch bestimmt neugierig, wie`s jitze mag hier aussahn. Die Barge kinna se ollerdings nich futtroan, die sein olle no da. Oaber da schöne Puusch sitt biese aus, do gibbt’s goar viele kahle Stell`n. Doaß hier jitze viel Wildschweine hoot, hoatte iech ju schunt geschrieba. Die macha ieberoall viel Schoada, doas ies moanchmol a tulles Gegrunze.
Die Stoadt macht o kenn guda Eindruck, is ies ju o bei derr Kultura, die jitze hier herrscht, kee Wunder. Die Häuser, besundersch die unbewohnta, sind goar siehr mietgenomma. Etliche Häuser sein sogoar ganz verschwunda. Mehr wiel iech euch vo dan Zustända hier nich schreiba. Bloß verrota wiel iech Euch no, doaß die Silberberger Kerms schunt vor etlicha Wocha gewaast ies. Die hätterr doch bestimmt wieder verposst, wenn Ihr no do wätt, denn die ies doch immer dann Sunntig vor´m erschta Schnie.
Nun winsch iech Euch a fruhes, gesundes Weihnachtsfest und lußt euch og viel vum Christkindla brenga und kummt o gutt eis neue Joahr! Is ies nu schunt doas achte Weihnachta, doas derr ei derr Fremde feiern mißt. Huffentlich kumma die Verantwortlicha uff da Welt baale amol zu Verstande und gahn Euch die Heemte wieder. Wenn Ihr watt wiederkumma, do koch iech Euch verr Freeda enn gruußa Toop Backobst mit Klieslan und zur Vasper gibbt’s `n guda Bohnkaffee mit Sträselkucha. Jitze muuß iech aber Schluß macha, denn iech wiel ei menn Barga no amoal zum rechta sahn. Labt merr og schien gesund und seid vielmols gegrißt vo Euerm Eulerich.
von Erich Neugebauer (1954)

Erich Neugebauer als Berggeist „Eulerich“ auf dem Silberberger Treffen bei Syke im August 1952, AKA FO2934.

Hier spricht Silberberg (Hochdeutsche Version)

von Erich Neugebauer (1954)

Von dem Eulengebirgsgeist, dem Eulerich, der ja bekanntlich in den heimatlichen Bergen zurückgeblieben ist, ging folgender Brief ein:

Meine lieben Silberberger!
Ihr werdet euch ja bestimmt wundern, wenn ich euch einmal einen Brief schreibe. Ich hatte es zwar schon lange vor, aber immer kam etwas dazwischen. Bei den jetzigen Bewohnern muss man nämlich immer hinterher sein, sonst stellen sie uns noch unsere Berge auf den Kopf. Heute ist ja mal ausnahmsweise ein stiller Tag, und die vielen Wildschweine, die sich hier in den Bergen seit etlichen Jahren eingenistet haben, verhalten sich ruhig. Und da nun gerade Weihnachten vor der Tür steht, dachte ich, jetzt setz dich mal hin und schreibst an die lieben Silberberger einen Brief. Euch konnte ich ja immer gut leiden und wie ihr wisst ist Silberberg meine Residenz.
Ich hause am liebsten bei dem Silberstollen im Mannsgrunde oder auf der Großen Strohhaube oder bei der Entenpfütze. Seid ihr fort seid gefällt mir es nicht mehr so richtig hier; mit den jetzigen Bewohnern ist nicht viel los. Auch treffe ich mich manchmal mit dem großen Kollegen, den Rübezahl aus dem Riesengebirge, und da könnten wir gegenseitig über unser Leid klagen und es kommen mir immer Tränen in die Augen, wenn ich daran denke, wie ihr die alte liebe Heimat verlassen musstet.
Aber glaub mir es schon, ihr kommt wieder zurück. Unser Herrgott wird uns nicht verlassen und schon wieder alles zum Besten machen. Ihr dürft eure Heimat nicht aufgeben, denn was man nicht aufgibt das hat man auch nicht verloren. Verlernt nicht unsere schöne schlesische Sprache und macht alles so, wie ihr es von zu Hause gewohnt seid und vergesst nicht, den Kindern und Kindeskindern alles beizubringen.
Ihr seid doch bestimmt neugierig wie es jetzt hier aussehen mag. Die Berge können sie allerdings nicht forträumen, die sind alle noch da. Aber die schöne Stadt sieht böse aus, da gibt’s ganz viele kahle Stellen. Das hier jetzt viele Wildschweine hausen, hatte ich ja schon geschrieben. Die machen überall viel Schaden, dass sie manchmal auch ein tolles Gegrunze zeigen.
Die Stadt macht keinen guten Eindruck, das ist auch bei der Kultur, die jetzt hier herrscht, kein Wunder. Die Häuser, besonders die unbewohnten, sind gar sehr mitgenommen. Etliche Häuser sind sogar ganz verschwunden. Mehr will ich euch von den Zuständen hier nicht schreiben. Aber verraten will ich euch noch das die Silberberger Kirmes schon vor etlichen Wochen gewesen ist. Die hättet ihr doch bestimmt nicht verpasst, wenn ihr noch da wärt, denn die ist doch immer am Sonntag vor dem ersten Schnee.
Nun wünsche ich Euch ein frohes, gesundes Weihnachtsfest und lasst euch auch viel vom Christkind bringen und kommt auch gut ins neue Jahr! Es ist jetzt schon das achte Weihnachten, dass ihr in der Fremde feiern müsst. Hoffentlich kommen die Verantwortlichen auf der Welt bald einmal zu Verstand und geben Euch eure Heimat wieder. Wenn ihr dann wiederkommt, dann werde ich euch vor Freude einen großen Topf Backobst mit Klößen und zur Vesper gibt’s eine guten Bohnenkaffee Kaffee mit Streuselkuchen. Jetzt muss ich aber Schluss machen, denn ich will hier mal nach dem Rechten sehen. Bleibt mir alle schön gesund und seit vielmals gegrüßt von eurem Eulerich.


SILBERBERG AKTUELL

EU-Finanzplanung: Ungarn und Poen legen Veto ein – auch Silberberg betroffen ?

Stand: 16.11.2020 16:07 Uhr


Silberberg erhält EU-Mittel  

Die Festung Silberberg erhält Mittel aus dem EWR (EEA) und den Norway Grants, Teil des Kohäsionsfonds der EU. Zu dem Investitionsvolumen von 4,9 Millionen € steuert die EU 3,3 Millionen € aus Fördermitteln für das strukturschwache Gebiet bei. So ist die Restaurierung, Renovierung und Inwertsetzung des kulturgeschichtlichen Denkmals von europäischem Rang gesichert.

Unter anderem sollen vier Brücken rekonstruiert werden, die in Zukunft die touristische Benutzung des gesamten Festungsareal (Hornwerk etc.) ermöglichen. Insgesamt können so – rechnet man die älteren Förderungsmaßnahmen hinzu – bis ins Jahr 2027 etwa 8,9 Millionen € investiert werden. Integraler Bestandteil der Projekte ist die „Aufwertung unzugänglicher Teile des Denkmals für die Geschichte der Festung Silberberg für kulturelle und Bildungszwecke“, somit dürfte der Entstehung eines professionellen Museums nichts mehr im Wege stehen.
Seit Norwegen 1994 Teil des Europäischen Wirtschaftsraums EWR wurde, ist das Land verpflichtet mit EWR-Mitteln (Fördergelder des Europäischen Wirtschaftsraumes) den Abbau der sozialen und ökonomischen Ungleichheit innerhalb Europas zu unterstützen. Seit 2004 werden diese Gelder aus den beiden Fonds EEA (European Economic Area) und Norway Grants finanziert. In diesem Jahr ist die dritte Förderphase ausgelaufen. Im August dieses Jahres haben sich die norwegische Regierung und die EU auf eine Verlängerung der norwegischen EWR-Mittel bis in das Jahr 2027 verständigt.

Bevorzugte Fördergebiete in Polen

Polen ist der größte Empfänger von Mitteln aus dem Kohäsionsfonds. Seit dem EU-Beitritt des Landes 2004 wurden aus Mitteln der Kohäsionspolitik 12 200 km neue oder verbesserte Straßen, der Zugang zu Breitbanddiensten für 9,1 Millionen Menschen und die Schaffung von 151 000 Arbeitsplätzen finanziert. Im nächsten langfristigen EU-Haushalt wird Polen weiterhin der größte Empfänger kohäsionspolitischer Mittel sein. Die EU arbeitet an ihrer Regional- und Kohäsionspolitik für die Jahre 2021 bis 2027. Rund 54 Prozent der Mittel sind für die Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa vorgesehen. Neue, zusätzliche Faktoren werden ab 2021 (Jugend-)Arbeitslosigkeit und niedriger Bildungsstand (15 Prozent Gewichtung), Klimawandel (1 Prozent Gewichtung) sowie Aufnahme und Integration von Migranten (3 Prozent Gewichtung) sein. Im Vorschlag der EU-Kommission sind 75 Prozent der Mittel weiterhin vor allem für weniger entwickelte Regionen vorgesehen.

Norwegen wird im Rahmen der beiden Fördermechanismen die 15 am wenigsten wohlhabenden Länder der EU bis 2027 mit EWR-Fördergeldern unterstützen. Der zweite Fond (EEA Grants) beinhaltet neben den norwegischen Beiträgen auch Fördergelder zweier weiterer Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), Island und Liechtenstein, die zusammen ca. 4 Prozent des Fonds finanzieren.
In den nächsten Jahren soll eine zielgerichtete Nutzung der EWR-Mittel in Zusammenarbeit mit den Empfängerländern gewährleisten, welche für die Durchführung der verschiedenen finanzierten Programme zuständig sind. Die Zielsetzung spiegelt die großen gemeinsamen Herausforderungen Europas wider.
Dabei liegt der Fokus besonders auf fünf bilateralen Forschungsprogrammen mit Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik, Estland und Lettland. Norwegen wird die angestoßenen Kooperationen unter dem Titel Horizont fortführen. Ein Hauptzweck der Zuschüsse ist, die bilateralen Beziehungen zwischen Island, Liechtenstein und Norwegen und den Empfängerländern zu stärken. Die Prioritäten liegen dabei auf der Begegnung gemeinsamer europäischer Herausforderungen, wobei sowohl Geber- als auch Empfängerländer über die Fachkenntnis und das Bestreben verfügen, zusammenzuarbeiten.
Ein besonderes Merkmal der Zuschüsse ist es, dass mindestens 10 % der finanziellen Mittel direkt an zivilgesellschaftliche Organisationen in den Empfängerländern gehen. Das Ziel ist, die langfristige Nachhaltigkeit und Kapazität des zivilgesellschaftlichen Sektors weiterzuentwickeln, indem demokratische Teilhabe, aktive Bürgerschaft und Menschenrechte gefördert werden. Diese Grundsätze werden künftig durchgesetzt – auch wenn Polens Regierung eine Kontrolle über die Verteilung von EWR-Kohäsionsgelder für zivilgesellschaftliche Projekte verlangte. Norwegen wollte dies nicht zulassen und ist bereit, Zahlungen notfalls zu sperren. Norwegen drohte Polen damit, bei seinen Zahlungen in den Fonds des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zugunsten ostmitteleuropäischer EU-Mitglieder den Geldhahn zuzudrehen. Streitpunkt ist die polnische Forderung nach einem direkten Mitspracherecht staatlicher Stellen bei der Verteilung der Mittel. Norwegen erachtet es als essenziell, dass nur unabhängige Organisationen entscheiden, welche zivilgesellschaftlichen Projekte gefördert werden.
Gespeist wird der Finanzpool, der ähnlich dem Schweizer Kohäsionsfonds zur Verminderung des West-Ost-Gefälles innerhalb der EU beitragen soll, von den EWR-Mitgliedern Norwegen, Island und Liechtenstein. Norwegen leistet mit einem Anteil von 96 Prozent den weitaus grössten Teil der Zahlungen (s. ec.europa.eu/regional_policy/en/2021_2027/poland/).
Gespeist wird der Finanzpool, der ähnlich dem Schweizer Kohäsionsfonds zur Verminderung des West-Ost-Gefälles innerhalb der EU beitragen soll, von den EWR-Mitgliedern Norwegen, Island und Liechtenstein. Norwegen leistet mit einem Anteil von 96 Prozent den weitaus grössten Teil der Zahlungen.


Die Kohäsionszahlungen gehören zu den Pflichten Norwegens gegenüber der EU. Oslo äusserte die Bereitschaft, Gelder zurückzuhalten, wenn man mit Polen nicht zu einer Einigung komme. Dass dies keine leere Drohung ist, hatte Oslo schon einmal demonstriert, als bei einem ähnlich gelagerten Streit mit Ungarn tatsächlich die Auszahlung von Mitteln blockiert wurde.
In norwegischen Medien wurde darauf hingewiesen, dass in Polen wie Ungarn heute ein politisches Klima herrsche, in welchem autoritär auftretende rechtskonservative Regierungen versuchten, Medienfreiheit und Bürgerrechte einzuschränken. Deshalb sei tatsächlich zu befürchten, dass Organisationen links der Mitte, mit feministischer Ausrichtung oder mit einem Engagement für die Gleichstellung sexueller Minderheiten keine Gelder zugesprochen bekämen, wenn diese Regierungen die Verteilung kontrollieren könnten.

So wie der EU-Kohäsionsfonds unterstützen auch diese Zuschüsse EU-Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen von weniger als 90 % des EU-Durchschnitts. Die Prioritäten entsprechen den Vergabegrundsätzen der EU.
Die Kohäsionspolitik wird weiterhin lokale Entwicklungsstrategien unterstützen und lokale Behörden befähigen, die Gelder zu verwalten.
Die Kohäsionspolitik ist die wichtigste Investitionspolitik der EU und ein überaus konkreter Ausdruck ihrer Solidarität.



Silberberg aus der Vogelschau

Das Video über die Festung Silberberg wurde im Sommer 2020 von Wojtek Jaworski aufgenommen und von Horst Jacobsky kommentiert.

Zu den faszinierenden Luftbildaufnahmen bereichert Horst Jacobsky den Film mit detailreichen Anmerkungen zur Geschichte der Festung Silberberg.

Albert Kunze, Silberberg (1936).

Mit freundlicher Genehmigung von T. Przerwa, Univ. Breslau.

Mit freundlicher Genehmigung von T. Przerwa, Univ. Breslau.


Ein Denkmal von Carl von Clausewitz für Silberberg

Selten nur finden sich prosaische Äußerungen von Carl von Clausewitz in seinen Werken. Eher bekannt für seine Zurückhaltung, ließ er sich kaum zu solch einprägsamen Landschaftsbeschreibungen hinreißen, wie er es für die Region um Silberberg getan hat. In einem Brief an seine Frau, den er am 18. April 1812 in Frankenstein verfaßte, ist folgendes zu lesen.

Carl von Clausewitz nach einem Gemälde von Karl Wilhelm Wach (um 1818), aus Wikipedia.

Carl von Clausewitz hatte im April 1812 eine Reise mit Scharnhorst von Frankenstein nach Silberberg unternommen.

„Es waren die herrlichsten Frühlingstage. Von Silberberg ritten wir den bekannten Kolonnenweg, dessen sich unsere guten Russen vielleicht noch erinnern werden. Ich wußte mich noch jeder Stelle zu erinnern, da wo wir in Gebersdorf einkehrten, wo uns der Bote verließ, wo wir den Weg nicht wußten, alle diese Punkte riefen mir lebendig das Bild unserer Reise, unseres Glücks in die Seele zurück.
Wie wir von Silberberg wegritten, war das Wetter noch ganz schön und gerade das verschaffte uns einen herrlichen Anblick. Von dem böhmischen Walde aus, wo wir damals Silberberg zuerst gesehen hatten, öffnete sich das Gebirge zuweilen schnell wie der Vorhang eines Theaters, einzelne Berge schoben sich rechts und links wie Coulissen vor und Silberberg lag uns wie eine Reihe fester Burgen links und im Hintergrunde die Ebene von Frankenstein in wunderbarer Beleuchtung. Sie war mit dunkelblauen Wolken überzogen, während hinter uns die Sonne glühende Strahlen aussandte. Die ganze Ebene hatte einen blauen Farbenton angenommen, aus dem die einzelnen Thürme und Gebäude wie Sterne hervorblitzten. Wie habe ich da an meinen lieben Maler gedacht!

Marie v. Clausewitz 1779–1836,Wikiped.

Silberberg von diesem Punkte aus zu zeichnen, wäre sehr viel belohnender gewesen. So oft ich die schönen Gegenden Schlesiens sehe und der Tage gedenke, die wir hier zusammen verlebt haben, habe ich keinen höheren Wunsch als nur einmal in diesem Leben diese Gegenden mit meiner lieben Freundin zu durchziehen.“ (aus: K. Schwartz, Aus dem Leben des Generals Carl von Clausewitz und seiner Frau Marie von Clausewitz, Berlin 1878, S. 511-512).

Blick über Silberberg nach Frankenstein 2018 (AKA).

Kurz zum Leben des Philosophen, Militärtheoretikers und Heeresreformers

Carl Philipp Gottlieb Clauswitz, später Clausewitz, ab 1827 von Clausewitz (* 1. Juli 1780 in Burg; † 16. November 1831 in Breslau) war ein preußischer Generalmajor, Heeresreformer, Militärwissenschaftler und -ethiker. Clausewitz wurde durch sein unvollendetes Hauptwerk „Vom Kriege“ bekannt, das sich mit der Theorie des Krieges beschäftigt. Seine Theorien über Strategie, Taktik und Philosophie hatten großen Einfluss auf die Entwicklung des Kriegswesens in allen westlichen Ländern und werden bis heute an Militärakademien gelehrt.

Buchrücken des Exemplares aus dem Grundsockel des Gedächtnisobelisken in Breslau (AKA).

Sie finden auch im Bereich der Unternehmensführung sowie im Marketing Anwendung. Clausewitz wandte sich gegen die Systemmacher. Seiner Ansicht nach konnte man Kriegstheorie nicht als konkrete Handlungsanweisung für Generäle betreiben. Er wollte stattdessen generelle Prinzipien aufzeigen, die sich aus dem Studium der Geschichte und aus dem logischen Denken ergaben. Auch wenn er Typisches behandelte, wies er ständig auf den Realitätsbezug seiner Prinzipien hin. So meinte er, dass Feldzüge nur zu einem sehr geringen Grade geplant werden könnten, da unkalkulierbare Einflüsse oder Ereignisse, sogenannte „Friktionen“, jede zu detaillierte Vorausplanung schon nach wenigen Tagen gegenstandslos machen würden. Militärische Führer müssen nach Clausewitz befähigt sein, Entscheidungen unter Zeitdruck mit unvollständigen Informationen zu treffen, da seiner Ansicht nach „drei Viertel derjenigen Dinge, worauf das Handeln im Kriege gebaut wird“, durch einen „Nebel des Krieges“ verhüllt oder verfälscht werden.
Im Jahr 1830 wurde er nach Breslau versetzt, zuerst zur 1. Artillerie-Inspektion. Aber schon im Juli des Jahres kam es zum Polnischen Insurrektionskrieg, und Clausewitz wurde zum Stabschef des preußischen Observationskorps unter Gneisenau berufen. Die russischen Truppen brachten die Cholera nach Polen, die sich bald über ganz Europa ausbreitete. Auch Gneisenau starb daran, und Clausewitz übernahm die Befehlsgewalt über die preußischen Truppen. Doch auch er erkrankte an der Cholera, kehrte im Herbst 1831 nach Breslau zurück und starb wenige Tage darauf am 16. November 1831 im Alter von 51 Jahren. Ob die Todesursache tatsächlich Cholera war, ist nicht abschließend geklärt.

Das Carl von Clausewitz Ehrenmal (um 1912, Postkarte AKA).

Zunächst wurde er in Breslau bestattet. Seine sterblichen Überreste wurden zusammen mit denen seiner Frau im Jahre 1971 auf den Ostfriedhof seiner Geburtsstadt Burg umgebettet.
Im Jahr 1906 wurde ein Gedächtnisobelisk für Carl von Clausewitz in Breslau errichtet.

Carl von Clausewitz Obelisk, Postkarte von 1916 (AKA).

Dieser Obelisk besaß im Sockel des Denkmals eine Grundsteinkassette, die gewöhnlich verschiedene Gegenstände, wie Buchwerke, Zeitungsartikel oder Fotos enthielt.

Bei den polnischen Abrucharbeiten des Denkmals wurde die Kassette anscheinend entdeckt und geöffnet. Auf glückliche Weise erhielt das Alfred-Kollewe-Archiv (AKA) das Exemplar seines Hauptwerkes „Vom Kriege“, welches im Sockel des Gedenksteins eingemauert war.

Notiz im Vorsatz des Werkes „Vom Kriege“: Zur Einfügung in den Grundstein des Denkmals für General von Clausewitz. Breslau, den 1.7.1906 (AKA).

Aufgrund seiner wissenschaftlichen Bedeutung wird an Carl von Clausewitz noch an vielen Orten erinnert. Dem Gedenken an Clausewitz ist die Clausewitz-Erinnerungsstätte in seiner Heimatstadt Burg gewidmet. Sie wurde in seinem Geburtshaus in der Schulstraße 12 eingerichtet. Das Gebäude war zur Ruine verkommen, bevor es ab 1997 restauriert wurde. Die Gedenkstätte wurde am 11. Oktober 2000 eröffnet. Neben der musealen Erinnerung an Clausewitz finden hier regelmäßig Vorträge und Diskussionen zu historischen Themen statt (wikipedia 2020). Anläßlich seines 240. Geburtstages sollten eine große Anzahl an Veranstaltungen zu Ehren von Carl von Clausewitz stattfinde, die leider z.T. der Pandemie zum Opfer fielen.
Die Präsenz der Gedanken von Clausewitz in der heutigen Zeit zeigen auch die existierenden Gesellschaften, Vereine, Schulen, Kasernen und Netzwerke, die seinen Namen tragen.


SILBERBERGER SEHNSUCHTSDICHTUNG NR. 24

Der Text dieses Liedes ist wahrscheinlich kurz nach der Vertreibung in den vierziger Jahren entstanden. Es ist offensichtlich dem niedersächsischen Heimatlied „Wo die Weser einen großen Bogen macht“ nachempfunden. Dieses bei vielen Gelegenheiten gesungene Lied wurde auch oft in der Nähe Bremens, wo der große Teil der Silberberger Einwohner „gestrandet“ ist, gesungen. Heute ist es weitbekannt in der Region, da der Fußballverein Werder Bremen das Lied zu seiner Hymne erklärt hat.

Seine Ursprungsfassung stammt aus der Feder des Dichters Franz von Dingelstedt (Direktor des Hofoperntheaters und des Burgtheaters in Wien), der 1814 in Hessen geboren war und am 15. Mai 1881 in Wien starb. Die Melodie komponierte Gustav Pressel. Gustav Pressel (* 11. Juni 1827 in Tübingen; † 30. Juli 1890 in Berlin) war ein deutscher Komponist, der 1881 ein aufsehenerregendes Werk über Mozarts Requiem schuf.

Gut vorstellbar ist es, dass sich ein ehemaliger Silberberger Bewohner dieses Lied von der „Bremer Heimatregion“ auf das Silberberger Städtchen übertrug, um auch den einheimischen Niedersachsen zu zeigen, dass die Flüchtlinge eine Heimat hatten, welcher sie sich bei Heimatabenden intensiv erinnerten. So zeigt sich in dieser Adaption des norddeutschen Liedgutes schon eine erste Assimilierung – die schlesische Heimat blieb aber weiterhin in Gedanken und im Herzen bei ihnen.


Silberberger Heimatlied

Wo die Berge ragen gen Himmel an
liegt ein Städtchen in dem schönen Euleland,
wo in seinen Wäldern Hirsch und Rehlein springt
und in seinen Mauern manches Lied erklingt.

Refrain: “ Da ist meine Heimat, da bin ich Zuhaus`“

Wo auf Bergesgipfel stolz die Festung steht
und so mancher rauhe Wind darüber weht,
wo einst tapfere Männer kämpfen Mann an Mann
und der Preußen-König für sein Vaterland.

Refrain: “ Da ist meine Heimat, da bin ich Zuhaus`“

Wo man Schätze suchte schon vor langer Zeit,
und für Reuter lag das Todesurteil hier bereit,
wo so manches Menschenherz Erholung fand
und man blicken kann ins weite Heimatland.

Refrain: “ Da ist meine Heimat, da bin ich Zuhaus`“

Wo die Männer stets für Recht und Wahrheit stehen
und die Frauen wie in Lieb und Treue stehen,
wo die Silberquelle in den Manngrund springt
und sein Wässerlein zum Tal hernieder rinnt.

Refrain: “ Da ist meine Heimat, da bin ich Zuhaus`“

Wo sich rege Menschenhände rührn im Fleiß
und zur Gastfreundschaft so gerne sind bereit,
wo in weiter Ferne man sich sehnt zurück,
da liegt Silberberg, oh Heimat, all mein Glück.

  “ Da ist meine Heimat, da bin ich Zuhaus`“

“ Da ist meine Heimat, da bin ich Zuhaus`“!

Verfasser/in unbekannt

 


Kurioses aus Silberberg:

Geschichtsforschung als Schatzsuche?

Gepostet von Dolnośląski Festiwal Tajemnic am Mittwoch, 19. August 2020



MAX GÜNTHER

DER MALER SILBERBERGS

Über das Leben und Werk des Silberberger Künstlers existiert noch kein abschließendes Werkverzeichnis. Auch eine Biographie über sein Leben und Schaffen ist noch nicht erarbeitet. Im Wesentlichen sind es drei Aufsätze, die die künstlerische Entwicklung und das Leben Günthers beleuchten. Hierbei handelt es sich einmal um einen Bericht von Paul Zwiener (Paul Zwiener: Max Günther, ein Maler unserer Heimat. in: Gesammeltes über Stadt und Festung Silberberg, AKA 2000, 79 – 80) über die Tätigkeit Günthers in Silberberg, welcher die Arbeitsathmosphäre im Atelier des Künstler detailliert darstellt. Ein weiterer Artikel (G. Strecke, Zum Tode von Max Günther, „Frankensteiner Heimatbrief“, Jg. 13 (1961), Nr 15-16, S. 177-178 und L. Marx, Max Günther. Ein Maler und die schlesische Landschaft, Schlesische Monatshefte, Jg. 10, 1933, S. 376) ist der Nachruf von Georg Strecke, welcher besonders die künstlerische Entwicklung Günthers nach der Vertreibung im Jahr 1946 thematisiert. Der dritte und bisher ausführlichste Aufsatz stammt aus der Feder der Breslauer Kunsthistorikerin Ksenia Stanicka-Brzezicka (K. Stanicka-Brzezicka: Der Maler Max Günther – Leben und Arbeiten in der Silberbergzeit, in: Tomasz Przerwa, Grzegorz Podruczny, Silberberg III, Breslau 2010, 75-89), die nicht nur das Leben und Werk aus der Zeit Günthers in Silberberg untersucht, sondern auch eine interessante kunsthistorische Einordnung der Werke (Plakate, Malerei, Druckgrafik) Günthers versucht und dazu noch ein Inventar der damals entstandenen Werke zusammengestellt hat (s.u.).
Stanicka-Brzezicka zeigt das Spektrum der Arbeiten Max Günthers auf; es reicht vom Porträtisten, über den Landschaftsmaler bis zum Plakatkünstler. In seinen Werken zeigt sich die „Monumentalität des arbeitenden Menschen“ zum Beispiel in dem Werk „Schlesisches Bauernpaar“.

Hier werden eine sitzende Frau und ein Mann frontal gezeigt. Sie hält – mit gesenktem Schultern – auf dem Schoß ein Taschentuch, er hat die rechte Hand auf die Lehne der Bank hinter seiner Frau gelegt und deutet so eine Schutzfunktion an. Die melancholische Stimmung des Zuschauers wird auch durch den traurigen oder eher müden Ausdruck auf den Gesichtern der Porträtierten geprägt.

In seinen Landschaftmotiven wird die kompositorische Sicherheit Günthers besonders sichtbar. Durch die effektvolle Gruppierung von Sträuchern und Bäumen, Personen und Gebäuden erschafft er eine außergewöhnliche Weite und Perspektive der schlesischen Heimat mit warmen, lebhafte Farben. Günther hat versucht eine poetische Form der Landschaftsdarstellung zu erreichen, nach Günther erschafft die Landschaft eine Komposition aus Melodien, die leise, sanft und liebevoll erklingen und so einen Rhythmus der Natur erzeugen.

Stanicka-Brzezicka zeigt, daß der Stil Max Günthers geprägt ist von einer realen, bestimmten Wirklichkeit, die er in verschiedener Weise versucht künstlerisch und poetisch umzusetzen. Seine Themen sind die Landschaften, die arbeitenden Menschen und der Mensch als singuläres Phänomen. Nach Stanicka-Brzezicka zeigen sich in seinem Werk impressionistische und expressionistische Tendenzen – manchmal erinnernd an Max Liebermann oder Max Slevogt. Die Landschaftsmalerei zeigt eine Einkehr in die Natur, wie sie in der Zeit der Wandervogelbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts oft gelebt, jedoch selten nur so künsterisch eindrucksvoll – oft in einer Stimmung der romantischen Melancholie – umgesetzt wurde. So wird offenbar, wie vielfältig das Werk Günthers (bis zur abstrakten Malerei in den späten Jahren) ist und sein Gesamtwerk einmal monographisch vorgelegt werden sollte.

 

NACHRUF:

Zum Tode von Max Günther

von G. Strecke

Daß die Breslauer Kunstakademie unter der Leitung von Oskar Moll ihre höchste Blüte erreichte, ist ein kunstgeschichtlicher Tatbestand. Aus persönlichem Erleben schildert ihn Ernst Scheyer in seinem Buch „Die Kunstakademie Breslau und Oskar Moll“ (Holzner Verlag, Würzburg 1961). Der Glanz dieser Epoche sollte aber nicht allzusehr die Leistung des vorangegangenen Aufstiegsperiode unter dem Direktoriat des genialen Baumeisters Hans Poelzig verdunkeln. Schon er hatte frischen Wind wehen lassen: und unter den Absolventen der Akademie von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg befinden sich viele, die sich als charaktervolle Kunstschöpfer oder erprobte Kunsterzieher einen gute Namen erwarben: Willy Jaeckel, Paul Plontke, Hans Zimbal, Franz Hoffmann, Bernhard Hönig. Zu dieser höchst beachtlichen Generation gehört auch Max Günther, der am 25. Juni 1961 in Gummersbach starb. Als Sohn eines Lehrers wurde der Künstler am 4. August 1887 in Zindel, Bezirk Breslau, geboren. Seine Jugend verlebte er im nächsten Wirkungskreis des Vaters, in Borkendorf, Kreis Neisse, Oberschlesien. Frühzeitig offenbarte sich sein Drang zum künstlerischen Schaffen, und so landete er nach Abschluss seiner Schulbildung 1906 auf der Breslauer Kunstakademie. Von seinen Lehrern nannte er stets mit Dankbarkeit Busch, Kämpffer, Morgenstern und Poelzig.

Der Ruhm der Düsseldorfer Schule war im Schwinden: München war um 1900 die Kunststadt in Deutschland, und der dort herrschende neue Malgeist hatte wichtige französische Anregungen aufgegriffen. Davon profitierte auf Breslau. Günther erlernte also das Malen in der Art, wie sie durch die Leibl-Schule gepflegt wurde. Und bei Kämpffer erlernte er auch noch das Komponieren figurenreicher Bilder. Der Junge Kunstmaler Günther hatte nach dem Ersten Weltkrieg in seiner schlesischen Heimat bereits einen wohlklingenden Namen: als Günther-Borkendorf war ja ein gesuchter Porträtist, Landschaftsmaler und Gestalter von religiösen Motiven. Als der Vater sich zur Ruhe setzte und Silberberg zum Wohnsitz erkor, hieß der Maler fortan: Günther-Silberberg. Der gleichen Liebe, mit der er bisher Land und Leute der Neißer Flusslandschaft geschildert, gestaltet er nun Motive aus dem Eulengebirge und der Grafschaft Glatz und immer wieder erscheint in malerischer Verklärung die Festung Silberberg.

Studie zu den Festungsgewölben

Die typischen Gebirgsmaler halten sich gern abseits vom städtischen Getriebe trotz verringerter Verkaufschancen: Wo großes Können am Werke ist, werde Aufmerksamkeit der Kenner nicht ausbleiben. So war es auch bei Max Günther, er kam der Kunstwelt keinesfalls abhanden.

Dafür Sprechen die bedeutenden Malaufträge, die er für schlesische Kirchen übernahm. Ihm lag nicht daran, die Bildbeschauer durch gewagte Konzeptionen zu erschrecken: er wollte sinnreiche Allgemeinverständlichkeit mit guter Malerei verbindenund so für seine Person bescheiden zurücktretend – der wahren Herzensfrömmigkeit dienen. Diese Fähigkeit, sich einer Aufgabe unterzuordnen, war auch die Voraussetzung für die Restaurierungsarbeiten, mit denen er vom Provinzialkonservator beauftragt wurde. Wie Johann Drobek in Grüssau-Wahlstatt und Breslau, so wirkte Max Günther in Heinrichau – bei u.a. in selbstloser beide Hingabe an die Meisterkunst Michael Willmanns. Die hierzu benötigte Objektivität legitimierte unseren Künstler, in der Ankaufskommission des Kuratoriums des Schlesischen Museums der Bildenden Künste in Breslau tätig zu sein. Die Enge seines Wohnbereiches pflegte der begeisterte Autofahrer durch regelmäßige Fahrten ins Ausland zu sprengen. Wie daheim war er dabei unentwegt auf Motivjagd. Am Ende des Zweiten Weltkrieges verlor er seine schlesische Heimat. Die gewaltige Flüchtlingswoge setzte ihn in Gummersbach ab. Und siehe da: einigermaßen „bergisch“ geht es ja auch hier zu; kein Wunder dass sich unser Maler schnell einlebte und auch bei den Eingesessenen rasch als feiner Mensch beliebt und das ernster Künstler geachtet wurde. Kirche und Industrie sind wiederum seine Auftraggeber, der Porträtist ist gesucht, und der Landschaftler lebt sich in die neue Gegend ein und gestaltet z.B. die grossformative Aggertalsperre mit dokumentarischer Treue und malerischer Verve. In seinen letzten Lebensjahren bahnte sich in ihm ein völlig neues malerisches Wollen an; er wollte aus der Klein- und Feinmalerei vorstoßen zu einer Bildformung aus großflächigen Bausteinen und elementarer Farbenkontrapunktik; die Anläufe dazu liegen vor, und bis in die Todeskrankheit beschäftigte ihn die aufrüttelnde Problematik der neuen Erkenntnis. Die letzte erwähnte Synthese blieb ihm versagt. Der Verstorbene war in seinem ganzen Wesen und in seiner Sprechart nach ein echter Schlesier: man musste ihn gern haben, und so erstaunt es nicht,daß er in Gummersbach an der Spitze der Flüchtlingsorganisation stand, ein Amt, wozu wohl selten ein schaffender Künstler berufen wird. Des gleichen Ansehens erfreute er sich bei seinen Künstlerkameraden innerhalb der Eßlinger Künstlergilde; kam die Landesgruppe von Nordrhein-Westfalen im Düsseldorfer „Malkasten“ zusammen, so war er der würdige Alterspräsident der Wahlakte leitete und als Diskussionsleiter die oft hochgehenden Wogen der Debatten lenkte und glättete. Seiner Auflösung sei er mit vollem Bewusstsein entgegen, bis zuletzt war er seinen Angehörigen und Freunden innig zugetan. Im Glauben an die Unsterblichkeit der Seele ging er dahin und ruht nun auf dem Friedhof von Derschlag von das Lebens Mühen aus.

EXODUS 1946

(Collage AKA 2020)

Inventar der Werke Max Günthers bis 1946

(nach Ksenia Stanicka-Brzezinski 2010, mit Ergänzungen)
Nr. 1
Blick auf die Kirche der Hl. Michael in Silberberg
Datierung 1944
Tempera oder Aquarell auf Papier
Besitz J. Gruélewski

Nr. 2
Die Altstadt mit dem Donjon
Datierung 1927
Grafik
Postkarte

Nr. 3
Blick ins Frankensteiner Land
nach 1918
Maltechnik

Nr. 4
Donjon mit Kasernen / Donjon und Kasernen
Wahrscheinlich 1930er Jahre. 20. Jahrhundert
Maltechnik

Nr. 5
Die Kirchen von Silberberg
nach 1918
Maltechnik
Postkarte
Inhaber einer Kopie von AKA , Herder Institute in Marburg, Ref. 131025

Nr. 6

Silberberg
nach 1918
Maler Max Günther – Leben und Werk in der Silberberger Zeit
Maltechnik

Nr. 7
Silberberg
nach 1918
Abmessungen 60 x 90

Nr. 8
Silberberg
1938

Nr. 9
Blick auf die Festung von Silberberg
nach 1918
Zeichnung

Nr. 10
Abendstimmung / Silberberg mit Festung
Datierung 1927
Maltechnik
Postkarte

Nr. 11
Schießstandseinweihung am 19. Sept. 1937
Datierung 1937
Öl an Bord Technik
Inhaber A. und K. Leszczyscy

Nr. 12

Spitzberg und Viadukt
nach 1918
Besitz Ksenia Stanicka-Brzezinski
Maltechnik

Nr. 13
Im Eulengebirge
Öl
Abmessungen 27 x 39,5
Eigentümer Privateigentum

Nr. 14
Neuroder Bergland
Dating vor 1933
Maltechnik

Nr. 15
Blick von der Heuscheuer
Dating vor 1933
Maltechnik

Nr. 16
Claus-Baude bei Silberberg
Datierung 1933 oder 1939
Druck

Nr. 17
Haus in Ebersdorf/Neurode
Datierung 1932
Tintentechnik, Stift auf Papier
Abmessungen 29,9 x 23,8
Besitzer des Nationalmuseums in Warschau
Signatur W.O.450

Nr. 18
Ansicht von Waldenburg
Öltechnik auf Leinwand
Abmessungen 130 x 90
Besitzer: Museum in Waldenburg
Signatur MWR 1427

Nr. 19
Dreieinigkeit (Altarmalerei in der katholischen Kirche in Silberberg)
nach 1918
Öl
Der Besitzer der Pfarrei St. Apostel Petrus und Paulus in Silberberg

Nr. 20
Katholische Kirche in Silberberg (Inneres der katholischen Kirche in Silberberg)
nach 1918
Maltechnik

Nr. 21
Blick von der Heuscheuer ins Braunauer Ländchen
vor 1933
Maltechnik

Nr. 22
Die Silberberger Festungswerke auf dem Neuroder Bergland
Dating vor 1933
Maltechnik

Nr. 23
Schlesisches Bauernpaar
vor 1933
Maltechnik

Nr. 24
Titel Im Park
Datierung 1937
Pastelltechnik auf Papier
Ksenia Stanicka-Brzezinski
Abmessungen 23 x 29,5

Nr. 25
Plakat für die „Glatzer Feuersozietät“
vor 1933

Nr. 26
Triptychon für die ehem. Breslauer Christwerke mit dem Mittelbild Erntezug in weiter schlesischer Vorgebirglandschaft und Seitenbilder mit den Szenen der industriellen Verarbeitung der Ernte
vor 1933

Nr. 27
Wandmalereien im Gutshaus in Lauterbach
Datierung ca. 1930

Nr. 28
Wanddekoration in der Hermann-Stehr-Schule in Banau mit Szenen der „Begebenheiten und Personen des „Heiligenhofes“
Postkarte

Nr. 29
Wandmalereien in den Kirchen in Oberschlesien

Nr. 30
Arbeiten für das Foyer des Stadttheaters in Hohensalza

Nr. 31
Arbeiten für den Gemeindesitzungssaal in Godula

Nr. 32
Bilder aus dem Soldatenleben der verschiedensten Jahrhunderte in einer Neisser Kaserne

Nr. 33
Prozession bei Neisse

Nr. 34
Alte Weiden bei Namslau

Nr. 35
Frankenstein

Nr. 36

Blick auf die ev. Kirche Silberberg und den Donjon
Tusche auf Papier
Abmessungen 18 x 25 cm Hochformat
Besitzer: Detmar Grammel
signiert: Max Günther 1945

SICHERLICH SIND DEN SILBERBERGERN WEITERE KUNSTWERKE MAX GÜNTHERS BEKANNT.

Mit Bitte um Rückmeldung!



Max Günther, St. Hedwig bei den Flüchtlingen (Altarbild)




SILBERBERGER EINWOHNERLISTEN in AUSWERTUNG

Geschichte persönlich gesehen – Vom Baby bis zum Greis

Dem Silberbergarchiv liegen vier Personenlisten (aus den Jahren 1939, Mai 1945, September 1945, April und August 1946) vor, die bisher noch nicht ausgewertet wurden. Es handelt sich zum einen dabei um eine Einwohnerliste, die Frau Wildenhof aus Zeitzeugenbefragungen zusammenstellte, eine Einwohnerliste der deutschen Bewohner – zusammengestellt von den polnischen Behörden im September 1945 mit insgesamt 1166 Personen, eine weitere polnische Personenliste der „NSDAP-Familien“ in Silberberg, sowie die britischen Personenlisten, die im Jahr 1946 während der Vertreibung aufgestellt wurden. Die Listen sind von unterschiedlicher Qualität und Umfang. Sind in den polnischen Listen nur die 416 identifizierten „Haushaltsvorstände“ und die Anzahl der Personen im Haushalt erwähnt, so finden sich in den britischen Listen die Geburtsdaten, der Geburtsname und der Beruf. Die britischen Listen sind augenscheinlich in einer großen Hektik entstanden – dies zeigen die vielen Fehler, Namensveränderungen  und falschen Zuweisungen. Erste Auswertungen zeigen, dass nach den britischen Listen der beiden Vertreibungstransporte insgesamt 1016 Silberbergerinnen und Silberberger erfaßt wurden. Das Alterspektrum reicht von der Greisin bzw. vom Greis bis zum Baby. Die ältesten vertriebenen Silberberger waren Mathilde Feige, geb. Teuber, mit 89 Jahren und Karl Langer mit 87 Jahren, die jüngsten Vertriebenen sind Christine Bittner mit einem Alter von 4 Monaten und Detmar Grammel mit einem Alter von 6 Monaten gewesen.

Nach ersten Vergleichen mit der Einwohnerliste von 1939 zeigt sich, daß zwischen 1939 und 1945 insgesamt 53 „neue“ Familiennamen in Silberberg identifizierbar sind. In der Zeit vom Mai 1945 bis September 1945 (polnische Liste) treten weitere 42 – bisher nicht erwähnte – Familiennamen in Silberberg auf.

Ohne die Listen von Margarete Wildenhof, die auch die exakte Heimatadresse enthalten,  wäre eine Vielzahl der Personen in den polnischen und britischen Listen nicht identifizierbar gewesen. Hier zeigt sich deutlich, wie wichtig historisches Denken war und ist und welchen immensen Wert die für die Nachwelt geretteten Informationen in sich tragen.

Genauere Analysen für weitere Fragestellungen sind in Arbeit.


NEUE FORSCHUNGEN ZU SILBERBERGER FAMILIENGESCHICHTEN

in drei Beiträgen von Detmar Grammel, Berlin


Detmar Grammel

Aus der Heimat in die Welt

Das ist die Crux von uns Nachgeborenen: Als wir jung waren, genügte es in die engere und weitere Familie eingebunden zu sein. Wir hatten keine Fragen, ob es noch weitere Familienangehörige gibt und was Eltern und Großeltern erlebt hatten. Und bei Eltern und Großeltern gab es nach Krieg und Vertreibung andere Prioritäten: das Überleben der Familie, das Einleben in die neue Gesellschaft und der wirtschaftliche Neuanfang. So habe auch ich mich erst spät – zu spät – für die Geschichte meiner Familie interessiert, als ich niemanden mehr fragen konnte. Ein erster Ansatz waren die Auszüge aus den Geburts-, Tauf- und Heiratsregistern, die anlässlich der Hochzeit meiner Mutter 1943 beschafft werden mussten.

Der Familienname Grammel hat süddeutsch-österreichische Wurzeln: „Grammeln“ sind auf hochdeutsch Grieben. So findet sich der Familienname im 19. Jh. im Badischen, in Österreich-Ungarn und somit auch in Schlesien – hier mit einer sehr hohen Konzen-tration in Schönwalde seit der zweiten Hälfte des 18. Jh.: Am 24. April 1759 wird Adam Grammel getauft und in den Folgejahren taucht der Name Grammel mehrfach als Pate auf: 1766 Johann Joseph Grammel, 1767 Anton Grammel, 1782 Ed. Joseph Grammel, 1783 Bernhard Grammel. 1784 heiratet Anton Grammel eine Veronika und im gleichen Jahr wird der Sohn Clemenz Marcus Franciscus geboren.

In der ersten Hälfte des 19. Jh. tauchen bei den Taufeinträgen in den Kirchenbüchern von Schönwalde mehrfach die gleichen Vornamen auf, aber verbunden mit anderen Ehefrauen: Amand Grammel dreimal, Anton viermal, Florian dreimal, Franz dreimal, Robert zweimal[1]. Leider ist offensichtlich das Kirchenbuch mit den Heiraten nicht mehr vorhanden, so dass nicht festgestellt werden kann, ob und wie diese Familien miteinander verwandt waren.

Nicht alle Mitglieder dieser unterschiedlichen Grammel-Familien hat es in der Heimat gehalten.

USA

1871 wandert eine Familie Grammel aus Peterwitz in die USA aus: Sie verlassen am 24. Mai 1871 Hamburg mit dem Dampfer Holsatia der Reederei HAPAG mit dem Ziel New York[2]. Das Familienoberhaupt Wilhelm ist zu diesem Zeitpunkt 35 Jahre alt, seine Ehefrau Louise 35, die Kinder Hedwig 7, Joseph 3 und August 2. In den Dokumenten der Volkszählungen in den USA tauchen sie später nicht auf – es kann sein, dass sie ihren Familiennamen in „Grummel“ (Aussprache entspricht Grammel) geändert haben.

Auch in Ebersdorf, auf der anderen Seite des Passes, auf halben Weg nach Neurode, gibt es Mitte des 19. Jh. wahrscheinlich drei Familien Grammel. Am 10. Februar 1867 wird dem Bergmann und Hausbesitzer Joseph Grammel und seiner Ehefrau Karoline Bittner als zweites Kind der Sohn August Grammel geboren. 1891 wandert auch er in die USA aus. Am 28. April 1891 erreicht er an Bord des Dampfers Aller des Norddeutschen Lloyds, über Southampton von Bremen kommend, New York. Als Beruf ist „Farmer“ angegeben, als Ziel Ohio. Mit ihm reisen zwei weitere Männer (ebenfalls „Farmer“) aus Langenbielau: Wilhelm Weil, 33 Jahre alt, und August Modis, 21 Jahre alt. Letzterer ist sein zukünftiger Schwager, denn schon am 11. Juli 1891 heiratet August Grammel in den USA Mary (wahrscheinlich Marie) A. Modis, ca. 1868 in Langenbielau geboren. Über ihre Reise in die Vereinigten Staaten findet sich kein Dokument. Die Familie lässt sich in Massachusetts nieder[3]. Aus der Ehe gehen insgesamt 8 Kinder hervor. Das sechste, Agnes Grammel, ist die Großmutter von Patrick, der heute in Washington DC lebt und somit ein Urenkel jenes August Grammel ist. Am 12. Okt. 1904 erlangt dieser die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im Jahr 1913 besucht August Grammel noch einmal Deutschland – vielleicht seine jüngere Schwester Paulina, die zu dieser Zeit als Kochmamsell in Berlin arbeitet und dort 1918 heiratet, vielleicht seine Geschwister in Ebersdorf. Am 25. August 1913 verlässt er auf dem Dampfer Cleveland der Hamburg-Amerika Linie Hamburg und kommt am 5. Sept. 1913 in Boston an. Sein Beruf wird noch immer mit Landwirt angegeben.

England

Auch aus Schönwalde zieht es einen Grammel in die weite Welt: Paul Adolph Grammel, etwa 1863 in Schönwalde geboren, ältester Sohn von Franz Grammel und Josepha Berke, wandert über den Umweg Berlin 1889 nach England aus. Er wird in Berlin – wie seine Schwestern (s.u.) – in der Textilindustrie gearbeitet haben. In England ist er erfolgreich und wird schließlich Direktor eines damals bekannten Herrenausstatters in der Bond Street, London. 1896 bekommt er die englische Staatsangehörigkeit und heiratet 1892 eine Engländerin[4]. Aus dieser Ehe gehen 6 Kinder hervor. Auch Paul Adolph Grammel besucht noch einmal vor dem 1. Weltkrieg Deutschland, wie Bilder aus Hamburg und eine Ansichtskarte aus Wartha zeigen (Familienarchiv). Das älteste Kind aus dieser Ehe, Harold Francis Grammel, tritt beruflich in die Fußstapfen des Vaters und wird nach Berlin geschickt, um dort neue Erfahrungen zu sammeln. Aller Wahrscheinlichkeit wird er dort seine Tanten, Cousins und Cousinen getroffen haben. Rechtzeitig vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges kehrt er nach England zurück. Von den sechs Kindern des Paul Adolph Grammel überleben vier. Da aus Harold Francis Ehe Töchter hervorgehen, endet in dieser Linie der Familienname. Eine Enkelin, Paul Adolphs Urenkelin, wohnt heute in der Nähe von Sydney/Australien. Ein weiterer Sohn von Paul Adolph Grammel heiratete eine Kanadierin. Auch aus dieser Ehe gingen Töchter hervor, so dass auch in dieser Linie der Familienname endete, aber immer noch Urenkel von Paul Adolph in Kanada leben. Ein weiterer Sohn von Paul Adolph konnte den Familiennamen an wiederum seinen Sohn weitergeben, so dass es noch heute in Südengland eine Familie Grammel gibt.

Berlin, Berlin …

Seit der Eröffnung der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn Berlin – Breslau Mitte der 1840er Jahre lag Berlin quasi vor der Haustüre. Ein Brief der Comtesse Anna Gräfin von Sternberg aus Raudnitz an den Herrn Cohn in Berlin, abgestempelt in Silberberg am 28. Jan. 1875, wird schon am folgenden Morgen in Berlin mit dem Ausgangsstempel „7¼ – 9¼“ (Uhr) versehen. Schlesier zieht es in großer Zahl in die Stadt, in der es Arbeit gibt: Einem Ondit zufolge stammen die Berliner aus Schlesien.

Auch die anderen drei Kinder von Franz Grammel und Josepha Berke hält es nicht in Schönwalde – alle drei zieht es nach Berlin.

Die 1864 geborene Anna Grammel arbeitet in Berlin als Näherin und heiratet 1889 in Berlin den Sattler Josef Franz Bögner, der 1865 in Reisetagel, östlich von Frankenstein, geboren worden war und den es auch nach Berlin gezogen hatte.

Franz Grammel, 1866 geboren, wird in Berlin Postbote und heiratet 1895 in Berlin Hedwig Maria Bertha Raschdorf, 1868 in Frankenstein geboren und die auch in Berlin arbeitet. Interessant sind die Trauzeugen: Es ist zum einen der Sattler Josef (Franz) Bögner, also der Schwager, zum anderen der Schuhmacher Julius Grammel.

Julius Grammel stammt auch aus Schönwalde (*1856) und ist der Sohn aus der Ehe von Franz Grammel und Maria Gallasch – es ist unklar, ob er ein Halbbruder oder vielleicht ein Cousin ist. 1881 heiratet er in Berlin Elise Marie Henriette Pohlack.

Auch die Tochter Ida Maria, 1873 in Schönwalde geboren, arbeitet in Berlin als Näherin. Sie heiratet 1899 den Dreher Paul Rudolf Ernst Scheffler aus Berlin[5].

Der Müller Bernhard Grammel, 1835 in Schönwalde geboren, Sohn des Schlossers Bernhard Grammel und seiner Ehefrau Therese geb. Launer, beide zuletzt wohnhaft in Schönwalde, verheiratet gewesen mit Friderike geb. Matthes, stirbt am 26. Nov. 1886 im St.-Hedwigs-Krankenhaus in Berlin.

Aus Ober-Schönwalde zieht es den Schlosser Paul Grammel, 1883 eben dort geboren, Sohn des Landwirts August Grammel und seiner Ehefrau Pauline geb. Lengsfeld, ebenfalls nach Berlin. Dieser August Grammel könnte der sein, von dem am Ende dieses Textes die Rede ist. Am 25. April 1914 heiratet er in Berlin-Steglitz die Franziska Gwardzik aus dem Kreis Garnikau, Provinz Posen.

Ober-Schönwalde ist die Ansammlung von Häusern auf der anderen Seite des Passes vor der heutigen Ortsgrenze von Silberberg Richtung Neurode. Seit 1903 gehört dieser Teil zu Silberberg

Auch den Tischler Josef Robert Adolf Grammel, 1848 in Ober-Schönwalde geboren, Sohn des Häuslers Robert Grammel und seiner Ehefrau Karoline geb. Raschdorf in Ober-Schönwalde, zieht es nach Berlin. Er heiratet dort und begründet eine Familie, von der mindestens ein Sohn überlebt und heiratet.

Die Nachkommen von Franz Grammel, Julius Grammel und Josef Robert Adolf Grammel können könnten die Vorfahren jener Grammel-Familien sein, die in Berlin zu finden waren, als ich 1973 dorthin zog.

Halle/Saale

August Eduard Heinrich Grammel, 1861 in Ober-Schönwalde als zweites Kind des Ehepaares Joseph Grammel und Josepha Kulbe geboren, heiratet 1888 nach Gröbzig im Kreis Köthen. Die Familie zieht dann offensichtlich nach Halle/Saale

Ebenfalls nach Halle – es ist anzunehmen, dass zu August Eduard Heinrich Grammel verwandtschaftliche Beziehungen vorhanden sind – zieht es Oskar Wilhelm Julius Grammel, 1872 in Neurode geboren, Sohn des Julius Grammel und seiner Ehefrau Auguste Bieder aus Neurode. Er heiratet 1904 die in Halle geborene Auguste Marie Elise Lindau.

Beide sind die Stammväter einer größeren Zahl von Grammel-Familien in Halle Anfang des 20. Jh..

Aktion Schwalbe

Haben die Genannten alle aus freiem Willen, vielleicht um einen, wie wir heute sagen würden, strukturschwachen Gebiet zu entkommen, die Heimat verlassen, mussten dies die verbliebenen Grammel-Familien, wie alle anderen mit ihnen, ihre Reise in den Westen unfreiwillig antreten. Am 14. April 1946 verlässt „unser“ Zug Frankenstein. Laut Transportbefehl Nr. 48 trifft der Transport am 17. April 1946 um 14:30 h in Alversdorf ein und wird am gleichen Tag um 19:00 h nach Syke weitergeleitet. (Das ehemalige Fremdarbeiterlager Alversdorf wurde von den Briten als Durchgangslager betrieben. Den Ort gibt es heute nicht mehr – er ist dem Braunkohlentagebau zum Opfer gefallen.) In dem Transportbefehl – das Dokument befindet sich im Standort Wolfenbüttel des Niedersächsischen Landesarchivs – heißt es:

Im Zuge befinden sich 1500 deutsche Ausgewiesene.

282 Männer

720 Frauen

498 Kinder             in 32 Waggons

Ansteckende Krankheiten sind unter den Reisenden nicht festgestellt worden; es sind alle desinfiziert worden.

Als Begleitpapiere gehen Passagierlisten mit. Alle Reisende sind mit Nahrung für 2 Tage versorgt.

Namensliste Nr. 48

des Flüchtlingstransports vom 17. April 1946.

Eingetroffen 17. April 1946 um 14,30 Uhr,

weitergeleitet am 17. April 1946 um 19,00 Uhr.

Woher: Frankenstein    Wohin: Syke

Auf Seite 7 findet sich elfmal der Familienname Grammel (allerdings in dem Chaos falsch als „Grannel“ – so wurde auch aus Hermann Aysche, Bäckermeister – meinem Großvater – „Bürgermeister“): Erika Grammel mit ihren beiden Kindern, Schwägerin Frieda Grammel geb. Felgner (falsch „Völkner) mit zwei Kindern (die Ehemänner Erich und Georg Grammel sind noch in Gefangenschaft bzw. vermisst) und schließlich Elly Grammel geb. Neubert mit vier Kindern – deren Ehemann ist Paul Grammel, Cousin von Georg und Erich Hermann Grammel.

 Grammel in Silberberg – heute

1946 ist somit eine mindestens 200 Jahre alte Familiengeschichte zu Ende gegangen und niemand würde sich heute daran erinnern, dass hier einmal – neben anderen – die Familien Grammel gelebt haben – wenn es nicht auf dem katholischen Friedhof von Silberberg das Grab von August Grammel, geboren am 19. Oktober 1858, gestorben am 26. April 1929, gäbe[6].

1999 habe ich mit dem Gemeindekirchenrat einen Vertrag geschlossen, dass dieses Grab bis 2029 nicht angetastet wird. Ich hoffe, dass ich im kommenden Jahr noch einmal nach Silberberg komme, um dann den Vertrag zu verlängern.

Und so ruht nun dieser August Grammel, von dem wir nicht feststellen konnten, zu welchem Familienzweig er gehört, inmitten seiner polnischen Nachbarn und zeugt davon, dass wir einmal hier gewohnt haben.

 

Anmerkungen:

[1] Diese und die vorangehenden Angaben habe ich von Alfred Zahlten aus verschiedenen Internetseiten übernommen.

[2] Hamburger Passagierlisten

[3] Dokumente für diese Familie finden sich auf Familysearch, einer Seite der Mormonen, und bei Ancestry (kostenpflichtig).

[4] Auf Familysearch sind über 20 Dokumente zu dieser Familie vorhanden. Weitere Angaben wurden mir von der Familie Grammel in England zur Verfügung gestellt.

[5] Sämtliche standesamtlichen Urkunden, auf die hier Bezug genommen wird, sind auf der Seite von Ancestry (kostenpflichtig) zu finden.

[6] Fotos: Detmar Grammel, 14. Juli 2016


Detmar Grammel

Das Haus Sommerseite 26 in Silberberg

Deckblatt für das Grundstück Sommerseite [1]

Das Grundstück Sommerseite 26 befindet sich zwischen dem Rathaus (links) und der Kommandantengasse (rechts). Im Grundbuch wird es beschrieben als „Haus Nr. 26 auf der Sonnenseite mit Hofraum“ mit „Anteil an ungetrennten Hofräumen“. Eine Grundstücksgröße wird nicht angegeben – zu diesem Zeitpunkt scheinen die Grundstücke in Silberberg noch nicht vermessen zu sein.

Ausschnitt aus dem interaktiven Stadtplan, Alfred-Kollewe-Archiv[2]

Am 4. November 1916 werden die Grundbuchbestände aus dem bisherigen Band I in den neuen Band II umgeschrieben. Eigentümer dieses Grundstückes ist zum Zeitpunkt der Umschreibung der „Kaufmann Konrad Bittner in Silberberg“. Am 27. Dezember 1927 geht das Eigentum über an den Bauunternehmer Paul Nitschke in Frankenberg und den Bauernbundgeschäftsführer Josef Plock in Frankenstein. Beide sind je zur Hälfte Miteigentümer. Kurzfristig erfolgt 1929 ein weiterer Eigentümerwechsel. Am 8. Oktober 1929 wird die Auflassung und schließlich am 29. Oktober der Kauf durch den „Bäckermeister Hermann Aysche in Raschdorf“ im Grundbuch eingetragen.

Hermann Aysche wurde am 30. Sept. 1887 in Rosenig bei Liegnitz geboren und erlernte von 1901 bis 1904 das Bäckerhandwerk. Die nächsten 9 Jahre ist er auf Wanderschaft und arbeitet in verschiedenen Gegenden Deutschlands als Bäckergeselle. 1913 kehrt er in die Heimat zurück und macht sich im Januar 1914 in Liegnitz selbstständig. Am 6. Aug. 1914 heiratet er auf dem Standesamt zu Liegnitz Antonie Maria Frieda Kuhli, geboren am 3. Mai 1882 in Sagan. Am 20. März 1915 wird er als Landsturmpflichtiger eingezogen und in Russland und Frankreich eingesetzt. Am 27. Mai 1919 wird er „infolge Demobilisierung … aus dem Dienst entlassen“ (Wehrpass).

In den 1920er Jahren zieht die Familie – die Kinder Antonie, Erika und Heinz sind 1915, 1916 und 1919 in Liegnitz geboren – nach Raschdorf (etwa 2 km nördlich von Silberberg), wo Hermann Aysche eine kleine Bäckerei pachtet[3]. Aufgrund einer chronischen Erkrankung, die er sich während seines Kriegsdienstes zugezogen hat, konnte er das Bäckerhandwerk nicht mehr ausüben und sah sich nach einer neuen Existenzmöglichkeit um.

Offensichtlich bei einer Zwangsversteigerung erwirbt er das Haus Sommerseite 26 in Silberberg. Ein Teil des Kaufpreises wird durch die „Kapitalisierung“, also der vorfristigen Auszahlung der Kriegsbeschädigtenrente, erbracht, der Rest durch eine Hypothek. Das Haus wird so umgebaut, dass im Erdgeschoss ein Ladengeschäft entsteht, in dem alles, was ein Tourist so braucht, angeboten wird: „Gebirgsstöcke, Stocknägel, Ansichtskarten … Schreibwaren“, aber hauptsächlich Tabakwaren und wohl auch Lebensmittel und Strümpfe. Silberberg war zu dieser Zeit insbesondere im Sommer ein beliebtes Urlaubsziel nicht nur für Breslauer, wie die vielen Ansichtskarten beweisen, die auch heute noch bei Sammlern begehrt sind.

Nominell ist Antonie Aysche Inhaberin des Geschäftes, das die älteste Tochter Toni führt.

Antonie Aysche vor dem Geschäft                               Sommerseite 26

1939 – Hermann Aysche (hinten), Tochter Erika (rechts) mit Feriengästen4

Obwohl das Geschäftslokal strategisch günstig auf dem Weg der Touristen zur Festung liegt, wirft das Geschäft wohl nicht viel ab, wie die Einschätzung der Kreditwürdigkeit durch die Schimmelpfeng-Agentur zeigt:

„Antonie Aysche                  Schokoladen, Tabak-                                 Niederschlesien

                                               waren usw.                                                   Silberberg

                                                                                                                      Krs. Frankenstein

Alleininhaberin:                   Frau Antonie Aysche

                                               im Handelsregister nicht eingetragen

Frau Antonie Aysche ist die Frau des Bäckermeisters Hermann Aysche. Der letztere wohnte früher in Raschdorf bei Silberberg, wo er eine Bäckerei in kleinem Umfange betrieb. Da Aysche kränklich ist, gab er das Geschäft auf und kaufte in Silberberg ein Grundstück für 5 tausend RM, baute hier einen Laden aus und handelt mit Tabak, Schokolade, Strümpfen, Büchern usw. Das Geschäft geht auf den Namen der Frau, da Hermann Aysche zum Kauf des Grundstückes sich einen Teil seiner Kriegsbeschädigtenrente kapitalisieren liess. Aysche hat 3 Kinder, eine Tochter ist erwachsen und führt das Geschäft, die anderen sind noch schulpflichtig.

Das Geschäft bewegte sich bisher nur in bescheidenen Grenzen. Die Familie lebt bescheiden und zurückgezogen. Da Aysche eine Rente bezieht, so konnte sich die Familie bislang durcharbeiten.

Die finanziellen Verhältnisse gelten als keine starken. Was vorhanden ist, das steckt ausschliesslich in dem Geschäft und dem Grundstück. Unsere Gewährsleute würden jedenfalls über engbegrenzte Kredite bei festen Abmachungen und Kontrolle der Verbindung nicht hinausgehen. 

  1. Novbr. 30 Höchstkredit 100 M 11. Novbr. 30

Georg Wagner (Zigarrenfabrik) Oppeln O/S, Moltkestr. 31

Kreditanfrage 150 M zulässig  11.11.30“[1]

In einem weiteren Dokument der Agentur (Datum nicht nachvollziehbar) versucht der „Gewährsmann“ ein deutlich positiveres Bild zu zeichnen. Die Geschäfte gingen „im Sommer … ganz gut“, das Grundstück Sommerseite 26 wird nunmehr mit 6000 RM bewertet und das Barvermögen durch einen Grundstücksverkauf „in der Nähe von Löwenberg“ auf „einige 1000,- RM“ geschätzt. „Irgend etwas nachteiliges ist nicht bekannt.“

Löwenberg liegt ca. 50 km östlich von Liegnitz, zwischen Bunzlau und Hirschberg. Inwieweit es diesen Grundstücksverkauf gegeben hat, kann nicht nachvollzogen werden, ebenso nicht, ob es verwandtschaftliche Beziehungen zu den vereinzelt Nachgewiesenen mit diesem Familiennamen in der dortigen Gegend gegeben hat.

Die mehrfach aufgenommenen Hypotheken zeugen davon, dass es immer wieder Geldbedarf gegeben hat. Auffällig ist, dass die 1931 aufgenommene Hypothek (laufende Nr. 7 – 5000 RM) am 20. Aug. 1938 zurückgezahlt worden ist. Die Hypothek (laufende Nr. 1) über 1500,00 Goldmark konnte am 19. März 1939 offensichtlich nur durch die Aufnahme einer neuen Hypothek über 2000,00 RM (laufende Nr. 8, 19. März 1939) beglichen werden. Die Hypothek Nr. 6 (2000 RM) wurde am 30. Mai 1941 beglichen, wohl um die Zwangsvollstreckung zu verhindern.

Mit Beginn des Krieges am 4. Sept. 1939 bricht wohl das Touristengeschäft ein, so dass die Einnahmen aus dem Geschäft und der Zimmervermietung sich deutlich verringern. Wahrscheinlich konnten die Zinsen und die Tilgung für die letzte Hypothek

über 2000 RM nicht mehr beglichen werden, so dass am 30. Mai 1941 die Zwangsvollstreckung angeordnet wird. Hermann Aysche zieht mit Tochter Erika in das Haus Mittelreihe 78.

Als neue Eigentümer werden am 21. April 1941 der Schneidermeister Willy Strauß und seine Ehefau Maria geb. Borchard aus Breslau im Grundbuch eingetragen. Sie wohnen in dem Haus bis zur Vertreibung. Die Hypothek Nr. 8 über 2000 RM vom 19. März 1939 wird offensichtlich von den Erwerbern als Teil des Kaufpreises übernommen und erst am 3. Juni 1944 gelöscht – angesichts des Kriegsverlaufes ein bisschen voreilig, wie sich bald herausstellen sollte.

[1] zitiert nach Unterlagen der Schimmelpfeng-Agentur (s.o.)

Anmerkungen:

[1] Grundbuchauszüge Alfred Kollewe Archiv (AKA).

[2] Abdruck mit freundlicher Genehmigung Silberbergarchiv

[3] Aus den Unterlagen der Schimmelpfeng-Agentur des AKA. Die Firma Schimmelpfeng war jahrzehntelang die führende Wirtschaftsauskunftei in Deutschland.


Anmerkung AKA: Die gesamten Grundbücher und die Silberberger Schimmelpfeng-Akten konnten beim Staatsarchiv Breslau, Abt. Kamenz, durchfotografiert werden. Besonderer Dank für die Einräumung dieser Möglichkeit gebührt der Archivleiterin Krystyna Drożdż M.A.


Detmar Grammel

Ordnung im Chaos?

Mit dem Ende des Krieges brachen sich Willkür und Gesetzlosigkeit Bahn – darüber gibt es viele Schilderungen, wie sie zum Beispiel im Alfred-Kollewe-Archiv für Silberberg gesammelt sind. Wie aber verlief das tägliche Leben? Wie kamen die Rentner und die Frauen, deren Männer gefallen, vermisst oder in Gefangenschaft waren, an Geld? Zahlten Post und Sparkassen weiterhin Guthaben aus? War die Reichsmark noch gültiges Zahlungsmittel? Welcher Umrechnungskurs zum Złoty galt?

In einer Sammlung von Schriften von Alfred Kollewe (AKA 14, 4 – 5), nachzulesen im Silberbergarchiv ( https://www.silberberg.com.de), befindet sich der Bericht von Hedwig Krause, 1948 geschrieben, über die Versorgungslage nach dem Kriegsende:

„Ich … mußte für ein Dreipfundbrot 30 Reichsmark, für ein Pfund Zucker 120 RM, ein Pfund Butter 180 RM und ein Pfund Speck 200 RM zahlen. Auch Miete mußte ich an die Polen in meinem Hause zahlen, ebenfalls Lichtgeld, das sehr teuer war.“

Das Leben geht weiter: Der Schornsteinfeger kommt und muss bezahlt werden. Die erste Quittung für das Haus Mittelreihe 78 („ulica Środkowa“) vom September 1945 stammt noch aus dem Quittungsblock des Bezirks-Schornsteinfegermeisters Erich Schimmel aus Frankenstein, die nächste vom Januar 1946 ist schon auf Polnisch ausgestellt. Die Gebühr beträgt 4 Złoty 50 Groschen.

Für die Stromversorgung ist nunmehr die „Zjednoczenie Energetyczne Okregu Dolnoslskiego Pdokreg Wałbrzych“ (Energieunion des niederschlesischen Bezirks Waldenburg) zuständig.

 

Am 4. Jan. 1946 wird für die Mittelreihe 78 ein Verbrauch von 89 kW festgestellt, die mit 30 Złoty berechnet werden.

Da der gesamte deutsche Haus- und Grundbesitz beschlagnahmt ist, ist nunmehr Miete an die polnischen Behörden zu zahlen. Für die Mittelreihe 78 sind es pro Monat 40 Złoty. Am 10. Dezember 1945 kassiert ein Herr Rybicki rückwirkend für die Monate Mai bis August 1945 160 Złoty plus 2 Złoty Bearbeitungsgebühr im Auftrag der „Wojewodzki Oddzial Tymczasowego Zarzadu Panstwowego w Lignicy“ (Verwaltung des provisorischen Staatsrates in Liegnitz). Für die Monate September bis Dezember 1945 kassiert er für den gleichen Betrag mit einer Quittung des „Wojewodzki Oddzial Tymczasowego Zarzadu Panstwowego w Lignicy“ (Vorstand der provisorischen Delegation des Außenministeriums für Niederschlesien in Frankenstein).

Aus irgendeinem Grund wird für die Monate September bis Dezember 1945 noch einmal Miete gezahlt („Wojewodzki Oddzial Tymczasowego Zarzadu Panstwowego w Lignicy“) – diese Quittung vom 15. Jan. 1946, wie auch die folgenden für Januar/Februar und März 1946, stellt Stadtsekretär August Kaschke aus, der für die polnischen Behörden die Verwaltung weiterführte.

Immerhin, für die Zeit bis zum 13. April 1946, dem Tag der Vertreibung, musste keine Miete gezahlt werden.


Das AKA bedankt sich herzlich für die Publikationserlaubnis der drei Aufsätze!


KULTURGESCHICHTE RETTEN – SILBERBERG SETZT MAßSTÄBE

Seit dem Sommer diesen Jahres wird der evangelische Friedhof in Silberberg/Srebrna Gora wieder instandgesetzt. Auf Initiative des Kulturamtsleiters Jarosław Rudnicki und des Bürgermeisters der Samtgemeinde Stoszowice (Peterwitz) wird die Silberberger Nekropole wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein tatkräftiges Team der Verwaltung hat die Arbeiten am Friedhof begonnen:

 

https://drive.google.com/drive/folders/1GWX0dlP66q4SI6kRYnIaijznxBWcTUdC?usp=sharing

https://www.facebook.com/goksrebrnagora/videos/725427234698020/

https://drive.google.com/drive/folders/1GWX0dlP66q4SI6kRYnIaijznxBWcTUdC?usp=sharing https://www.facebook.com/goksrebrnagora/videos/725427234698020/

 

Vor 1592 gingen die Silberberger Bürger – um ihre religiösen Pflichten zu erfüllen – in die benachbarten Ortschaften, katholische Bürger gingen in Schönwalde zur Kirche, es gab dort unter dem Turm die Silberberger Thür.

Evangelischer Friedhof und Evangelische Kirche um 1790

Evangelischer Friedhof und Evangelische Kirche um 1829

 

Während dieser Zeit hat Liebhold in seinem eigenen Haus Schule gehalten, Bibelstunden und auch Lesegottesdienste veranstaltet. 1592 wurde das Gotteshaus fertiggestellt und am Michaelistage
feierlich geweiht, weshalb es auch den Namen „ad St. Michael“ erhielt.
Der erste Geistliche war Adam Cratander aus Liebau. Sein Nachfolger wurde der Pastor Johannes Schilling, ein Sohn des Pastors Schilling aus Lampersdorf. In den Jahren 1592 bis 1593 wurde auch ein Friedhof angelegt, und zwar südöstlich hinter der Neustadt in Richtung Herzogswalde.
Auf ihn wurden drei Linden gepflanzt, von denen in neuerer Zeit immer noch eine vorhanden war. An ihr war eine Tafel mit folgender Urkunde angebracht: „Anno 1593 ist dieser Gottesacker
von den Bergleuten erleget und die drey Linden gepflanzet.“ Mit der Gründung der Kirche fiel auch die Einrichtung des evangelischen Schulsystems zusammen.

Karte der Friedhofsumgebung mit den Namen der letzten deutschen Bewohner (bis August 1946), im Anwesen BAUCH wohnte nach der Vertreibung ein nach Silberberg geflüchteter Oberschlesier namens PUCKOWITZ.

Die Häuser der sogenannten NEUSTADT, zu der auch die Friedhofsregion gehörte, fielen nicht den Stadtbränden 1633 und 1807 zum Opfer. Daher findet sich hier noch die älteste Silberberger Bausubstanz aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Denkmalpflegerische und archäologische Aktivitäten – besonders im Bereich der heute existierenden „RUINEN“ – wären hier sehr sinnvoll.

Foto der noch 2020 existierenden Bausubstanz und Lokalisierung der Ruine im Senkrechtluftbild.

Im 16. Jahrhundert war die vorherrschende Konfession in Silberberg die evangelische, man
sprach und schrieb von den „Luttrischen“. 1696 im Zeichen der religiösen Gegenreform gab es
in Silberberg 7 Katholiken, so berichtet Arnold Peschel.

Evangelischer Friedhof ca. 1939 mit Erweiterung (Postkarte AKA, Luftbild, Detailansicht)

Evangelischer Friedhof ca. 1934 noch ohne Erweiterung (Postkarte AKA, Luftbild, Detailansicht)

1592 wurde mitten in der Stadt die erste Kirche erbaut, die luttrische Kirche „St. Michel“. Den
Bau veranlaßt und viel Spenden hierfür gesammelt hat Zacharias Liebhold. Er war der letzte Schichtmeister aus dem Silberbergbau und als Stadtschreiber tätig. Außerdem betätigte er sich als Lehrer und ev. Prediger. 1596 erhielt Silberberg das Patronatsrecht, das Recht, den Geistlichen und den Schulmeister anzustellen.

Grabstein Richard Campe (FO2468AKA, 2018)

Grabstein Richard Campe (FO3308AKA, 2006)

Wann der ev. Friedhof angelegt wurde, ist bisher nicht eindeutig feststellbar. Da die Bürger vor
1592 in anderen Ortschaften zur Kirche gingen, dort auch Taufen und Heiraten vollzogen wurden, ist anzunehmen, daß auch Bestattungen dort stattfanden.

HERBERT FELKEL reinigt den Grabstein von Richard Campe (2006)

Der Beschluß zum Bau der evangelischen Kirche ist 1578 gefaßt worden. So kann vermutet werden, daß Bestattungen schon vor 1592 auf dem evangelischen Friedhof stattgefunden  haben. Demzufolge ist der ev. Friedhof vermutlich zum Zeitpunkt des Baues der ev. Kirche oder kurze Zeit vorher angelegt worden.

In dem Turmknopf der evangelischen Kirche wurde Dokumente aus dem Jahr 1795 entdeckt. In einer Liste der evangelischen Bürger Silberbergs finden sich auch etliche, die später auf dem Friedhof bestattet wurden. Die Schrift berichtet von der Reparatur des Turmknopfes usw. vom Turm der evangelischen Kirche, der Wiederaufsetzung, der Einweihung. In einer umfangreichen
Liste sind alle Spender namentlich aufgeführt, die mit ihren Spenden die Reparatur ermöglicht haben. Dies zu lesen ist sehr aufschlußreich, insbesondere die Liste der Spender. Einige Namen, die wir auf den noch vorhandenen Grabsteinen auf dem ev. Friedhof fanden, finden wir hier wieder. Einige Namen aus der Liste kennen wir auch aus unserer Zeit in Silberberg. Im 19. Jahrhundert wurden auf dem Friedhof verunglückte Militärangehörige beigesetzt, es handelte sich um die Kanoniere Rochau, Gotthelf und Hübner (ihr Kreuz befindet sich heute im Donjon). Aufgrund  eines tragischen Artillerieunfalls im Jahr 1869 wurden bei Tests eines neuen schweren preußischen Mörsers (Kaliber 210 mm!) vier Kanoniere getötet.

Weitere prominente Grabstellen sind die Grabstelle des Gründers der Uhrenfabrik EPPNER und die der Baronin von SECKENDORFF, die 1943 auf dem Friedhof bestattet wurde.

Weitere Grabstellen befanden sich bis in die 50er Jahre auf dem Areal der sog. Friedhofserweiterung. Interessanterweise läßt sich eine Gruppe der Gräber ins frühe 17. Jahrhundert datieren. Ob es sich hier um den ehemalibgen Pestfriedhof aus dem Jahr 1633 handelt ist noch unklar. Es könnte sich somit um eine Friedhofserweiterung auf einen ehemaligen Silberberger Pestfriedhof handeln.

Die letzten evangelischen Geistlichen in Silberberg waren der Pastor Oscar Thomas und der Pastor Walter Rosemann, der bis 1946 in Silberberg wohnte. Die evangelische Gemeinde wurde von Pastor Oscar Thomas bis in die dreißiger Jahre geführt. Er kam 1901 nach Silberberg, 1922 war er 55 Jahre alt. Die evangelische Gemeinde hatte eine eigene Volksschule, ein Pfarrhaus und einen eigenen Friedhof. Zur evangelischen Pfarrgemeinde gehörten auch Bewohner der umliegenden Dörfer: Briesnitz, Herzogswalde, Niklasdorf, Raschgrund und Schönwalde. Im Jahre 1905 waren aus den genannten Ortschaften 233 Personen Mitglieder der Pfarrei (aus T. Przerwa, Silberberg 1921-1922; Hamburg 2000).

Nachdem der Evangelische Friedhof im Auftrag der Kreisbehörde (Joseph Kasperczyk im Namen der PGRN in Stoszowice ) in Frankenstein 1946 „inaktiviert“ wurde, kümmerte sich der Silberberger Josef Wachowitz ehrenamtlich um den Erhalt des Friedhofs.

 

 

 


Silberberger Sehnsuchtsdichtung Nr. 23:

Erinnerung an Silberberg

von Gertrud Tiltsch, früher Silberberg, Winterseite 94

Silberberg, du schönes Städtchen ach, wie lieben wir dich sehr,
Mit den altverträumten Gassen, mit den Bergen ringsumher.

Alles was uns lieb und teuer, altes Kirchlein, Vaterhaus,
Wo wir all die vielen Jahre, fröhlich gingen ein und aus.

Stolzer Spitzberg, alte Festung, und du lieber Hohenstein,
Strohhaube und Hahnenkoppe, ihr sollt unvergessen sein.

Schön warst du zu allen Zeiten, liebes Städtchen, steil und klein.
Wenn im Frühling dich umkränzten, Blüten und vergiss nicht mein,

an den Wegen, in den Gärten, reiften Kirschen, rot und süß,
So ein Sommer in den Bergen machte dich zum Paradies.

In den tiefen dunklen Wäldern, konnt man Hirsch und Rehe sehn,
Schwalben, die gen Süden zogen, bunter Herbst auch du warst schön.

Wenn im Winter Ski und Schlitten, glitten von dem Berg ins Tal,
Wenn mit Sturm und Eis und Regen, dich zerzauste Rübezahl.

Ja, dann waren froh und heiter, deine Kinder, Groß und Klein,
Und wer hätte schon gedacht, dass es mal könnt anders sein?

Doch nun sind wir fortgegangen von dem lieben, trautèn Ort
Und ein stilles, leises Sehnen, lebt im Herzen weiter fort.

Müssen in der Fremde suchen, nun nach unsers Lebens Glück
Die Gedanken aber wandern, in die Heimat gern zurück.


AUSSTELLUNGSANKÜNDIGUNG:

F E S T U N G S K U N S T

Die Silberberger Festung in Malerei und Grafik

EINE INTERNETAUSSTELLUNG


Die Gefangenen auf Silberberg

EIN THEATERSTÜCK DES FRÜHEN 19. JAHRHUNDERTS

Ein bisher unbekanntes Stück über eine Anekdote Friedrichs des Großen wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts in vielen Theatern im deutschsprachigen Raum gespielt – belegt sind bisher Aufführungen in München, Frankfurt, Düsseldorf und Wismar.

Das Lustspiel mit dem Titel „Die Gefangenen auf Silberberg oder die beiden Pagen“ wurde nach einer Anekdote über Friedrich d. Gr. von Emmanuel Théaulon inszeniert und von Arendt in die deutsche Sprache übertragen.

In einer zeitgenössischen Rezension aus der Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung Nr. 7 aus dem Jahr 1833 ist über das Stück folgendes zu lesen:

Den 26. zum ersten Male: „Die beiden Pagen oder Die Gefangenen auf Silberberg „. Lustspiel in drei Acten, nach einer Anecdote von Dr. Arendt.

Das bekannte Histörchen ist folgendes: Friedrich der Große, welcher bei all seiner Gerechtigkeitsliebe doch Freisinn und Muth selbst dazu schätzen wußte, wo sie sich gegen die Disciplin hervorthaten, schickt zwei Pagen, welche dem verpönten Hazardspiele (Anm. AKA: Hazard war – trotz der komplizierten Regeln – im 17. und 18. Jahrhundert so beliebt, dass es zu dem Glücksspiel schlechthin wurde. Glücksspiele werden daher auch allgemein als Hasardspiele bezeichnet. )gefröhnt hatten, auf die Citadelle zu Silberberg,

Gleichzeitig wird in der Nähe dieser Festung eine blutige Schlacht geliefert und die beiden jungen Arrestanten, die ihre Kampfeslust nicht mehr im Zaune halten können, sowie sie den Kanonendonner vernommen, suchen und finden Gelegenheit der Haft zu entkommen und erringen sich durch ihre Bravour im Gefechte glücklich vom Alten Fritz Lob und Begnadigung.

Herr Dr. Arendt hatte , wie man sieht, einen ergiebigen Stoff zu bearbeiten, behandelte denselben jedoch etwas stiefväterlich, indem er eine alltäglich fade Liebesintrige hinzuerfand und die ganze Geschichte recht mittelmäßig, ja im 2ten Acte stellenweise ledern dialogisierte. Indeß soeht man den Schwanck schoneinmal vorzüglich, wenn er von den Hauptpersonen so befriedigend ausgeführt wie heute.


Die Rollen der Maleficanten befanden sich in guten Händen. Fräulein Gertig (Theodor) war ein so niedlicher als schalkhafter Page; sie spielte mit zierlich freiem Anstande und konnte dieser Partie ihr kräftiges Organ seinem ganzen Umfange nach ungeniert gebrauchen. Fräulein Lichtenheldt (Carl) stand ihr als ein würdiger Spießgeselle zur Seite; Herr Oeser (Brandt) bewies heute abermals, daß er seit einem Jahre im Burleske-comischen beträchtliche Fortschritte gemacht habe, er war ein guter Degenknopf und derber Biedermann, und wenn er in seiner faustdicken Zärtlichkeit für das alte Trudchen beinahe durchfiel, so war das nicht sowohl seine vielmehr des Verfassers Schuld. Auch lag es nicht an der Weltgeschichte, sondern an dem Drucker des Comödienzettels, daß heute auf ihm das Jahr 1792 als Zeit der Handlung dieses Stückes angegeben ward; vermutlich hatte der wackere Mann eine 6 auf den Kopf fallen lassen und weiter keinen Arg daraus, wie diese 9 im Drucke erschien. Nach Beendigung des Lustspiels präsentierte sich uns Herr Hoffmann, um vor den wenigen Zuschauern und vielen leeren Bänken artigst zu proclamieren, daß Herr Bürger sich zuvor habe krankmelden lassen, nicht der angekündigte Krickebergsche Kammerdiener seine Aufwartung machen, sondern No. 777 ausgespielt werden könne, was denn auch mit Herrn Beckmann`s (Pfeffer) Hülfe zur Zufriedenheit des Publicumchens geschah.“





Bergbau in Silberberg (aus „Grenzwacht“ vom 13. Oktober 1940)



 



BERGBAU IN SILBERBERG

Grundlage für diesen Artikel sind das fundierte Buch von Herbert Schmidt „Der Silbererzbergbau in der Grafschaft Glatz und im Fürstentum Münsterberg-Oels: Von den mittelalterlichen Anfängen bis zum Niedergang“ aus dem Jahr 2003 (Abkürzung HS), der Aufsatz von Tomasz Stolarczyk über die Montanarchäologie Silberbergs (in SB5, Gedenkschrift Herbert Felkel, S. 33-45) aus dem Jahr 2014, die Chronik der Stadt und Festung Silberberg von Neugebauer, Schnober und Kaschke (Abkürzung: NSK)aus dem Jahr 2003 (6. Auflage) und die Informationen aus dem Gesamtausdruck der digitalisierten Archivunterlagen aus dem Alfred-Kollewe-Archiv (Umfang von 12641 Seiten, Abkürzung AKA). Ferner wurden noch neuere Forschungen, die durch Jan Duerschlag initiert wurden, verwendet.

Auch eine Wasserkunst wird für Silberberg erwähnt (wp)

Die Entwicklung des Bergbaues in Silberberg läßt sich bisher in 7 Perioden unterscheiden. Eine vorgeschichtliche archäologische Periode wurde bisher nicht nachgewiesen. Schmidt hält diese auch für unwahrscheinlich, da die in langen Zeiten dünn besiedelte Region, wahrscheinlich nicht prädestiniert für den Metallabbau gewesen sein mag. Über einen vorurkundlichen Bergbau bei Silberberg gibt es keinerlei Hinweise. Da die Region in dieser Zeit noch äußerst dünn besiedelt und überdies von dichten Urwäldern bedeckt war, ist ein Bergbau in dieser historischen Periode jedoch sehr unwahrscheinlich (HS).

Kurzer Überblick

Periode 1 1331 – 1425 Abbruch durch Hussiteneinfall
Periode 2 1454 – ca. 1500 (?)
Periode 3 1519 – 1633
Periode 4 1742 – 1754 preuß. Versuche nach dem 1. Schles. Krieg
Periode 5 1811 – 1815 preuß. Versuche
Periode 6 1882 – 1907 Deutsches Reich
Periode 7 1955 – 1965 (?) poln. Versuche

Hauer im Strossenbau; Grube Victoria, Littfeld / Siegerland / Nordrhein-Westfalen; Quelle: Um 1800. Jahrbuch für Berg- und Hüttenkunde.; https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Bildanzeige?pict=1341056058

In den obengenannten Werken finden sich Nachweise über insgesamt 30 Stollen bzw. Bergwerksanlagen in Silberberg. Die Lokalisation ist noch nicht in allen Fällen gelungen.
Nach Herbert Felkel, Sohn des letzten deutschen Bürgermeisters von Silberberg vor der NS-Zeit, waren die noch erkennbaren Mundlöcher der Stollen nahe bei der Stadt im Januar 2000 völlig zugewachsen und kaum erkennbar. Dziekonski hat im Jahre 1966 noch alte Stolleneingänge fotografieren können.

 

(Quelle: wp)

Bergwerke und Stollen in Silberberg

SB 1 Alter Stollen
SB 2 Amalia-Stollen (hist. Pläne und Forschungen durch Jan Duerschlag ab 2015)
SB 3 Anna Stollen oder Anna-Maria-Stollen
SB 4 Antonius Stollen
SB 5 Auf den roten Borten
SB 6 Bergstollen
SB 7 Dreifaltigkeit Stollen
SB 8 Einhorn
SB 9 Elisabeth Stollen
SB 10 Ernestine Stollen
SB 11 Friedrichshöh Stollen oder Gang
SB 12 Friedrich Wilhelm IV Stollen
SB 13 Fundgrube mit Erbstollen
SB 14 Gegentrum
SB 15 Geharnischter Mann

(Quelle: wp)

SB 16 Goldener Adler
SB 17 Goldener Kopf
SB 18 Goldener Stern
SB 19 Heilige Dreifaltigkeit
SB 20 Hofrichter
SB 21 Jacob Stollen
SB 22 Johanna Stollen
SB 23 Lotte Stollen
SB 24 Mannsgrund-Stollen
SB 25 Massovstollen
SB 26 Rosalie Stollen
SB 27 St. Annen Stollen
SB 28 Silbersegen Stollen
SB 29 Stollen nach dem Gegentrum
SB 30 Xaver Stollen
(Kartierung folgt noch)

 

Agricola, Georg.: De re metallica (1556).

(Quelle: wp)

Periode 1

Die Stadt Silberberg im Eulengebirge hat ihren Namen von dem früher betriebenen Bergbau auf Silbererz. Die ersten Ansätze zur Entstehung des Ortes gehen auf das Jahr 1331 zurück.
Die ehemals freie Bergstadt Silberberg im Eulengebirge geht auf den Berg-baubetrieb im 14. Jahrhundert zurück. Erste urkundliche Belege für ein Silbervorkommen bei Silberberg gibt es schon aus dem Jahre 1331: „Bolko145, Herzog von Schlesien und Herr zu Fürstenberg und Münsterberg, verkauft dem Kunad von Schönwalde den Berg bei dem Dorfe Schönwalde im Frankensteiner Kreise mit allen Nutzungen und Einkünften, frei von jeder Dienstleistung etc.“ .
Am 8. Dezember 1273 erhält das Kloster Kamenz vom Herzog Heinrich IV. von Schlesien die vollständige „Freyheit über alle Mineralien, von welcher Art sie seyn mögen und welche auf den Gütern dieses Stifts gefunden werden“. Es gehörten damals 26 Dörfer mit 387 Bauern zum Stift (HS) .


Silberberg hat eine umfangreiche und interessante Geschichte, die bis in das Mittelalter zurückreicht. Die erste historische Erwähnung stammt aus dem Jahre 1331. 1331 verkaufte Bolko II dem Schulzen von Schönwalde einen Teil des Gebirges mit dem ”Silberberge” und dem ”Mannsgrunde”. 1333 erwarb das Kloster Heinrichau (Zisterzienser) die Scholtisei Schönwalde und damit auch die vorgenannten Liegenschaften.
Der Name ”Silberberg” bezeichnete damals die Berge und noch nicht die Ortschaft. Doch wie sah es damals und auch vorher in dieser Gegend aus?
Urkunde
„Ums Jahr 1350 haben meißnische und reichensteinische auf dem Gebürge dieses Orts geschurft, Ertz angetroffen und Bergwerke zu bauen angefangen; welches aber bei entstandenem Kriege und anderen Unfällen , wieder liegen geblieben, bis man Anno 1527 den Bergbau aufs neue vorgenommen und Erzt genug gefunden, unter Regierung H e r t z o g s K a r l’s I. z u M ü n s t e r b e r g u. O e ls, Oberlandeshauptmann von Schlesien, aus dem Hause Podiebrad, das sich dann bald Gewerbe angegeben, welche eine Schmiede an dem Wald, wo nach Zeugnis des Pastor Stief von 1651 die niedrigsten Schläge gewesen, erbauet haben.“
Andere Urkunden belegen den Silbererzbergbau für das Jahr 1370.Danach haben Bergleute aus der Markgrafschaft Meißen und aus Reichenstein auf dem Klostergrund von Heinrichau bei Schönwalde die Erzgewinnung aufgenommen. : „…im Jahre 1370 soll es an der Eule regen Bergbau durch reichensteinsche und sächsische Bergleute gegeben haben“. Die Keimzelle der späteren freien Bergstadt Silberberg bestand aus einer Anzahl von Lehmhütten als Behausung für die Bergknappen. Den Gewohnheiten der Zeit entsprechend, dürften Eigenlehner Betreiber des Bergbaus gewesen sein. Zur Zeit der Hussiteneinfälle 1425 – 1432 flohen die Bewohner zunächst in die umliegenden Wälder und verließen später das Land. Damit war die erste Periode des Silberberger Erzbergbaus nach 50 – 60 Jahren Dauer beendet (HS).
Das dicht bewaldete Eulengebirge bildete die Grenze zwischen Schlesien und Böhmen, bzw. der Grafschaft Glatz, die früher zu Böhmen gehörte. Der Wald, der mit seinen Verhauen einen natürlichen Schutz bot und Einfälle der damals feindlichen Böhmen nach Schlesien verhindern sollte, reichte weit in die Ebene hinein und hieß Grenz- oder Schutzwald. Der Paß von Silberberg war damals schon offen. Als namenloser Übergang der Heerstraße von Breslau nach Prag teilte er die wechselvollen Geschicke Schlesiens und der Grafschaft Glatz. Die deutsche Besiedlung Schlesiens, die um das Jahr 1100 eingesetzt hatte und unter Herzog Heinrich I. von Schlesien (1201-38) und seiner aus Bayern stammenden Gemahlin, der hl. Hedwig (+ 1243) ihren Höhepunkt erreichte, stand vor dem Abschluß. Die Gründung von Schönwalde lag schon mehr als 100 Jahre zurück, und die deutschen Ansiedler bevölkerten die Siedlungsgebiete in der Ebene um Frankenstein bis an den Fuß des Eulengebirges.

Agricola, Georg.: De re metallica (1556).

(Quelle: wp)

Im Jahre 1370 kamen Bergleute aus der Markgrafschaft Meißen und aus Reichenstein in den Paß, in dem unser Städtchen jetzt liegt. Auf der Suche nach unterirdischen Schätzen begannen sie am 22. September in den Bergen oberhalb von Schönwalde, beiderseits der Paßstraße, nach Silbererz zu schürfen. Bei der Suche nach wertvollen Mineralien trafen sie auf ergiebige Bleierzflöze mit reichlichen Silberadern. Da sich die Ausbeute lohnte, machten sie sich seßhaft und bauten Wohnstätten. Der zuständige Landesfürst, Herzog Bolko III von Schweidnitz und Münsterberg, unterstützte die Bergleute in vielfältiger Weise. Das Holz für die Wohnstätten und für den Stollenbau konnte unentgeltlich aus dem herzoglichen Wald entnommen werden. Auch ist anzunehmen, daß die Bergleute den Bergbau in den ersten Jahren auf eigene Rechnung betrieben, obwohl hierüber die alten Überlieferungen keine Auskunft geben. Nach und nach entstanden etwa 30 bis 40 Blockhäuser, und die Bergleute nannten die Siedlung einfach „Silberberg“. Kirchlich hielten sich diese ersten Silberberger nach Schönwalde (NSK).
Im 14. Jahrhundert (1331) gibt es erste urkundliche belege für einen Abbau von Bleiglanz im Eulengebirge . Ein vorurkundlicher Erzbergbau in diesem Gebiet ist äußerst unwahrscheinlich und nicht nachweisbar. Schon die Existenz von dichten Urwäldern und einer sehr dünnen Besiedlung der Region sprechen gegen einen frühen Erzabbau.

Periode 2
Etwa 50 Jahre ging alles gut, dann kamen in den Jahren 1419-1436 die Hussitenkriege. In dieser Zeit hatte Silberberg und die ganze Umgebung viel zu leiden. In Wünschelburg, Wartha, Kamenz und Frankenstein verübten die Hussiten unmenschliche Grausamkeiten und brannten anschließend diese Orte nieder. 1427 wurde Silberberg niedergebrannt.

Die Bergleute, die in den nahen Wäldern Schutz gesucht hatten und mit dem Leben davon gekommen waren, verließen die Gegend und gingen in ihre alte Heimat nach Sachsen zurück. Erst nach 100 Jahren, im Jahre 1527, nahm man unter der Regierung des Herzog Karl I. von Münsterberg-Öls den Bergbau von neuem auf. Unter den Bergleuten, die Karl I. aus dem Sächsischen Erzgebirge und aus dem „Mansfeldischen“ heranholen ließ, befanden sich auch Nachkommen jener Bergleute, die 1427 Silberberg verlassen hatten. Die alten Schächte wurden wieder instandgesetzt. Als erstes Haus baute man eine Schmiede und anschließend ein Wohnhaus nach dem andern. Wieder durfte das nötige Holz unentgeltlich in dem herzoglichen Wald gehauen werden. Auch finanziell unterstützte der Herzog den aufblühenden Bergbau. Erster Bergmeister war Georg Müller, der aus Meißen stammte. Außer den Bergleuten hatten sich im Laufe der Jahre auch Kaufleute und Handwerker aller Art niedergelassen. In kurzer Zeit zählte der Ort 62 Häuser und 600 Einwohner. Der Beginn einer weiteren Bergbauperiode in Silberberg läßt sich, urkundlich belegt, auf das Jahr 1454 datieren. Bei Wutke ist eine Urkunde vom 18. Mai 1454 erwähnt, nach welcher der Abt Ni-colaus von Heinrichau einer Gewerkschaft die Berggerechtigkeit auf den Klostergütern zu Silberberg und Schönwalde gibt.
Am 18. Mai 1454 gibt Abt Nikolaus von Heinrichau einer Gewerkschaft eine Bergbaugerechtigkeit, ausgestellt in Heinrichau, auf den Klostergütern zu Silberberg und Schönwalde. Als Gewerken werden genannt:
Paulo von Freyberg,
Erasmo Smelczer und
Meister Mikis von der Warthe.
In einer weiteren von Wutke referierten Urkunde vom 24. November 1459 werden einige Gewerken von Schönwalde genannt. Es sind dies: Thomas Dressier, Thomas von Ostirreiche, Bartholomeo Kazamer und Egidio und Cristano, zwei Bürger zu Cracow. Über die Dauer und den wirtschaftlichen Erfolg dieser Bergbauperiode zu Silberberg im 15. Jahrhundert gibt es keine urkundlichen Nachrichten.

Suggental, Stele zur Wasserkunst im Bergbau, Ausschnitt: Agricola, Georg.: De re metallica (1556).

Der durch die Hussitenkriege in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts abgebrochene Silbererzbergbau wurde ab 1454 neu belebt und hat zu dieser Zeit eine größere wirtschaftliche Rentabilität und Bedeutung erreicht.

Periode 3
Versuche der Reaktivierung des Silberberger Bergbaus im XV. Jahrhundert blieben ohne Erfolg. Erst ab dem Jahre 1519 existieren dann wieder Urkunden über eine er-folgreiche Neuaufnahme des Erzbergbaus in Silberberg : „… im Jahre 1519 erhielt Abt Vinzenz (Heinrichau) von König Ludwig von Böhmen und Ungarn das Mutungsrecht der klösterlichen Güter und nahm auf dem Territorium von Schönwalde den Silbererzbergbau wieder auf …“. Um diese Zeit gründete Karl 1., Herzog von Münsterberg-Oels, unmittelbar neben dem Bergwerk des Stifts das Städtchen Silberberg. Die mit dem Jahre 1519 einsetzende dritte Periode des Silberberger Erzbergbaus muß auch wirtschaftlichen Erfolg gebracht haben: „… im Jahre 1527 wurde der Bergbau in Silberberg wieder aufgenommen. Als der Erfolg dieses Unternehmens bekannt wurde, bildete sich eine Ge-werkschaft von Fürsten, Herren und Bürgern. Es wurde ein kleines Haus gebaut, welches zugleich die Bergschmiede war. Das war der Anfang von Silberberg. Es gab 86 Gewerken. Der erste Bergmeister kam aus Meißen, er hieß Georg Müller.

Zur Blüte sollte es im nächsten Jahrhundert kommen. Im Jahre 1527 wird eine Gewerkschaft zur Förderung der hiesigen Bodenschätze ins Leben gerufen. Die Bergbauarbeiten machten schnelle Fortschritte. Sie mußten auch lohnend sein, denn die Siedlung der Knappen wuchs stetig. Es waren etliche Stollen in Betrieb. Das geförderte Silbererz wurde nicht an Ort und Stelle verarbeitet, sondern nach Reichenstein gefahren. Am 24. Juni 1536 konnten die Herzöge Joachim, Heinrich, Johann und Georg von Münsterberg-Öls, die nach ihrem am 31. 5. 1536 verstorbenen Vater, Karl I., gemeinschaftlich regierten, den Bewohnern Silberbergs auf ihr Ansuchen die Bergfreiheit und dem Ort das Stadtrecht verleihen. Im Schloß zu Frankenstein nahmen die Vertreter Silberbergs diese wichtige, auf Pergament geschriebene Urkunde entgegen. Zur besseren Unterstützung des Bergbaues gründete man 1537 eine Gewerkschaft, der außer der Stadt und den genannten Herzögen noch die Prälaten von Kamenz, Heinrichau und Braunau und eine Anzahl Kaufleute angehörten. 1540 erhielt die junge Stadt ein eigenes Wappen, welches einen halben Adler auf drei Querbalken, umgeben von Schlegel und Haue, darstellt. Als Stadtfarben wählten die Silberberger blau-gelb. . In seinem oberen Teil befindet sich die Büste des schlesischen Adlers mit dem charakteristischen silbernen Halbmond auf der Brust. Dieses Fragment ist vertikal geteilt. Der Hintergrund der linken Seite ist golden, und die auf diesem Feld befindliche Hälfte des Adlers ist schwarz. Der Hintergrund der rechten Seite ist silbern, und die auf diesem Feld befindliche Hälfte des Adlers ist rot. Zwischen dem Kopf und den Flügeln des Adlers sind die Attribute des Bergbaus “Hammer und Schlegel” eingefügt. Das untere Feld des Wappens ist silbern und im oberen Bereich durch 3 schwarze Querbalken geteilt.

Seit etwa 1550 (Reformation) war die Bürgerschaft evangelischen (luthrischen) Glaubens. 1592 bauten die ”Luthrischen” die erste Kirche in Silberberg, die evangelische Kirche. Da Silberberg teilweise auf Boden des Klosters von Heinrichau (Zisterzienser) erbaut war, beanspruchten die Zisterzienser seit 1685 beim Kaiser in Wien die Kirche von Silberberg (Gegenreformation); 1696 wurde ihnen diese zugesprochen.
Der Bergbau war lohnend, die jährliche Ausbeute betrug etwa 1000 Ztr. Silbererz und Glätte. Das Erz verkaufte man nach Reichenstein in die Schmelze, und die Glätte verkaufte man den Töpfern. Die Namen der Gruben waren:
1. die Fundgrube samt dem Erbstollen auf dem geharnischten Mann, 2. der goldene Adler auf dem roten Borten, 3. der Hofrichter auf dem goldenen Knopf, 4. der goldene Stern, die heilige Dreifaltigkeit, das Einhorn, der Stollen zum Drum und der Stollen nach dem Gegendrum, 5. der St. Anna-Stollen.

Urkunde
Herzog Karl 1. teilt im Jahr 1519 seiner Schwester die Höhe seiner Einkünfte aus dem Bergbau mit: „Was aber den Reichstein betreffende ist, wolle E. L. wissen, daß er sich, Gott hab Lob, bessert Tag von Tage und Gott der allmächtige habe Lob, sind ein Jahr bis in die 6000 Gulden Genüsse.“
In einem anderen Brief schreibt Karl I. seiner Schwester : „… Das neue Bergwerk, Gott der ewige habe Lob, geht gewaltig an, denn wir haben wohl acht Zechen, darin gewaltig Bleierz ist; auch hat sich in zweien Zechen das Bleierz abgeschnitten und brich darunter ein gut Silbererz, daß zu hoffen ist, daß ein gewaltig Silberbergwerk da werden wird. So haben wir auch Erz gewonnen, daß wir hoffen, bis an 4000 Centner Blei daraus zu machen und das Blei enthält viel Silbers, der Centner zu 4 Loth, zu 7 Loth, auch bis in die 9 Loth. So baut sich bereits ein hübsch Städtlein; es sein auch jetzt über 24 Wirthe darin und daß ich gar guten Trost darzu hab. Der allmächtige Gott wolle ferner seine göttliche Gnade dazu geben und verleihen …“ (HS).
Der Gewinn aus dem Erzbergbau bewirkte eine finanzielle Stärkung des Klosters und des Herzoghofes. Finanzkräftige Gewerkschaften finanzierten die Bergbaubetriebe. Wasserhebevorrichtungen, Bewetterungsanlagen und Fördereinrichtungen wurden bei tieferem Eindringen des Abbaus in das Gebirge kostspieliger.
Im Jahre 1527 waren 86 Gewerke unternehmerisch in Silberberg tätig. (Fürsten, Prälate, Pfarrer, Adlige Herren, Bürger und Kaufleute).
Es gab in der Stadt Silberberg 62 Häuser.

Am 25. Juni 1536 erteilten die Gebrüder Joachim, Heinrich, Johann und Georg, Herzöge von Münster-berg, der Stadt das Privilegium „Bergstadt“ Im Jahre 1540 erhält Silberberg schließlich ein Wappenschild. Im Jahre 1599 brachte Herzog Joachim von Liegnitz als Grundherr von Silberberg eine neue Bergordnung ein. Er stiftete noch eine Gewerkschaft, an welcher die Stadt Silberberg mit 17 Kuxen beteiligt war. Mit seinem Tode im Jahre 1602 kam der Bergbau herunter, und Anfang des 30jährigen Krieges waren noch 6 Bergleute tätig, bis der Bergbau ganz zum Erliegen kam.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, deutlich vor 1582, verpflichtete die Stadt Silberberg Zacharias Liebhold als Stadtschreiber und Schulmeister. Er stammte aus Saalburg im Vogtland. Er war wahrscheinlich vor seiner Berufung nach Silberberg Bergschreiber in Goldberg. Da die Stadt Silberberg keine eigene Kirche besaß, mußten kirchliche Handlungen (Taufen, Eheschließungen und Begräbnisse) in der katholischen Kirche zu Schönwalde verrichtet werden. Zum Gottesdienst gingen die Bewohner der Stadt an Sonn- und Feiertagen nach Lampersdorf oder nach Schönwalde. Im Jahre 1578 wurde deshalb mit den Planungen zum Bau einer eigenen Kirche begonnen.
Zacharias Liebhold hat sich sehr intensiv an den Planungsarbeiten be-teiligt. Er muß also schon deutlich vor 1578 in Silberberg seine Tätigkeit aufgenommen haben. Unter großen Schwierigkeiten haben die Bürger die Geldmittel für den Kirchenbau aufgebracht. Die Stadt konnte auch aus Geldmangel zunächst keinen Prediger anstellen. Zacharias Liebhold übernahm die Gestaltung eines Ersatzgottesdienstes und las den Kirchgängern an Sonn- und Feiertagen aus der Spangenbergschen und aus anderen Postillen vor. Er sang und betete mit den Gottesdienstbesuchern.
Die Liebhold’schen Gottesdienste waren bald so beliebt, daß Bewohner aus den umliegenden Dörfern Schönwalde, Herzogswalde, Raschdorf und Niclasdorf nach Silberberg zum Gottesdienst kamen.

Stollen Silberberg, AKA

Die Toten von Silberberg mußten immer noch in Schönwalde begraben werden. Zacharias Liebhold setzte die Anlage eines Friedhofes in der Stadt durch. Die Begräbnisse wurden von Liebhold mit seinen Schulknaben verrichtet. Die anderen kirchlichen Handlungen, wie Trauungen, Taufen und Darreichung des heiligen Abendmahles, wurden von den Pfarrern der umliegen-den Dörfer verrichtet (Ebersdorf und Waltersdorf im Glätzischen und Lampersdorf und Briesnitz im Frankensteinschen). Am Michaelistage 1592 wurde schließlich die Silberberger Kirche durch Pfarrer David Höher aus Reichenstein eingeweiht. Erster Silberberger Pfarrer wurde am Tage Simon Judä im Jahre 1592 Adam Cratander aus Löbau/ Oberlausitz bestellt. Er war Augsburger Kontession. Seine Entlohnung be-trug 18 Weißgroschen je Woche.
Liebhold, der inzwischen auch Schichtmeister in Silberberg für eine Entlohnung von 5 Ortsthalern je Quartal geworden war, nahm den Pfarrer in sein Haus auf. Cratander zahlte dafiir je Woche an Liebhold 12 Weißgroschen Logier- und Wohngeld (HS).
Durch Vorstellungen Liebholds bekommt die Stadt Silberberg einen Wochenmarkt und drei Jahresmärkte.

Grube Silbersegen, 1544 (Quelle: Össav))

Ehrung und Belohnung für Liebhold war seine Teilnahme als Abgeordneter der Stadt an den Beisetzungs-Feierlichkeiten fier Herzog Joachim Friedrich. Um das Jahr 1602 war Liebhold Bergrichter in Silberberg. Im Jahre 1614 legt er seine Stadtämter wegen hohen Alters nieder und zieht nach Reichenstein. Er wird dort Bergrichter und Ratsherr. Seine Besoldung beträgt 50 Thaler. Im Breslauer Staatsarchiv gibt es unter den Archivalien des Oberbergamtes Breslau eine verfilmte handschriftliche Abschrift einer Geschichte des alten Silberberger Bergbaus. In Form eines Dialoges zweier Bergleute, Felix und Justus, werden darin die markanten Entwicklungsphasen des Silberberger Erzbergbaus geschildert. Ab Seite 77 bis Seite 93 (also auf ca. 16 Seiten) wird das Gespräch der beiden vorn Anfang des Bergwerks und von der Erbauung von Silberberg wiedergegeben. Es soll etwa 1619 oder 1620 geführt worden sein. Auf Seite 78 stehen die Namen einiger Gewerken vom Jahre 1527:
„die Fürsten Joachim Heinrich, Johann Georg, Brüder und Herzöge von Münsterberg und Oels in Schlesien,
die Grafen zu Glatz,
Herzog Friedrich von Liegnitz,
der Markgraf zu Brandenburg und Jägerndorf
der Abt zu Heinrichau,
der Abt zu Kamenz,
der Abt zu Braunau,
der Pfarrer zu Frankenstein,
der Pfarrer zu Schönwalde.“
Es folgen in einer Fortsetzung der Liste die Namen von adeligen und bürgerlichen Gewerken, die in Silberberg gebaut haben. Auf Seite 80 ist die Liste der Bergmeister verzeichnet:

b) Im bereits zitierten „Bericht zweier Bergleute“ finden wir aus dem Jahre 1527 eine Gewerkenliste, in der Hochadel, Prälaten (Äbte), die Pfarrer von Frankenstein und Schönwalde und bürgerliche Personen gemeinsam die Gewerkschaft bilden.
c) Aus dem Stollberg-Bericht von 1746 kennen wir eine Gewerkenliste vom Jahre 1600. Darin wird auch eine Frau genannt (Fürstin Anna Maria geb. Prinzessin zu Anhalt). In dieser Aufzählung folgen Herzöge, hohe Beamte, ein Handelsmann zu Glatz und die Bergstadt Silberberg.
d) Im 16. Jahrhundert gab es aber auch Bergbauphasen, in denen Einzel-personen (Fugger-Thurzo-Konsortium und die Rosenberge) die Bergbau-Unternehmungen betrieben.

Stollen Silberberg, AKA

Über Schönwalde existieren einige Bergbauquellen, die eng mit dem Silberberger Bergbau verbunden sind. (Schönwalde/Kreis Frankenstein : 1207 = Rogitnice, 1254 = Schonenwalde, 1278 = Sonewalde; Budzow). Schönwalde war Stiftsdorf von Heinrichau Silberberg liegt in Schönwalde.

Feuersetzen; Historische Abbaumethoden; Aufbrechen des Gesteins (Erz) durch Feuersetzen; Kupfererzbergbau Mitterberg, Österreich; Quelle: Zeichnung von Pirchl (1918), in: Andree, J., Bergbau in der Vorzeit; 1922; Band 1; https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Bildanzeige?pict=1142504842

Die anfänglich positive Entwicklung der Stadt wurde jedoch bald gebremst. Und das hatte zwei Gründe: Erstens gingen die Erzvorkommen zu Ende und zweitens gab es keine neuen Investitionen. Die Münsterberger Fürsten verfügten nicht über das notwendige Kapital zum Ausbau des Bergbaus. Aufgrund von Schulden mußten sie ihre Herrschaft verkaufen. Der häufige Wechsel der Eigentümer war für die Entwicklung der Stadt und den Bergbau gewiß nicht förderlich. Seit 1581 gehörte Silberberg dem Fürst Wilhelm Ursinus von Rosenberg. Der neue Eigentümer hat sogar versucht, die Silberberger zu Frondiensten und zur Spinnerei zu zwingen. Nach seinem Tod im Jahre 1591 wurde sein Bruder Fürst Peter Wock von Rosenberg Eigentümer.
Im Jahre 1581 verkaufte Herzog Heinrich von Münsterberg-Öls die beiden Bergstädte Reichenstein und Silberberg an den Fürsten Wilhelm Ursin von Rosenberg, und am 27. September desselben Jahres huldigten die Bürger dem neuen Herrn. Ursin von Rosenberg starb 1591, und sein Bruder Peter aus Krummenau in Böhmen kam in den Besitz der Bergstädte. Er nahm die Huldigung am 14. Dezember 1591 an. Die beiden Städte Reichenstein und Silberberg behielt er aber nur bis 1599. In diesem Jahre verkaufte er sie an den Herzog Joachim Friedrich zu Liegnitz und Brieg, dem am 16. Oktober gehuldigt wurde. Von nun an blieben Reichenstein und Silberberg unter der Landeshoheit der Herzöge von Liegnitz und Brieg bis zum Aussterben des Schlesischen Stammes der Piasten im Jahre 1675.
Die Einwohner Silberbergs waren fast ausschließlich evangelisch. Sie besuchten die Gottesdienste in den Nachbarorten Lampersdorf, Schönwalde, Rotwaltersdorf und Volpersdorf. Im Jahre 1578 faßte man auf Anregung des frommen und gelehrten Stadtschreibers Zacharias Liebhold den Plan, sich eine eigene Kirche zu bauen. Durch Sammlungen und Kollektengelder wurden die ersten Mittel zum Kirchenbau beschafft, der öfters wegen Geldmangel eingestellt wurde.
Während dieser Zeit hat Liebhold in seinem eigenen Haus Schule gehalten, Bibelstunden und auch Lesegottesdienste veranstaltet. 1592 wurde das Gotteshaus fertiggestellt und am Michaelistage feierlich geweiht, weshalb es auch den Namen „ad St. Michael“ erhielt.
Der erste Geistliche war Adam Cratander aus Liebau. Sein Nachfolger wurde der Pastor Johannes Schilling, ein Sohn des Pastors Schilling aus Lampersdorf. In den Jahren 1592 bis 1593 wurde auch ein Friedhof angelegt, und zwar südöstlich hinter der Neustadt in Richtung Herzogswalde. Auf ihn wurden drei Linden gepflanzt, von denen in neuerer Zeit immer noch eine vorhanden war. An ihr war eine Tafel mit folgender Urkunde angebracht: „Anno 1593 ist dieser Gottesacker von den Bergleuten erleget und die drey Linden gepflanzet.“ Mit der Gründung der Kirche fiel auch die Einrichtung des evangelischen Schulsystems zusammen. Das 1593 vollendete Schulhaus stand an der Südseite der Kirche, unterhalb des Pfarrhauses. 1596 erhielt die Stadt von dem damaligen Oberherrn Peter Ursin von Rosenberg das Patronatsrecht über die Kirche und Schule. Dieses Recht ist von den späteren Landesherrn, den Herzögen von Liegnitz und Brieg, wiederholt bestätigt worden.
Um die Jahrhundertwende schrieb der Stadtschreiber und Schichtmeister Zacharias Liebhold alles auf, was sich bis dahin in Silberberg zugetragen hatte. Diese handgeschriebene Schrift, in Form eines Gesprächs zwischen zwei Bergleuten gehalten, war die erste Chronik von Silberberg. Das Büchlein wurde durch Zufall erst 1907 im Breslauer Stadtarchiv entdeckt.
Unter der Regierung des Herzogs Joachim von Brieg hatte der Bergbau noch zugenommen und erreichte seine höchste Blüte. Um das Jahr 1605 zählte die Stadt 130 Feuerstätten und 820 Einwohner. Nach dem Tode des Herzogs wendete sich das Blatt. Es fehlte an der nötigen Unterstützung durch die Besitzer. Sie wollten nur nehmen und nichts geben, so fehlte es dem Bergbau fast ganz an Betriebskapital. Er nahm ständig ab; am Anfang des 30jährigen Krieges arbeiteten nur noch 6 Bergleute, und gar bald brachte der unselige Krieg das Werk vollends zum Stillstand. Spätere Versuche, den Bergbau wieder in Gang zu bringen, blieben ohne Erfolg.
Anno 1602 hatte Silberberg bereits 129 Feuer Städte und 820 Einwohner. Durch den 30. jährigen Krieg, vornehmlich durch Brand und Pest, wurde die Stadt fast leer von Einwohnern, aber Anno 1681 muß sie wieder sehr volkreich gewesen sein. Denn in diesem Jahre finden sich die meisten Aktus im Kirchenbuche, nehmlich 43 städtische Kindtauffen, 9 Trauungen, 34 Begräbniße.

Stollen Silberberg, AKA

In der Zwischenzeit tobte der 30jährige Krieg (1618-1648), der hatte einen katastrophalen Einfluß auf die Stadt. Im Jahre 1633 ist Silberberg durch die kaiserliche Armee unter Führung Albrecht von Wallenstein völlig abgebrannt worden. Zerstört wurden fast alle Gebäude (125 Häuser) und das im Jahre 1592 eingeweihte evangelische Gotteshaus. Der Gipfel des Unglücks waren die Seuchen und Kontributionslasten in den folgenden Jahren. Der Bergbau war ruiniert.
Nur durch die Hilfe der Zisterzienser aus dem Kloster Camenz und der Fürsten ist es gelungen, Silberberg um das Jahr 1670 wieder aufzubauen. Das war aber schon eine ganz andere Stadt. Seine existenzielle Basis waren Spinnerei und Handel. Die direkte habsburgische Herrschaft erwies sich als ungünstig für die Stadt. Die vom Kaiser geförderte religiöse Gegenreformation verursachte, daß viele evangelische Familien Silberberg verließen. Das hat sich fatal auf die Wirtschaft ausgewirkt. Damit erneuerte sich auch der jahrelange Streit um die protestantische Kirche der Stadt, die 1696 von den Katholiken übernommen wurde. (A3) Im Jahre 1707 erhielten die Evangelischen endgültig ihre Kirche zurück, und für die katholischen Bewohner wurde am Klosenberg im Jahre 1709 ein hölzernes Gotteshaus gebaut. In den Jahren 1729-1731 wurde dann an der gleichen Stelle eine steinerne Kirche errichtet. Seit jener Zeit gab es 2 Kirchen in der Stadt (MA PRZ).
Ab 1519 treten finanzkräftige Gewerken in Silberberg an, um den Bergbau der nun beginnenden dritten Periode wiederzubeleben. In diese Zeit fällt auch die Gründung der Bergstadt Silberberg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch Herzog Karl I. (Podiebrad). Silberberg erhielt 1536 das Stadtrecht. Schließlich hat der 30jährige Krieg dieser Periode des flo-rierenden Silbererzbergbaus in der Gegend um Silberberg ein Ende gesetzt.

Periode 4
Im Jahre 1740 war der preußische König Friedrich II. in Schlesien einmarschiert und besetzte das Land, welches damals zum Kaiserreich (Österreich) gehörte. Die Kaiserin -Maria Theresia- versuchte ihren Herrschaftsbereich (Schlesien) zurück zu erobern. Es folgten die drei schlesischen Kriege (1740-1763). Nach Beendigung des dritten schles. Krieges, dem siebenjährigen Krieg, und dem Frieden zu Hubertusberg, verblieben Schlesien und die Grafschaft Glatz beim Herrschaftsbereich von Preußen. Davon war auch Silberberg betroffen, die Silberberger hatten dem neuen Herrscher schon im Jahre 1741 ihre Huldigung dargebracht. Von da ab bis zur Zeit der Regierung von Hitler war das Schicksal der Stadt unzertrennlich mit Preußen bzw. dem Deutschen Reich verbunden (MA PRZ).

Im Bericht des Grafen Christian Ernst zu Stollberg aus dem Jahre 1746, „Stollbergbericht“, wird eine wirtschaftliche Wiederaufnahme des Bergbaus im Mannsgrunde empfohlen .
Es heißt da u. a. : „… Ungeachtet dieser Umstände sind noch Gründe genug vorhanden, ei-ner kraftvollen Unternehmung zur Wiederbelebung des Silberberger Bergbaus einen guten Erfolg zu versprechen. Die Erze setzen in die Teufe nie-der, man hat sie nach Aussage der Bergleute, laut Bericht des Grafen von Stollberg, 10 Zoll an einem Stufferze mächtig, in Tieffen der Dreifaltig-keitsgrube, zur Zeit der Scharffenbergischen Versuche verlaßen, die tiefen Stollen stehen wahrscheinlich im Ganzen, da sie noch Waßer abführen, man kann sich also derselben bedienen, um das Gebirge wieder aufzu-schließen, und Künste darauf ausgießen zu laßen. Wasser, wenn auch nicht zum Betriebe eines Kunstgezeuges, doch zu einer Waßersäulen Maschine ist vorhanden. Pochwerke und Hütten können unterhalb des Mannsgrundes, wo letztere auch ehemals standen, angelegt werden. Holz zum Grubenbetrieb und Steinkohlen zur Coakung sehr qualifiziert sind in der Nähe. Die Bleypreise stehen in einem günstigen Verhältniß zu den wahrscheinlichen Gewinnungskosten. Die damit zu erbringende Zugutemachung der Reichensteiner rohten Schlühe verspricht einen nicht unbedeutenden Neben-gewinn…“ .
Die Stadt verdankt Namen und Entstehung dem silberhaltigen Bleiglanz, worauf man hier und in der Gegend (Mannsgrund) von 1370 – 1754 baute. Silberberg erhielt 1536 das Stadtrecht.
Der mittelalterliche Bergbau in der Silberberger Gegend dürfte überwie-gend „Stollenbergbau“ gewesen sein. Es gibt Teufen bis ca. 120 m Tiefe. Diese Angabe könnte man als Schachtteufe interpretieren. Es gibt aber sonst keine Hinweise auf Schächte.
Nach dem Stollbergbericht vom 9. September 1746 waren Anno 1536 folgende Gruben bebaut:
Heilige Dreifaltigkeit Fundgrube samt dem Erbstollen,
der göldene Adler,
der Hoferichter,
der goldene Stern,
der geharnischte Mann,
das Einhorn,
das Gegentrum,
der Stollen nach dem Gegentrum,
der Anna oder Anna-Maria-Stollen, welcher allein noch im Jahre 1619 im Betriebe war und den letzten Namen von einer der Briegschen Herzoginnen erhalten hat.
Im Stollberg-Bericht vom Jahre 1746 heißt es außerdem: „Die Alten seien niemals in die Teufe gegangen.“ .
Gewerken-Liste Silberberg 1600:
Mit Herzog Joachim Friedrich waren folgende Fürsten und Herren Gewerken:
Die fürstliche Gemahlin Anna Maria geb. Prinzessin zu Anhalt;
Herzog Karl von Münsterberg;
Johann Christian und George Rudolph Gebrüder Herzöge zu Liegnitz und Brieg;
Peter Wok von Rosenberg;
Joachim von Tschetschau, Rosenbergischer Rath und Marschall;
Etwas vom Fortgange und Aufhören des Silberberg´schen Bergbaues
Obgleich der Bergbau schon von den beiden Fürsten von Rosenberg ziemlich stark betrieben wurde, so nahm er doch unter der Regierung der Hertzöge von Brieg ansehnlich zu. Der Hertzog Joachim Friedrich zu Liegnitz und Brieg führte eine bessere Ordnung beim Bergbau ein, errichtete noch eine Gewerkschaft, an welcher die (unleserlich) Stadt mit 17 Kuxen Antheil nahm und bauete auch noch mehr Häuser auf. Die damalige Ausbeute der Bergwerke machte jährlich etwa 1000 Centner Silberertz und Glätte. Das Silberertz wurde nach Reichenstein in die Schmelze verkauft, wo aus dem Centner 2 bis 2 1/2 Loth Silber herausgebracht wurde. Die Mark (?) Silber wurd mit 4 1/2 Gulden ungarisch, der Centner rohes Ertz mit 36 Kreutzern bezahlt. Die Glätte verkaufte man den Töpfern. Hertzog Joachim starb den 25 Märtz a 1602 und die Regierung kam unter Vormundschaft. Da hatte dann der Bergbau nicht mehr die vorige Unterstützung und nahm nach und nach ab, so daß gegen Anfang des 30 jährigen Kriegs nur noch 6 Bergleute hier arbeiteten. Als der Krieg völlig ausgebrochen war, so konnte Niemand mehr an Fortsetzung des Bergbaues gedenken, und er blieb also bis zu Anfang des ietzigen Jahrhunderts liegen da man ihn wieder in Gang zu bringen suchte. Es fehlte aber an Vereinigung und Ernst so wie an den ehemaligen Vorteilen, weil insonderheit der fürstliche Wald, aus welcher das Holtz gegeben wurde, nunmehr dem Stifte zu Heinirichau gehörte. Man ließ die Sache also wieder liegen. Anno 1748 machte man wieder einen neuen Versuch und arbeitete bis 1754 gantz ohne Vorteil. Durch den siebenjährigen Krieg aber ward die Fortsetzung verhindert und gegenwärtig ist bei dem hohen Preise des Holtzes Eisens und Arbeitslohns gar nicht mehr an einen Versuch zu denken. obgleich Ertz genug, besonders unter dem Spitzberge noch zu finden wäre.
Im Zeitpunkt der Angliederung Schlesiens und der Grafschaft Glatz an die Preußischen Staaten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sah es mit dem Silberbergbau sehr übel aus. Es wurde nur noch der Fürstenstollen im Silberberger Grunde gebaut.
Der Silberberger Bergbau erlosch um 1750. Im Jahre 1781 besuchte der Reformpädagoge und Schriftsteller Johann Gottlieb Schummel Silberberg. Er fand in der Stadt 176 Häuser mit 900 Einwohnern vor. U. a. schreibt er: „Alte Bürger, die noch mit in den Schacht gefahren sind, versichern, daß unter dem Spitzberge und in dem sogenannten Mannsgrunde noch viel Silbererz verborgen liege: Allein die Theuerung des Holzes, des Arbeitslohnes, und der Fuhren, würden den Gewinn übersteigen.“
Die Bergbau-Privilegien gelten als rechtliche Basis des Silberberger Bergbaus. Die betreffenden Privilegien waren:
a) „Privilegium der Herzogbrüder Joachim Heinrich, Johannes und Georg. Herzöge zu Münsterberg und zu Frankenstein, Sonntag nach Joh. Bapt. 1536, in welchem der genannten Bergstadt für die Bergbautreibenden die unbedingte Abgabenfreiheit, freies Mahlen, Backen, Schlachten u. dgl., auch freie Wahl eines von den Herzögen zu bestätigenden Bergmeisters, sowie freies Grubenholz aus den herzoglichen Forsten zugesagt und nur wegen dieses letzteren «ein oder zwei Kux Erbtheil frei zu bauen» den Herzögen und, wofern der Bau auf denen <<Unterthanen- oder Ritterschafts-Gründen stattfindet> >, diesen vorbehalten; übrigens die Größe einer Fundgrube auf «drei Schnüre oder mehr, jetzliche zu vierzehn Lachter, die Breite auf 7 Lachter (halb in das Hangende, halb in das Liegende) «Gangfalls noch in ewige Teufe» bestimmt ist“.

Mons Argentium, 1661 (Quelle: ÖNB)

b) die von Peter Wockh, Herrn zu Rosenberg, damaligen Besitzer von Silberberg – Schloß Crummau den 10. Nov. 1596 erteilte Bestätigung des eben erwähnten privilegii, welches dahin teils beschränkt, teils erweitert wird, daß der Erbherr die Stadt verpflichtet: << wenn sie in künftiger Zeit alte Bergwerke vertanen und in Abgang geratnen liesse» wegen aes treten Backens, Mahlecu, Brauens, Schänkens u. s. w. der Grundherrschaft «wie anders bräuchlich etwas nach Erkenntnis zu reichen », indem zugleich die Stadt drei Jahrmärkte bewilligt und ihr Wasser verbessert erhält.
c) Bestätigung beider vorigen Urkunden durch die Vormundschaft der Gebrüder Johann Christian und Georg Rudolph, Herzöge zu Liegnitz und Brieg – in deren Besitz Silberberg zurückgekommen – Brieg 4. November 1603, sonst kommt darin nichts Besonderes vor.
d) Ein von eben dieser herzoglichen Vormundschaft den sechsten desselben Monats und Jahres – also nur zwei Tage später – zu Brieg ausgestellter Revers, aus welchem hervorgeht, daß die Stadt Silberberg, unter Vorbehalt ihrer Privilegien, sich des Betriebes des Bergbaus zu Gunsten der Herzöge vorläufig entschlagen und denselben dazu eine jährliche Beisteuer von 164 Thalern zugesagt hatte, deren Zurückerstattung zum Besten der Stadt fiir den Fall, daß die Herzöge gedachten Bergbau aufgeben sollten, in diesem Revers zugedacht wird.
e) Alle diese Urkunden sind in einer von den Herzögen Rudolph Georg, Ludwig und Christian zu Brieg den 4. November 1644 ertheilten sie bestätigenden Ausfertigung enthalten, welche demnächst in eine von Kaiser Leopold I. < aus habender landesffirstlichen Macht und Gewalt als re-gierendem Landesfürsten und Erbherrn erstbemeldeter Stadt Silberberg> zu Wien den 23. November 1676 ertheilte General-Bestätigung aufgenomen ist. In dieser werden jene Privilegien confirmiert, <… soweit dieselben der jetzigen Landes-Verfassung des Herzogtums Schlesien nicht zuwider und insoweit sie – die bergbautreibenden Bürger zu Silberberg – in deren wirklichen Besitz, Genuß und Observanz gekommen seien… >. Auch spricht diese Privilegien-Bestätigung von schuldigem Zehnt-Abführen und Verabfolgen von Silber und Blei an die königlich schlesische Kammer gegen deren Taxe.
f) Die neueste, nichts Wesentliches enthaltende Bestätigung ihrer Privilegien erhielt Silberberg von Kaiser Carl VI. “ als regierendem König in Böhmen und oberstem Herzog in Schlesien“ Wien 6. Februar 1733,
Im Jahre 1776 betrug die Anzahl der Bürger 196, gegenwärthig sind nur 160 Bürger und im vorigen Jahre (1794) waren 17 städtische evangelische Kindtauffen, 4 Trauungen und 23 Begräbniße.
Die Wiederaufnahmeversuche des Silbererzbergbaus in Silberberg und auch in der Grafschaft Glatz nach 1742 wurden in die Betrachtung einbezogen, da damit indirekt durch gefundene alte Pingen auf Lagerstätten von Bleiglanz-Erz geschlossen werden konnte.

Periode 6 1882 – 1907
Im Laufe der Jahrhunderte wurde verschiedentlich versucht, den Silberbergbau wieder aufzunehmen, zuletzt war das in den Jahren 1882 und dann noch einmal 1907. Beide Versuche führten zu keinem befriedigenden wirtschaftlichen Erfolg. Ein Silberbergbau in Silberberg war damit endgültig ad acta gelegt (MA PRZ S. 313).

Periode 7
Über die polnischen Versuche in der Nachkriegszeit den Bergbau in Silberberg zu etablieren, existieren einige kurze Aufsätze aus der Zeitschrift „Sudety“ (SB5), die mir leider nicht vorliegen.

Zeittafel Silberberg

24. Oktober 1331: „Bolko, Herzog von Schlesien und Herr zu Fürstenberg und Münsterberg, verkauft dem Kunrad von Schönwalde den Berg bei dem Dorfe Schönwalde im Frankensteiner Kreise mit allen Nutzungen und Einkünften, frei von jeder Dienstleistung etc. Es heißt u.a. : „qui mons vulgariter Silberberg dicitur usque ad aquam et lignis nunc e-sistentibus“ (Wutke, 1900, S. 17 Pos. 55).

1370: Urkundlich belegt ist der Beginn des Erzbergbaus durch Bergleute aus Meißen und Reichenstein auf Klostergrund (Heinrichau) von Schönwalde (Dittrich, 1815 [2000], S. 23).

1417: Silberberg wird an das Kloster Heinrichau verkauft (Wiese, 1903, S. 6).

1419: Die Stadt… „Frankenstein verkauft dem Kloster Heinrichau den Wald und das Gebirge oberhalb Lampersdorf im Weichbild Frankenstein, welcher Wald sich anhebt am Silberberge und wendet sich bis auf das rothe Wasser auf das Gemarke gegen Glatz“

1425-1432: Hussiteneinfall, die Bewohner fliehen

1519: Wiederaufnahme des Erzbergbaus und Gründung der Stadt durch Herzog Karl I.
Auf fünf Gruben werden bis zu 1000 Zentner Erz (Bleiglanz) jährlich gewonnen und in Reichenstein geschmolzen (mit etwa 100 kg Reinsilber)

1527: Es gibt 86 Gewerke (Fürsten, Prälaten, Pfarrer, Adlige Herren, Bürger und Kaufleute). Ein kleines Haus wird Bergschmiede

1528: In Silberberg leben 24 Familien

1536: Privilegium der Bergstadt Silberberg – Silberberg wird freie Bergstadt

1540: Silberberg erhält ein Wappenschild

1581: Im Jahre 1581 erwirbt Wilhelm von Rosenberg die Städte Reichenstein und Silberberg. Er erläßt am 1. Januar 1583 eine neue Bergordnung. Sein Nachfolger, Peter Wok von Rosenberg, bestätigt am 25. Oktober 1592 die Reichensteiner Privilegien

1582: Bürger „zündeln“ in der Stadt aus Protest gegen Forderungen des Grundherren Wilhelm von Rosenberg

1592: Die erste Kirche wird in Silberberg am Michaelistage 1592 geweiht

1592: Silberberg geht nach dem Tode von Wilhelm von Rosenberg an Peter Wok von Rosenberg

1599: Im Jahre 1599 verkauft Peter Wok von Rosenberg die beiden Städte Rei-chenstein und Silberberg an Herzog Joachim Friedrich zu Liegnitz und Brie& Am 26. Oktober 1599 findet die Huldigung statt

1599: Herzog Joachim Friedrich von Liegnitz verkündet als Grundherr eine neue Bergordnung

1614: Silberberg hat in 129 Häusern 870 Einwohner.

1633: Wallensteins Truppen zerstören die Stadt (Feuersbrunst)

1633: Pest in Silberberg

1678: Silberberg wird Kammerstadt

1759: Große Feuersbrunst, anschließend Einmarsch der österreichischen Truppen

1781 Johann Gottlieb Schummel besucht die Stadt. Diese hat 176 Häuser. Der
Bergbau war erloschen. Schummel trifft noch alte Bürger, die in den
Schacht gefahren waren.

1807 Juni 28/29.: Württemberger im Solde Napoleons schießen die Stadt in Brand

1899: Baubeginn der Eisenbahn (Zahnradbahn) von Langenbielau über Silberberg nach Schlegel und Mittelsteine (aus HS).

AKA (UM)

 

Jost Amman „Stände und Handwerker“ (1568)

Literatur:

DZIEKOŃSKI T., Wydobywanie i metalurgia kruszców na Dolnym Śląsku, Wydawnictwo Polskiej akademii nauk, Wrocław, 1972.

FECHNER H., Geschichte des schlesischen Berg- und Hüttenwesens in der Zeit Friedrichs des Grossen, Friedrich Wilhelm’s II und Friedrich Wilhelms III, 1741 bis 1806, Berlin 1903.

FESTENBERG- PACKISCH H., Der metallische Bergbau Niederschlesiens, Wiedeń 1881.

GREINER P., Kartografia górnicza na Śląsku od XVI do pierwszej połowy XIX wieku, Uniwersytet Wrocławski, Wrocław, 1997.

LIBER-MADZIARZ E., MADZIARZ M., Historia górnictwa kruszcowego w Górach Sowich wraz z dokumentacją zachowanych obiektów, Wydział Górniczy Politechniki Wrocławskiej, seria Raporty, niepublikowany.

PIĄTEK E., Historia dolnośląskiego górnictwa węgla kamiennego od XV do połowy XVIII w., Prace naukowe Instytutu Architektury, Sztuki i Techniki Politechniki Wrocławskiej, Wrocław 1989.

PRACA ZBIOROWA, Surowce mineralne Polski, Ossolineum, Wrocław, 1983.

STOLARCZYK T., Der Bergbau in Niederschlesien in 13.–14. Jahrhundert_– Stand der archäologischen Forschungen (Mining in Lower Silesia in 13th and 14th century.– the state of the archaeological research,), PRÆHISTORICA XXXI, UNIVERZITA KARLOVA V PRAZE, 2013, s. 661–685

WUTKE, W. (Ed.), Codex diplomaticus Silesiae, t. XX i XXI, Breslau, 1900


Exkurs:

Herbert Felkel (2010): Zur Frühgeschichte Silberbergs

Gedanken über die erste Siedlung in Silberberg, wer hat sie veranlaßt, wer war Grundeigentümer ?
Gedanken zu diesem Thema mit einer Quellensammlung, die dem jeweiligen Original mit den entsprechenden Fußnoten (hier als Endnoten dargestellt) entnommen sind.
Von Herbert Felkel (2010)
Über die Geschichte der Stadt Silberberg im Eulengebirge ist in verschiedenen Schriften geschrieben, aber auch viel abgeschrieben worden.
Die Berichte beginnen zumeist mit der Feststellung: 1370 kamen Bergleute aus Meißen und aus Reichenstein und schürften nach Silbererz. Aumann gibt in seiner 1903 herausgegebenen Schrift “Silberberg und das schlesische Gibraltar” sogar ein exactes Datum an, am 22. September 1370. Weder Aumann noch andere Schriftsteller nannten eine Quelle.
Diese nicht durch Quellen belegten Behauptungen haben mich schon lange irritiert. Es kann doch kein Zufall sein, wenn sich an einem Tag (Uhrzeit wurde nicht genannt) Bergleute aus zwei Himmelsrichtungen auf dem Silberberge trafen. Die Bergleute haben sich nicht zufällig getroffen, sie wurden gerufen, aber von wem ???
1536 erhielt die bis dahin namenlose Ansiedlung der Bergleute den Namen Silberberg und die Rechte einer Stadt, 1540 erhielt Silberberg ein eigenes Wappen.
Über den Bergbau gibt die Schrift von Zacharias Liebholdt, aus dem Jahre 1616, “Gespräch zweier Bergleute” Auskunft. Über die Besitzverhältnisse (wem gehörte Grund und Boden der Stadt und in welchem Ausmaß) wurde bisher nicht berichtet.
Über Bergbau, Festungsbau, Fritz Reuter usw. wurde viel geschrieben. Bisher hat sich aber noch niemand gefunden, der die Anfänge des Ortes Silberberg erforscht.
In “Unsere Heimat” -Monatsblätter für Heimatkunde und Heimatkultur, Beilage zur
Frankenstein-Münsterberger Zeitung -Nummer 8 Jahrgang 1935 wird eine Chronik vom ersten Silberberger katholischen Pfarrer erwähnt, aber kein Mensch interessierte sich dafür.
Zwei weitere Umstände haben mich lange irritiert, weil ich ihre Bedeutung nicht kannte.
Das Gebiet jenseits des Passes von Silberberg bis zur Hängebrücke hieß “Oberschönwalde”
Der Einwohnerliste von Herzogswalde konnte ich entnehmen, daß die ersten Häuser ebenfalls zu Schönwalde gehörten. Und die Herzogswalder Försterei von Lencer lag in Ober-Schönwalde.

Das waren Fragen, zu denen ich keine schlüssige Antwort bekommen konnte. Im Jahre 1907 verfasste Pfarrer Georg Körner seine Schrift “Denksteine von Stadt und Festung Silberberg”, deren Erlöse er dem vom vorherigen Pfarrer geschenkten “Augustinus-Stift” zukommen ließ: Das hinter der Stadt liegende Oberschönwalde wurde am 8. Mai 1903 vom Gutsbezirk Schönwalde abgetrennt und der Stadt Silberberg einverleibt. 1927 erfolgte die Eingemeindung der Forstgutsbezirke Herzogswalde und Raschgrund zu Silberberg.
Herbeigerufen von den Piastenfürsten wurden im 12. und 13. Jahrhundert in Schlesien viele neue Dörfer gegründet. Dies geschah durch sogenannte Lokatoren, welche in anderen deutschen Landschaften Siedler anwarben und in Schlesien ansiedelten. Häufig war zuvor viel Wald zu roden. Die Siedler bekamen, je nach Größe der Familie, einige Hufen Land, so entstanden die “Waldhufendörfer”. Auch die Zisterzienser beteiligten sich an dieser Kolonisierung, für unsere nähere Heimat waren die Zisterzienser aus Heinrichau maßgebend.
Über eine Ansiedlung in der Talschlucht, in welcher später der Ort “Silberberg” entstand, war keine Erwähnung zu finden.
Unser Hausarzt empfahl mir das Buch eines Franzosen, Charles Higounet, “Die deutsche Ostsiedlung im Mittelalter” .
Auf Seite 178 fand ich folgenden Bericht:
Kolonisation der Grenzwälder in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts:
In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gingen die rodungswilligen Bauern vornehmlich in die bewaldeten Regionen des Herzogtums Breslau und der Hochstifte an der schlesischen Grenze. Das Land im südwestlichen Winkel Niederschlesiens, das hinter dem “Hag” bei Löwenberg liegt1, und der südliche Teil der bischöflichen Ländereien, die Kastellanei von Ottmachau (Otmuchow/Polen), bieten zwei gute Beispiele (2).
Die älteste erhaltene, authentische Urkunde einer locatio in Schlesien bezieht sich auf den Grenzstreifen zwischen diesen beiden Gebieten. Dort ist von einer Dorfgründung die Rede, die Herzog Heinrich I. 1221 dem Unternehmer Menold anvertraute; das Dorf hieß ursprünglich Bautze, später Schönwalde, und liegt westlich von Frankenstein (Zabkowice/Polen) am Fuße des Eulengebirges. Für seine Anbaufläche waren 50 Hufen vorgesehen, und es wuchs zu einem typischen Waldhufendorf dieser Größenordnung heran; dem Lokator stand jede sechste Hufe zu, er war vom Pachtzins und dem Kirchenzehnten befreit; die Mühle und die Herberge des Dorfes bekam er in Erbpacht. Die neuen Siedler waren 14 Jahre vom Pachtzins befreit, da sie sich in dieser Waldregion angesiedelt hatten3. Wenige Kilometer nördlich davon liegt das Dorf Peilau (Pilawa), in das der Herzog gleichfalls deutsche Kolonisten geschickt hatte. 1230 erhielt die Abtei Kamenz 150 Hufen Wald mit der Maßgabe, deutsche Zuwanderer anzusiedeln4. Und in den Jahren darauf ließ die Abtei Trebnitz erneut den Forst von Zadlno angehen und dort Dörfer gründen (Heinsdorf und Kunzendorf, 1237; Olbersdorf 1240). Die Abtei Heinrichau rodete indesssen den Wald von Rudno (Gründung von Raudnitz 1241(5).

Heinrich Grüger berichtet in seinem Buch: “ Heinrichau, Geschichte eines schlesischen Zisterzienserklosters 1227 – 1977”
auf Seite 123:
Der Bezirk der Gebirgswälder
Im frühen Mittelalter bildete der Wald auf dem Gebirge die Grenze Schlesiens gegen Böhmen. Auf dem Kamm verlief die Preseka, ein Grenzverhau, der der Landesverteidigung diente und auch bei der Aussetzung von Schönwalde im Besitz des Fürsten blieb. Erst nach dem Abzug der Mongolen drangen die bäuerlichen Siedler feudaler Grundherren in das Gebirge vor, und an der Zerstörung der Grenzforsten beteiligten sich auch die klösterlichen Kolonisten von Schönwalde. Weil der Abt den Übergriffen seiner Siedler nicht entgegentrat, zog er sich den Unwillen Heinrichs III. zu6. 1331 verkaufte Bolko II. dem Schulzen Konrad von Schönwalde einen Teil des Gebirges mit dem “Silberberge” und dem “Mannsgrunde” (7). Diesen Wald erwarb das Kloster 1333 mit der Scholtisei Schönwalde(8), und mit den Ortschaften Herzogswalde und Raschgrund fiel 1406 auch der oberhalb dieser Dörfer gelegene Gebirgswald an das Stift (9). Diesen Forst erweiterten die Mönche, als sie der Stadt Frankenstein 1419 den ganzen Wald auf den Höhen des Eulengebirges bis an die Grenze des Fürstentums Schweidnitz abkauften10. Aber als man im späten 15. Jahrhundert Geld zum Wiederaufbau des Klosters brauchte, mußte Abt Antonius den nördlichen Teil der Wälder an die Familie Pogarell zu Lampersdorf verkaufen (11). In dem Gebirge, das dem Stift verblieb, errichteten 1439 Abt Nikolaus von Brieg und 1454 Abt Nikolaus von Wiesenthal Erzbergwerke (12). Aber das Unternehmen scheiterte, und erst als König Ludwig von Ungarn und Böhmen dem Stift 1518 das Mutungsrecht aller klösterlichen Besitzungen erteilte, ließ Abt Vinzenz im Mannsgrunde neue Silbergruben anlegen. Um dieselbe Zeit begründete Herzog Karl I. von Münsterberg das nahe Bergstädtchen Silberberg, dessen Bürger den Bergbau rasch zur Blüte brachten. Dabei behielt das Kloster das Patronatsrecht des Städtchens, da Silberberg auf einstigem Schönwälder Territorium entstand. Nach der Angliederung Schlesiens an Preußen verlor Heinrichau weitere Teile der Wälder im Eulengebirge. Denn als Friedrich d. Gr. in Silberberg den Bau einer modernen Festung begann, zwang er das Stift zur Abtretung der Forsten, auf deren Gebiet der Donjon mit seinem Mantelring und die Forts Hohenstein, Hornwerk, Kleine und Große Strohhaube, Fuchsredoute und Spitzberg, der gedeckte Kolonnenweg und die Kasernen entstanden (13). Der Rest der klösterlichen Wälder im Gebirge umfaßte rund 2500 bis 3000 Morgen guter Misch und Fichtenwälder, die von den Revieren Raschgrund und Herzogswalde betreut wurden und zu denen auch der wenig ergiebige Forst am nördlichen Abhang des Hartheberges gehörte. In den letzten Jahrzehnten der Existenz des Klosters brachten die Gebirgswälder dem Stift keinen Nutzen mehr, da der Ertrag, den man aus ihnen erwarten konnte, durch den wilden Holzeinschlag des Militärs beim Bau der Festung, im bayerischen Erbfolgekrieg 1778 und bei der Belagerung im Jahre 1807 aufgezehrt wurde (14).

Im folgenden Abschnitt sind Quellen nur zitiert :

25. 06. 1536 Joachim, Heinrich Johann und George gebrueder Herzogen zu Münsterberg geben Privilegien für die Gewerken von Schönwalde, Silberberg erhält für den Bergbau die Bergfreiheit (ber Z 502 und grü/ 124)

15. 03. 1574 Kaiser Maximilian II. gestattet den Herzögen zu Münsterberg zur Tilgung ihrer Schulden den Verkauf von Reichenstein und Silberberg (ber Z 749).

08. 09. 1581 Andreas, Bischof von Breslau, gibt als Oberlandeshauptmann eine Intimation bezüglich des Verkaufs von Reichenstein und Silberberg (ber/ Z 785) Der Verkauf geht an den Fürsten Ursin von Rosenberg (ges/ S. 15)

1591
Nach dem Tod des Fürsten Ursin von Rosenberg gelangen die Bergstädte Reichenbach und Silberberg in den Besitz seines Bruders Peter. Dieser verkaufte sie im gleichen Jahre an Herzog Joachim Friedrich zu Liegnitz. Dieser Fürst bestätigte die Rechte der Stadt und führte eine bessere Ordnung beim Bergbau ein. Er stiftete noch eine Gewerkschaft, an der die Stadtgemeinde mit 17 Kuxen beteiligt war.(ges S. 15)

15. 11. 1596 erhält Silberberg die Confirmation über Stadt- und Bergwerksprivilegien und das „jus vocandi“ eines Pfarrers und Schulmeisters Augsburgischer Confession von Herrn Peter Wock Ursin, aus dem Hause Rosenberg, welche auch später die Herzöge zu Liegnitz, Brieg und Wohlau bestätigten. (urk-ev S. 14)

17. 09. 1600 Kaiser Rudolph bestätigt den Verkauf von Silberberg und Reichenstein -inkl. Bergbau- von Peter Wog Ursin an Herzog Joachim Friedrich zu Liegnitz und Brieg. (berZ811)

30. 05.1637 Fürstentagsbeschluss u.a. wegen Steuerreste. Die Bergfreiheit Silberberg´s wird auf die Bürger begrenzt, welche im Bergwerk arbeiten, die anderen haben Steuern zu zahlen.(ber Z 865)

1675 Als im Jahre 1675 der letzte Herzog aus dem Stamme der schlesischen Piasten starb, wurden die Fürstentümer und mit ihnen auch die beiden Bergstädte Reichenstein und Silberberg dem Vertrage von 1537 zuwider von Kaiser Leopold I. an sich gerissen, sie standen unter österreichischer Herrschaft. (kör/ S. 13)

15. 04. 1713 Kaiser Karl VI belehnt die Gebr. von Schärffenberg mit dem Reichensteiner und Silberberger Bergwerke. (ber Z 992)

09. 06. 1714 Bericht der Breslauer Kammer an die Wiener Hofkammer über den Zustand des schlesischen Bergbaus.(ber Z 996 auf den Seiten 264, 265 )

Reichenstein und Silberberg sind erwähnt, es fehlt die Seite 266

Vor einigen Jahren erhielt ich einen Anruf von Hubertus Seidel (aus Heinrichhau gebürtig). Er hatte von Heinrich Grüger von einem Kirchenprotokoll aus Silberberg erfahren, 380 Seiten soll es umfassen. Das konnte ich mir zunächst garnicht vorstellen. Er berichtete mir dann, daß Heinrich Grüger dieses Buch bei seinen Recherchen zu dem Buch “Heinrichau, Geschichte ….” in der Diozösanbibliothek von Breslau entdeckte und daß man davon einen Mikrofilm erwerben könne, ob ich das wohl wolle? Ich sagte zu. Als ich nach dem Preis fragte, hörte ich 400,00 Mark. Aua, so teuer hatte ich mir das nicht gedacht, aber nun habe ich zugesagt. Hubertus Seidel arbeitete ebenfalls an dem Thema “Heinrichau”, aber auf der architektonischen Seite. Nach einigen Wochen rief er mich an, Besucher aus dem Kloster Heinrichau hatten den Film mitgebracht. Er war begeistert von diesem Fund und hatte sofort angefangen, diese alte Handschrift abzuschreiben. Bis zur Seite 293 ist er gekommen, dann verstarb er leider viel zu früh. Noch weiß ich nicht, wer diese Aufgabe weiterführen wird. Auch suche ich noch jemanden, der lateinische Textteile übersetzen würde.

Hier soll nur ein Ausschnitt zum Grundbesitz der späteren Stadt Silberberg beitragen.

Silberbergisches Kirchen Prothocollum
( von 1696 )
Von Erbawung Auf Undt vö11iges Abnehmen der königl Freyen Bergstadt Si1berberg .
Silberberg Unser Berg=Stättel hat den
Nahmen erhalten von dem Silber Ertz, so man
in Erbawung Bergwerks erstlichen reichlich gefun=
den; Lieget auf Closter Heinrichawischem Grunde, Schön=
waldischer Herrschaft, Zwischen Zweyen Bergen, dem einen
gegen Mitternacht, der Klußberg genandt,dem andren,
gegen Mittag, jetzt wegen darauf stehendem hochgerichte
der Galgenberg genannt. Zwischen diesen Zweyen
Bergen als in einem Canal Lieget die berg=Stadt in
zwey besondere Seithen, eingetheilet; deren eine wegen
der Sonne Anfall die Sommerseite genannt wird, und
ist dieße so ander Seithe des klußenbergs aufwerths an=
lehnet. Die andere, die wintherSeithe genannt, liget
an der Seithe des Galgenbergs; und wegen anfallenden
rauhen wintter lüften, so über den klusenberg herunter
auf diese Seithe mehr, als an die erste anfallen, also ge=
nennet, Diße zwey Seithen sindt die Orincipal Orthe
des Stättels, auf welchen so denn auch die besten häuser Erbauwet Sein,welche
mehrentheils daß berg=Recht haben.

Wie so manches mal im Leben, ist es auch hier: Man sucht und sucht, findet auch Antworten und dann kommt eine entscheidende neue Frage:
Das Kloster Heinrichau war nicht nur ein Kloster, welches sich nur geistlichen Aufgaben widmete, sondern betrieb die deutschrechtliche Kolonisierung und war – modern gesprochen – auch noch ein reales Wirtschaftsunternehmen. Auf Seite 121 ist bei Grüger z.B. zu lesen, daß aus drei Waldrevieren jährlich eine Holz-Ernte im Wert von 8.300 Talern erwirtschaftet wurde.

Hinweise zu den Quellen der Zitate
K. Wutke, Bergbau und H?ttenwesen, siehe auch Endnote 12 ges Felkel und Jelitto, Geschichte der Stadt und Festung Silberberg, 1927 gr Heinrich Gröger, Heinrichau Geschichte eines schlesischen ZisterzienserKlosters 1227 – 1977, 1978 kör Georg Körner, Denksteine von Stadt und Festung Silberberg, 1907 urk-ev Urkunden aus dem Turm der evangelischen Kirche, 1795

Zu der Fußnote 12 ist folgendes anzumerken:
Die Freiheit war nicht der Hauptplatz des Städtchens (Silberberg). Hauptplatz war und ist der Kirchplatz. Die “Freiheit” ist das Gelände oberhalb der Gärten der Winterseite, begrenzt zwischen dem Hotel zur Post und der “Kollewegasse” (auch Totengasse genannt), und läuft in der Neustadt hinaus bis zu dem kleinen Bauerngehöft von August Felgner, welches in einer Senke liegt, die etwa von der Entenpfütze herunterführt.
Die evangelische Kirche wurde erbaut 1578- 1592.


Neu erschienen:

Doris Fouquet-Plümacher: Franz Freiherr Gaudy 1827 auf der Festung Silberberg (Schlesien)

Ein neuer und liebevoll gestalteter Band der Frankfurter Buntbücher ist über einen Festungsgefangenen in Silberberg erschienen. In dem Bericht, der vom Kleistmuseum in Frankfurt an der Oder herausgegeben wurde,  wird die Festungshaft von Franz von Gaudy ausführlich geschildert.


Das Schicksal des Dichters Franz von Gaudy (1800-1840) weist Parallelen zu Heinrich von Kleist auf: 1800 in Frankfurt an der Oder geboren, führte der Weg des Sohnes eines preußischen Offiziers zum ungeliebten Militär – und zur Literatur. Gaudy schrieb sowohl Prosa als auch Gedichte, Balladen und Romanzen. Zu seiner Zeit im literarischen Deutschland geachtet und viel gelesen, ist er heute weitgehend vergessen, obwohl Spuren seiner Rezeption bis zu Arno Schmidt reichen. Franz von Gaudy ließ sich immer wieder auf Duelle ein; eines führte 1827 zu einer viermonatigen Haft auf der schlesischen Festung Silberberg (Twierdza Srebrnogórska).
Doris Fouquet-Plümacher folgt den Spuren Gaudys von Frankfurt über Potsdam und die Neumark bis nach Silberberg.

Doris Fouquet-Plümacher: Franz Freiherr Gaudy 1827 auf der Festung Silberberg (Schlesien), Frankfurter Buntbücher 65, Verlag Berlin Brandenburg, 04/2020, Hrsg. Wolfgang de Bruyn u. Anette Handke, Kleist-Museum, Fankfurt/Oder, ISBN 13 9783947215812, 32 Seiten, ca. 8 €, lieferbar ab 15.4.2020.

 



In Kürze: Bergbau in Silberberg – Vom Mittelalter bis in die Neuzeit

Lucas van Valckenborch, Stollen mit Wasserkunst und Schmelzofen, 1580.


Teil 3:

Karl-Heinz Pfeiffer – Die gewagte Flucht eines Jugendlichen war vergeblich

was bisher geschah:
April 1952: Flucht des deutschen Karl-Heinz Pfeiffer aus dem polnischen Arbeitslager bei Großolbersdorf
April 1952: Flucht durch Polen
April 1952: Flucht durch die DDR
April/ Mai 1952: Flucht nach Frankfurt am Main
Mai 1952: Überstellung ins Immigrationslager Ellis Island
22. Mai 1952: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „The Spokesman-Review“ , Washington
22. Mai 1952: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „COURIER MAIL“ , Brisbane
22. Mai 1952: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer in der „PITTSBURG POST GAZETTE“ , Pittsburg.
23. Mai 1952: angekündigte Rückführung nach Frankfurt (nach Zeitungsberichten), die jedoch nach Zeitungsberichten aus dem Jahr 1953 nicht stattfand (s.u.)

Aus einem Deutschen, der aus einem polnischen Lager in Schlesien floh, wurde in der amerikanischen Presse ein polnischer Junge, dem die Flucht durch den „eisernen Vorhang“ gelang (5.7.1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „THE CINCINATTI ENQUIRER“).

Juni 1952: CIA-Bericht über seine Flucht: Aufnahmedatum 18. Juni 1952
Juni 1952: CIA-Bericht über seine Flucht: Aufnahmedatum 20. Juni 1952
5.7.1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „THE CINCINATTI ENQUIRER“
5.7.1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „TERRE HAUTE TRIBUNE“, Terre Haute, Indiana
5.7.1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „ST. JOSEPH NEW PRESS“, St. Joseph, Missouri.
5.7.1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „SUNDAY MORNING STAR“, Wilmington, Delaware.
6.7.1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „THE CINCINATTI ENQUIRER“
6.7.1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer in „THE LIMA NEWS“, Ohio.
12. Juli 1953: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer in der LOS ANGELES TIMES (aus dem deutschen Flüchtling ist ein polnischer Teenager geworden… s.u.)

Brianna Nofil vom Department of History der Columbia Universität in New York  promovierte über das Thema „Die Macht der Inhaftierung: Gefängnisse, Lager und der Bau von Immigrantenhaftanstalten“. Brianna Nofil erhielt Ihren Bachelor of Arts (B.A.) in Geschichte und Politikwissenschaften von der Duke University. Danach wurden ihre Forschungen durch Stipendien des New Orleans Center for the Gulf South, der Goizueta Foundation an der University of Miami  und der University of Chicago unterstützt. Sie stammt aus Südflorida.

 
2016: In dem Aufsatz von Brianna Nofil, Ellis Island’s Forgotten Final Act as a Cold War Detention Center , wird das Schicksal von Karl-Heinz Pfeiffer ausführlich behandelt.

 

22. Mai 1952:

Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „The Spokesman-Review“ , Washington

 

RÜCKBLICK:
Nachdem Karl-Heinz Pfeiffer in Frankfurt am Main im Mai angekommen war, hat er es geschafft, sich in einem beheizten und unter Druck stehenden Frachtraum (für Tiere) einer PAN AM Maschine am 19. Mai 1952 nach New York zu schmuggeln.

Der „THE CINCINATTI ENQUIRER“ vom  5.7.1953 berichtet kurz von der Flucht und dem Moment, wie Karl-Heinz Pfeiffer an Bord der PANAM Maschine geriet.

Als BLINDER PASSAGIER wurde er kurz nach der Landung auf dem Flughafen IDLEWILD (jetzt John F. Kennedy Airport) entdeckt und den Behörden überstellt – nach dem Zeitungsbericht der LA Times.

Nach seiner Aussage hat er sich selbst den Behörden gestellt. Ohne Papiere und Ausweise wurde er auf die IMMIGRANTEN-INSEL ELLIS ISLAND gebracht und am 23. Mai 1952 nach Frankfurt zurückgeflogen.

22. Mai 1952: Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „The Spokesman-Review“ , Washington

Ein Jahr später im Juli 1953 – findet sich Karl-Heinz Pfeiffer wieder an dem exakten Platz in New York – in einem Schlafsaal auf Ellis island. Er versuchte wiederum ein Einreisevisum zu bekommen.

Diese Männer spielen eine Partie Boccia, eine italienische Form des Bowlings im Freien – Originalbildunterschrift (aus dem Zeitungsartikel über den Fall Karl-Heinz Pfeiffer im „THE CINCINATTI ENQUIRER“ vom  5.7.1953)

Jedoch waren zu dieser Zeit die Einreisebestimmungen soweit verschärft worden (Los Angeles Times vom 12. Juli 1953), dass er keine Chance hatte aufgenommen zu werden, obwohl die Symphatien der Beamten auf seiner Seite waren. Das Milwaukee Journal beschreibt seinen Fall als Drama. So hatte er keine Möglichkeit einzureisen (SUNDAY MORNING STAR vom 5.7.1953) und wurde vermutlich im Juli 1953 wieder nach Deutschland abgeschoben.

aus: „THE CINCINATTI ENQUIRER“ vom  5.7.1953

Der „CINCINATTI ENQUIRER“ berichtet, daß Karl-Heinz Pfeiffer als ehemaliger blinder Passagier keine Chance zur Einbürgerung in die USA hat. Da augenscheinlich die Rückführung nach Frankfurt per PANAM nicht durchzuführen war, wurde Pfeiffer zu einem der teuersten Einwanderungsfälle, da seine Unterbringungskosten über 1200 Dollar (3 Dollar pro Tag) betrugen.

Freiheitsstatue, Ellis Island und Skyline von Manhattan (Postkarte um 1950)

Gleich hinter der Freiheitsstatue war die Freiheit erst einmal wieder zu Ende. Befragungen, Untersuchungen, Tests – erst danach ging es in das Land der Freiheit und vielleicht sogar des Wohlstands. Wenn man nicht wieder zurückgeschickt wurde. Ellis Island im Hafen von New York war mehr als ein halbes Jahrhundert das Tor zu den USA, an dem Tausende auf Einlass hofften.

Am 12. November 1954 wurde das Aufnahmelager geschlossen, heute ist es eine der wichtigsten Attraktionen New Yorks. Fast jeder Amerikaner ist ein Einwanderer. Doch immer hatten die, die schon da waren, Furcht vor denen, die noch kamen – bis heute.


Teil 2: Ein neuer CIA-Bericht:

Die abenteuerliche Flucht des 18-jährigen Karl-Heinz Pfeiffer aus dem polnischen Arbeitslager bei Großolbersdorf nach Frankfurt am Main

Die Route im Frühjahr 1952

deutsche Ortsnamen

Frankenstein
westlich Breslau
Dyhernfurth
Parchwitz
Sagan
Sorau
Forst , südlich
Cottbus
Drebkau –
Calau (Senftenberg vermeidend)
Kirchhain
Dresden
Plauen
Hirschberg an der Saale.
Hof
Frankfurt / Main


polnische u. dt. Ortsnamen

Zabkowice
Brzezina sulowska
Brzeg Dolny
Prochowice
Żagań
Żary
Olszyna
Cottbus
Drebkau –
Calau (Senftenberg vermeidend)
Doberlug-Kirchhain
Dresden
Plauen
Hirschberg an der Saale.
Hof
Frankfurt am Main

(link: https://www.cia.gov/library/readingroom/docs/CONCENTRATION%20CAMPS%20PERSECUTION%20OF%20JEWS%20%20%28DI%20SEARCH%29_0014.pdf )

 

CIA Information Report Nr. 00-8-52155

Land Polen/Deutschland

Thema: Flucht eines deutschen Gefangenen aus einem bewachten Arbeitslager

 

Zeitraum April – Mai 1952

bis 22.5.1952

Aufnahmedatum 18. Juni 1952

 

Quelle: Karl Heinz Pfeiffer, ein 18 jähriger Deutscher, der geboren und aufgewachsen ist in der Nähe von Frankenstein, Upper Silesia  50 Grad 35 Minuten, 16 Grad 48 Minuten (nach wikipedia: Breitengrad von Ząbkowice Śląskie: 50.5893617, Längengrad von Ząbkowice Śląskie: 16.8132419). Wegen der Mitgliedschaft seiner Mutter in einer Nazi Organisation und seiner eigenen Mitgliedschaft in der HJ für 2 Jahre, er wurde festgenommen nach der Anektion von Schlesien durch die Polen und in einem Arbeitslager nahe seines Geburtsortes festgesetzt. Er war Gefangener von September 1945 bis zum 5. April 1952. Er erschien dem Interviewer als freundlichen jungen Mann, der bereit war Fragen zu beantworten um seinen Willen zur Kooperation soweit wie möglich zu zeigen.

 

1.: Als Insasse des Gefangenenlagers für ehemalige Nazis nahe Großalbersdorf, Kreis Frankenstein, plante ich meine Flucht eine längere Zeit. Als Kind, dessen Vater im Krieg getötet wurde und dessen Mutter seit dem zweiten Weltkrieg gestorben war, fühlte ich , ich hätte wenig zu verlieren – trotz meines Schicksals, dass mich erwartete, wenn ich in Polen oder Deutschland festgenommen werde.

Der Fakt, dass ich nicht komplett sicher in Westdeutschland wäre, zeigte sich mir im Frühjahr 1950. In dieser Zeit flüchtete ein 23-jähriger Gefangener mit der Nr. 1327, dessen Namen ich nicht mehr weiß, vom gleichen Gefängnislager nach Westdeutschland. Wie die Geschichte später im Lager erzählt wurde, wurde er gefangen genommen als der Hunger ihn dazu trieb, einen Bauernhof zu überfallen. Die Westdeutschen überstellten ihn an Ostdeutschland, von da aus wurde er zurück ins Gefangenenlager geschickt. Ich sah den Mann ankommen – mit Prellungen, die heftigste Mißhandlungen zeigten. Anschließend wurde er von den polnischen Gefängniswärtern geschlagen, über die Flucht verhört und erschossen. Wie ich verstanden habe, muß ein Flüchtling, um im Westen Asyl zu bekommen, seine politische Opposition zum Ostregime beweisen und ich bin mir nicht sicher, ob Nr. 1327 – oder ich im Falle (der Flucht) – dies hätte vermitteln können.

 

2.: Dieses Risiko berücksichtigend mußte ich klären, dass es sichere Umstände geben müßte. Die Gefangenen tragen keine Marken, die ihren Status bezeichnen (als polit. Gefangener?). Die Gefangenennummern waren weder tätowiert noch in anderer Weise waren auf dem Körper Zeichen angebracht, jedoch nur auf dem Gefangenenhemd vermerkt, welche eher wie Arbeitskleidung aussah.

So war es für einen Flüchtigen möglich, alle Spuren eines Gefangenen verschwinden zu lassen. Des weiteren fand ich keine Hinweise, dass die Gefängniswächter bestraft würden, wenn sie eine Flucht ermöglichten (?schlecht leserlich, U.M). Vermutlich wurde die Chance einer Flucht von Polen in den Westen als nicht existent eingeschätzt.

 

3.: Am 5. April 1952 führte ich meine Fluchtplan aus. Als ich von den Feldern zum Essen zum Gefängnislager zurückkam, realisierte ich, daß sich eine Fluchtmöglichkeit von selbst ergeben hatte. Die Wächter, die unserer kleinen Gruppe zugeordnet waren, aßen ihr Essen und die Aufsicht war minimal. Ich sagte meinen deutschen Kollegen, daß ich austreten müßte und rannte zu dem an das Feld angrenzenden Wald. Da man meine Rückkehr erwartete, rannte ich durch die Wälder solange ich konnte. Dann stoppte ich und wartete auf den Anbruch der Nacht. Ich hatte keine Anzeichen, jetzt oder später, dass Suchtrupps nach mir ausgesendet wurden.

 

  1. : An diesem Punkt hatte ich mehrere Alternativen, die polnische Grenze zu erreichen. Ich konnte mich südwärts wenden und in die CSSR fliehen. Obgleich dies die kürzeste Route aus Polen war,   war mir aber klar, dass auf diese Weise nichts gewonnen werden könnte (d.h. das Risiko sehr groß wäre, U.M.).

Wenn ich die ostdeutsche Grenze anstreben würde, könnte ich dort versuchen meinen Weg westwärts durch das Eulengebirge und Riesengebirge Richtung Görlitz zu bewältigen. Ich wußte jedoch, dass dieses Gebiet stark durchsetzt durch Sowjetarmee war und das dort die meißten Routen durch sowjet. Armee-Personal kontrolliert wurden. Ich entschied mich für eine ziemlich umständliche Route, da ich dort – wie sich auch später bestätigte – ein Minimum an Kontrollen erwarten dürfte.

5.: Es sollte verstanden werden, dass ich alles aus eigener Vorsicht tat. Ich marschierte nur in der Nacht, am Tage hatte ich mich versteckt und ausgeruht. Ich überquerte keine größeren Brücken in der Annahme, dass sie kontrolliert würden; genauso habe ich nicht  versucht kleine Brücken über schmale Flüßchen zu überqueren, ich konnte für mich nicht festlegen, ob diese Vorsicht in allen Fällen notwendig gewesen ist. Nach 10 Tagen erreichte ich ((Anmerkung AKA: Wetter am 22. April 1952 Trotz milder Temperaturen (Mittelwert 11,8°C) und überwiegend trockener Witterung erfüllen sich im April 1952 Hoffnungen auf ein strahlendes Frühlingswetter nicht. Der Himmel bleibt meist trübe, die Sonne lässt sich nur selten blicken.)) die ostdeutsche Grenze.

Wie auch immer – ich konnte nur ein Minimum an Nahrung zu mir nehmen – bis auf eine Ausnahme: nach einigen Tagen war ich so schwach vor Hunger und Durst, daß ich zu einem Bauern (polnischen) ging und um Essen bat. Wenn der Bauer unfreundlich gewesen wäre, hatte er mich den Behörden übergeben können. Indessen gab er mir Kartoffelsuppe und einen Laib Brot für sofort und einen weiteren für die Weiterreise. Da ich deutsch sprach, mag er meine (Flucht-) Absicht erkannt haben, aber er fragte mich nicht aus. Wie bei früheren Ereignissen hatte ich den Eindruck, dass die polnischen Bauern (eingeschlossen den wenigen Weißrussen, die in ehem. deutschen Gebieten angesiedelt wurden) dem neuen (kommunist.) Regime nicht positiv gegenüberstanden und mußten so notwendigerweise nicht von einem deutschen Fahrenden gefürchtet werden. Zu einem anderen Zeitpunkt als ich schon richtig nah an der deutschen Grenze war, fragte ich an einem Bauernhaus nach Essen. Ich war sehr vorsichtig und erkannte einen Mann in Uniform im Haus  und so gab ich den Kontaktversuch auf und ging mit leerem Magen weiter.

6.: Zusätzlich zu den Vorsichtsmaßnahmen, möchte ich sagen, dass ich Hauptstrassen und Strassen soweit wie möglich vermied. Besonders nachts wäre jede Begegnung risikoreich gewesen, da ich kein polnisch verstand und sprach; daher ging ich auf Pfaden und durch Wälder. Da ich wie ein armer Bauernknecht aussah, dachte ich, ich würde so wenig Verdacht erregen. Da ich keine Karte hatte musste ich mich an Strassenbezeichnungen halten für die Richtung. In den meisten Fällen waren noch deutsche Wegweiser vorhanden, vereinzelt waren die neuen polnischen Namen hinzugefügt. Mit meinem grundlegenden polnisch Kenntnissen, die weitverbreit sind unter Schlesiern, fand ich meinen Weg auch dann, wenn die Schilder nur in polnisch waren.

  1. : Zuerst folgte ich der nördlicheren Route. Ich fand die Orte nördlich von Frankenstein dünn besiedelt vor. Ich hatte Breslau westlich zu umgehen, da ich nicht wußte, wie in der Stadt kontrolliert wurde, die eine große sowjet. Besatzungstruppe enthielt. Ich schwamm in Sichtweite von DYHERNFURTH (51 16 zu 16 43, Breite max der Oder 50 m, AKA) durch die Oder. Das nächste logische Ziel war Liegnitz. Es war Gemeinwissen innerhalb der polnischen Bevölkerung, wie wir Gefangenen es aus den Gesprächen der Gefängnisgarde erfahren haben, dass das Gebiet von Liegnitz ein Militärgebiet und für Zivilisten verboten war (Quelle hat keine weiteren Infos dazu). Daher überquerte ich die Oder wiederum bei Parchwitz und ging westwärts nach Sagan und Sorau. Ich erreichte den Fluß Neisse, welcher in diesem Gebiet die Grenze zwischen Polen und Ostdeutschland bildete, südlich von Forst (Die Quelle dachte er überquerte 40 bis 50 km südlich von Forst, in Sicht der Fakten nahm er eher einen generell westlicheren Kurs und erreichte anschließend COTTBUS, es scheint so, er war näher an Forst als er dachte).

Die Fluchtroute im Osten

  1. : Die deutsch-polnische Grenze ist ganz gut bewacht, besonders an der poln. Seite. Ich hatte vorher gehört – und meine Erfahrung bestätigte dies – dass polnische Doppelstreifen jeweils eine Strecke von 100 m patrouillierten; es ist so zu verstehen, dass die Soldaten von einer Position starteten dann 100 m gingen und umkehrten zum Startpunkt. Zusätzlich waren vielen der Grenztruppen von Hunden begleitet. Ich fand es unmöglich, an einem Punkt von mir als günstig ausgewählten Punkt die Grenze zu überqueren, da ich Hundegebell hörte. Daher ging ich stromabwärts bis ich ein kleines Boot am Ufer liegen sah. Ich war froh, dass es regnete und daher die Grenzwächter nicht mit ihren Hunden den Dienst versahen. So sprang ich ins Wasser zum Boot , löste das Boot und ließ mich im Boot stromabwärts treiben. Ich lenkte es so nah wie möglich an die deutsche Seite und schwamm dann einige Meter. Als ich die deutsche Seite erreicht hatte, sah ich das Licht eines Zündholzes , augenscheinlich entzündet von einem VOPO der Grenztruppe. Ich mied ihn und einen anderen VOPO in der Nähe, den man gegen den Himmel erkennen konnte und so ging ich durch das hohe Gras weg vom Fluß. Glücklicherweise hatten die Deutschen keine Hunde. Ich hatte einige Geschichten über Grenzflucht durch Deutsche gehört und nahm einige Hinweise für mich davon auf. Es schien, einige Deutsche, die nahe der poln. Grenze wohnen, überschreiten die Grenze der Neisse bei Nacht. Sie finden die Ostmark hat einen größeren Wert als der Zloty und daher kaufen sie einige Güter günstiger in Polen. Die Grenzwächter sagten, achtet auf diesen Verkehr und mischt euch nicht ein. Von meiner Seite kann ich nicht sagen, ob dies noch aktuell so ist.

9.: Auf der deutschen Seite kam ich nicht sehr weit, da ich mir ein Versteck suchte und machte dort Rast für viele Stunden. In dieser Zeit war ich in einer armseligen Konstitution: nass, hungrig und völlig erschöpft. Ich entschied mich nun, mein Glück in Cottbus zu versuchen. In der Stadt erkundigte ich mich nach dem Roten Kreuz und ging dorthin. Eine ältere Dame, der ich alles erzählte, empfing mich. Ich erzählte ihr jedoch nicht von meinen weiteren Plänen. Es war ganz offensichtlich für mich, dass die Frau mich nicht an die Behörden überstellen würde (die erste Person in die ich Vertrauen hatte seit meiner Flucht vom Gefangenenlager eineinhalb Wochen vorher). Sie gab mir zu Essen und Unterkunft für die Nacht. Wie immer bin ich kein unnötiges Risiko eingegangen und verließ meine Unterkunft vor Tagesanbruch.

 

10.: Ich fand es sehr einfach durch ostdeutsche Städte ohne Dokumente zu reisen, ich hatte keine Polizeikontrollen irgendwo und wenn es dort irgendwelche Fallen für Menschen wie mich gegeben hat, so habe ich sie nicht bemerkt. Der große Vorteil im Vergleich zu dem Trip durch poln. Territorium war, dass ich die Sprache beherrschte und konnte mich so erkundigen über die Ziele, die ich auf meiner Wanderung erreichen wollte. Ich lernte einige Gebiete kennen, die für die deutsche Zivilbevölkerung geschlossen war. Auch dort war die Angst vor Entdeckung nicht sehr groß. An großen und kleinen Strassen, Zeichen in deutsch, russisch, polnisch und tschechisch würden sagen: „Halt Sperrgebiet!“ und würden einen Umleitung nahelegen. Diese Zeichen selbst waren nicht bewacht. Mir wurde gesagt, dass etwas weiter die Strasse entlang erreiche man geschlossene Militär Areale, die bewacht sind und die den Befehl haben Fussgänger aufzuhalten, doch versicherte ich mich, dass ich nicht hinter diesen Schildern weiterging.

 

11.:  Sperrgebiete:

  1. a) Das Gebiet von Lübbenau im Spreewald, wo sowjet. Ingenieurtruppen sind, bezugnehmend auf eine Aussage eines deutschen Bauern nahe von Cottbus.
  2. b) Senftenberg Gebiet, Ort von Briquette-Minen, wo sowjet. Kommunikationstruppen stationiert sind.
  3. c) einige Gebiete nähe Wittenberg am Ufer der Elbe, wo Gebirgstruppen trainiert werden sollen, ich kenne das Gebiet, bin ihm aber nicht näher gekommen

 

12.: Ich ging weiter meißtens in der Nacht, aber ich blieb nah an den Straßen, um nicht versehentlich in Militärgebiete zu gelangen, immer noch vermied ich große Straßen.

In den Städten sah ich meist VOPOs mit Karabinern. Die deutschen fürchteten sich nicht sehr vor ihnen und so versteckte ich mich nicht immer, wenn ich die VOPO Uniform  sah.

Ich nahm folgende Route:

Drebkau  – Calau (Senftenberg vermeidend) – Kirchhain –  Dresden – Plauen – Hirschberg an der Saale.

Ich hatte nichts wichtiges auf dieser Strecke erlebt, welche ich in einer Woche absolvierte. Es waren viele Sowjettruppen in  Dresden und in der Gegend von Hirschberg.

 

13.: Ich überquerte die Zonengrenze von Hirschberg nach Hof in vollem Tageslicht. An der ostdeutschen Seite war die Grenze durch sowjet. Wächter bewacht. Ich hatte gelernt, dass viele die Grenze in Sichtweite der Sowjetmilitärs überquerten. Normalerweise wurde nicht gegen Grenzübergänger vorgegangen. Manchmal wurden jedoch – es war nicht voraussehbar – Grenzgänger festgenommen, insbesondere wenn die notwendigen Papiere nicht existierten (über die ich nichts wußte). Es schien mir, dass man den Arrest leicht vermeiden konnte. Die sowjet. Grenztruppen operierten von speziellen Wachthäusern aus, welche beschildert und nachts beleuchtet sind.

Mein Gefühl war es, dass die meisten Grenzgänger diese Wachthäuser mieden. Jedoch war es dann ziemlich sicher, die Grenze in der Nähe zu überqueren – oder zu warten bis die Arrestwellen abnehmen. So watete ich durch den Saale Fluß mit vielen anderen und es war weder eine Herausforderung noch irgendein Gang in Gefahr auf der Strasse in die Freiheit.

 

14.: In Westdeutschland, ging ich langsamer als vorher, ich erhielt essen, arbeitete bei Bauern und erhielt Zettel für Herbergen für Flüchtlinge. Ich registrierte mich nicht bei jedem Ort und erzählte nicht jedem die Geschichte meiner Flucht, da es mein Ziel war Deutschland zu verlassen und der Unmöglichkeit, dies innerhalb einer angemessenen Zeitraumes rechtlich zu tun. Nach weniger als einem Monat Aufenthalt in Westdeutschland flog (verstaut …) ich mit einem PANAMERICAN AIRWAYS STRATOCRUISER  als blinder Passagier vom Rhein-Main Flughafen in Frankfurt am 19. Mai 1952, angekommen am 20. Mai und gelandet in Idlewild International Airport, nach New York am 21. Mai, wo ich mich selbst den Behörden stellte.

ENDE

 

Gesamte Flucht (1033 km) vom 5.4.1952 (Großolbersdorf) bis 19.5.1952 (Frankfurt/Main).

Schlußbemerkung

Da neben den CIA-Berichten kaum Anhaltspunkte für dieses Lager bestehen, bitten wir darum, dass sich Zeitzeugen beim Archiv melden, die weitere Hinweise geben können. Karl-Heinz Pfeiffer – wahrscheinlich 1934 in Großolbersdorf/Olbersdorf (s. erster CIA-Bericht unten) geboren – und 1952 in die USA ausgewandert ist uns ebenfalls noch nicht bekannt (Infos bitte per mail an alfred-kollewe-archiv@t-online.de).


ERSTE Archivalie im Jahr 2020

DER WANDERER AUS DEM EULENGEBIRGE

Heute am 3.1.2020 kamen die ersten Exemplare der Zeitschriftenbeilage „Der Wanderer aus dem Eulengebirge“ im Archiv an. Die Exemplare stammen aus dem 6. Jahrgang und somit aus dem Jahr 1860. Die 120 Jahre alten Originale sind noch gut erhalten und beinhalten eine Fülle lokaler Informationen, die 2020 ausgewertet werden sollen.

 

 

Preußisches Signum der Zeitschrift (1855-1885)


Fundstück des Monats

Anzeige aus dem Silberberger Stadt-Blatt vom 18. Juni 1898

(Die Zeitschrift wurde gespendet von Frau Weissgerber. Vielen Dank!)


Festung zu vermieten: Fort Hohenstein

(Ausschreibung s. unten)

Die Ausschreibung zur touristischen Nutzung

Südansicht der Hohenstein-Esplanade nach Bley (aus: Wolfgang Bleyl: Die Festungsanlagen von Silberberg, AKA1996, S.28).

Fort Hohenstein nach Bley (aus: Wolfgang Bleyl: Die Festungsanlagen von Silberberg, AKA1996, S.29).

AUSSCHREIBUNG

vom 4.9.2019

Der Präsident des Verwaltungsrates der Silberberger Festung kündigt eine schriftliche Ausschreibung für die Verpachtung des Fort Hohenstein mit einem Teil der Promenade im Bereich der Festung Silberberg mit einer Grundstücksgröße von 480 m2 an.
Ziel des Unternehmens ist es, die historischen Werte, Landschafts- und Naturwerte des Objekts zu bewahren, zu festigen und freizulegen.
1. Gegenstand der Ausschreibung ist die Pacht von Fort Hohenstein mit dem umgebenden Wassergraben sowie der Promenade, die Gesamtfläche der Pacht von 2 ha, einschließlich der Fläche der Räume (Kasematten) von über 500 m2 . Das Objekt ist im Denkmalregister des Bezirks Niederschlesien unter der Nummer A / 4708/861 eingetragen.
Eine gepflasterte Straße führt zum Fort mit einer Länge von ca. 1000 m, mit Fahrverbot, außer für Fahrzeuge, deren Bewegung mit Zustimmung des Hauptverwalters-Gemeindeverwalters der Gemeinde möglich ist
Die Grenze und das Gebiet des Grundstücks sind in Anhang 1 der Bekanntmachung angegeben. Der Bereich der Räume und Orte, die geschützt und repariert werden müssen, ist in Anhang 2 aufgeführt.
Vorgeschlagene Mietdauer:
7 Jahre mit der Möglichkeit einer Verlängerung für einen längeren Zeitraum in Abhängigkeit von der vorgeschlagenen Entwicklung. Es wird empfohlen, nach Absprache mit dem Eigentümer eine lokale Vision des angebotenen Pachtgebiets einschließlich der vorhandenen Versorgungsunternehmen zu erstellen.
Ansprechpartner: Grzegorz Basiński, Tel. 515 353209, E-Mail: serwisacja@forty.pl II.
Die Festung wurde in den Jahren 1768-1777 erbaut und gehört zum Komplex der Festung Srebrna Góra (1765-1777), die als einzigartig im europäischen Kulturerbe anerkannt ist und eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Niederschlesiens darstellt. Die Einzigartigkeit des Gebäudes und sein Rang wurden 2004 durch die Verordnung des Präsidenten der Republik Polen anerkannt, die der Festung den Status eines historischen Denkmals verlieh.
Der Zweck des Baus des Hohenstein bestand darin, die östliche Annäherung an Donjon unter Kontrolle der Stadt und der umliegenden Hügel zu verteidigen. Mit dem Kern der Festung – der unteren Bastei und dem Donjon – ist sie durch eine Promenade verbunden. Die Renovierung wurde in den Jahren 1926-1928 durchgeführt.
Das Kriegsgefangenenlager Oflag VIII „b“ (15. Dezember 1939 – 1. September 1941) wurde für die polnischen Offiziere in den Forts Spitzberg und Hohenstein errichtet.
In der Nachkriegszeit wurde das Gebäude von der ZHP zur Leitung von Lagern genutzt. Seit 1992 ist es eine Basis für Unternehmen, die touristische Aktivitäten durchführen. Das Fort verfügt über 20 Räume (Kasematten), die für touristische, Freizeit- und kulturelle Aktivitäten angepasst werden können.
Das Fort hat eine Tiefe von 69 m – derzeit teilweise gefüllt und geschlossen – es ist möglich, es zu entsperren und zu nutzen. Die Wasserversorgung erfolgt derzeit aus dem Brunnen der Stadtbastei, die Anlage ist mit einer Senkgrube ausgestattet
Die Anlage ist auch mit einem grundlegenden Stromanschluss ausgestattet – Technischer Zustand der angegebenen Anschlüsse ist vorübergehend und nur für den Notfall geeignet. Die Anlage ist mit einem Stromnetz, Grundelektrik, Beleuchtung, Steckdosen versehen und innen eingezäunt. Der Zustand des Innenraums (aus Stein und Ziegel) ist vorwiegend gut, jedoch teilweise auch schlecht (siehe Anhang 2), der Zustand der äußeren Steinmauern ist schlecht – hier ist ein Zaun gegen den Zugang von Personen erforderlich
Hinweise für die Instandhaltung der Anlage während der Vertragsdauer:
a) Sicherung von einsturzgefährdeten Stellen gegen den Zugang Dritter, Überprüfung des Zustands bestehender Zäune, Kennzeichnung und deren laufende Instandsetzung,
b)Durchführung laufender Reparaturen und Schutzmaßnahmen (Ergänzung kleiner Wandfehler, Stanzen von Stellen, Reinigung von Entwässerungskanälen, Entwässerung der Anlage), die eine Verschlechterung des technischen Zustands des Forts nicht zulassen.
– Kein aktueller Ausschluss stellt die Grundlage für die Kündigung des Vertrages dar.

Zusätzliche Bedingungen:
• Die Platzierung von Werbung, Zeichen oder Zeichen des Mieters bedarf der schriftlichen Zustimmung des Vermieters sowie der Annahme ihrer Form und grafischen Gestaltung.
• Es ist erforderlich, den Eigentümer über Schäden, Zerstörung, Verschwinden zu informieren. Diebstahl von Elementen des Denkmals oder Auftreten einer Bedrohung des Denkmals, spätestens innerhalb von 12 Tagen nach Bekanntwerden des Ereignisses.
• Für alle Arbeiten und Projekte sind Erhaltungsvereinbarungen und Genehmigungen erforderlich. Für Bauarbeiten sind eine Erhaltungsgenehmigung und andere gesetzlich vorgeschriebene Genehmigungen erforderlich.
• Das für die Vermietung vorgesehene Gebiet unterliegt den Bestimmungen des lokalen Raumentwicklungsplans von Silberberg und den Bestimmungen des Festungsplans der Festung des Kulturparks in Silberberg (Anhang 3).
1. In Übereinstimmung mit ihren Bestimmungen und Plänen für die Entwicklung der Festung wird in Zukunft eine Gondelbahn zum Fort gebaut, um den Zugang zur Festung zu verbessern. Daher muss der Mieter die Entwicklung der Anlage so planen, dass der Übergang von der überdachten Straße über den Wassergraben zum Haupttor sichergestellt ist
2. Zweck und Art der Entwicklung:
• Gemäß den Bestimmungen des Festungsschutzplans des Kulturparks in Srebrna Góra für Fort Wysoka Skała wird empfohlen, das Innere von Mauerwerksgebäuden an die Funktionen von Kultur, Bildung, Erholung und Service dieser Funktionen sowie an die obligatorisch-didaktischen Funktionen mit kontrolliertem Zugang zur Einrichtung für anzupassen Tourismus;
• Alle belastenden Funktionen und die Verschlechterung der historischen Substanz des Objekts sind auszuschließen;
• Achtung! Eine Vervielfältigung des Angebots bereits funktionierender Teile der Festung, d. H. Donjon und Fort Spitzberg, ist ausgeschlossen.
• Der Gegenstand der Ausschreibung zusammen mit dem Team der Festung Silberberg wurde vom Präsidenten der Republik Polen als historisches Denkmal anerkannt.
Sicherheit zur Gewährleistung der Sicherheit:
• Innerhalb von vier Monaten ab dem Datum der Vertragsunterzeichnung wird der Mieter die Leistung erbringen und zuvor mit dem Vermieter abstimmen und muß von den Diensten des Provinzialen Denkmalpflegers positiv bewertet werden –
Das Programm für die Verwaltung des Mietgegenstandes: Wenn der Vermieter nicht innerhalb einer bestimmten Frist die Genehmigung und die positive Stellungnahme des Provinzialen Denkmalpflegers erhält, endet der Vertrag. Alle Medien müssen nach vorheriger Absprache der Parteien spätestens 1 monat vor der geplanten Veranstaltung informiert werden
• für die geplante gastronomische Vermietung ist es erforderlich, die gesetzlich vorgeschriebenen Sanitärgenehmigungen und -vereinbarungen einzuholen.
• uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Team der Festung Silberberg ist zur Steigerung des touristischen Verkehrs, einschließlich des Zugangs zum Thema des Mietvertrags und der Annahme der Pläne des Mieters im Zusammenhang mit der Entwicklung des Vermögens im Falle von Aktivitäten zum Bau einer Gondelbahn, die die Stadt Silberberg mit dem Fort Hohenstein verbindet.
• Eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit der Festung Srebrna Góra ist erforderlich. Bei Bauarbeiten, bei denen der Investor der Mieter ist, einschließlich des vollständigen Zugangs zum Objekt einschließlich der Übergabe der Schlüssel zum Tor,
• sind die Bedingungen für die Zusammenarbeit im Mustervertrag festgelegt, der Anhang 4 der Bekanntmachung bildet.

3. Der festgelegte Mindestmietpreis beträgt: • 500,00 PLN netto für das Objekt in der Zeit vom Tag der Unterzeichnung des Mietvertrags bis April 2020 • 1000,00 PLN netto für das Objekt in der Zeit vom 05.2020 bis zum Ende des Mietvertrags.
Die Miete kann auf jährlicher Basis nach Jahresbasis indexiert werden. Der Index der Verbraucherpreise und Dienstleistungen, der vom Präsidenten des Statistischen Zentralamtes für das Kalenderjahr vor dem Jahr, in dem die Anpassung durchgeführt wird, bekannt gegeben wurde. Die so angepasste Miete gilt ab dem Abrechnungszeitraum, der auf den Zeitraum folgt, in dem der vorstehende Indikator veröffentlicht wird.

Darüber hinaus verpflichtet sich der Mieter:
• eine zusätzliche monatliche „Umsatzmiete“ in Höhe von 5% des Nettoeinkommens des Mieters in der Zeit von 05.2020 bis zum Ende des Zeitraums zu zahlen.
• verpflichtet sich, von 12.2020 bis zum Ende des Leasingvertrags jährlich 10% der jährlichen Einnahmen vom Nettoertrag für die Rettung und den Schutz der Anlage vor weiterer Verschlechterung bereitzustellen. Für Renovierungs- und Wartungsarbeiten sind entsprechende Genehmigungen erforderlich, einschließlich der Zustimmung des Eigentümers.
Zusätzliche Gebühren: Zusätzlich zur Miete ist der zukünftige Mieter verpflichtet, die Kosten der Gebühren für die Nutzung und Instandhaltung der Immobilie zu tragen, abhängig von der Art und Höhe der Tarife (Berechnungen), die durch spezifische Bestimmungen eingeführt wurden, insbesondere: – alle öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten, einschließlich der Zahlung der Grundsteuer in Höhe von Auf der Grundlage der derzeit geltenden Beschlüsse des Gemeinderates von Stoszowice – Haftpflichtversicherung für seine Geschäftstätigkeit, wobei der Mieter verpflichtet ist, innerhalb eines Monats nach Abschluss eine Kopie der Police einzureichen – alle Betriebskosten (z. B. im Zusammenhang mit obligatorischen Inspektionen) sowie alle Kosten im Zusammenhang mit dem Medienverbrauch, den Verbindungskosten, der Wartung, Instandhaltung und dem Austausch von Zählern und anderen internen Einrichtungen, die von Versorgungsunternehmen benötigt werden, sowie Kosten aus Verträgen durch Abschluss durch den Vermieter – angemessene Gebühren für die Entsorgung von Siedlungsabfällen, Entsorgung von Klärgruben (es ist erforderlich, dem Vermieter auf Anfrage Rechnungen auszustellen) .

Die Ausschreibung besteht aus einem offenen und geheimen Teil:
Der öffentliche Teil wird vom Ausschreibungsausschuss (ernannt vom Präsidenten des Verwaltungsrates) unter Beteiligung der Bieter am 25. September 2019 um 18.00 Uhr durchgeführt 11.00 Uhr:
Der klassifizierte Teil der Ausschreibung wird ab dem 25. September 2019 vom Verwaltungskommittee ohne Anwesenheit von Bietern durchgeführt 11.20. Die Ergebnisse der Ausschreibung werden bis zum 15. Oktober 2019 um 16:00 Uhr unter www.forty.pl bekannt gegeben.

Bieter können an der Ausschreibung teilnehmen, die:
• die ursprüngliche Vollmacht vorlegen, wenn das Unternehmen durch einen Bevollmächtigten handelt,
• eine Erklärung vorlegen, dass gegen den Unternehmer kein Vollstreckungs-, Konkurs-, Vergleichs-, Liquidations- oder Konkursverfahren eingeleitet wurde,
• die Erklärung des Bieters vorlegen, dass er die Erklärung gelesen hat die Teilnahmebedingungen und die Bedingungen vorbehaltlos akzeptieren,
• eine Bescheinigung über die Kenntnisnahme des technischen Zustands von Fort High Rock vorlegen, einen Fort-Mietvertrag in seinem aktuellen technischen Zustand abschließen und die Einrichtung auf seine Kosten für die vereinbarte Nutzung anpassen, ohne die Möglichkeit einer Einigung mit dem Vermieter sowohl während des Mietvertrags als auch und nach Fertigstellung Kosten für Anpassung, Wartung und laufende Wartung.
• eine Erklärung des Bieters oder eines in seinem Namen und in seinem Namen handelnden Vertreters vorlegen, aus der hervorgeht, dass er mit keinem Mitglied des Bieterkomitees verheiratet ist, keine Beziehung oder Affinität in einer geraden Linie, einer Nebenlinie bis zum zweiten Grad hat und nicht gebunden ist Aufgrund der Vorbereitung, Pflege oder Vormundschaft der Mitglieder des Ausschreibungsausschusses
• sollten alle Seiten von befugten Personen gebunden, nummeriert und paraphiert werden, und Kopien der beigefügten Dokumente, die dies erfordern, müssen als originalgetreu bestätigt werden.
Voraussetzung für die Teilnahme an der Ausschreibung ist:
Abgabe des Angebots bis zum 25. September 2019 bis zum 10:45 im Büro von Twierdza Srebrna Góra sp. Z o.o.o. ul. Kręta 4, 57-215 Srebrna Góra in einem versiegelten Umschlag mit der Aufschrift „Angebot für die Pacht von Fort Hohenstein – nicht vor dem 25. September 2019 bis 11.00 Uhr öffnen“ und dem Namen und der Adresse der Bieterin.
Das Angebot sollte in der polnischen Sprache erfolgen: Name und Anschrift, Firmenname, wenn der Bieter eine juristische Person oder eine Organisationseinheit ohne Rechtspersönlichkeit ist, – Beschreibung der Art der auf dem Grundstück auszuführenden Tätigkeit zusammen mit einer Darstellung der bisherigen Erfahrungen mit Tätigkeiten in den Bereichen Tourismus, Erholung, Kultur oder Tätigkeiten in historischen Gebäuden, – der angebotene Satz der monatlichen Miete im Zeitraum von 05.2020 – bis zum Ende des Mietvertrags – die vorgeschlagene Art der Umsetzung der Ausschreibungsbedingungen, wobei insbesondere als separate Anlage zum Angebot das Konzept der Verwaltung des Mietgegenstandes dargelegt wird, einschließlich: Finanzierung, • außer den oben genannten Vorschlägen für Arbeiten, die nach Ansicht des Bieters die Auswahl seines Angebots beeinflussen können, einschließlich Informationen über die Modernisierung der für die Durchführung der Tätigkeit erforderlichen Einrichtungen und Ausrüstungen.

Weitere Bedingungen:
Die Angebote werden im Büro der Festung Silberberg geöffnet: am 25. September 2019 um 11.00 Uhr. Die Ausschreibungskommission bewertet die eingereichten Angebote im Hinblick auf die Übereinstimmung der eingereichten Unterlagen mit den in den Wettbewerbsbedingungen festgelegten Anforderungen.
Folgende Kriterien werden bei der Bewertung des Bieters berücksichtigt:
a) der vorgeschlagene Mietbetrag 0-50 Bewertungspunkte
b) das vorgeschlagene Konzept zur Erschließung des Mietgegenstandes 0-40 Punkte
c) frühere Erfahrungen in den Bereichen Tourismus, Erholung, Kultur, Aktivitäten in historischen Gebäuden 0-10 Höchstpunkte, mögliche Anzahl der zu erreichenden Punkte -100 Punkte Vorgeschlagene Miethöhe -0 -50 Punkte Mindestmietwert -1000,00 PLN netto pro Objekt
Der Höchstbietende wird aufgefordert, den Mietvertrag zu unterzeichnen. Der Inserent behält sich das Recht vor, den Bieter aufzufordern, eine schriftliche Einreichung einzureichen.

Erläuterungen zum Konzept der Verwaltung des Vertragsgegenstands
• Die Bieterkommission behält sich das Recht vor, das Angebot frei zu wählen und das Angebot ohne Auswahl des Angebots zu schließen.
Der Veranstalter behält sich das Recht vor, das Angebot zu stornieren und Informationen über die Stornierung des Angebots und den Grund für die Beschwerde bereitzustellen.
• Alle Bieter werden über die Ergebnisse der Ausschreibung informiert. Der Bieter, dessen Angebot vom Ausschreibungsausschuss ausgewählt wird, wird über den Zeitpunkt und den Ort der Vertragsunterzeichnung informiert.
• Die Bieter sind nicht berechtigt, gegen die Ergebnisse des Angebots Widerspruch einzulegen.
Weitere detaillierte Informationen zum Thema der Miet- und Ausschreibungsbedingungen sind bei der Geschäftsstelle von Twierdza Srebrna Góra Sp. Z oo erhältlich. z o.o. Tel. 074 818 00 99.

 


AKTUELLER BEITRAG:


Die CIA-Berichte der vierziger und fünfziger Jahre zur Frankensteiner und Glatzer Region

Auf der Seite www.cia.gov finden sich die freigegebenen Berichte des amerikanischen Geheimdienstes CIA. Sucht man nach den Regionen Frankenstein und Glatz wird man in 36 Berichten fündig.

Nur ein Bericht behandelt direkt ein Silberberger Thema. In diesem Bericht geht es um die Erzreserven Silberbergs, die in Form von Schlackenhalden um Silberberg vorhanden sind (laut dem Bericht des Informanten liegen in  Silberberg feinkörnige Schlackenhalden mit einem Eisengehalt von 35 % in einer Größenordnung von 15000 Tonnen, zudem finden sich  im Silberberger „Schlackental“ 35000 Tonnen Eisenerz unbekannter Qualität, Bericht 35 vom 9.4.1953: 35CIA-RDP80-00810A000700180004-0) . Zwei weitere Berichte, die sich mit Silberberg beschäftigen, sind noch gesperrt.

Thematische Schwerpunkte der Informantenberichte sind die sowjetischen und polnischen Militärstützpunkte, die Industrieunternehmen, die Uranminen und Fabriken sowie die Eisenbahnverbindungen in der Region. Von eher geringem Interesse sind die Arbeitsbedingungen der noch in Polen festgehaltenen Deutschen. Glücklicherweise ist ein ausführlicher Bericht über das Lager Groß Olbersdorf – in der Quelle fälschlich Großalbersdorf genannt – erhalten. Des Weiteren werden im Detail unterirdische Depots für Waffen, Öl und Benzin in der Nähe von Glatz, Neurode und Niedersteine erwähnt. Die Berichte über Uranminen behandeln einen Ort etwa 20 km westlich von Glatz gelegen, sowie die Nickelwerke bei Frankenstein (2 km Entfernung).

Zeitlich reichen die Dokumente vom 2.1.1947 bis zum 14.11.1958, Berichte des militärischen Geheimdienstes CIC (Counter Intelligence Corps) aus den Jahren vor 1945 sind für unseren Bereich nicht freigegeben.

Abb.1: Unterirdische Benzinlager zwischen Grenzendorf und Grünwald (CIA Bericht vom 21.11.1950)

 

Unterirdische Depots, Uran Minen und die Schlesischen Nickelwerke 

In einem Bericht aus dem Jahr 1953 werden unterirdische Depots in der Nähe von Glatz erwähnt. Diese Depots wurden gereinigt und wiederhergestellt. Nun – so die Quelle – wird in diesen unterirdischen Lagerplätzen u.a. Artillerie-Munition  gelagert. Weiter wird mitgeteilt, dass bei Neurode in den  Minen und Steinbrüchen Hilfstruppen eingesetzt sind, die aus „politisch unzuverlässigen“ Personen bestehen, welche entweder Verwandte im Ausland haben oder Fluchtversuche unternommen haben sollen. Diese „Truppen“ waren nicht in die normalen Militäreinheiten integriert. Diese „Soldaten-Minenarbeiter“ – wie sie der Berichterstatter nennt – hatten keine Erfahrungen im Bergbau, daher sollen auch besonders „viele schlimme Unfälle“ passiert sein. Die Situation wurde noch verschlimmert durch die Unerfahrenheit der Vorgesetzten, die ihren Arbeitsplatz oft durch Parteibeziehungen erhalten haben sollen (Bericht Nr. 04). Nach dem unbekannten Berichterstatter waren besonders Bulgaren, Deutsche und Ukrainer in den Minen beschäftigt. Die Facharbeiterschaft bestand häufig aus Deutschen. Ihnen wurden daher bessere Unterkünfte, deutsche Zeitungen und eine deutschsprachige Schule zur Verfügung gestellt. Die Bulgaren und Ukrainer wurden bedeutend schlechter behandelt; die polnische Bevölkerung nannte sie „Landstreicher-Kommunisten“. Auffallend in dem Bericht ist die Schwärzung einer weiteren Volksgruppe, welche auch sehr schlecht behandelt wurde (Bericht Nr. 04).

Weitere umfangreiche Lager legten die Sowjets bereits in den vierziger Jahren in der Nähe von Bad Reinerz an (Bericht Nr. 20 vom 21.11.1950). An der Straße Bad Reinerz in Richtung CSSR Grenze wurden zwischen Grenzendorf und Grünwald sechs ehemalige Kohleminen mit KFZ-Benzin durch die Sowjets gefüllt. In einige Minen installierten die Sowjets 1948 Betonreservois und Pumpen. Der Treibstoff wurde nach Glatz per Eisenbahn gebracht und weiter per Tanklastzug zu den Minen transportiert. Der Transport wurde kontinuierlich im Jahr 1949 durchgeführt, der Berichterstatter schätzt den Treibstoff auf ein Gesamtvolumen von 35000 bis 40000 Tonnen. Die Minen, die  gut getarnt waren, wurden im inneren Ring von sowjetischem Militär bewacht, die äußere Bewachung führten polnische Grenztruppen durch. Die Orte Grenzendorf und Grunwald sind für das sowjetische Militär und die polnischen Grenztruppen vollständig entvölkert worden – so der Berichterstatter (Bericht Nr. 20). Nach anderen Quellen wurden zumindest in Grunwald (später?) Heimatvertriebene aus Ostpolen dort angesiedelt.

Ein weiterer Bericht (Bericht Nr. 09 vom 5. Januar 1954) behandelt eine Uranmine etwa 20 km westlich von Glatz an der Hauptstraße Glatz – Schweidnitz gelegen. In diesem Lager, welches unter sowjetischer Militäradministration stand, arbeiteten nur Ingenieure und Arbeiter aus der DDR. Die Insassen lebten isoliert in einem Speziallager. Polnische Mitarbeiter gab es kaum. Das geborgene Uranerz – so der Berichterstatter – sieht aus wie rote Briketts und wird vorsichtig in eine Art Dose für Kinofilmrollen (Aluschachteln) verpackt, die Deckel wurden noch extra zugelötet. Diese Schachteln wurden in hölzerne Kisten verpackt, die man nachts zum Flugplatz nach Schweidnitz in speziellen LKW`s transportierte. Über Gesundheitsrisiken wird nicht berichtet, die gesamte folgende Seite ist leider geschwärzt (Bericht Nr. 09).

Abb. 2: Uranlagerstätten in der Region Silberberg (nach Miecznik et al. 2011)

Die ehemaligen Schlesischen Nickelwerke in Gläsendorf  wurden – wie Doris Minale berichtet – im ersten Weltkrieg von der Friedrich Krupp A.G. übernommen und in großen Teilen nach dem zweiten Weltkrieg von den Sowjets demontiert.

Abb. 3: Die Schlesischen Nickelwerke im Jahr 1943 (FO464AKA)

Der Berichterstatter vom 22.9.1947  (Nr. 19) gibt an, dass die im Weltkrieg zerstörte Anlage noch sehr ergiebige Nickellagerstätten enthielt und dass die Anlagen mit polnischen und tschechischen Material wiederaufgebaut werden. Es wird angestrebt, die Vorkriegsförderleistung von 100 Tonnen pro Monat mit einer Belegschaft von 400 Mitarbeitern ab Mitte 1948 wieder zu erreichen.

Abb. 4: Frankensteiner Anzeigen aus dem Jahr 1939

Inwieweit die ehem. Nickelwerke Frankenstein bei Kirchlinden in die „Atomwirtschaft“ mit eingebunden waren, wird  in dem Bericht aus dem Jahr 1952 (Bericht Nr. 25) nicht deutlich. Erwähnt wird  der Abbau von Uran. Die abgebauten Erze werden als rot- und blaufarbig angesprochen. Die Fabrik stand unter scharfer Militärüberwachung und es wurde dort in drei Schichten 24 Stunden pro Tag gearbeitet. Der Berichterstatter stellt lapidar fest, dass die Arbeiter nicht frei seien, sondern in Wirklichkeit als Gefangene anzusehen sind. Den Anteil von Deutschen an der „Belegschaft“ erwähnt der Berichterstatter nicht. Eine mögliche Gesundheitsgefährdung wird durch die explizite Erwähnung der starken Verschmutzung der Kleidung der Mitarbeiter durch den roten Staub des Uranerzes sichtbar.

 

Arbeitslager und Arbeitsstätten der Deutschen in der Zeit von 1947 bis 1957 (Minen, Steinbrüche und Munitionsfabriken)

In einem Bericht vom 29.3.1954 (Bericht Nr. 4) werden  unterirdische Munitionsfabriken in der Nähe von Glatz erwähnt. Weitere unterirdische Fabriken liegen im Heuscheuergebirge, im Riesengebirge und bei Landeshut. Die Ortschaft ist durch „Vernachlässigung“ in großen Teilen zerstört. Erst seit dem Sommer 1953 versuchen Soldaten, die Munitionsfabrik wieder herzustellen.

In einem weiteren Informantenbericht (Bericht Nr. 7 vom 22.7.1955) über ein in einem Waldstück gelegenes Barackenlager in der Nähe der  Bahnlinie Waldenburg-Altwasser – Dittersbach  wird erwähnt, dass etwa eintausend Soldaten, bei denen es sich um  Deutsche aus der Gegend um Danzig handeln soll, dort beschäftigt sind. Das Lager war über die ehem. Friedländer Strasse erreichbar. Über den Zweck des Lagers und die Lebensbedingungen in den Baracken wird nichts mitgeteilt.

Für das Jahr 1957 (Bericht Nr. 11 vom 8.3.1957) wird die Beschäftigung von Deutschen in einer Textilfabrik in Gnadenfrei bezeugt. In dieser Fabrik mit 250 Angestellten und etwa 1000 ArbeiterInnen wurde als Leiter des  Unternehmens ein Herr Feigelberg genannt, der technische Direktor war ein Herr Rosner. Diese Fabrik, die im Zweischichtbetrieb (6-14,14-22 Uhr) arbeitete, stellte hauptsächlich Kleidung für die Armee her.

Ein umfangreicher Bericht aus dem Jahr 1952 (08CIA-RDP80-00926A005100060003-8 vom 20.6.1952) liegt über das Lager Grossolbersdorf vor, welches etwa 2 Kilometer nordwestlich von Frankenstein lag (vom Berichterstatter fälschlich Grossalbersdorf genannt).

Die Überschrift seines Berichtes lautet „Ein auf dem Lande gelegenes  Gefangenenlager in der  ehemals deutschen Region“. Die Quelle berichtet kurz über die Verhältnisse in deutscher Zeit als der Ort noch ca. 800 Einwohner, die meist in der Landwirtschaft tätig waren, gehabt hat. Im Januar 1945 – so der Bericht – flohen einige wenige, meist Nationalsozialisten, vor der anrückenden Sowjetarmee. Nach der Besetzung konnte sich niemand mehr frei bewegen, es sei denn, er hatte einen Erlaubnisschein der Kommandantur erhalten. Die Sowjets mischten sich zwar nicht in das interne Dorfleben ein, jedoch nahmen sie alles Wertvolle mit und sie schlachteten auch das Vieh der Bauern.

Im September 1945 wurde das Dorf den Polen übergeben. Danach gab es rapide Änderungen: Die meisten Einwohner wurden über die Oder-Neiße-Grenze nach Ostdeutschland vertrieben. Manche durften Teile ihres beweglichen Gepäcks mitnehmen, andere gar nichts. Nur zwei Gruppen wurden von der Vertreibung ausgenommen: Nationalsozialisten und Kommunisten. Etwa dreißig bis vierzig – als Nationalsozialisten Verdächtigte – kamen in ein Speziallager, 10-15 Personen bekannten sich zum Kommunismus und durften daher im Ort bleiben. Das spezielle Gefangenenlager lag etwa zwei Kilometer außerhalb des Dorfes. Es war in der Zeit des Nationalsozialismus errichtet worden und beherbergte damals polnische Landarbeiter. „Unter polnischer Herrschaft war die Behandlung der Deutschen viel strenger als der Polen bei den Nationalsozialisten. Zum Beispiel durften die polnischen Landarbeiter zusammen mit den Bauern (bei denen sie arbeiteten, AKA) essen und manchmal mussten sie tagelang nicht ins Lager zurück. Nun erhielten die Deutschen ihr Essen im Lager und durften keinen Kontakt zur normalen Bevölkerung pflegen.“

Abb. 5: Auszug aus dem CIA Bericht vom 20.6.1952 (08CIA-RDP80-00926A005100060003-8) 

Die Gefängniswache bestand aus Polen und es wurden extra Wachtürme errichtet, die mit Maschinengewehrposten ausgestattet waren. Die Insassen des Gefangenenlagers waren alles Deutsche, 40 bis 50 aus der Region und noch 350 bis 400 Gefangene, die als politisch „unsicher“ galten, kamen aus Oberschlesien. Insgesamt – so schätzt der Berichterstatter – waren in solchen Speziallagern mindestens 2000-3000 Deutsche in „Neupolen“ ( vermutlich meint der Berichterstatter mit „Neupolen“ Niederschlesien, AKA) eingesperrt. Im Lager reichte das Altersspektrum vom Kleinkind bis zu Personen in einem Alter von 60 Jahren. Ältere Personen wurden nach Ostdeutschland deportiert.

Im Sommer mussten die Gefangenen von 6 Uhr bis 19 Uhr arbeiten – während der Ernte auch oft länger. Sie wurden mit Traktoren in Anhängern aufs Feld gebracht und mittags zum Essen im Lager wieder abgeholt.

Das gesamte Agrarland war von den Polen kollektiviert worden und die moderne Agrartechnik war von sowjetischer Bauart. Es gab Traktoren, Mähdrescher und Kartoffelerntemaschinen, die die Kartoffeln ausgruben und in Behälter ablegten (diese Technik war dem Berichterstatter anscheinend neu, AKA).

Unter polnischer Aufsicht mussten die deutschen Gefangenen die Maschinen reparieren und warten. „Als einmal ein Motor kaputt ging, wurde ein Gefangener der Sabotage verdächtigt und sofort aus dem Lager entfernt.“

Abb. 6: Gefangenenlager bei Olbrachcice Wielkie (Großolbersdorf) für etwa 400 deutsche Gefangene vom Jahr 1945 bis mindestens 1952 (Rekonstruktionsversuch AKA).

Den Gefangenen war es nicht erlaubt mit Polen zu reden, auch die Polen durften keinen Kontakt zu den Deutschen aufnehmen. Die polnischen Bauern – so der Berichterstatter – waren nicht ohne Sympathie für die deutschen Gefangenen und sie fühlten sich nicht wohl in ihren neuen Häusern, obwohl sie dort im besten Wohlstand lebten.

„In den letzten Monaten (1952, AKA) verbesserte sich die Behandlung. Es traten nun weniger Fälle des geschlagen Werdens auf und einige Spuren von besserem Benehmen wurden zum ersten Mal sichtbar.“

Der Berichterstatter begründet diese Verhaltensänderung als Reaktion auf die permanente Diskussion über eine Revision der Oder-Neiße-Grenze in Ostdeutschland und den sowjetischen Satellitenstaaten – ausgelöst durch Druck aus dem Westen.

Daher – so der unbekannte Berichterstatter – macht es für die Polen Sinn, „guten Willen“ bei den deutschen Gefangenen zu zeigen.

Obwohl sich die Informanten in großen Teilen ihrer Berichte auf militärisch und wirtschaftliche Themen beziehen lassen sich auch einige Aspekte des Zusammenlebens und die Entwicklung der Beziehungen von Sowjets, Ukrainern, Bulgaren, Polen und Deutschen aufzeigen. Sicherlich sind die angesprochenen Themen nicht detailliert quellenkritisch hinterfragt. Es handelt sich hier somit eher um die Vorlage einer Quellengattung, die bisher noch nicht zur historischen Aufarbeitung in der Silberberger Region benutzt wurde. Sichtbar wird dabei besonders die herausragende Bedeutung der Landschaft für den Uranabbau, welche bis in die heutige Zeit diskutiert wird (s. Jerzy B. Miecznik et al, 2011).

Im Mittelpunkt eines Berichtes stand das Gefangenenlager in Großolbersdorf, welches mindestens bis ins Jahr 1952 und nach dem Bericht schon früh von den Polen eingerichtet wurde. Im Alfred-Kollewe-Archiv existieren keine Schilderungen über das Lager. Ein eventuell ähnlich geartetes Lager gab es im oberschlesischen Grottkau. Über dieses Internierungslager und Zwangsarbeitslager existiert ein ausführlicher Bericht in der Dokumentation zur Vertreibung (Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Bd. 1/1, S. 415 – 422). Anhaltspunkte für die Existenz ähnlicher Lager mag auch eine Aussage des ehemaligen Silberberger Bürgermeisters Robert Felkel in einem Brief vom Mai 1946 geben.

Abb. 7: Auszug aus einem Bericht Robert Felkels vom Mai 1946 (drei Wochen nach der Vertreibung).

Hier beschreibt er die Situation in der Region „als ein großes Konzentrationslager und dies nach dem Waffenstillstand in Friedenszeiten“. Felkel mag sich jedoch auch auf die rechtliche und soziale Situation beziehen. Sroka beschreibt detailliert die Plünderungen und Vertreibungen in Silberberg und den darauf folgenden Verfall vieler Silberberger Häuser. Auch erwähnt er die die Deutschen betreffenden „restriktiven Vorschriften“ – unter anderem die Zwangsarbeit (für Nahrungsmittel) ab 14 Jahren und die Unmöglichkeit, sich im Landkreis frei zu bewegen. Nimmt man die genauen polnischen Vertreibungslisten, die dem AKA vorliegen, als Maßstab für die Erfassung der Deutschen im Landkreis, so dürften auch weitere polnischen Quellen zum Gefangenenlager in Großolbersdorf existieren.

Der Bericht zu Großolbersdorf zeigt jedoch auch – wie oben zu sehen – ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl der aus dem Osten Polens vertriebenen Bauern. Trotz guter aktueller Lebensverhältnisse „ waren die polnischen Bauern nicht ohne Sympathie für die deutschen Gefangenen und sie fühlten sich nicht wohl in ihren neuen Häusern, obwohl sie dort im besten Wohlstand lebten.“

Abb. 8: Die Eisenbahnen des Kreises Frankenstein (Stand 1944)

 

Benutzte Literatur

Jankowiak, S.: 2005 : Deportation und Emigration der deutschen Bevölkerung in der Politik der polnischen Behörden in den Jahren 1945-1970, Warschau 2005.

Madajczyk, P. : 2001 : Polnisches Deutschland 1944-1989, Warschau 2001.

Miecznik, J. B. ;  R. Strzelecki; St. Wolkowicz: 2011:  Uranium in Poland – history of prospecting and chances for finding new deposits. In: Przeglad Geologiczny, vol. 59, nr 10, 2011, 688 – 697.

Minale, D. : 2011 : Chrysopras aus dem Kreis Frankenstein und die Nickelwerke (2011).

Oiepka, B. : 1994 :  Deutschland in Niederschlesien in den Jahren 1945-1970, Breslau 1994.

Schieder, Th. (Ed.) : 1955 :   Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Bd. 1/1 Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße (1955), Bundesministerium für Vertriebene.

Soltysik, L. : Nationale Minderheiten und polnische Einwohner (Autochthone) in Silberberg nach 1945, 106-127. In: Thomas Przerwa, Gregor Podruczny: Festung Silberberg III. Stadt und Festung (Breslau 2010).

Sroka, P. : 2010 : Der Niedergang von Silberberg in den Jahren 1946 bis 1965. In: Przerwa, Tomasz; Festung Silberberg  III: Die Stadt und die Festung, Breslau 2010, S. 96-105 [Mitherausgeber: G. Podruczny]  = SBIII, S. 96-105.

Liste der benutzten CIA-Berichte

04CIA-RDP80-00810A003700460010-0,

09CIA-RDP80S01540R004000160007-9,

07CIA-RDP80-00810A007700390003-5,

08CIA-RDP80-00926A005100060003-8,

11CIA-RDP80T00246A033100290001-2,

17CIA-RDP82-00457R000100760004-7

19CIA-RDP82-00457R000900310002-0,

20CIA-RDP82-00457R006200430010-9,

25CIA-RDP82-00457R014700210001-9,

35CIA-RDP80-00810A000700180004-0

AKA, U. Masemann (2019)



Neu im Archiv:

Archivalie des Monats:

Die Silberberg-Marke von 1922


AKTUELL: Historische Tagung in Breslau mit LIVE-Übertragung

9. – 12. September 2019

(die jeweiligen LINKS sind im folgenden Tagungsprogramm angegeben)

Die Drei-Themen-Konferenz „TRIDUUM HISTORICUM“ findet erstmals in Breslau statt.

Titel: „Beginn des Endes oder Beginn der“ neuen Welt „?“
Der 80. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs und der 30. Jahrestag des Revolutionsjahres ’89 sind Anlass für Reflexionen und Zusammenfassungen über den Stand des historischen Wissens und des kollektiven Gedächtnisses vergangener Gesellschaften sowie für den Versuch, den Forschungshorizont auf verwandte Gebiete auszudehnen: Soziologie, Kulturanthropologie, Psychologie sowie über die Perspektiven und den Überblick über die Kriegs- und Nachkriegsrealität der Nachbarländer und die Besonderheiten Niederschlesiens.

Der Versuch große Themenbereiche abzudecken ist hervorzuheben. Das jedoch Themen wie z.B. die Vertreibung der deutschen Bevölkerung und die polnischen Progrome an Juden in der Nachkriegszeit gänzlich untergehen, zeigt auch den „nationalen Charakter“ der aktuellen historischen Wissenschaft in Polen.

 

KONFERENZPROGRAMM

TRIDUUM HISTORICUM

Generalthema:

Der Anfang vom Ende oder der Anfang der „neuen Welt“?

Einzelthemen:

 

„1939. Erinnerung – Geschichte – Utopie“

„Herz der Dunkelheit „- Der Zweite Weltkrieg in Mittel- und Osteuropa“

„Niederschlesien 1939 – 1989. Veränderungen, Spezifität, Identität“

Montag, 9. September 2019

9.00 – 9.15

Feierliche Eröffnung der Konferenz

9.15 – 11.15

Moderator: Dr. hab. Robert Klementowski, Prof. Universität Breslau

Dr. Thomas Widera ( Hannah Arendt-Institut für Totalitarismusforschung eV an der TU, Dresden)
1939/1989/2019. Menschen, Werte und Konflikte östlich und westlich von Oder und (Lausitzer) Neiße

Dr. Joanna Hytrek-Hryciuk ( Institut für Nationales Gedenken, Breslau)
„Wie eine schwarze Wolke hängt diese Geschichte mit Polen über uns.“ Bewohner von Wrocław am Vorabend und während des polnischen Feldzugs

Dr. Daniel Koreś ( Institut für Nationales Gedenken, Breslau)
Polnische Geheimdienstanalysen zur Kriegsgefahr des Dritten Reiches und der Sowjetunion in den 1930er Jahren

Dr. Rainer Orth
Der SA-Führer Edmund Heines als Prototyp des nationalsozialistischen Gewaltmenschen

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=TEfdcsodsY0

11.15 – 11.30 Pause

11.30 – 13.00 Uhr

Moderator: Kamil Frączkiewicz

Przemysław Mandela ( Institut für Nationales Gedenken, Breslau)

Vom geplanten Protektorat zum dritten Angreifer? – Slowakei und Polen angesichts des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs

Mariya Yarlykova ( Schule für öffentliche Angelegenheiten an der Zhejiang Universität, China)
Vor und nach dem Fall des Kommunismus: Die Entwicklung der historischen Darstellung des Molotow-Ribbentrop-Paktes und der sowjetischen Außenpolitik in den Jahren 1939–1940 im sowjetischen und postsowjetischen Russland

Prof. Dr. hab. Eugeniusz Cezary Król ( Akademie der bildenden Künste in Warschau)
Gab es eine deutsche Kulturpolitik in den Gebieten Mittel- und Osteuropas, die während des Zweiten Weltkriegs besetzt waren (1939–1945)?

Sylwia Cabaj ( Jagiellonen-Universität)
Deutsche nationale Identitäten angesichts der NS-Vergangenheit

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=TMK7o0QNtEA

13.00 – 14.00 Pause

14.00 – 16.00 Uhr

Moderator: dr hab. Jarosław Syrnyk, prof. Universität Wroclaw

Dorota Siepracka ( Institut für Nationales Gedenken, Łódź)

Anna Poray-Wybranowska ehrt Polen, die Juden gerettet haben

Urszula Sochacka ( Jagiellonen-Universität)
Von der Zeremonie am Denkmal der Kindermartyrologie bis zum Akt – alte und neue Erzählungen zur Geschichte des ehemaligen deutschen NS-Kinder- und Jugendlagers in der Przemysłowa-Straße in Łódź – auf der Suche nach den wirksamsten Formen des Gedenkens

Maria Frolova ( Nationale Forschungsuniversität Hochschule für Wirtschaft, St. Petersburg)
Widerstand auf der Leinwand: das Bild der Heimatarmee in den Werken von Andrzej Wajda (1957–2000)

Prof. Dr. hab. Andrzej Drzewiecki ( Marineakademie in Gdingen)
Könnte dieser Krieg in einem „besseren Stil“ verloren gehen?

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=o8kk3AEHr7w

16.00 – 16.15 Pause

16.15 – 18.00 Uhr

Moderator: Dr. Krzysztof Kupeć

Dr. Tomasz Butkiewicz
Polnische Juden in der Ikonographie deutscher Soldaten von 1939 bis 1943

Dr. Jewgen Łunio ( Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine, Lemberg)
Deutsch-polnischer Krieg von 1939 in der volkskundlichen Auslegung der Ukrainer

Dr. hab. Andriy Boljanowskyj ( Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine, Lemberg)
Erste Erfahrung. Die Sowjets in Wolhynien und Galizien im Herbst 1939 in der Wahrnehmung der Ukrainer und Polen

Dr. hab. Jarosław Syrnyk, prof. UWr ( Institut für Nationales Gedenken, Breslau / Universität Breslau)
Lokale Gewalt: das Bieszczady-Gebirge in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=KVShCFfkKbU

Dienstag, 10. September 2019

9.00 – 10.45

Moderator: Kamil Frączkiewicz

Dr. Alexander Zinn ( Hannah Arendt-Institut für Totalitarismusforschung eV an der TU Dresden)
Homosexuelle Verfolgung im Nationalsozialismus Ideologische Grundlagen und Verfolgungspraxis im Reich und in den besetzten Gebieten

Dr. Tomasz Bugaj ( Universität Schlesien)
Widerstand und Opposition der Minderheitengemeinschaft gegen den Totalitarismus. Fallstudie

Prof. Michael Schwartz ( Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, Abteilung Berlin)
Globale Eugenik und Zweiter Weltkrieg. Langfristige Entwicklungstrends und die Zäsuren 1939 und 1945

Artur Jachna ( Jugendzentrum H. Jordan, Krakau)
1939 – der Beginn des Endes der alten Welt. Die lokale Geschichtsschreibung an der Grenze zwischen Krakau und Kielce berichtet von den Ereignissen im September

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=v_Zns5B4vYc

10.45 – 11.00 Uhr Pause

11.00 – 12.15

Moderator: Dr. Andrzej Olejniczak

Dr. Andreas Hilger ( Deutsches Historisches Institut, Moskau)
Sowjetische Kriegsgefangene in deutscher Hand

Dr. Bernard Linek ( Schlesisches Institut, Oppeln)
Das Schicksal der polnischen Zwangsarbeiter in der Region Oppeln (1939–1945)

Dr. Esther Meier ( Deutsches Historisches Institut, Moskau)
Sowjetisch Kriegsgefangene: Repatriierung und Erinnerung

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=5BS_-7vg-Zo

12.15 – 12.30 Pause

12.30 – 14.00 Uhr

Moderator: Dr. Krzysztof Kupeć

Dr. Ewa Rogalewska ( Institut für Nationales Gedenken, Białystok)
Die Ghettogemeinschaft in Vilnius im Lichte der Berichte von Mendel Belberyszski und Józef Muszkat

Marek Węgrzyn ( Institut für Nationales Gedenken, Krakau)
Julagi. Arbeitslager für Juden im besetzten Krakau (1942–1943)

Agata Paszek
Widerstandsbewegung in Auschwitz-Birkenau – Methoden der Kommunikation und Aktivitäten

Dr. Jewgen Łunio ( Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine, Lemberg)
Beseitigung des jüdischen Ghettos in Jaworów in der epischen Tradition der Ukrainer

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=TjkvWH4q6Bw

14.00 – 15.00 Pause

15.00 – 17.00 Uhr

Moderatorin: Dr. Joanna Hytrek-Hryciuk
Debatte ’39

Prof. Magnus Brechtken ( Institut für Zeitgeschichte München-Berlin)

Prof. dr hab. Piotr Madajczyk ( Polnische Akademie der Wissenschaften)

Prof. dr hab. Eugeniusz Cezary Król ( Akademie der bildenden Künste in Warschau)

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=rA3sedyNzu0

11. September 2019, Mittwoch

9.00 – 10.45

Moderator: Kamil Frączkiewicz

Dr. Joanna Lubecka ( Institut für Nationales Gedenken, Krakau)
Ein Angestellter beteiligt? Die Rolle eines Beamten im deutschen Besatzungssystem im Licht des Prozesses gegen Joseph Bühler

Dr. Gintare Malinauskaite ( Deutsches Historisches Institut Warschau, Abteilung Vilnius)
Der Massenmord an Juden in der litauischen Provinz während des Zweiten Weltkriegs: Die Fallstudie der Stadt Skuodas und ihrer Umgebung

Dr. Beate Markus ( Universität Pecs)
„Nur ein Tropfen deutsches Blut“. Deportation deutschstämmiger Zivilisten aus Ungarn in die Sowjetunion 1944/45

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=N37mkdjTfzw

10.45 – 11.00 Uhr Pause

11.00 – 13.00

Moderator: Agnieszka Klarman

Dr. hab. Tomasz Przerwa, prof. UWr ( Universität Breslau)
Die Wirtschaft Niederschlesiens im Zweiten Weltkrieg und das Problem der Kriegsindustrialisierung

Mateusz Kubicki ( Institut für Nationalgedenken, Danzig)
Wirtschaftliche Aspekte der deutschen Besetzung Danzigs von Pommern in den Jahren 1939 bis 1945 am Beispiel der Kreise Starogard und Tczew

Dr. Wojciech Wichert ( Institut für Nationales Gedenken, Stettin)
Politisches und administratives System des Bezirks Bialystok (Bezirk Bialystok) in den Jahren 1941–1944

Dr. Maximilian Becker ( Österreichische Akademie der Wissenschaften)
Mitstreiter im Volkstumskampf. Deutsche Strafgerichte in den eingegliederten Ostgebieten

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=by3hB7U00bw

13.00 – 14.00 Pause

14.00 – 15.45 Uhr

Moderator: Łukasz Sołtysik

Dr. Anna Czocher ( Institut für Nationales Gedenken, Krakau)
Polnische Frauen in und gegen den Widerstand. Beispiel von Krakau

Prof. Dr. hab. Anna Pachowicz ( Staatliche Berufsschule in Tarnów)
Die Widerstandsbewegung in der Region Tarnów während des Zweiten Weltkriegs in den Jahren 1939-1945

Dr. Seweryn Pieniążek ( Institut für Nationales Gedenken, Rzeszów)
Aktivitäten von Sławomir Holoubek unter BCh und AK in den Jahren 1942–1945 vor dem Hintergrund des Stadtteils Rzeszów des Stadtteils Krakau in BCh

Kamil Frączkiewicz ( Institut für Nationales Gedenken Breslau / Universität Breslau)
Der Beginn der „Neuen Welt“ – Kreis Nysa in den Jahren 1945-1946

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=1KhUHvt3dec

15.45 – 16.00 Pause

16.00 – 18.00 Uhr

Moderator: Dr. Jacek Jędrysiak

Die Kriegsdebatte

Prof. Dr. hab. Mariusz Wołos ( Pädagogische Universität Krakau)

Dr. Daniel Koreś ( Institut für Nationales Gedenken, Breslau)

Dr. Jerzy Kirszak ( Institut für Nationales Gedenken, Breslau)

Dr. hab. Piotr Cichoracki, prof. UWr ( Universität Breslau)

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=MLY7w1JTlsE

Donnerstag, 12. September 2019

9.00 – 10.15

Moderator: Agnieszka Klarman

Andrij Kłos ( Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine, Kiew)
Sphagistisches Material des polnischen Komitees für nationale Befreiung

Natalia Kotrys ( Universität Breslau)
Morbiditätsprobleme bei polnischen Soldaten in den Jahren 1919–1939 – ausgewählte Themen

Małgorzata Śliż-Marciniec
Wirtschaftliche Ausbeutung des besetzten Polens am Beispiel der Pferdezucht im Generalgouvernement

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=MBrg3XB6iBk

10.15 – 10.30 Pause

10.30 – 11.45

Moderator: Łukasz Sołtysik

Prof. dr hab. Anna Pachowicz ( Staatliche Berufsschule in Tarnów)
Von Ost nach West mit Zwischenstopp in Tarnów. Über Transporte von Umgesiedelten aus den östlichen Grenzgebieten nach Niederschlesien

Sofie Frederike Mevissen ( Bergische Universität Wuppertal)
Niederschlesien ‚als Erinnerungsraum in deutsch- und polnischsprachiger Gegenwartsprosa

Dr. Anna Grużlewska
Bildung der Nachkriegsgemeinschaft in den zurückgewonnenen Gebieten am Beispiel von Reichenbach

Dr. Kamil Dworaczek ( Institut für Nationales Gedenken, Breslau)
Zwischen Straßenbarrikaden und Wahlkundgebungen. 1989 in Wrocław

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=qKFZmzi7yeo

11.45 – 12.00 Uhr Pause

12.00 – 14.00 Uhr

Moderator: Kamil Frączkiewicz

Debatte Niederschlesien 1945–1989

Dr. hab. Joanna Nowosielska-Sobel, prof. UWr ( Universität Breslau)

Prof. dr hab. Adam Pawłowski ( Universität Breslau)

Dr. hab. Tomasz Głowiński, prof. UWr ( Universität Breslau)

Kinga Hartmann-Wóycicka ( Stiftung Erinnerung, Bildung, Kultur)

Prof. Dr. hab. Włodzimierz Suleja ( Institut für Nationales Gedenken, Warschau)

Live-Übertragung:

https://www.youtube.com/watch?v=Hu1WBPG6-_8

14.00

Ende der Konferenz

 




IN KÜRZE GIBT ES HIER NEUIGKEITEN ÜBER SILBERBERG, FRANKENSTEIN UND GLATZ AUS DEM ZEITRAUM VON 1946 – 1951.




REZENSION

Bartosz Grygorcewicz : Die Konjunktur in Silberberg in den Jahren 1949-1990.

In: Przerwa, Tomasz; Festung Silberberg III: Die Stadt und die Festung, Breslau 2010, S. 128-140. [Mitherausgeber: G. Podruczny] = SBIII, S. 128-140.

 

Bartosz Grygorcewicz, ein promovierter Historiker vom Staatsarchiv in Breslau, besitzt seine Forschungsschwerpunkte in der schlesischen Neuzeit – insbesondere in der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Er behandelt jedoch auch exemplarisch Themen des städtischen Kulturlebens und der Glaubensgeschichte, wie z.B. der Geschichte der Feuerwehr oder der Kirche.

In der Silberberger Publikationsreihe von Tomasz Przerwa veröffentlichte er schon zahlreiche Aufsätze, wie z.B. den Aufsatz über die „polnische Stasi“ aus der Silberberger Zeit von 1949 bis 1953.

Im hier behandelten Aufsatz widmet er sich der ökonomischen Entwicklung Silberbergs nach dem zweiten Weltkrieg; die Höhen und Tiefen der Silberberger Wirtschaft versucht er anhand der vorliegenden Quellen genau nachzuzeichnen.

Eingangs beschreibt Grygorcewicz Silberberg als typisches Beispiel des Niederganges einer schlesischen Kleinstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Ortschaft Silberberg wurden nicht nur ihre Stadtrechte (zukünftiger Sitz der Gemeinde war Peterwitz) geraubt, sondern sie verlor auch die meisten Industriebetriebe, besonders diejenigen, die im zweiten Weltkrieg entstanden waren.

Die polnische Verwaltung hat von der sowjetischen Militärverwaltung noch vier existierende – ehemals deutsche – Firmen übernehmen können.

  1. Die Fabrik Kuhnt (Wolldeckenweberei), die zu Beginn des 20 Jh. in Silberberg gegründet wurde.
  2. die Firma „Elektrosignal“ wurde auch in anderen Standorten als „VEB“ Staatliche Telekommunikationsgeräte weitergeführt. Dort wurden Telefonzentralen und Telefonbestandteile produziert.
  3. Ing. Günther Hintze – im Volksmund „Hintze-Werke“- (hier wurden Deutsche 1945 und 1946 unter Russen und Polen zur Arbeit verpflichtet), der Maschinenpark wurde in der zweiten Jahreshälfte 1946 in das staatliche polnische Funkfernmeldewerk in Langenbielau „überführt“ wurde (S. 128).
  4. Fabrik J. Anders (mechanische Produktionsinstrumente).

Bartosz Grygorcewicz bemerkt dazu: „Es gab den polnischen Behörden die Möglichkeit, die Produktion auf der Grundlage der dort vorhandenen Ausrüstung fortzusetzen und zu nutzen.“ (S.128)

Im Jahr 1954 verfügte man die Schließung der meisten Betriebe; die Fabrikationsgebäude wurden bis Mitte 1955 in Silberberg aufgegeben. Die Auflösung zeigte sich auch in der Form, dass brauchbare Materialien abtransportiert wurden – so z.B. fünf Waggons mit Möbeln etc. nach Beuthen; diese „Beute“ hatten sich verschiedene polnischen Delegationen, die Silberberg besuchten, gesichert. Diese Deindustriealisierung Silberbergs führte nicht nur zu einer Verarmung der Bevölkerung, auch die nun leer stehenden Gebäude wurden nicht mehr unterhalten, wie z.B. die denkmalgeschützte Querkaserne der Firma Günther Hintze in der Oberstadt, die langsam ausgeraubt wurde und verfiel.

Seit 1949 wurden – nach einem Besuch des Inspektors für Holzindustrie – für eine Produktion für Kommoden, Kinderbetten, Bücherregale, Tischlerplatten und Schränke noch vorhandene Maschinen aus ehemaligen deutschen Fabriken in der Stadt zusammengetragen. Man wurde in Gebäuden in Bahnhofsnähe in der ehem. Firma Kuhnt „fündig“: allein hier bestand die Ausbeute aus zwei Hobelmaschinen, zwei Bandsägen und diversem weiteren Tischlerwerkzeug. So konnten im Jahr 1955 schon 555 Küchenboards (Plan 440) und 510 (Plan: 1000) Kinderbetten produziert werden (Tab. 1, S. 130). Diese Erfolge führten 1957 zur Etablierung der Produktionsgenossenschaft „Spolem“ in Silberberg.

Im Jahr 1959 beschloß der Vorstand für regionale Industrie in Breslau die Modernisierung diverser Anlagen in Silberberg mit einem Volumen von geschätzten 2 555 577 Zloty, geplant war unter anderem der Ersatz des Kessels und der Umbau des Kesselhauses in Silberberg. Diese Arbeiten sollten durch das staatliche Maschinenzentrum in Frankenstein durchgeführt werden, um eine Produktionssteigerung von 700 auf 3500 Kubikmeter verarbeitetes Holz zu erreichen. Die Modernisierungsmaßnahmen wurden jedoch nicht umgesetzt (S. 132). Oft gab es in den fünfziger Jahren Produktionsengpässe aufgrund der unregelmäßigen Versorgung mit Holz und Steinkohle – auch fragt sich der Autor (S. 133), warum nicht die lokalen Holzressourcen genutzt wurden? Hier zeigen sich augenscheinlich die Schwächen einer Zentralplanung, die ökonomisch unprofessionell durchgeführt wurde. Trotz dieser Probleme wurde noch im Jahr 1959 in Silberberg versucht, Exportprodukte für Rußland (z.B. Nähmaschinentische) herzustellen. Zu Beginn der sechziger Jahre wurde zudem noch mit der Produktion von Schulbänken, Radio – und später auch Fernsehtischen begonnen.

Diverse Auseinandersetzungen der Mitarbeiter bezüglich der Produktivität und der strategischen Ausrichtung der Silberberger Betriebe in den sechziger Jahren werden vom Autor erwähnt (s. 134), jedoch nicht weiter ausgeführt. Die Produktionsergebnisse aus dem Jahr 1961 werden von Grygorcewicz zwar dargestellt (S. 135), jedoch nicht in eine Entwicklung eingepasst, sodass sich Aussagen zur Produktionssteigerung – wenn überhaupt vorhanden – kaum anhand der dargelegten Zeitphasen machen lassen. Allein die Erwähnung der Anschaffung einiger neuer LKW`s (S. 136) lassen nicht oder nur sehr spekulativ auf eine Produktionssteigerung in den sechziger Jahren schließen.

Interessant ist eine Tabelle über die Silberberger Produktion aus dem Jahr 1971. Erstmals wird der Export nach Deutschland, eventuell Westdeutschland, erwähnt. Für ein Produktionskostenvolumen von 58.494 Zloty wurden Tische dorthin exportiert. Dieses kaum ins Gewicht fallende Exportvolumen mag den Beginn der „Westorientierung“ bezüglich der Devisenwirtschaft kennzeichnen. Bei einem Gesamtanteil der Produktionskosten in Höhe von 12.189.555 Zloty machte der Exportanteil nach Deutschland allerdings nur 0,47 % in Silberberg aus. Aus der Tabelle lässt sich auch deutlich herauslesen, dass in dieser Zeit die Tischfabrikation in Silberberg (etwa 30 Prozent) und die Mahagoniverarbeitung (ca. 50 %) die Hauptproduktionsbereiche waren (Tab. 4, S. 136).

Für das Jahr 1976 gibt Grygorcewicz den Anteil gewerkschaftlich organisierter Mitarbeiter in Silberberg an (Tab. 5, S. 137). Von 100 Mitarbeitern, waren in Silberberg nur 49 gewerkschaftlich organisiert. Auffallend ist, dass in dem Zweigbetrieb in Neurode nicht einmal jeder vierte organisiert war. Ein Prozentsatz von etwa der Hälfte der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter entsprach in der Region in etwa der Norm.

In einem kurzen Rückblick beschreibt Grygorcewicz die ökonomische Entwicklung der „sterbenden Stadt“ Silberberg (S. 138) in den fünfziger Jahren. Erst die im August 1957 getroffene Entscheidung zur Entwicklung der Möbelproduktion auf einer Fläche von fast achttausend Quadratmetern durch die Genossenschaft „Spolem“ führte zu einer ersten Verbesserung im ehemaligen Städtchen Silberberg. Auffallend ist, dass Grygorcewicz die Rolle und das Engagement des damaligen Ortsvorstehers Josef Wachowitz bezüglich der Ansiedlung neuer holzverarbeitender Betriebe mit keinem Wort erwähnt.

Nach den Plänen der Jahre 1957 und 1958 sollten bis zu 600 Arbeitsplätze in Silberberg entstehen. Leider hat die polnische Misswirtschaft dazu geführt, dass die Pläne nicht realisiert werden konnten und nach einem ökonomischen Niedergang in den 60er Jahren erst mit Beginn der siebziger Jahre eine ökonomische Belebung, die sich z.B. in der neuen Produktion von Gartenmöbeln und Möbeln für Lebensmittelgeschäfte zeigte, begann – obwohl immer noch Probleme mit der Infrastruktur, besonders der Wasserversorgung bestanden.

Eine schöne Übersicht zeigt abschließend die Tabelle (Tab. 7, S. 141) über Führungskräfte und Arbeiter, die nur in den Jahren 1960, 1962 und 1968 erwähnt sind. Es zeigt sich, dass zwischen 21 % und 39 % der Mitarbeiter zu den Führungskräften gezählt wurden. Eine Entwicklung ist durch das kleine Sample leider nicht sehr aussagekräftig ist; die Stichprobe zeigt allerdings, dass die im Westen angestrebten maximalen fünf Prozent bei weitem überboten werden.

Von hohem Interesse ist die Anzahl der Beschäftigten in Silberberg, die von 1958 (leider nicht chronologisch früher) bis zum Jahr 1977 angezeigt werden. Hier zeigt sich, dass die Anzahl der beschäftigten Personen in Silberberg mit 125 Personen in den fünfziger Jahren begann, in den sechziger Jahren auf etwa 175 Personen stieg und auf ein Maximum von um 230 arbeitenden Personen in der Zeit von 1974 bis 1977 stieg. Somit gab es in der Zeit von 1958 bis 1977 im Durchschnitt 176 Arbeitsplätze bzw. Einkommensempfänger – nicht einmal ein Drittel im Vergleich zu den dreißiger Jahren in Silberberg.

AKA 2/19

 

 


ANGEKOMMEN 1946
Fremd vor der neuen Klasse.
Strandgut des Krieges im Osten.
Heimatlos bin ich ausgesetzt.
Sie starren mich an, die Neue.
Abtastendes Grinsen, Tuscheln:
„Wir haben jeder unseren Platz hier.
Seit der Geburt. Wir kennen uns gut!“
Geschlossene Phalanx.
Mich fröstelt. Fremd. Einsam.
„Setz dich! Such dir einen Platz!“
Wo? – Ich bin hier nicht vorgesehen.
Über meine Schülerbank ist die Kriegswalze gerollt,
hat die Freunde zur Rechten und Linken
verflüchtigt. Zermalmt?
Ich friere. Bin fern in Gedanken. Weglaufen?
„Komm! Ich rutsche.“
Da! Ein halber Schülerstuhl ist Erlösung.
Ein verhaltenes Lächeln ist Zuspruch:
„Ich bin Hanna.“ Ganz nah und dicht. Warm.
Angenommen, angekommen.

von Frieda Meyer-Jedamski,

ehemalige Latein- und Religionslehrerin

an der Albert-Schweitzer-Schule in Nienburg/Weser

 


Silberberger Archivalien im Imperial War Museum (IMW) in London

Das Imperial War Museum in London besitzt diverse Materialien zu dem Offizierslager VIIIB in Silberberg. Zwei Kriegsgefangene berichten im Gespräch über Vorkommnisse im Lager (die Audio-Dateien sind hier downloadbar: Audio-Datei A, Audio-Datei BAudio-Datei C ).

Thematisch handelt es sich um Erinnerungen an die Kriegsgefangenenzeit in Stalag VIII A, Wolfsberg und Stalag VIII B, Silberberg in Deutschland aus den Jahren 1941-1945 – u.a.  wird ein militärisches Begräbnis eines britischen jüdischen Kriegsgefangenen im Stalag VIII B, Silberberg geschildert.  Des weiteren berichtet ein Kriegsgefangener über Aspekte der Zeit als Kriegsgefangener in Stalag VIII B, Silberberg in den Jahren 1944-1945. Berichtet wird seine Rückkehr ins Lager; die Einzelhaftstrafe und über Sabotageversuche bei den Arbeitseinsätzen in der Fabrik. Abschließend wird der Abmarsch  aus dem Lager nach Westen geschildert, da sich die Sowjetarmee 1945 Silberberg näherte.

© IWM (HU 20521)

Auf den Bilddateien  ( z. B. eine Gruppe polnischer Offiziere im Oflag VIIIB, Silberberg : Die dargestellten Offiziere sind: Captain Bogdan Żebrowski; Captain Lucjan Burian; Captain Władysław Piotrowski; Cavalry Captain (Rotmistrz) Jan Ładoś; Lieutenant Paweł Jasiński; Lieutenant Józef Just; Lieutenant Czesław Nowak; Lieutenant Zdzisław Smekczyński; Second Lieutenant Jerzy Ponewczyński; Lieutenant Mieczysław Łukasik; Second Lieutenant Jerzy Klukowski; Lieutenant Józef Siewiert; Second Lieutenant Zdzisław Dębowski; Second Lieutenant Jan Niestrzęba; Second Lieutenant Antoni Najda; Warrant Officer Zdzisław (Kazimierz?) Ficek; Second Lieutenant Józef Hlebowicz; Officer Cadet Antoni Karpf; Second Lieutenant Paweł Zieliński; Officer Cadet Adam Rydz; Second Lieutenant Marceli Gojski) des Offizierslagers sind diverse polnische Offiziere auf der Treppenempore auf dem Spitzberg zu sehen – im Hintergrund ist eine Büste von Friedrich dem Großen sichtbar.

© IWM (HU 007317a)  Weihnachtsmenükarte aus dem Oflag IX von 1943

Weihnachtsmenükarte aus dem Oflag IX im Jahr 1943 mit Neujahrswünschen für 1944

 


Neue Archivalien im Silberbergarchiv


Aktuelle großzügige Spenden bereichern das Archiv. Kürzlich erhielten wir den Silberbergnachlaß von Franz Schnober, dem Initiator der ersten Silberbergtreffen nach dem Krieg. Von 1949 an organisierte Franz Schnober die Treffen der Vertriebenen. So finden sich im Archiv nunmehr die Nachlässe aller Silberberger Persönlichkeiten, die die Silberberg-Treffen von 1949 bis 2013 organisierten (Schnober, Kollewe, Felkel). Neben einer großen Anzahl von Postkarten, Abbildungen, Zeichnungen und Fotos finden sich in dem Nachlass mehrere bisher unbekannte Autobiographien sowie Originalschriftstücke Silberberger Künstler. Des weiteren wurden dem Archiv Originalurkunden und antiquarische Bücher aus dem 17. bis 19. Jahrhundert der Familie von Zitzewitz-Zerboni gespendet. Das Archiv bedankt sich herzlich für die generös gespendeten Neuzugänge.

 



 

Bauhaus live!

Der Sztaba-Stuhl aus Silberberg.

Text siehe unten!


R E Z E N S I O N

Peter Sroka , Der Niedergang von Silberberg in den Jahren 1946 bis 1965.

In: Przerwa, Tomasz; Festung Silberberg  III: Die Stadt und die Festung, Breslau 2010, S. 96-105 [Mitherausgeber: G. Podruczny]  = SBIII, S. 96-105.

Peter Sroka, ein polnischer Historiker, beschreibt in einem Aufsatz über die Zeit nach der Vertreibung der Deutschen minutiös den rechtlichen und ökonomischen Niedergang des ehemaligen Städtchens Silberberg in dem Zeitraum von 1946 bis 1965.
In einem kurzen Abriß stellt er die Geschichte Silberbergs von der Blütezeit im 16. Jahrhundert, den verheerenden Kriegen im 17. bis 19. Jahrhundert bis zur den Anfängen des Tourismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts dar.
War die Befestigung anfangs ein „Fluch“, der viele Kriegshandlungen nach Silberberg zog, so war die Erhaltung und Restaurierung der Festung in den dreißiger Jahren eine wichtige Voraussetzung zur touristischen Entwicklung der Stadt.
Die Stadt, charmant am Fuße der Festung Friedrich des Großen gelegen, hatte sich schon zur Jahrhundertwende zu einem attraktiven Touristenziel entwickelt. Der erste Weltkrieg und die folgenden politischen und wirtschaftliche Turbulenzen nach seinem Ende bis zur Weltwirtschaftskrise haben die Stadt schwer getroffen.
Die schlimmsten Zeiten sollten jedoch erst mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges kommen, danach erlebte der Silberberg einen tiefen und mehrphasigen Niedergang.
Zum ersten Mal in seiner Geschichte verlor es seine Stadtrechte. Nach der Ausplünderung und Vertreibung der deutschen Einwohner und dem Zusammenbruch der lokalen Industrie war die Stadt stark entvölkert.
Dies führte nicht nur zum Zusammenbruch der städtischen Infrastruktur, auch hatte Silberberg ihre Bedeutung als Reiseziel verloren. Diesen Vorgängen nachzugehen ist das Ziel von Sroka. Nach dem katastrophalen Ende des III. Reiches und den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz begann unverzüglich die Organisation der Vertreibung der Deutschen. Die praktische Umsetzung begann im folgenden Jahr 1946 – ein entscheidendes Jahr für Silberberg.
Schon im Jahr 1946 (wahrscheinlich im August) nahm man dem Ort seine Stadtrechte. Auffallend ist, dass Sroka die inhumane Behandlung und die ökonomische Exploitation der Deutschen kaum erwähnt. Vielmehr sieht er diesen Geschichtsprozeß allein aus der polnischen Perspektive, obwohl gerade für die Frühzeit wichtige deutsche Quellen existieren, die auch publiziert sind (z.B. in: Kollewe, Felkel: Gesammeltes über Stadt und Festung Silberberg, Hamburg 2000, AKA14).

Gebäudereste in Silberberg im Jahr 2012.

Nach Sroka waren die wenigen polnischen neuen Bewohner Silberbergs nicht mit der Degradierung der Stadt zum eingemeindeten Dorf einverstanden und organisierten unter der Leitung von Mieczyslaw Stawicki eine Sitzung am 25.2.1947 zum Thema der verlorenen Stadtrechte, da die Selbstverwaltung Silberbergs durch diesen Rechtsakt stark eingeschränkt war und die Finanzierung einer eigenen Verwaltung unmöglich wurde. Die vorgesetzten Behörden lehnten jedoch eine Eigenverwaltung Silberbergs ab und so kam es, dass die ehemalige Stadt in die ländliche Gemeinde Peterwitz – wie auch Schönwalde (in der Verwaltungsreform von 1954) – eingemeindet wurde. Noch im Jahr 1954 hat der neue Verwaltungsbereichsleiter der Grundschule Waclaw Bolechowski vorgeschlagen, in Silberberg eine separate Einheit einer Verwaltung einzurichten – leider ist der Vorschlag abgelehnt worden, obwohl es juristisch möglich gewesen wäre.
Als Voraussetzung dafür galt die Bedingung, dass bei kompakten stadtähnlichen Siedlungen mindestens zwei Drittel der Einwohner eine Existenz außerhalb der Landwirtschaft inne hatten. Jedoch lag die Mindestgröße bei 1000 Einwohnern, die das polnische Silberberg bei weitem nicht erreichte. Insbesondere die Zerstörung von fast 50 Prozent der Stadthäuser, die Vertreibung der Deutschen und die Liquidierung großer Teile der Silberberger Industrie und des Handels haben dazu geführt, dass 1947 nur noch etwa 350 Einwohner in Silberberg ansässig waren (FMR). Die vorher genannten Argumente werden bei Sroka nicht erwähnt.
Im Jahr 1959 scheiterte ein weiterer Versuch in Silberberg eine eigene „Stadt“-Verwaltung zu etablieren. Nach Sroka fehlten jetzt nur wenige Einwohner, um Silberberg die Stadrechte zu verleihen. Somit ist zu konstatieren, dass die Stadtrechte Silberbergs aufgrund des demografischen Niederganges nicht wieder erteilt wurden. So hat die unkluge, inhumane und unnötige Politik der Vertreibung der Deutschen die Erteilung der Stadtrechte verhindert.
Während im Jahr 1939 Silberberg eine Bevölkerung von 1154 besaß, hatte Silberberg Ende 1946 nur noch 550 Einwohner (nach deutschen Quellen 356 zu Beginn des Jahres 1947).
In dieser Zahl von 550 Einwohnern – nach Sroka – gab es 360 sogenannte „Heimkehrer“ aus den verlorenen ostpolnischen Gebieten. Aus dem zentralen polnischen Staatsgebiet kamen 165 Personen und 25 Personen waren deutscher Herkunft. Jedoch schon zwei Jahre später sank die Einwohnerzahl auf 320 und der Besucher der Stadt Mieczyslaw Orlowicz stellte fest, dass die ehemalige Bergbaustadt ‚fast verlassen‘ erschien.
Nicht nur die Verminderung der Bevölkerung und der Zusammenbruch der lokalen Industrie in den 40er Jahren waren zu konstatieren, auch die zentralörtliche Funktion der Stadt Silberberg ging verloren. So blieb die Pfarrstelle der katholischen Kirche seit 1952 unbesetzt und die Silberberger Katholiken wurden fortan von Schönwalde aus betreut. Aufgrund der schwierigen ökonomischen Situation in Silberberg gingen viele Einwohner im Umland oder in Frankenstein zur Arbeit. Erst als sich die genossenschaftliche Handels- und Produktionsorganisation „Spolem“ in Silberberg etablierte, waren erste ökonomische Lichtblicke zu verzeichnen. Der Ausbau von „Spolem“ auf mehrere standorte in Silberberg führte auch zu einem leichten Bevölkerungsanstieg in Silberberg, sodaß im Jahr 1961 schon 750 Einwohner, etwa 65% des Vorkriegsstandes, in Silberberg gezählt werden konnten. Eine weitere Zunahme war auch – ohne größere Neubauvorhaben – kaum möglich, da durch die Zerstörung von Wohnungen und der städtischen Infrastruktur verlassene Gebäude verfielen und den Plünderern zum Opfer gefallen waren.
Nach deutschen Augenzeugenberichten war eine „Hauptursache“ für den Verlust der Bausubstanz die „Gewinnung“ von Feuerholz. Zuerst wurden die Balken der Dächer demontiert, später folgten die Treppen und Fenster. Das übrige tat dann die Witterung und innerhalb weniger Jahre wurde aus einem ansehnlichen Stadthaus eine Ruine. Einen eindrücklichen Bericht überliefert Franz Jurczyk in den 50er Jahren (AKA14, 6f.): „Das Städtchen (Silberberg, AKA) bietet heute mit seinen Schutthalden, mit seinen verfallenen Häusern und mit seinen verwahrlosten Straßen und Plätzen einen jammervollen Anblick. Über die Ursache dieser Zustände braucht man sich nicht zu wundern. Silberberg zählt jetzt etwa 350 Einwohner, also ein knappes Drittel seiner früheren Bevölkerung. Die unbewohnten Gebäude sind herrenloses Eigentum …. als ich Silberberg verließ, befand sich gerade das Haus von Fräulein Klara Bittner im Abbruch. Dort sollen die Polen angeblich auch noch gute Funde gemacht haben. Wenn wir dann die Sommerseite hinaufgehen, finden wir noch als Schutthaufen wieder: die alte katholische Schule und das Haus von Kuhnt, die Häuser von Installateur Weigelt und Tischlermeister Welzel, von Geschw. Beck und Paul Grammel, Heinrich Dinter und Julius Springer. In der Oberstadt fehlen die Häuser von Reinhold Faul (Langnickel), die alte Bäckerei, Graner, Scharlach, Josef Klar und die Landwirtschaft von Niesel …. Die Querkasernen stehen zwar noch, sind aber nach der Einstellung der Hinze-Fabrik völlig ungenutzt. Türen, Fenster und Treppen sind allmählich völlig verschwunden, ein Abbruch steht wohl bevor. In der Mittelreihe stehen außer dem Haus von Anders nur noch die Häuser von Peuckert, Hilscher, das Haus des Wasserversorgungs-Zweckverbandes, die Gastwirtschaft Olapinski und die Fleischerei Rauer. Alle übrigen Grundstücke sind Schutthaufen; ein besonders großer Schuttberg ist das vor zwei Jahren abgebrochene Hotel „Kaiserhof“.

Der Verlust historischer Bausubstanz im Zentrum Silberbergs

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farbig: openstreetmap2017   schwarzweiss: Stadtplan 1829   rot: abgerissene Gebäude

(fehlende Gebäude in ROT markiert)

So waren um 1950 bereits die meisten Gebäude in Silberberg zerstört oder unbewohnt. Die Verwaltung – so Sroka – hat erhebliche Ausgaben für deren Schutz und Instandhaltung der Gebäude, sowie für die Zahlung fälliger Feuerschutz- und Grundsteuer ausgegeben. Leider haben diese Aktivitäten der Gemeindeverwaltung nicht die gewünschte Wirkung gehabt. Zu Beginn der 50er Jahre sollen – so Sroka – in größerem Umfang notwendigen Arbeiten durchgeführt worden sein, wie z.B. die Reparatur von Dächern und Dachrinnen, die Erneuerung von Decken und Fußböden sowie neuen Türen und Fenstern, das Setzen neuer Öfen und die Reparatur von Elektrik- und Wasserversorgungssystemen, inclusive der Ausbesserung von Mauerwerk und Malen der Innenräume.
Aus der erhaltenen Dokumentation folgt, dass in den Jahren 1951-1953 Reparaturen in acht Gebäuden in der Stadt durchgeführt wurden – jedoch – so Sroka – war dies nur ein „Tropfen im Meer“.
Der Schutz vieler historischer Gebäude ist im Wesentlichen Josef Wachowitz zu verdanken, welcher unermüdlich für die Renovierung von Stadt und Festung eintrat. Neben Wachowitz – so Dieter Wachowitz (S. 101) – haben zwei andere Stadtbewohner (Stefan Słabosz und Mieczyslaw Nobisa) für den Erhalt von bedrohten Baudenkmalen gesorgt. Wachowitz führte Denkmalpfleger durch die Festung und versuchte denkmalschutzwürdige Gebäude zu erfassen und ihren Bauzustand bei der Gemeinde kundzutun. Dadurch konnten etwa 67 Gebäude gerettet werden: In der Gruppe 1 der erhaltenswürdigen Gebäude lagen 27 Häuser in der Sommerseite (polnische Nummern 1-4, 6, 7, 9-17, 20, 22, 24-29, 31-34), die gleiche Anzahl in der Winterseite (polnische Nummern 2, 4-11, 14-29, 31 und 32) und die übrigen in der Mittelreihe (polnische Nummern 3-12, 25, 26, 29, 30). Die zweite Gruppe betraf die Gebäude ohne historischen Wert, die jedoch aufgrund statischer Probleme für die denkmalgeschützten Nachbargebäude zu erhalten waren. Diese Gruppe bestand aus insgesamt 6 Häusern: in der Sommerseite nach polnischer Nummerierung Nr. 30 und Nr. 40 Gebäude, in der Winterseite die pol. Nummern 12 und 13, sowie in der Mittelreihe die Nr. 16 und Nr. 32 nach polnischer Nummerierung . Einer dritten Gruppe von Häusern wurden aufgrund der vorhandenen Schäden ein Denkmalschutz aberkannt. Es handelte sich um 16 Häuser vornehmlich aus der Mittelreihe (polnische Nummerierung: 20-24, 28, 31, 34, 35, 37 und 38), aus der Sommerseite nr. 18 und 19, sowie aus der Winterseite die Häuser mit den Nummern 33 und 34. Bei diesen Gebäuden wurde die Auflage erteilt, dass kunsthistorisch wichtige Portale, Fassadenschmuck oder Gebäudedekor demontiert und dem Denkmalschutzamt nach Gebäudeabriß übergeben werden (S. 99).
So wird für Silberberg im Jahr 1953 festgestellt, daß „mindestens 40 Prozent der Häuser zerstört sind oder leer stehen“. Die Reparaturen waren schwierig, obwohl die Silberberger Zimmerei behauptete, zusätzliche hundert Angestellte beschäftigen zu können, wenn den Mitarbeitern Wohnraum zur Verfügung gestellt werden könnte. Es fehlten in dieser Zeit jedoch sogar die Finanzmittel, um die Leuchten in und außerhalb der Stadt zu betreiben – auch war die Qualität der ausgeführten Arbeiten denkbar schlecht (Sroka S. 99). Die Arbeit wurde „nach der Vergabe“ ohne angemessene Aufsicht durchgeführt. Reparierte Dächer leckten, rissige Wände entstanden in frisch renovierten Gebäuden und neu errichtete Öfen waren ungeeignet für die Nutzung. Daher gab es berechtigte Befürchtungen, dass die „renovierten“ Immobilien in kurzer Zeit neue, teure Investitionen benötigen würden.
In den Bergen wurden durch die Dunkelheit häufig Unfälle verursacht. Auch war – insbesondere für Kinder und Jugendliche – das Spielen in den vielen Ruinen lebensgefährlich. So kam z.B. in der Ruine der Querkaserne ein Kind zu Tode (AKA).
Diese Zustände führten dazu, dass Silberberg im Jahr 1957 (!) wie folgt beschrieben wurde: „Die Stadt macht einen deprimierenden Eindruck. Dutzende von zerstörten Häusern und aus der Gesamtzahl von noch 97 Gebäuden bedürfen die meisten einer Renovierung – überall sind Trümmer und Ruinen zu sehen. Viele Gebäude werden abgerissen und niemand spricht darüber.“ Dem ehemaligen Bürgermeister Ciszewski (Cizewskiego) wird aufgrund seines Alkoholismus vorgeworfen, die Stadt vernachlässigt zu haben. Beim Rundgang durch die Stadt beschreibt der Besucher weiter: „Immer wieder passiere ich defekte Fenster und Häuser mit schmuddeligen Dächern. Hier und da schaut der Kopf einer Ziege oder eines Hahns hervor. Voller Mehltau, Spinnen, Staub, braune Streifen (? AKA). Stille … hier ist alles zerstört. Straßen ohne Bürgersteige, scharfe ungesicherte Bereiche auf den öffentlichen Wegen. Die Schutzbarrieren sind verschwunden. Plakate mit Straßennamen ersetzen Straßenschilder. […] Drei Mal am Tag fährt ein Auto durch die Stadt, manchmal ein Karren; im Schlamm ausrutschend fällt man hin“.
Vor dem Jahr 1956 waren durch „Plünderungsabbruch“ von Gebäuden, die den Krieg überstanden hatten (im Krieg wurde nur ein Gebäude zerstört, AKA), viele Gebäude zerstört worden.
Erst im Jahr 1957 kündigt sich eine Besserung an. Die Kritik am Stalinismus ermöglichte auch eine leichte Kritik an den herrschenden Zuständen. So wurde mit der Verwirklichung der Gasversorgung ein wichtiger Wunsch der Silberberger Bevölkerung in den Jahren 1958 – 1960 (wieder) für einen Betrag 50000 Zlotys durchgesetzt. Die geplante Renovierung des Wasserversorgungsnetzes wurde jedoch nicht durchgeführt, da der Auftragnehmer die Leistung nicht erfüllte. Aus ähnlichen Gründen war es nicht möglich, die Stadt von Ruinen und Bauschutt zu räumen. Jedoch konnten in den Jahren 1958-1960 vierzehn Gebäude mit 76 Wohnungen renoviert werden. Trotz einer Vereinbarung mit „Spolem“ konnten jedoch nur 10% der Aufträge durchgeführt werden.
Nach Sroka gelang es, den Abriss der Gebäude der Stadt aufzuhalten, die Verluste waren jedoch irreversibel. Die Bezirksbehörden hatten festgestellt, dass als Folge der angeblichen „Zerstörung des Krieges“ und durch „rücksichtslose Menschen“ nur ca. 60% der Gebäude die ersten Jahre unter polnischer Verwaltung überstanden hatten.
Vor den Wahlen zum Gemeinderat im Jahr 1961 wurde unter anderem folgendes von der Bevölkerung gewünscht: die Erneuerung der Wasserversorgung, die Vergrößerung des Gasnetzes und die Sanierung der ehemaligen evangelischen Kirche und deren Umwandlung in ein Kino. Zudem sollte die Busverbindung nach Frankenstein verbessert, sowie die Errichtung eines Gesundheitszentrums und eines Servicezentrums (Schuster, Schneider und Friseur) erreicht werden, auch ein zusätzliches Lebensmittelgeschäft und die Verbesserung der Versorgung im Dorf sah man als notwendig an. Wegen fehlender Mittel wurden Pläne für die meißten Vorschläge, wie z.B. die ehemalige evangelische Kirche, nicht sofort umgesetzt. Jedoch wurden die Busverbindungen etwas verbessert und es wurde auch ein neues Lebensmittelgeschäft eingerichtet. Das neu eröffnete Servicezentrum wurde wegen geringen Bedarfs bald geschlossen.
In den Jahren 1961 und 1962 wurden weitere größere Renovierungen von Gebäuden in Silberberg für insgesamt 700.000 Zloty durchgeführt; für weitere Instandsetzungen wurden jedoch keine Kredite vergeben. Weitere kleine Initiativen existierten seit 1956, die jedoch nicht zum Tragen kamen, da prinzipiell alle noch vorhandenen Gebäude stark renovierungsbedürftig waren, z.T. stand Wasser in den Kellern, die Gründungsmauern waren marode oder Pilzbefall zeigte sich vom Keller bis zum Dachgeschoß und so wurden die unbewohnten Gebäude z.T. als Stallbereich für Nutztiere gebraucht.
Ein anderes Problem waren die schlecht befestigten Hanglagen, die seit den frühen vierziger Jahren nicht mehr unterhalten wurden. Dadurch wurden die noch bestehenden Gebäude gefährdet. Des weiteren beschwerten sich die Einwohner, dass die Hauptkanalisation zu 90% blockiert war. Letztendlich wurde in dieser Zeit auch die evangelische Kirche nicht genutzt, sie wurde geschlossen. Weitere katastrophale Bedingungen zeigen sich in den Berichten einiger Einwohner. So mußte ein Bewohner sein Haus in der Sommerseite 14 räumen, da durch den Abriß eines Nachbarhauses, sein Haus einsturzgefährdet war. Ein anderer beschwerte sich folgendermaßen: „Wir zahlen Miete an die Stadt, aber wir bekommen nichts dafür, wir leben hier nur auf einem Müllhaufen“. Im Jahr 1965 kamen die ersten Pfadfinder ins „Dorf“; sie machten den ruinenmäßigen Zustand Silberbergs öffentlich und diskutierten die Probleme des Ortes. In der zerstörten und entvölkerten Stadt war die Möglichkeit, das kulturelle Leben zu organisieren, nicht groß. In den 1950er Jahren war ein beliebter Sportverein in Silberberg aktiv und der Verein der Polnischen Jugendbewegung informierte die Öffentlichkeit. Es gab dann auch ein provisorisches Kino, in dem einmal im Monat zwei Filme gezeigt wurden: „Sie sind mit Ihrem eigenen Stuhl ins Kino gegangen.“ Ein weiterer Fortschritt war die Einrichtung einer öffentlichen Bibliothek in Silberberg – sie nahm am 1. Januar 1960 seine Tätigkeit auf und vier Jahre später hatte es bereits 3700 Bände.
In der deutschen Zeit war Silberberg ein bekanntes Zentrum für Tourismus und Erholung im Eulengebirge. In einer Statistik aus dem Jahr 1948 werden für Silberberg acht nicht betriebene Ferienhäuser, zwei Hotels und die Hahnenkoppenbaude erwähnt. Auch werden für den Wintersport geeignete Gelände ausgewiesen. Nach der gleichen Quelle aus dem Jahr 1947 besuchten Silberberg jährlich ca. 1000 Menschen – aus welchen Gründen auch immer.
Das Interesse der Silberberger, den Tourismus zu entwickeln, schien nicht sehr ausgeprägt, da es wahrscheinlich noch zu viele existenzielle Probleme gab. So stellte z.B. ein Sonderausschuss der Gemeinde 1953 fest, dass die Hahnenkoppenbaude völlig zerstört sei, obwohl sie kurze Zeit vorher in einem völlig guten Zustand war, war sie nun abbruchreif: zerstört waren die inneren tragenden Wände, Decken, Böden, Türen, Fenster, Öfen, die Wasserversorgung, die Kanalisation und die Stromversorgung. Die Materialien wurden entfernt, und nur Trümmer von Ziegeln, Brettern und Trümmern blieben an Ort und Stelle (welche Verfasser der Rez. noch als überwachsenen Schutthaufen im Jahr 1974 identifizieren konnte).
Dieter Wachowitz (S. 104) bezeugte, daß erstmals im Jahr 1952 Sommerlager in Silberberg durchgeführt wurden. Drei Jahre später wurden in der ehemaligen (Längs-) Kaserne in der Oberstadt etwa 500 Gleiwitzer Kinder untergebracht. Darüber hinaus wurde in der Silberberger Grundschule ein Sommerlager für mehr als hundert Kinder organisiert. Die Lager wurden jedoch nur für zwei Monate im Jahr genutzt, während die Gebäude in den restlichen zehn Monaten leer standen. Erst Mitte der 1950er Jahre erschien die Erwähnung Silberbergs auch in den Führern der polnischer Tourismusverlage. Durch den Bericht, dass in der Festung ein Freund von Karl Marx, nämlich Wilhelm Wolff, in Haft gesessen hat und in Silberberg auch das Oflag VIIIb existierte, wurde Silberberg auch in den politischen Gremien bekannter. Daher wurde im Jahr 1955 in der Sommerseite 6 eine „Touristenstation“ mit zehn Betten eröffnet. Im Jahr 1957 übernahm die PTTK die „Villa Hubertus“ – auf dem Weg zum Donjon gelegen. Schon zwei Jahre später wurden in dieser Touristenherberge 80 Plätze im Sommer und 50 Betten im Winter angeboten. Der Verwalter Waclaw Malczewski begann in den 60er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts die touristisch unterentwickelte Festung Silberbergs zu einer Attraktion zu entwickeln, um weitere Zerstörungen zu verhindern. Im Jahr 1964 eröffnete er eine eigene Touristenstation in der Sommerseite 3, während die Herberge „Villa Hubertus“ 1969 wegen ihres schrecklichen Zustandes für mehrere Jahre geschlossen wurde. Die größte touristische Investition in Silberberg in den 1960er Jahren war der Bau eines Ferienresorts auf dem Gebiet des ehemaligen Ziegeleisees, wo ein Kinderparadies mit Kanusport, Schwimmbad, Kinderbecken, Strand, Spielplätzen, Hütten und Campingplatz geschaffen wurde. Im Jahr 1965 wurde ein Stadtplanungs- und Aktivierungsprogramm erstellt. Sein Ziel war die „Transformation“ Silberbergs zu einem Touristengebiet für die Bevölkerung Niederschlesiens mit besonderem Schwerpunkt für die Bewohner des Kreises Frankenstein, der Stadt Reichenbach und der Stadt Frankenstein. Das Programm sah den Bau einer Anlage für den Wintersport vor (Ski und Rodeln), sowie die Entwicklung der Festung für den Tourismus und die Entwicklung der Infrastruktur und Gastronomie vor. Es war – nach Sroka – kein Zufall, dass Pfadfinder zur gleichen Zeit nach Silberberg kamen. Die Stadt begann sich langsam aus der „Vergessenheit“ zu befreien und bald begannen die „glücklichen 70er Jahre“.
Abschließend fasst Sroka seine Forschungen (S. 105f.) zusammen. Er stellt fest, dass Silberberg kein Einzelfall in Niederschlesien war. Viele Dörfer hörten fast auf zu existieren (was z.T. noch in der „Ruinenlandschaft“ zu sehen ist, wenn man sich die umliegenden – nicht so verkehrsgünstig gelegenen – Dörfer noch 2018 anschaut, AKA). Abschließend beklagt Sroka, dass „leider die polnische Verwaltung das von den vertriebenen Deutschen hinterlassene Eigentum nicht ausreichend sichern konnte“. In Silberberg wurden nach 1945 die wüst gelegenen und die geplünderten Gebäude zerstört. Finanzielle Möglichkeiten zur Renovierung gab es nicht, da man nichteinmal die Kapazitäten saß, die Schuttberge zu entfernen. Nach 1945 wurden etwa 40% der Gebäude der Stadt zerstört. Eine kleine Stadt mit Merkmalen eines Zentralortes und deren Infrastruktur war administrativ den benachbarten, typisch landwirtschaftlichen Bedürfnissen der umliegenden Dörfer untergeordnet. Es hätte – als selbständig agierende Stadt – eine Chance für den Tourismus gegeben, jedoch lag Silberberg nach 1945 aufgrund der administrativen Situation am Rande des Touristenverkehrs.
Das „Tauwetter“ Mitte der 1950er Jahre verbesserte die Situation der Stadt etwas. Man begann über Silberberg zu sprechen und zu schreiben. Ihre Bevölkerung nahm signifikant zu (bis 65 % des Vorkriegsstandes). Trotzdem fehlten Mittel für Reparaturen und die Renovierung der Stadt – ein Konzept der Stadtsanierung historischer Stadtkerne – wie in Westdeutschland – existierte scheinbar nicht. In den 1960er Jahren wurde das touristische Potenzial schließlich verstärkt genutzt. Allerdings hat es erst eine deutliche Verbesserung in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts gegeben. Der Aufstieg der Stadt hing wesentlich mit dem Beginn der Aktivitäten der Pfadfinder in Silberberg zusammen – so Sroka.
Das sich eine Entwicklung nicht immer zum Positiven bewegt zeigt die Situation der Kasernen in der Oberstadt. Erst die Belegung der Kasernen durch die Pfadfinder Mitte der 60er Jahre sicherte deren Existenz und Ausbau. Nach den Wirren der „Wendezeit“ verfielen anfangs große Teile der Längskasernen – bis der Tourismus wiederentdeckt wurde und durch Eigeninitiative langsam aber sicher (?) – zwar nicht nach denkmalpflegerischen Kriterien – versucht wird, die noch erhaltene Bausubstanz zu nutzen und zu retten.
Dankenswerterweise hat Sroka etliche neue Quellen aus den 50er und 60er Jahren erschlossen (so z.B. das wichtige Protokoll aus dem Jahr 1953 über den Zustand der Bausubstanz in Silberberg). Für seine Fragestellungen hätte er jedoch auch viele der Quellen, die Soltysik in seinem Artikel im gleichen Tagungsband verwendet, nutzen können. Ein Defizit ist sicherlich die Nichtverwendung von deutschen Quellen (s.o.), auch verwundert es, daß Sroka das Offizierslager VIIIb auf dem Spitzberg nicht erwähnt, obwohl die in Polen heroisierten Fluchtversuche der polnischen Offiziere Silberberg landesweit bekannt machten. Zu stark erscheint auch der Entzug der Stadtrechte bezüglich der negativen ökonomischen Entwicklung Silberbergs bewertet zu werden. Eine konkrete Diskussion über die Gründe von Betriebsschließungen findet nicht statt – diese wäre jedoch für ein Verständnis des wirtschaftlichen Niederganges von Silberberg unerläßlich.
AKA 2019, Ullrich Masemann


Buchpräsentation

am 19. Januar 2019 in Silberberg über die Geschichte der Konsumgenossenschaft SPOLEM und den international bekannten Bauhaus-Designer  Henryk Sztaba, dessen in Silberberg produzierter Stuhl im Sztaba-Design eine Leitform im Bauhaus Stil wurde und in einer Reihe von Designern zu finden ist wie Le Corbusier, Mies van der Rohe oder Marcel Breuer. Die Bauhausausstellungen „100 Jahre Bauhaus“ in Deutschland, die in diesem Jahr konzipiert wurden, zeigen diese neuartigen Designs und ihre Entwicklungen im Detail.

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Neu:

Spolem

Sztaba

Srebrna Gora

 

Redaktion T. Przerwa

mit Beiträgen von Tomasz Przerwa, Malgorata Czynska, Bartosz Grygorcewicz, Karolina Rybicka und Jakub Kusnierz.

ISBN 978-83-945163-8-3

Srebrna Gora 2019, 200 Seiten mit zahlreichen s-w Abbildungen.

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Erste Konsumgenossenschaften wurden in Polen schon 1907 gegründet. Sie existierten schon in preußischer Zeit und auch während der Besatzungszeit Polens im Zweiten Weltkrieg.
Sie ist eine besondere Form der Genossenschaft, die in erster Linie Nahrungs- und Genussmittel sowie verwandte Waren des täglichen Bedarfs beschafft und verkauft.
Die „Verbrauchergenossenschaften“ – wie z.B. die Coop in Deutschland – wurden ursprünglich auf Initiative von Verbrauchern, Gewerkvereinen oder von Sozialreformern aus bürgerlichen Kreisen gegründet mit dem Ziel, die Lebenshaltung durch günstigere Warenversorgung zu verbessern. Teilweise haben Konsumgenossenschaften ihre Tätigkeit auch auf die Produktion ausgedehnt oder die sogenannte „Eigenproduktion“ Zentral-Gesellschaften übertragen.
Die Genossenschaft „Społem“ (Powszechna Spółdzielnia Spożywców) – war ein genossenschaftliches Handelsnetz, welches auch in Silberberg Waren produzierte. Die genossenschaftlichen Aspekte wurden während der „Wendezeit“ im Wesentlichen abgeschafft.
Am 19.1.2019 stellt T. Przerwa ein neues Werk über die Geschichte der Produktion für die Genossenschaft in Silberberg vor – erstmals wird die Produktion, die in Silberberg auf mehrere Standorte verteilt war, detailliert historisch untersucht.


WER BAUTE DIE FESTUNG SILBERBERG?

Abb.1: Kupferstich aus J. Baldaeus, Europäischer Festungsbau (1672).

Abb. 2: Herkunft der Beschäftigten auf der Silberberger Baustelle.

Sofort nach dem Frieden zu Hubertusburg am 15. Februar 1763 ordnete Friedrich der Große den Bau einer Festung am Paß von Silberberg an, um sich im Falle eines Krieges den Einmarsch in die Grafschaft Glatz und von dort weiter nach Österreich zu sichern.

Bauleitung und Beginn der Arbeiten

Bereits in den Monaten Oktober und November des Jahres 1764 wurden durch ein starkes Holzfällerkommando die Wälder auf den Paßbergen abgeholzt. Zum örtlichen Bauleiter wurden Oberstleutnant Regeler und dessen engster Mitarbeiter, Leutnant von der Lahr, ernannt. Mitte Mai 1765 begann man mit den nötigen Vorarbeiten. Die Grabenlinien des Donjon und der Bastionen wurden abgesteckt, und man begann mit dem Sprengen der Felsen. Man baute eine Ziegelei am Fuße des Klosenberges zwischen Schönwalde und Raschdorf und eine Brettschneidemühle am Ausgang des Mannsgrundes, errichtete Kalköfen bei Oberschönwalde und baute Kolonnenwege zur Beförderung der Baustoffe.

Herkunft der Beschäftigten

Der Bau der Festung dauerte 12 Jahre, von 1765 – 1777. In diesen Jahren wurden 4000 Arbeiter aus dem Land Preußen, 600 Maurer aus Böhmen und 1000 Soldaten, die aus der Befestigung Neiße abgezogen wurden, auf der Baustelle in Silberberg beschäftigt. Zusätzlich wurden noch Steinmetze ( aus den Heuscheuerbrüchen bei Wünschelburg und aus den Brüchen bei Rotwaltersdorf), Ziegler, Metallhandwerker (aus Breslau und Oberschlesien) und Bergleute (aus Nassau, Trier und der Pfalz) angestellt.

Abb. 3: Beschäftigtenpyramide der Festung Silberberg.

Wasserversorgung und Hand- und Spanndienste

Das zum Bau benötigte Wasser, das weder die Quellen im Mannsgrund und bei den Strohhauben noch das in Tonnen gesammelte Regenwasser decken konnten, wurde vom Taubenschlagberg in der Nähe der Hahnenkoppe bezogen, wo man 7 starke Quellen entdeckt hatte. 7 Brunnen wurden hier 1 m tief in den Felsen gebohrt und das Wasser durch eine hölzerne, 3 km lange Rohrleitung, die von einer gegen Fäulnis schützenden Tonschicht ummantelt war, zu den Baustellen geleitet.

Abb.4: Vogelschau der Silberberger Befestigungswerke (nach W. Bleyl 1954).

Ungeklärt ist noch der genaue Wohnort der fast 6000 Beschäftigten. Die Offiziere und Friedrich II. wohnten in der Stadt. Mögliche Barackensiedlungen im direkten Umfeld der Baustelle lassen sich auf der Fläche vor dem Donjon (hellgrün) oder auf der Hochfläche zwischen dem Donjon und der Feste Hohenstein denken. Archäologische Forschungen in diesen Bereichen wären sinnvoll und müßten interessante Hinterlassenschaften und Funde erbringen.

Im weiten Umkreis, bis nach Strehlen hin, waren die Grundbesitzer verpflichtet, mit ihren Gespannen Bau- und Arbeitsmaterial an Ort und Stelle zu schaffen. Sie erhielten dafür einen täglichen Lohn von 2 guten Groschen. Sogar aus der Gegend von Ratibor wurden Besitzer zu Gespanndiensten herangezogen, um das in Oberschlesien gekaufte Eisen heranzufahren.

 

Abb. 5: Festung Silberberg. Grundrißplan nach W. Bleyl 1934.

Quellen: Felkel 1925, Kaschke, Neugebauer, Schnober 1972.


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Als der Winter noch Winter war:

IMPRESSIONEN AUS SILBERBERG


Wohnen wie in der Festung

Direkt zwischen Donjon und Silberberg liegen die Kasernen der preußischen Armee. Die starken Außenmauern betonen den Festungscharakter, obwohl die Kasernen schon seit Mitte des 19. Jahrhundets anderen Zwecken, wie z.B. als Wohnungen für die Beschäftigten der ehemaligen Uhrenfabrik Eppner, dienten.

In diesem „unkonventionellen Hostel“  (früher Oberstadt 174 Nr. 5) sind die Innenräume geschmackvoll und spartanisch neu gestaltet. Kein Firlefanz, wie Fernseher oder Minibar, stören die Ruhe –  ein schnelles Internet kann der Besucher nutzen (WLAN).

Wenige Meter entfernt vom geschichtsträchtigen Donjonplateau kann man die Natur und Schönheit der Lage von Silberberg erkunden und romantische Winkel zum Verweilen entdecken.

Die Zimmerangebot reicht vom Studio, Familienzimmer bis zum Einzelzimmer (17€/Nacht im Einzelzimmer – Sept. 2018 – incl. sehr gutem Frühstück). Ein gutes Restaurant ist in 20 m  Entfernung zu finden.

Zentrum für unkonventionellen Tourismus in Srebrna Góra, Romuald Motyka
Centrum Turystyki Niekonwencjonalnej Srebrna Góra
Górne Miasto 3A / Oberstadt 3a
57-215 Srebrna Góra / Silberberg
Telefon: +48 74 818 00 88 (Herr Motyka)
Fax: +48 74 816 02 77

email: poczta@srebrnagoractn.pl

Internetseite: http://ctn.srebrna.com/

Die sehr empfehlenswerte Unterkunft ist auch über booking.com buchbar!


Die Erlöse aus der Vermietung kommen der Renovierung der weiteren Kasernengebäude zugute!

 


SILBERBERGREISE 2018: Alle Grundbücher sind im Archiv!

Die Silberbergreise zu Beginn des Monats September war sehr erfolgreich. Neben interessanten neuen Kontakten ist es gelungen im Kamenzer Archiv die gesamten dort vorhandenen Grundbücher zu kopieren, sowie die vollständigen Unterlagen der Wirtschaftsauskunftei SCHIMMELPFENG (PERSONENLISTE s. unten) abzufotografieren.

Insgesamt 2059 neue Fotos dokumentieren den Zustand der Stadt, ausgehend vom Bahnhofsbereich, der Strasse „Siedlung“, der Oberstadt bis zur Festung mit seinen Forts, die aktuell mit Hochdruck wieder instandgesetzt werden.

Evangelischer Friedhof zu Silberberg am 5. September 2018

Das Alfred-Kollewe-Archiv besitzt nun eine solide Grundlage für ein historisches Hauskataster. Mit den von H. Felkel u.a. erstellten Unterlagen war es eine Leichtigkeit, bestimmte Gebäude zu lokalisieren und dann zu dokumentieren. Besonders der Friedhofplan der evangelischen Nekropole war bei der Suche – in dem völlig von der Pflanzenwelt eroberten Areal – nach bestimmten Grablegen sehr wertvoll. Den schlechten Zustand des Friedhofes kritisierten auch Mitglieder eines polnischen Uhrenliebhabervereines, des „Klub Miłośników Zegarów i Zegarków“, welcher auf seiner Tagung in Silberberg versuchte, die Grabstätte der Familie Eppner zu finden.

 


Komplett im Archiv:

Die Listen der Flüchtlinge, die am 17.4.1946, am 19.4.1946 und am 30.8. im Flüchtlingslager Alversdorf aufgestellt wurden, sind nun komplett im Archiv vorhanden. Neu ist die Tatsache, daß auch im zweiten Transport Silberberger Familien dabei gewesen sind. Der zweite Transport umfasste 1500 Personen (Transport Nr. 51), die auch aus Lampersdorf, Raschdorf, Peterwitz, Raudwitz, Quickendorf und weiteren Orten aus der Region um Silberberg stammten. Dieser Transport wurde weiter nach Stadthagen geleitet. Der Transport Nr. 486, welcher am 31. August 1946 nach Immendorf weitergeletet wurde hatte einen Umfang von insgesamt 1772 Personen ( 396 Männer, 832 Frauen, 550 Kinder). In diesem Transport waren auch Einwohner aus Schönwalde, Reichenstein, Heinrichwalde, Raudnitz, Herzogswalde, Vollmersdorf und weiteren Orten der Region vertreten. Anfragen werden schnellstmöglich beantwortet.

Deckblatt des ersten Vertreibungstransportes, der am 13.4.1946 in Silberberg begann und am 17.4.1946 in Alversdorf (Niedersachsen) ankam.

 


REZENSION

Lukas Soltysik: Nationale Minderheiten und polnische Einwohner (Autochthone) in Silberberg nach 1945, 106-127. In: Thomas Przerwa, Gregor Podruczny: Festung Silberberg III. Stadt und Festung (Breslau 2010).
Łukasz Sołtysik: Mniejszości narodowe i polska ludność rodzima (autochtoniczna) w Srebrnej Górze po 1945 r., 106-127. In: Tomasz Przerwa, Grzegorz Podruczny: Twierdza srebrnogórska III. Miasteczko i Fortyfikacje (Wroclaw 2010).

 

Lukas Soltysik beschreibt in einem Artikel (in: SB3, S.106-127) die Verhältnisse in Silberberg der Jahre 1945 bis 1950. In einer wissenschaftlich aufwendigen Analyse hat er die vorhandenen Unterlagen in Silberberg, Frankenstein und Breslau ausgewertet. Eigene statistische Tabellen veranschaulichen die Nachkriegssituation. Sein Hauptaugenmerk legt Soltysik auf die Verhältnisse der Deutschen zu den Polen, den Prozeß der Vertreibung und den Zuzug der neuen polnischen Siedler aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten.
Zusätzlich beschreibt Soltysik weitere ethnische Gruppen, die sich in den 40er und Anfang 50er Jahren in Silberberg aufhielten. Dies waren die Roma und eine Gruppe von Ukrainern.

Besonders interessant ist die Überwachung und Schikanierung von zwei deutschen Familien („deutschstämmigen“), die Soltysik eingehend schildert. Es handelt sich um die Familien Wachowitz und Kansky, die wegen ihrer intensiven Westkontakte und ihrer vermeintlichen revanchistischen Einstellung von der polnischen „Stasi“ beobachtet und ausgehorcht worden. Die Akten des bis ins Jahr 1956 existierenden Sicherheitsdienstes MSW (Ministerium für innere Angelegenheiten – Ministerstwo Spraw Wewnętrznych) und des nachfolgenden Dienstes SB (Służba Bezpieczeństwa) – zuletzt gehörten dem SB, der ähnlich wie die ostdeutsche Stasi strukturiert war, über 24000 feste Funktionäre und ungefähr 90.000 inoffizielle Mitarbeiter an – wurden zum Teil ausgewertet. Allerdings verweist er darauf, dass detaillierte weitere Forschungen – besonders für den Bereich der Überwachung deutscher Familien durch den SB noch weitere Erkenntnisse bringen dürften (S. 127).
Über einige inoffizielle Mitarbeiter, die ehem. deutsche Staatsangehörige in den Focus nahmen, berichtet auch Soltysik.
Nach Soltysik bemühten sich die polnischen Behörden bis zum Jahr 1949, die deutschen Bürger so schnell wie möglich aus ihren Gebieten zu entfernen und in diesen Gebieten polnische Bevölkerung anzusiedeln. Ausnahmen galten für deutsche Spezialisten und Facharbeiter (z. B. die Minenarbeiter).

Interessant ist auch die reichhaltige polnische Literatur über diese Problematik seit 1990: B. Ociepka, Deutschland in Niederschlesien in den Jahren 1945-1970, Breslau 1994; P. Madajczyk, polnisches Deutschland 1944-1989, Warschau 2001; Deutschland in Polen, Band 1-4, herausgegeben von Borodziej, H. Lemberg, Bockowski, Warschau 2000-2001; S. Jankowiak, Deportation und Emigration der deutschen Bevölkerung in der Politik der polnischen Behörden in den Jahren 1945-1970, Warschau 2005.

Auf Silberberg bezogen hielten sich die Kriegsbeschädigungen im Ort in Grenzen – allerdings hat die Rote Armee die Bevölkerung drei Tage tyrannisiert, viele der Frauen vergewaltigt und die Bevölkerung ihrer wertvollen Habseligkeiten beraubt (S. 107). Nach diesen Untaten folgten andere Gruppen in die Stadt (Serben und Slowenen), die die Stadt weiter plünderten und z.T. bedingt durch Alkoholexzesse, Häuser besetzten und diese dann zerstörten (s. www.silberberg/com.de/Vertreibung).

Nach diesen Gruppen kamen die ersten Polen und schon am 21. Juli 1945 wurde Jerzy Habus als erster polnischer Bürgermeister ernannt (S.107). Immer mehr polnische Umsiedler kamen mit ihrem gesamten Hausrat nach Silberberg und vertrieben die Deutschen aus ihrem Eigentum. Zudem – so Soltysik – kamen noch weitere deutsche Flüchtlinge in den Ort, sodaß sich die Wohnungssituation und die Ernährungslage weiter verschlechterte. Im Herbst 1945 bestand nach der polnischen Verwaltung ein „dringender Bedarf für die Evakuierung“ (euphemistisch für Vertreibung, AKA) der deutschen Bevölkerung. Planungen aus dem Juni 1945, wonach Sonderabteilungen der polnischen Armee Vertreibungen durchführen sollten, wurden nicht realisiert (Soltysik S. 110).

Ein weiterer Plan für die Vertreibung der Deutschen wurde im September 1945 aufgestellt: Von Konzentrationspunkten/Sammelpunkten für die deutsche Bevölkerung aus Silberberg sollten per Eisenbahntransporte die Deutschen gen Westen abtransportiert werden (Soltysik S. 110). Daher wurden von Seiten der polnischen Verwaltung deutsche Register geführt. Es gab eine Prioritätenliste für die Vertreibung: an erster Stelle standen die NSDAP Mitglieder und ihre Familien (63 Familien mit 208 Personen), dann die deutschen Flüchtlinge (92 Familien mit 221 Personen), die in Silberberg Schutz suchten und folgend die normale deutsche Bevölkerung von Silberberg (416 Familien mit 1170 Personen) und zuletzt die noch vorhandenen Facharbeiter und Spezialisten.
Im August 1945 lebten im Bezirk Frankenstein 70586 Deutsche und 7919 Polen. Die schwierige Situation der Deutschen schildert Robert Felkel im Juni 1946 eindrücklich (s. www.silberberg/com.de/Vertreibung). Immer problematischer wurde die Situation durch den Zustrom weiterer polnischer Umsiedler bis September 1945. Soltysik zeigt in seiner Tabelle 1, dass die Zahl der Deutschen vom 31.7.45 bis 30.11.1945 konstant bei 1346 Personen geblieben ist, während die Anzahl der polnischen Siedler sich in diesem Zeitraum von 36 auf 280 Personen erhöhte. Von einer „Überbevölkerung“ dürfte man jedoch trotzdem kaum sprechen, da ja noch einige hundert Silberberger in Kriegsgefangenschaft oder vermißt waren (AKA). Nach polnischen Angaben waren Mitte November 1945 noch 600 Wohnungen von Deutschen bewohnt. Nach Soltysik (S. 109) gab es wegen fehlender Arbeit und fehlenden Wohnraum für die Polen Konflikte. Problematisch war es natürlich auch, dass oftmals die polnischen Neuankömmlinge Kleinbauern waren und so weder in qualifizierten Berufen arbeiten konnten noch eine handwerkliche Ausbildung hatten. Interessant ist die Mitteilung von Soltysik (S. 109, auch Tabelle 2), dass noch im Agust 1946 sich noch 428 Deutsche aufhielten, die Ende August in einem zweiten Vertreibungstransport aus ihrer Heimat geschafft wurden. Zu dieser Zeit waren bereits 513 Polen in Silberberg (236 Männer, 188 Frauen und 89 Kinder). In Tabelle 2 wird dies anschaulich – wenn auch nicht von den Zahlen den vorherigen Angaben entsprechend – dargestellt:
Die Anzahl der Deutschen in Silberberg reduzierte sich von 507 Personen im Juli 1946 auf 20 Deutsche in Silberberg (Stichtag 31.8.1946), am 15.10.1946 lag der Anteil der Deutschen bei 56 Personen, der der Polen bei 603 Personen (Akten der Samtgemeinde Schönwalde).
Widersprüchlich bleiben die Angaben der Listen der polnischen Verwaltung und der Listen der Vertreibungstransporte. Nach den polnischen Angaben gab es bis Anfang April 1400 deutsche Personen in Silberberg, nach den Vertreibungslisten wurde im April 1946 insgesamt 1500 Flüchtlinge in die Viehwaggons gepfercht (282 Männer, 720 Frauen, 498 Kinder, frdl. Mitteilung Dr. Pingel, Niedersächsisches Landesarchiv, Wolfenbüttel vom 12.7.2018) und im August 1946 nochmals 315 Personen (67 Männer, 165 Frauen, 83 Kinder: Soltysik S. 113-114).

Soltysik benennt für den 26. August 1946 eine Gesamtzahl von 1514 Deutschen, die aus der Samtgemeinde Schönwalde an diesem Tag vertrieben wurden, Quelle: Akten der Gemeinde) aus Silberberg, die am 25.8.1946 in Frankenstein auf dem Friedhof neben dem ehem. Hotel „Zum Elephanten“ bei strömenden Regen dort übernachten mußten (Doris Minale, Die Vertreibung aus Stadt und Kreis Frankenstein in Schlesien, 2018, S. 312).
Den verbliebenen Deutschen wurden restriktive Vorschriften auferlegt (Soltysik S. 110). Die Deutschen durften sich im Landkreis nicht frei bewegen, jeder Deutsche ab 14 Jahren mußte – gegen den Erhalt von Lebensmitteln – arbeiten. Zudem konnten Deutsche dorthin abgeordnet werden, wo die polnische Verwaltung Arbeitskräfte benötigte. Nachdem alle Deutschen vertrieben waren und die „zwangspolonisierten“ zu polnischen Staatsbürgern geworden sind lebten am 30.11.1946 – nach den Dokumenten des Landesamtes Repatriierung in Frankenstein – noch 812 Personen in Silberberg. Eine Liste der in Silberberg lebenden Bevölkerung gibt für den 28.11.1948 eine Anzahl von nur noch 428 Bewohnern an, diese setzten sich zusammen aus 62 „autochtonen“, 184 „repatriierten“ und 182 „umgesiedelten“ Personen. Damit ist die Schätzung der aus Silberberg Vetriebenen aus den frühen fünfziger Jahren (300 bis 400 Personen: s. www.silberberg/com.de/Vertreibung) realistisch. Soltysik (S. 114) erkennt einen Widerspruch in den Zahlenangaben der polnischen Verwaltung: “ Aus den statistischen Daten von 1947 geht hervor, dass in der Gemeinde Stoszowice (= Samtgemeinde Schönwalde) 148 Autochthone und 21 Deutsche lebten (siehe Tabelle 4). Während eine Volkszählung vom Oktober 1949 feststellt, dass die Anzahl der Deutschen zu diesem Zeitpunkt größer war.“

So ergeben sich für die drei Volkszählungen (28.2.1950; 30.5.1950, 1.11.1950) für Silberberg folgende Angaben:

Anzahl der „Autochthonen“: 41-39 Personen,

Anzahl der „Repatriierten“: 139 – 140 Personen;

Anzahl der „Umgesiedelten“: 104 – 286 (!) Personen.

Dies bedeutet, dass die Gesamtbevölkerung im Jahr 1950 bis zum November 1950 in Silberberg nur 284-286 Personen betrug, erst bei der Novemberzählung hat sich die Anzahl der umgesiedleten Bewohner fast verdreifacht (von 104 auf 286 Personen). Diese Zahlen zeigen, dass Silberberg zu Beginn der fünfziger Jahre extrem unterbevölkert war und die Vertreibung zu einem für die Stadt lebensbedrohenden Zustand führte.

Vor jeder Vertreibung erstellten die polnischen Behörden detaillierte Listen aller Deutschen. In Absprache mit dem Befehlshaber der sowjetischen Armee wurden weitere Listen zusammengestellt auf denen diejenigen Deutschen aufgelistet waren, welche als Fachkräfte noch gebraucht wurden. Die Listen wurden auch in den jeweiligen Betrieben von den polnischen Vorgesetzten zusammengestellt. In diesem Zusammenhang kam es im März 1946 auch zu Problemen, da in dem Betrieb „Elektrosignal“ in Silberberg durch ein Versehen die deutsche Belegschaft von den Vertreibungsplänen erfuhr (Soltysik S. 113). Über die durchgeführten Maßnahmen berichtet Soltysik leider nichts, nur das sich der polnische Chef Francis Wojcik bei seinen Vorgestzten für diesen Vorgang entschuldigen mußte.

Einige wenige deutsche Familien versuchten durch Annahme der polnischen Staatsbürgerschaft ihr Privateigentum zu retten. Soltysik gibt acht Familien bzw. Personen an (Wachowitz, Kansky (nicht von S. erwähnt), Matschke, Berger, Springer, Bittman (wahrscheinlich Bittner), Rösner, Adler, Brendel), die jedoch auch aus dem „Umland“ Silberbergs z.T. stammen sollen.

Die aktenkundig gewordenen Beschwerden von Josef Wachowitz spiegeln die schwierige Situation der ehem. Deutschen in Silberberg wieder. Konnten die Erwachsenen mit Anfeindungen rational umgehen, so war es bei den deutschstämmigen Kindern schwieriger. Auch erfahren wir dadurch, dass die Bezeichnung „deutsch“ für sich gestellt schon als Schimpfwort galt und eine ähnliche Bedeutung wie „Nazi“ innehatte. Beide Bezeichnungen wurden auf die Kinder durch Mitschüler am Frankensteiner Gymnasium angewendet. Die Beschwerden wurden zwar aufgenommen, jedoch anscheinend nicht weiter verfolgt (Soltysik S. 117).

Josef Wachowitz versuchte auch weiterhin Kulturwerte, die an die Vergangenheit erinnern, zu bewahren. So kümmerte er sich um den evangelischen und katholischen Friedhof und um die Festung. Solche Handlungen von J. Wachowitz und auch die bekannte gute Vernetzung von ehem. Deutschen in Silberberg und dem gesamten Kreis Frankenstein durch Wenzel Kansky führten zu einer argwöhnischen Behandlung durch die Polen und ließen die polnischen Sicherheitsbehörden aktiv werden. Nach Aussage von Soltysik (S.119) soll das „deutsche Nationalbewußtsein“ in den 50er Jahren sogar gewachsen sein und es gab zu dieser Zeit eine „starke und offene Identifikation mit der Bundesrepublik Deutschland“ (S.119). Silberberg wurde als „revisionistisches Zentrum“ angesehen und „Auffälligkeiten“ wie z.B. Kontakte mit Verwandten in Westdeutschland, Besuche und Geschenke aus dem Westen und der Besitz von deutschen Büchern führten zu geheimdienstlichen Aktivitäten. Zudem – so Soltysik – soll es neben „Hakenkreuzschmierereien“ zur Herabwürdigung des polnischen Gesellschaftssystems gekommen sein. Auch sollen sich einige die „Heimkehr“ der Deutschen gewünscht haben und die Oder-Neiße-Grenze nicht anerkannt haben. In diesem Zusammenhang geriet der ehem. Tscheche Wenzel Kansky in den Focus geheimdienstlicher Ermittlungen.

Kansky schon wohlbekannt als gerader und direkter Charakter hatte durch seine ambitionierte Tätigkeit als Schmied viele enge Kontakte zu den Deutschen in Silberberg und im gesamten Kreisgebiet. In der lokalen Gemeinschaft genoss er beträchtliche Autorität – so Soltysik (S. 121). Daher wurden drei Informelle Mitarbeiter des Geheimdienstes mit den Codenamen „Hela“, „Freund“ und „X-15“ auf die Familie angesetzt, um den Nachweis des aktiven Revisionismus zu ermitteln. Die „ungünstige“ Einstellung zum Kommunismus, die Grenzfrage, belauschte Gespräche in Gasthäusern und der rege Schriftverkehr mit dem Deutschen Roten Kreuz führten letztendlich zu einer Wohnungsdurchsuchung im Februar des Jahres 1961.

Neben etlichen deutschsprachigen Romanen und drei Fotokameras fand man auch das Buch „Die Stunde X – Mit Panzern in Polen und Flandern“ von Just Scheu aus dem Jahr 1941. Dieses Werk war der Anlaß, ein Strafverfahren gegen den fast 80-jährigen Kansky einzuleiten und ihn zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten zu verurteilen. Glücklicherweise hatte das polnische Regime kein Interesse, den Strafvollzug durchzuführen und entließ Kansky im Jahr 1962 in die Bundesrepublik Deutschland, wo er bei dem Heimattreffen der Silberberger in Gummersbach im selben Jahr herzlich begrüßt wurde.

Diese Schilderungen von Lukas Soltysik beleuchten eindrucksvoll und unter Verwendung bisher unbekannter Quellen die Situation der Deutschen und deutschstämmigen in der Nachkriegszeit in Silberberg.

Weitere Gruppen hat Soltysik nur am Rande erwähnt (S. 123ff.). Es handelt einmal um eine Gruppe von „Roma“ und einige Ukrainer, die sich spätestens seit dem Sommer 1946 in Silberberg aufhielten. Im Jahr 1949 soll es in der Samtgemeinde Schönwalde eine Gruppe von 75 Romas gegeben haben. Nach Soltysik (S. 124) soll es sogar einen Plan gegeben haben, Silberberg zu einer Roma-Siedlung zu machen – allerdings sprechen andere Studien gegen diese Annahme. Über das Verhalten der Roma wird auch – wenig positiv – von den Vertriebenen über die Jahre 1945 bis 1946 berichtet (s. www.silberberg/com.de/Vertreibung).
Nach Soltysik arbeiteten einige der Roma in einer Holzfabrik in Silberberg, andere machten Gelegenheitsjobs bei Bauern, spielten auf Hochzeiten und Partys oder handelten mit Pferden.
Trotz einer gewissen Distanz ist es polnischen und rumänischen „Silberbergern“ gelungen, einen gewissen Modus vivendi zu entwickeln . Dies bezeugt auch eine im Jahr 1949 gegründete Pfadfindergruppe, die aus 22 Roma-Kindern bestand.
Die Roma kamen aus einem Dorf namens Gorzyce. In den Volkszählungen bzw. Bewohnerlisten ab 1952 erscheinen die Roma nicht mehr. Ob sie in das Dorf zurückzogen oder sich assimiliert haben ist nicht bekannt. Bis zumindest in die 70er Jahre existierte noch eine Roma-Gemeinde in Frankenstein.

Die letzte Gruppe, die Soltysik bespricht, sind die Ukrainer (S. 125 ff.). Die Behördenangabe von 97 Familien im Kreis Frankenstein hält Soltysik für übertrieben und meint, dass es sich hierbei eher um die Gesamtzahl der ukrainischen Personen handelte. In der Gegend von Frankenstein sollen mehrere Dutzend Familien aus der Ukraine gelebt haben, sie kamen im allgemeinen aus den Ostgebieten im Zuge der Umsiedlung der polnischen Bevölkerung aus der UdSSR als polnische Bürger, jedoch waren anscheinend auch einige dabei, die aus dem Westen von der Zwangsarbeit oder aus Konzentrationslagern kamen. Auffallend – so Soltysik S. 126 – war, dass die Ukrainer sich schnell anpassten und als Polen gelten wollten. In Silberberg selbst hatten keine Ukrainer gelebt.

Abschließend läßt sich feststellen, dass der sehr gut recherchierte Artikel von Lukas Soltysik viele neue polnische Quellen vorlegt, die es wert sind, sie einmal noch genauer für spezielle Fragestellungen zu benutzen. So sind in den Transportlisten der Flüchtlingslager Mariental und Alversdorf etliche Ungenauigkeiten und Falschangaben zu entdecken. Ein Abgleich mit den polnischen Listen wäre notwendig und hochinteressant. Auch die „Stasi-Unterlagen“ der polnischen Geheimdienste, die anscheinend noch erhalten sind, sind es wert, aus anderen Perspektiven untersucht zu werden. Über die Tätigkeit und politische Arbeit der polnischen Behörden und der ersten Bürgermeister der polnischen Verwaltung sind augenscheinlich noch etliche Quellen im Archiv der Samtgemeinde Schönwalde vorhanden. Diese kritisch zu hinterfragen und ein detailliertes Bild der Nachkriegszeit zu vermitteln, ist eine der zukünftigen Aufgaben. Ein wesentlicher Verdienst von Lukas Soltysik ist es, diese Quellen „ausgegraben“ und für erste historische Fragestellungen benutzt zu haben.
U. Masemann, AKA im August 2018

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Das digitale Rezensionsjournal »Recensio Silberbergensis« – herausgegeben vom Silberbergarchiv (Alfred-Kollewe-Archiv) – wird regelmäßig Rezensionen von Aufsätzen über die Stadt und Festung von Silberberg auf dieser Seite veröffentlichen,

 

 


Das kleine Silberberg-Quiz  –  10 Fragen zum Bergstädtchen  –

 

 

 

 

 


     SCHLACHTFELDARCHÄOLOGIE

Gefechte und Scharmützel fanden in den letzten Jahrhunderten sicherlich auch in Silberberg statt. Bezeugt sind Kämpfe in Silberberg im Dreißigjährigen Krieg (Wallenstein ließ am 1.6.1633 Silberberg in Brand setzen und plündern) und natürlich die Kämpfe am 29. Juni 1807, als die Württemberger im Dienste der Franzosen Silberberg  in Schutt und Asche legten. Inwieweit nicht archivalisch bezeugte Gefechte in oder bei Silberberg stattfanden läßt sich nicht sagen. Erst archäologische Forschungen könnten hier Klarheit und Gewißheit schaffen. Als ein Beispiel für die Archäologie eines Schlachtfeldes können die Ausgrabungen auf dem Hemmingstedter Schlachtfeld dienen. Hier wurde ein Massengrab freigelegt und die Skelette anthropologisch untersucht (der Bericht zur Anthropologie folgt noch).

Titel eines Flugblattes, welches nur einige Wochen nach der Schlacht in Rostock gedruckt wurde: „Ein Wunder ward geboren“. Als die Dithmarscher Bauern das Adelsheer und das berüchtigste Landsknechtsheer seiner Zeit – Die Schwarze Garde – besiegten.

 


Neu:

Aktenbestände über Silberberger Familien aus der Auskunftei Schimmelpfeng

Die Historikerin Anna Dziatczyk teilt in ihrem Aufsatz mit dem Titel „Der sozioökonomische Zustand Silberbergs während der Zwischenkriegszeit“ (SB3, S. 57-63) eine Liste von Bewohnern Silberbergs mit über welche Akten der Wirtschaftsauskunftei Schimmelpfeng im Staatsarchiv Breslau, Zweigstelle Frankenstein, existieren und dort auch einsehbar sind. Grundlage ihres Aufsatzes ist ihre Diplomarbeit über die „Situation von Frauen im Kreis Frankenstein im Zeitraum von 1900 bis 1945“ an der Breslauer Universität (Betreuer Prof.. Dr. E. Koscik).

Liste der Silberberger Archivalien mit Signatur:

952/64 Anders & Söhne Metallwaren
952/65 Karl Arlt Fotograf und Verkauf von Kunst. Fotografie
952/66 Axt Karl Kolonialwarengeschäft
952/67 Aysche Antonie Geschäft – Arikel: Essen und Tabak
952/68 Bankverein Silberberg g.m.b.H.
952/69 Binas Rudolf Stadt-Apotheke
952/70 Bittner Konrad (Klara) Geschäft – Arikel: – Kunst. verschiedene
952/71 Bittner Konrad Junior Kolonialwarengeschäft
952/72 Bittner Georg
952/73 Bittner Klara
952/74 Böhm Paul
952/75 Ciesla Paul Geschäft
952/76 Elektrosignal Werkstätten für Feinmechanik und Elektrotechnik G.m.b.H.
952/77 Enselein Georg Versicherungsinspektor
952/78 Faul Reinhold Uhrmacher
952/79 Friedrich Felsmann (Inhaber E. Kuhnt) Weberei
952/80 F. Felsmann, Woll- und Haargarnspinnerei, Wolldeckenfabrik (Inhaber E. Kuhnt)
952/81 Fischer Richard Frisör
952/82 Max Freudenberg
952/83 Friebe Maria
952/84 Gälisch Karl
952/85 Geburtig Alfred
952/86 Grammel Bernhard
952/87 Paul Grammel
952/88 Grehl A. Hotel „Prinz von Preussen“
952/89 Guttentag & Co. Metallgießerei
952/90 Günther Paul
952/91 Hildebrandt Wilhelm
952/92 Hertwig Elfriede
952/93 Hertwig Paul
952/94 Heun Franz
952/95 Günter Hintze Fabrikation technischer Artikel
952/96 Höhn Paul
952/97 Jung Alfred
952/98 Martha Jurascheck
952/99 Jurascheck Theodor
952/100 Kahlert Johanna
952/101 Kalide Robert
952/102 Klar Josef
952/103 Kohlsdorfer Josef Rentier
952/104 Koppe Josef
952/105 Koschowski Paul
952/106 Kowalik Walter
952/107 Kögel Alfred
952/108 Krause Josef
952/109 Krause Klara geb. Deister
952/110 Krause Paul
952/111 Krause Wilhelm
952/112 Krügel Richard & Wunsch Paul
952/113 Richard Krügel
952/114 Kube Theodor
952/115 Kurth Walter
952/116 Kuschel Franz
952/117 Kuschmann Gertrud
952/118 Kuschmann Georg
952/119 Kuschowsky Viktor
952/120 Kühnel Reinhold
952/121 Kytzia Paul
952/122 Josef Langner
952/123 Langnickel Hermann
952/124 Lengfeld Wilhelm
952/125 Liber Georg
952/126 Karl Lorenz
952/127 Lorenz Karoline
952/128 May Richard
952/129 Mende Bernhard
952/130 Silberberger Metallgießerei u. Baubeschlagfabrik GmbH
952/131 Mitschke Richard
952/132 Mudrak Fritz
952/133 Neumann Fritz
952/134 Neumann Fritz
952/135 Nikolaus Richard
952/136 Olapinski Berthold
952/137 Petrich Max
952/138 Pilinok Friedrich
952/139 Poyda Otto
952/140 Rauhut Max
952/141 Richter Josef
952/142 Sauer Reinhold
952/143 Soharlsch Fritz
952/144 Scheuermann Karl
952/145 Schöpke Erich
952/146 Schöpke Wilhelm
952/147 Schupp Anton
952/148 Schwabbauer Hermann
952/149 Slotwinski Eugen Georg
952/150 Josef Stehr
952/151 Stellmach Walter
952/152 Stief Reinhard
952/153 Strauch Fritz, ehem. Roesler Hermann
952/154 Thiel Klara
952/155 Tilch Richard Mechaniker
952/156 Tonke Paul
952/157 Vogt Paul
952/158 Vogt Paul
952/159 Völkel Pauline
952/160 Weigel Josef
952/161 Weinrich Anna
952/162 Weiser Berthold
952/163 Wenzel Paul
952/164 Wieck Erich
952/165 Wiedemann Josef
952/166 Maria Wuttke
952/167 Zakowsky Max
952/168 Zenker Franz
952/169 Zenker Franz
952/170 Zenker Paul
952/171 Zeunert Alfred Gasthof Friedrichshöh
952/172 Silberberger Ziegelei: Respondek Josef
952/173 Zobel Ernst
952/174 Zöfelt Karl

 


Neu erschienen:

Im Juli 2018 erschien die Monographie von Doris Minale: „Die Vertreibung aus Stadt und Kreis Frankenstein in Schlesien – zusammengestellt nach Berichten von Zeitzeugen“, (Laumann-Verlag).

Erstmals wird die Vertreibung im Kreis Frankenstein vollständig und ausführlich in einem Werk vorgestellt. Das Ausmaß der Ausplünderung und Vertreibung wird durch die konzentrierte Darstellung auf 348 Seiten (incl. diverser Abb.)  deutlich. Das Werk ist für 24,80 € bei ebay und amazon erhältlich – oder direkt beim Verlag: www.laumann-verlag.de .

 


zum interaktiven Stadtplan 




Das digitale Rezensionsjournal »Recensio Silberbergensis« – herausgegeben vom Silberbergarchiv (Alfred-Kollewe-Archiv) – wird regelmäßig Rezensionen von Aufsätzen über die Stadt und Festung von Silberberg auf dieser Seite veröffentlichen,

Ein neues Projekt von silberberg.com.de:  Seit dem Jahr 2006 erschienen fünf Bände mit Aufsätzen (Inhaltsangabe der fünf Bände) über die Geschichte Silberbergs (Themenliste).  Diese Arbeiten den an der Geschichte Silberbergs Interessierten bekannt zu machen, ist das Ziel von „Recensio Silberbergensis“.  Über 64 Forscher aus Polen und Deutschland haben Themen von der Archäologie bis zum aktuellen Tourismus des Ortes bearbeitet. Die Liste der Autoren ist unten zu sehen, sobald ein Autor rezensiert wurde, wird der Autorenname hervorgehoben und mit der Rezension verlinkt:

Dagmara Adam, Lukas Bielecki, Monika Bronowicka, Gregorz Bukal, Krzysztof Czarnecki, Jacek Debicki, Przemyslaw Dominas, Jaroslaw Dudziński, Jan Dürschlag, Anna Dziatczyk, Rafal Eysymontt, Herbert Felkel, Kazimierz Gadek, Marcin Gorski:, Bartosz Grygorcewicz, Karsten Grobe, Anna Gruzlewska, Jacek Gruzlewski, Robert Hes, Marek Janikowski, Anna Kania, Tomasz Karpinski, Robert Kiesiel, Mariusz Kotkowski, Martin Krul, Krzysztof Krzyzanowski, Wojciech Kucharski, Sebastian Ligarski, Maciej Malachowicz, Patrycjusz Malicki, Kacper Manikowski, Piotr Maszkowski, Lukasz Melski, Dariusz Nawrot, Hans-Rudolf Neumann, Andrzej Olejniczak, Jerzy Organisciak, Anna Osowska, Tomasz Pietrzyk, Grzegorz Pisarski, Grzegorz Podruczny, Janusz Pokrzywnicki, Tomasz Przerwa, Katarzyna Radzikowska-Ruhland, Walter Schmidt, Jirí Slavík, Lukasz Soltysik, Piotr Sroka, Ksenia Stanicka-Brzezicka, Wojciech Szczerepa, Piotr Sroka, Dariusz Stabla, Tomasz Stolarczyk, Angelika Taube, Marcus Warnke, Julia Weber, Marcin Wichrowski, Patryk Wild, Martin Winter, Mariusz Wojciechowski, Dariusz Wojcik, Daniel Wojtucki, Jakub Wrzosek, Mariusz Zebrowski.

 



Die Villa Rodenstein – einst und jetzt

um 1930                                                                        im Jahr 2017



Die Archivalie des Monats:

Friedrich der Große skizzierte Silberberg.


Näher am Himmel

Das Ensemble AERIAL DANCE des Silberberger Theaters

Nicht nur aus der Sicht des Historikers ist das Baudenkmal der evangelischen Kirche St. Michaelis in Silberberg ein interessantes Thema.

In den letzten Jahren hat sich in Silberberg eine lebendige Kulturszene etabliert.Ein überragendes Projekt ist das Tanztheater AERIAL DANCE. Das Ensemble des Silberberger Theaters probt und tritt im Kirchenschiff der ehemaligen evangelischen Kirche auf. Dieses experimentelle Theater versucht verschiedene künstlerische Genres, den zeitgenössischen Luftzirkus und das Objekttheater, miteinander zu verbinden. Zudem werden neue Lufttanztechniken gesucht und erforscht.

Fast schwerelos erscheinen die Tanzfiguren in schöner Leichtigkeit in der Silberberger St. Michaelis Kirche, wenn die Choreographin und Tänzerin Katarzyna Donner mit ihrem Ensemble Aerial Dance eine Vorstellung präsentiert.

 

 

Engelhaft schweben Figuren des Tanzensembles in phantasievollen Kostümen unter dem Gewölbe des Gotteshauses.

Der Zuschauer ist entrückt von dem Farbenspiel, der sanft klingenden Musik und der herausragenden Choreographie. Eine hohe Professionalität ist erkennbar.

 

Katarzyna Donner, die sich seit Jahren dem „Aerial Dance“, einer neuartigen Art der Tanzpräsentation, verschrieben hat, arbeitet mit bekannten Institutionen aus der modernen Tanzszene zusammen, so mit dem Zbigniew Raszewski Theaterinstitut und dem Institut für Musik und Tanz (beide in Warschau), sowie mit der Krzyżowa Stiftung für gegenseitige Verständigung in Europa aus Lampersdorf (Grodziszcze) bei Peterwitz (Stoszowice).

Derzeit (Juni 2018) werden zwei neue Stücke in der Silberberger Kirche inszeniert: „Waves“ und „Spiral Dance“. Die Themen zeigen, dass nicht nur der Mensch im Focus der Themen zu finden ist, auch naturalistische und spannend inszenierte choreographisch aufbereitete Ansätze lassen kreative neue Wege erkennen.  Inspiriert durch die Natur, deren Erlebniswert in der Region um Silberberg herausragend ist, wird eine Szene eines französischen Strandes adaptiert und so das Thema der Umweltverschmutzung, insbesondere das Plastikproblem in den Meeren, künstlerisch umgesetzt. Somit wird diese meditative Vorstellung, die auf und in einer riesenhaften Plastikwand getanzt wird, auch mit einem Protestlied gegen den Plastikmüll aktuelle Themen aufgreifen.

Mit neuen Lufttanztechniken, die auch alternative Denk- und Bewegungsweisen erzeugen, versucht das Silberberger Theater neue Wege – in Zusammenarbeit mit der Neuen Zirkus Akademie zu finden.

Eine große Leistung des Ensembles ist es, dass der Zuschauer kaum die enormen physischen Anstrengungen erkennt, die bei den komplizierten kreativen Handlungssequenzen einige Meter über dem Kirchenbodenniveau dargestellt werden.

Die Einheit von Musik und Bewegung unterstützt diesen Eindruck und vermittelt eine Athmosphäre, die den Zuschauer in eine andere Welt – frei von Ballast und Zwängen – verführen läßt. Kaum vorstellbar, daß ein solches Ensemble gerade in der Silberberger Michaeliskirche einen Ort für kreativen modernen Tanz gefunden hat und dort mit Virtousität und Ausdruckslust das Publikum begeistert. Wünschenswert wäre es, dieses Tanzensemble auch auf deutschen Bühnen erleben zu können.

 


Neue Silberberger Archivalien im AKA: Mithilfe erwünscht!

Vor einigen Tagen sind größere Archivalienbestände aus verschiedenen Archiven im Alfred-Kollewe-Archiv eingetroffen. Es handelt sich um Kopien aus den Beständen des Bundesarchives, des Evangelischen Zentralarchivs und des Geheimen Staatsarchives. Aufgrund der Vielfalt und Menge des Materials wird wiederum um Mithilfe bei der „Übersetzung“ gebeten. Es handelt sich bei den Quellen um Materialien aus dem 18. – bis 20. Jahrhundert. Thematisch reichen die Unterlagen von den Ausgabebüchern (ca. 60 Seiten) Friedrichs des Großen – betreffend die Reisen nach Frankenstein und Silberberg, von einem Poesiealbum eines ehemaligen Silberbergers bis zu Akten von 1858 bis 1938 zu Vorgängen über die Evangelische Kirche zu Silberberg (u.a. die Vorbereitung und Durchführung des 300 jährigen Kirchenjubiläums 1892, die Neubesetzung der Pastorenstelle durch Pastor Rosemann im Jahr 1937).

Schriftproben der Archivalien sind unten zu sehen:

Silberberger Arzt Schriftprobe um 1820

Silberberger Archivalie um 1740

Silberberger Archivalie Schriftprobe um 1760

Silberberger Archivalie Schriftprobe um 1840

Silberberger Archivalien Schriftprobe um 1930

 


Die evangelische Kirche zu Silberberg

In einem kurzen Beitrag schildert Joshua Mathis Härtel die schwierigen Anfänge der evangelischen Kirche in Silberberg. Härtel berichtet nicht nur über die Zeit des Kirchenbaues – auch auf die Situation der evangelischen Gemeinde vor der Errichtung der Kirche wird eingegangen. Abschließend schildert er den Zustand und die Bedeutung des imposanten Bauwerkes für das Stadtbild und die heutige Bevölkerung.


Letzte Fahrt durch Silberberg

Das Video zeigt eine Busfahrt durch Silberberg aus dem Jahre 1992. Teilnehmer der Reise waren Anton Vieth und Hans Grammel. Neben zahlreichen Detailaufnahmen vermittelt das Video einen Eindruck des Städtchens kurz nach der Wende. Die ersten Bauerhaltungsmaßnahmen sind eingeleitet (in der Regel neue Ziegeldächer) und im Vergleich zu heute ist zu sehen, was in den letzten 25 Jahren geleistet wurde.

Kurzer Abriss der Stadtgeschichte

(aus: AKA 30, 23-24)

Silberberg um 1840

Silberberg hat eine umfangreiche und interessante Geschichte, die bis in das Mittelalter zurückreicht. Die erste historische Erwähnung stammt aus dem Jahre 1331. Der Name ”Silberberg” bezeichnete damals die Berge und noch nicht die Ortschaft.

1370 kamen Bergleute aus Meißen und aus Reichenstein hierher. Bei der Suche nach wertvollen Mineralien trafen sie auf ergiebige Bleierzflöze mit reichlichen Silberadern. Folglich wurden sie ansässig und förderten die aufgespürten metallhaltigen Mineralien. Man kann sie wohl als die ersten Silberberger Einwohner betrachten. Allzuviel weiß man jedoch von ihrer Tätigkeit in Silberberg nicht. Sie flohen während der Hussitenkriege, wahrscheinlich um 1428.
Versuche der Reaktivierung des Silberberger Bergbaus im XV. Jahrhundert blieben ohne Erfolg. Zur Blüte sollte es im nächsten Jahrhundert kommen. Im Jahre 1527 wird eine Gewerkschaft zur Förderung der hiesigen Bodenschätze ins Leben gerufen. Die Bergbauarbeiten machten schnelle Fortschritte. Sie mußten auch lohnend sein, denn die Siedlung der Knappen wuchs stetig. Es waren etliche Stollen in Betrieb. Das geförderte Silbererz wurde nicht an Ort und Stelle verarbeitet, sondern nach Reichenstein gefahren.

Am 25. Juni 1536 haben die Münsterberger Fürsten Joachim, Heinrich, Johann und Georg in Frankenstein der Siedlung den Status ”Freie Bergstadt Silberberg” verliehen. Die Stadt zählte damals 62 Gebäude. Vier Jahre später (1540) erhielt die Stadt ihr eigenes Wappen.
Die anfänglich positive Entwicklung der Stadt wurde jedoch bald gebremst. Und das hatte zwei Gründe: Erstens gingen die Erzvorkommen zu Ende und zweitens gab es keine neuen Investitionen. Die Münsterberger Fürsten verfügten nicht über das notwendige Kapital zum Ausbau des Bergbaus. Aufgrund von Schulden mußten sie ihre Herrschaft verkaufen. Der häufige Wechsel der Eigentümer war für die Entwicklung der Stadt und den Bergbau gewiß nicht förderlich. Seit 1581 gehörte Silberberg dem Fürst Wilhelm Ursinus von Rosenberg. Der neue Eigentümer hat sogar versucht, die Silberberger zu Frondiensten und zur Spinnerei zu zwingen. Nach seinem Tod im Jahre 1591 wurde sein Bruder Fürst Peter Wock von Rosenberg Eigentümer. Im Jahre 1599 kam Silberberg unter die Herrschaft des Fürsten Joachim Friedrich von Liegnitz-Brieg. Dieser neue Eigentümer versuchte, den Bergbau zu reaktivieren, aber sein früher Tod hat das verhindert.

Als er 1602 starb, zählte die Stadt 820 Einwohner. Seine Nachkommen herrschten dort noch bis 1675. Damals starb der letzte Vertreter der schlesischen Dynastie der Piasten, der Liegnitz-Brieger Fürst Georg Wilhelm, sein Erbe übernahm Kaiser Leopold I.
In der Zwischenzeit tobte der 30jährige Krieg (1618-1648), der hatte einen katastrophalen Einfluß auf die Stadt. Im Jahre 1633 ist Silberberg durch die kaiserliche Armee unter Führung Albrecht von Wallenstein völlig abgebrannt worden. Zerstört wurden fast alle Gebäude (125 Häuser) und das im Jahre 1592 eingeweihte evangelische Gotteshaus.

Der Gipfel des Unglücks waren die Seuchen und Kontributionslasten in den folgenden Jahren. Der Bergbau war ruiniert, die Bevölkerung wurde geschunden. Nur dank der Hilfe der Zisterzienser aus dem Kloster Camenz und der Fürsten ist es gelungen, Silberberg um das Jahr 1670 wieder aufzubauen. Das war aber schon eine ganz andere Stadt. Seine existenzielle Basis waren Spinnerei und Handel.

Die direkte habsburgische Herrschaft erwies sich als ungünstig für die Stadt. Die vom Kaiser geförderte religiöse Gegenreformation verursachte, daß viele evangelische Familien Silberberg verließen. Das hat sich fatal auf die Wirtschaft ausgewirkt. Damit erneuerte sich auch der jahrelange Streit um die protestantische Kirche der Stadt, die 1696 von den Katholiken übernommen wurde. Im Jahre 1707 erhielten die Evangelischen endgültig ihre Kirche zurück, und für die katholischen Bewohner wurde am Klosenberg im Jahre 1709 ein hölzernes Gotteshaus gebaut. In den Jahren 1729-1731 wurde dann an der gleichen Stelle eine steinerne Kirche errichtet. Seit jener Zeit gab es 2 Kirchen in der Stadt.

Im Jahre 1740 war der preußische König Friedrich II. in Schlesien einmarschiert und besetzte das Land, welches damals zum Kaiserreich (Österreich) gehörte. Die Kaiserin -Maria Theresia- versuchte ihren Herrschaftsbereich (Schlesien) zurück zu erobern. Es folgten die drei schlesischen Kriege (1740-1763). Nach Beendigung des dritten schles. Krieges, dem siebenjährigen Krieg, und dem Frieden zu Hubertusberg, verblieben Schlesien und die Grafschaft Glatz beim Herrschaftsbereich von Preußen. Davon war auch Silberberg betroffen, die Silberberger hatten dem neuen Herrscher schon im Jahre 1741 ihre Huldigung dargebracht. Von dieser Zeit an war das Schicksal der Stadt unzertrennlich mit Preußen verbunden.


Silberberger Stadtgeschichte kompakt – Die Grundbücher von 1807 bis 1945 sind noch vorhanden

Eine grundlegende Quelle zur Geschichte der Stadt Silberberg kann nun erschlossen werden. Die Grundbücher aus dem ehemaligen Amtsgericht Frankenstein liegen in mehreren gut erhaltenen Bänden vor. Es handelt sich um Bände, die die Eigentumsentwicklung in der Stadt des 19. und 20. Jahrhunderts bis zum Jahr 1945 detailliert dokumentieren.

Folgende Bände der Grundbücher liegen vor: Grundbuch von Silberberg von 1874-1914, Grundbuch von Silberberg von 1912-1944, Grundbuch von Silberberg von 1933-1944, Grundbuch von Silberberg von 1879-1944, Grundbuch von Silberberg von 1924-1945, Grundbuch von Silberberg – Ackerstücke [1807] 1879-1939, Grundbuch von Silberberg 1901-1945, Grundbuch von Silberberg – Ackerstücke [1816] 1879-1933, Grundbuch von Silberberg – Ackerstücke [1798] 1879-1933, Grundbuch von Silberberg [1877] 1879-1945.

Für präzise Forschungen  zu einzelnen Grundstücken oder Wirtschaftsarealen ist die Geschichtsforschung auf gut dokumentierte Quellen der Liegenschaften angewiesen. Hier spielen die Grundbücher eine zentrale Rolle. Gerade für begonnene Projekte, wie z.B. das Silberberger Hauskataster, sind die Grundbücher sprichwörtlich grundlegend. Daneben bieten sie jedem Orts- und Familienhistoriker wichtige eigentumsrechtliche sowie soziale Informationen. Angefangen von Hand- und Spanndiensten, Wegerechten, Erbinformationen, sowie z.B. die bis in die zwanziger Jahre eingetragenen „Brautschatzforderungen“, geben die Bücher auch die Werte und Größen der Immobilien wieder. Interessierte Anfragen richten Sie bitte an das Alfred-Kollewe-Archiv per mail: alfred-kollewe-archiv@t-online.de.


RADFAHRER BERGMEISTERSCHAFT IN SILBERBERG IM JAHR 1930

Die Zeitschrift „Der oberschlesische Wanderer“ berichtet im Oktober 1930 über die Radfahrer-Bergmeisterschaft des Bundes Deutscher Radfahrer in Silberberg. Die Strecke führte vom Bahnhof Silberberg bis zur Paßhöhe in der Nähe des Gasthofes „Friedrichshöh“.

Der Gasthof war das Stammlokal des Silberberger – Arbeiter – Rad – Vereins.

Die Goldmedaille errang  Josef Leder, die Silbermedaille sein Bruder Alois Leder (beide aus Perschkenstein) und die Bronzemedaille Paul Reimann.

Der Bezirk Neisse im Gau Glatzer Neisse umfasste die Kreise Neisse, Neustadt, Grottkau und Falkenberg.

Der Gasthof war das Stammlokal des Silberberger – Arbeiter – R

ad Vereins.



1974 – Erstes Wiedersehen mit der Heimat

Im Jahr 1974 führte Eva-Maria Masemann, geb. Zeunert (Gasthof Friedrichshöh), ihre ers

te Reise mit der Familie nach Silberberg durch. Als siebzehnjähriger, der gerade durch England getrampt war, war dies ein interessantes Erlebnis. Ersteinmal beeindruckte die Natur (im Vergleich zur norddeutschen Tiefebene) zum andern war das Leben in Silberberg etwas „anders“. Wir wurden des öfteren ermahnt nicht laut deutsch zu sprechen und wir waren Touristen, die in einem „PTTK Schronisko“ (jetzige Villa Hubertus) wohnten, wo wir als Westtouristen immer den doppelten Preis auf der Speisekarte zahlen mußten.

SILBERBERG IM SOMMER 1974 (Fotos v. Wolfgang Masemann, Super 8 Film v. U. Masemann)

Es gab in dem Ort viele organisierte Jugendliche, die scheinbar einen Teil ihrer Ferien hier verbrachten. Auch gab es schon Fremdenführer, die z.T. deutsch sprachen. So war es ein interessantes Erlebnis als ein Fremdenführer uns die Festung und die Landschaft zeigte. Er dachte irrtümlicherweise wir seien aus der DDR und berichtete von Greueltaten der

Faschisten an finnischen Kriegsgefangenen. Als wir ihn aufklärten, daß wir aus der BRD seien hat er sich vielmals entschuldigt und die Ereignisse über die Kriegsgefangenen zurückgenommen, da er gezwungen sei, den Besuchern aus dem Osten Deutschlands diese Geschichten, die nur Propaganda seien, zu erzählen. So relativ erscheint Geschichte zuweilen. Glücklicherweise fanden wir in Josef Wachowitz (im Diafilm der ältere Herr) einen kundigen und kritischen Begleiter, der begeistert und geistreich über die abwechslungsreiche Geschichte Silberbergs berichten konnte.



Margarete Cebaus, geb. Neugebauer (geboren am 23.9.1919 in Silberberg – gestorben am 28.12.2017 in Stadtlohn) berichtet in dem Audio-Mitschnitt über die Uhrenfabrik Eppner.

Margarete Cebaus hat nicht nur ihre Lebenserinnerungen im Alfred-Kollewe-Archiv publiziert (M. Cebaus, MEINE KINDHEIT IN SILBERBERG. A aales Weibla erzählt, 2003), sie hat auch dem Archiv ihr umfangreiches Wissen in vielen Fragen zur Silberberger Geschichte zur Verfügung gestellt.


Als der Krieg nach Silberberg kam. Der Bericht von Berta Zeunert wurde aktualisiert: s. Kapitel „Vertreibung“.

 


NEU: Mit der Bearbeitung der Bereiche Niederstadt, Siedlung und Bahnhofsbereich wurde begonnen!

 


AKTUELL: Literaturliste für Silberberg erweitert

Zeugnis der Köchin B. Zeunert mit Angabe des Datums der Verlegung in Generalgouvernement (1941)

Die Literaturliste wurde beträchtlich erweitert. Grundlage der Literaturauswahl ist die umfangreiche Quellen- und Literaturliste im Werk von T. Przerwa aus dem Jahr 2010, ergänzt und aktualisiert wurde die Liste besonders im Themenbereich Offizierslager VIIIB (Oflag VIIIB). Im Zweiten Weltkrieg wurde im Fort Hohenstein ein Offizierslager eingerichtet, das sog. OFLAG VIII „b“, in welchem vor allem polnische Offiziere gefangen gehalten wurden. Im April 1940 wurden aus dem Fort Spitzberg, wo sich die Hauptstelle des OFLAGs VIIIB befand, zwanzig gefangene polnische Offiziere in die Außenstelle des Lagers, ins Fort Hohenstein, verlegt. Hier wurde der einzige gelungene Fluchtversuch aus dem OFLAG VIIIb unternommen.

Fragment aus dem Kriegsgefangenenlager für Russen in Frankenstein von 1943.

Am 5. Mai 1940 flüchteten zehn polnische Offiziere, sieben Kriegsgefangene wurden erneut festgesetzt, drei Offizieren gelang es, über die Tschechei, die Slowakei, Ungarn, Jugoslawien und die Türkei nach Palästina zu fliehen, wo sie sich der polnischen Exil-Armee anschlossen. Geck und Neitzel (s. Literaturliste) erwähnen das Offizierslager in  Silberberg als frühestes deutsches Beispiel für Abhörmaßnahmen in einem Kriegsgefangenenlager. Die Auswertung der Abhörprotokolle wird neue interessante Aspekte zur polnischen Militärgeschichte ergeben. In der polnischen Historie besitzt der Vorgang der Flucht der Offiziere bis heute eine besondere Bedeutung.



AKTUELL: Ein interessanter Aufsatz über die Familiengeschichte der Gebrüder Eppner und die Taschenuhrenproduktion in Schlesien ist nun auf unserer Seite verfügbar.

Der Autor Hans Weil (H. Weil. Die Gebrüder Eppner und ihre Schlesische Taschenuhren-Industrie, 2017) schildert nicht nur die technischen Seiten der Taschenuhrenproduktion, sondern auch die Familiengeschichte Eppner mit neuen Quellen und vielen Belegen, die die bewundernswerte Leistung der Gebrüder Eppner würdigen.

Abb. H. Weil

 


In Bearbeitung: Silberberg – Siedlung und Bahnhofsbereich

Die Kartierung erfolgt in den nächsten Wochen …..



               Artikel: s. Kapitel „AKTUELL“


GEDENKSEITE FÜR DIE OPFER DES ERSTEN WELTKRIEGES


MARIE WIEGMANN   Eine Malerin der Romantik aus Silberberg

Quelle: Heinrich Heine Universität, Frauenkulturarchiv.

Die Zeitschrift für Bildende Kunst schrieb 1894:

Auf dem Gebiet der Bildnismalerei zeichneten sich die Werke der Künstlerin durch eine geist- und talentvolle Auffassung und eine geschmackvolle malerische Anordnung aus; auch im Genre, dem sog. Idealgenre, hat sie Treffliches geleistet.  Sie erhielt 1859 die kleine goldene Medaille der Berliner Akademieausstellung. Hier zeigte sie zwischen 1848 und 1879 elfmal ihre neuen Ölgemälde (Artikel folgt).

Marie Wiegmann, geborene Hanke   * 7. November 1820 in Silberberg    + 4. Dezember 1893 in Düsseldorf

 

Ida`s Rock: Fluchtkleidung 1946

Im April 1946 wurden die ersten Silberberger nach Frankenstein getrieben. Nur wenige Utensilien haben die Zeit überdauert. Ein Rock, den Ida Wolf  (1869-1959) vom Gasthof „Zur Friedrichshöhe“ getragen hat, wurde von der Familie aufbewahrt.

Kleidungsstück von Ida Wolf, getragen auf der Flucht im April 1946 (Foto 2018)