025S

Die Bau- und Möbeltischlerei Paul Welzel in der Sommerseite 25

Das Haus in der Sommerseite 25 hat eine bewegte Geschichte. Ob das Haus erst kurz nach dem Stadtbrand 1807 errichtet wurde oder noch ältere Bausubstanz enthält ist momentan noch nicht geklärt.

Das Gebäude beherbergte seit 1909 die Tischlerei Welzel.

Das Haus wurde in den letzten Kriegstagen  durch eine schwere Linde beschädigt, die auf dem Vorplatz stand und von den zurückweichenden deutschen Truppen als Panzersperre gefällt wurde. Der Baum fiel unglücklich auf das Gebäude und zertrümmerte das Dach und Teile der Mauern.

Die Familie Welzel floh auf Anweisung der Soldaten mit den anderen Stadtbewohnern über den Paß Richtung Glatz. Die aus Frankenstein anrückenden russischen Soldaten holten die Fußgruppen jedoch während des Abstieges in die Glatzer Ebene ein und sagten im Vorbeifahren, dass viele Häuser brennen würden, die Tischlerei jedoch bis auf den Schaden durch den Baum noch intakt sei. Diese russichen Soldaten seien übrigens recht freundlich gewesen (frdl. Mitteilung Mia Welzel, Bremen).

Das Foto zeigt die Familie Welzel Anfang der 1940er Jahre. Vorn sitzend die Eltern Ottilie und Paul Welzel. Hinten stehend v.l.n.r. Georg („Jorg“), Hedwig („Hedl“), Elisabeth („Lisbeth“), Maria („Mia“) und Paul („Paulchen“, der  Vater von Stefan Welzel), frdl. Mitteilung Stefan Welzel, Hagen-Hohenlimburg.

So kehrten die Eheleute Welzel und einige Kinder um (zumindest Paul und Georg waren als Soldaten nicht vor Ort), auch um das ganze Lagerholz der Tischlerei und das Haus selbst vor evtl. nahem Feuer zu retten, und sie bewohnten das Haus weiterhin provisorisch. Erst zur Vertreibung 1946 wurde das Gebäude und Städtchen Silberberg dann ganz verlassen.

Kurz danach wurde das Gebäude durch eine Explosion eines mit Munition oder Treibstoff beladenen LKW völlig zerstört.

Fotos AKA 2012, U. Masemann: Erwähnenswert ist auch die sehr gute Küche und die Gastlichkeit im Restaurant Sokolka.

Heute befindet sich an der Stelle der ehem. Tischelerei Welzel die moderne Pension Sokolka, die aus Gründen des Denkmalschutzes im Stil des altes Gebädues neu errichtet wurde. Ein wirklich gelungenes Projekt, sowohl in architektonischer wie auch aus hotelfachlicher Sicht (freundliche Mitteilung und Fotos von Stefan Welzel, Hagen-Hohenlimburg).

Foto von 2012

Links neben dem Gebäude befand sich die sogenannte „Kommandantengasse“. Von ihr führte der Fußweg hinauf zur Festung, er ist noch heute begehbar.

 

 

 

 

 

 

 

Historische Anmerkungen zur Familie Welzel

Am 5. September 1921 wurden neue Vorsitzende des Stadtrates gewählt.  Neuer Vorsitzender wurde der Hotelbesitzer Max Rübartsch, sein Stellvertreter der Uhrmachermeister Hermann Hilscher. Am selben Tage wurden auch die Sekretäre gewählt, diese Posten waren bis zu dieser Zeit unbesetzt. Sekretär wurde der Tischler Paul Welzel und sein Stellvertreter der
Maler Paul Wildenhof.  AKA 30, 42.

Paul Welzel, Heinrich Rother und Paul Wildenhof repräsentierten während der Wahlen zum Stadtrat 1929 die Zentrum-Partei. AKA 30, 58.

Der stellvertretende Oberbrandmeister bei der Freiwilligen Feuerwehr von Silberberg war
der Brandmeister Welzel – mindestens in den Jahren 1921 bis 1922.  AKA 30, 96. 

Der Kriegerverein hatte eine umfangreiche Vergangenheit und eine verankerte
Position in der Stadt. Er war 1873 gegründet und war einer der ältesten Vereine in
Silberberg. Mitglieder waren ehemalige Soldaten, Kriegsveteranen. Als Vereinskleidung
trugen sie einen schwarzen Gehrock, Zylinder und Schärpe. So war es zumindest vor dem 1. Weltkrieg, damals war er ziemlich konservativ und kaiserfreundlich. In den Jahren 1921-1922 leitete den Verein der Fabrikant Kuhnt. Im Vorstand waren ferner vertreten der Tischler Welzel als sein Stellvertreter, AKA 30, 181. 

 

Laut dem dem Einwohnerverzeichnis für Silberberg wohnten hier im Jahr 1939:

396 SILB Welzel Paul Sommerseite 25 Tischlermeister Tischler

407 SILB Wittner Robert Sommerseite 25 Rentner

Das Einwohnerverzeichnis aus dem Jahr 1939 für Silberberg

Im „Adressbuch für sämtliche Städte und Dörfer des Großkreises Frankenstein-Münsterberg 1939“ sind auch Informationen über die Stadt Silberberg zu finden,

bestehend aus:
⦁ einem Vorwort mit der Beschreibung der Stadt Silberberg,
⦁ einem Verzeichnis der „NSDAP und Behörden in der Stadt Silberberg“,
⦁ „Alphabetisches Verzeichnis der selbständigen Einwohner und kaufmännischen Firmen“ und
⦁ einem „Verzeichnis der Geschäfts- und Gewerbetreibenden“.

Das Verzeichnis der selbständigen Einwohner enthält Einträge von Personen; genannt sind: Familienname, Vorname, Beruf, Straße (Lokation), Hausnummer und Telefonnummer (soweit vorhanden). Insgesamt enthält dieses Verzeichnis 441 Personen.

Ein Teil der Eintragungen trägt die Lokation: Haus Nr. x. Eine Analyse dieser Eintragungen ergab: Bei den Häusern Nr. 1 – 9 handelt es sich um Einwohner der Längs-Kasernen, also „Oberstadt 174/ 1 – 174/ 9“
Die Einwohner der Quer-Kasernen „Oberstadt 174/ 10 – 14“ wurden nicht erfaßt. Dort befand sich die Uhrenfabrik Eppner sowie ein Teil der Wohnungen deren Arbeiter.
In dem Verzeichnis der Geschäfts- und Gewerbetreibenden ist dieser Fehler ebenfalls enthalten. Es fehlt die „Uhrenfabrik Eppner“. Ferner fehlt in diesem Verzeichnis die „Haargarn und Wollspinnerei“ Kuhnt (vormals Felsmann). In dem Vorwort zu dem Einwohnerverzeichnis sind allerdings beide Betriebe beschrieben.

Die Ermittlungen zu dem „Alphabetischen Verzeichnis der selbständigen Einwohner und kaufmännischen Firmen“ muß von verschiedenen Personen durchgeführt worden sein. Eine eindeutige Unterweisung dieser Personen über die Vorgehensweise ihrer Ermittlung ist aus dem Verzeichnis jedoch nicht erkennbar. Die Erfassung der Daten für diese Listen ist vor der Drucklegung von der Silberberger Verwaltung oder deren Beauftragten wohl nicht geprüft worden, diese hätten die Fehler sonst erkennen und korrigieren können.

Wer Silberberg kennt oder sich auch nur mit Bildern der Stadt beschäftigt, wird sich wundern: Nur 441 Personen lebten 1939 in Silberberg? Bei der Länge der Stadt im engen Quertal des Eulengebirges erscheint diese Zahl sehr gering.

Im Verzeichnis der selbständigen Einwohner sind nur Personen aufgeführt, die entweder Grundbesitzer waren oder welche man später als Haushaltsvorstand bezeichnete (von Familien), also vorwiegend Männer (vielleicht auch Witwen); Frauen und Kinder waren demnach unselbständige Personen.

Facit: Das Verzeichnis ist ein Adressen-Verzeichnis. Es kann nur anhaltsmäßige Informationen (Adressen), jedoch keine Aussagen über die Einwohner der Stadt Silberberg geben .

Statistik des Deutschen Reichs – Band 559,4

Ergebnisse der Volks-, Berufs-
und landwirtschaftlichen Betriebszählung 1939
in den Gemeinden

Heft 4: Provinz Schlesien

Zur Ortsübersicht von Silberberg

A) Anzahl der Haushalte 392
B) Einwohner insgesamt 1.154,
C) davon männlich. 555

D) Altersangaben:
unter 6 Jahren 150
6 bis 14 Jahre 161
14 bis 65 Jahre 709
65 Jahre und älter 134 Summe: 1.154

E) Berufstätige in den Wirtschaftsbereichen
Land- und Forstwirtschaft: 57
Industrie und Handwerk 552
Handel und Verkehr: 184 Summe: 793

F) Berufstätige nach der Stellung im Beruf:
Selbständige: 188
Mithelfende Familienangehörige 64
Beamte und Angestellte 122
Arbeiter 523 Summe: 897

In dieser Übersicht sind genannt 392 Haushalte.

Im Verzeichnis selbständige Einwohner sind erfasst 441 Personen.

Text und Auflistung: Herbert Felkel, AKA 2006